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Aber dann kam der Regen

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03.08.2009
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Aber dann kam der Regen

Dröhnen hallte durch den dunklen Raum, die Decke bröselte unter den gewaltigen Erschütterungen, der Geruch von Kot und Urin vermischt mit Angstschweiß lag in der Luft.

Wielange sie nun schon hier saßen, wusste er nicht. Von irgendwo her war ein leises weinen zu hören. Erst zaghaft, und dann immer herzzerreissender schluchzte da jemand in der Dunkelheit.
"Pssscht!", eine barsche Stimme liess das Heulen verstummen. "Sie werden dich noch hören und dann sind wir alle dran!"
Er konnte sich nicht vorstellen, womit sie dran sein würden, aber er wusste, dass die Erwachsenen seit Monaten oft solche Dinge sagten.
Monate... Das es nur Monate waren, hatte er vor ein paar Tagen von einem älteren Jungen aufgeschnappt, er selbst hatte schon lange den Überblick verloren, wie lang sich die ganze Sache schon hinzog!
Aus Sekunden waren Stunden geworden, aus Minuten Tage.
Er konnte sich schon garnicht mehr daran erinnern, wie es vor den Bombardierungen gewesen war.

Im war so, als sei seine Seele, sein Geist in einer Art Marionette gefangen, zu keiner Empfindung mehr fähig. Ledigliche Befehle wurden mechanisch, ja fast automatisch ausgeführt.
Sobald der Fliegeralarm durch die Straßen schallte, bewegte sich sein Körper zu irgendeinem Kellerraum. Getreten und geschubst von panischen Menschen, aber er empfand nichts.

Das draußen der penetrante Brandgeruch sich mit dem Geruch von verwesendem Fleisch mischte, war ihm gleichgültig. Auch die Ratten, die an herumliegenden Leichenteilen zerrten, störten ihn nicht.

Seine Mutter hatte ihm schon bei einem der ersten Angriffe eingeschärft, ein "guter Junge" zu sein, der still ist, nicht weint und auf die Erwachsenen hört.
In seinem Kopf kann er immer noch ihre Stimme hören, und auch wie sich ihr Satz in einem Aufschrei verliert, als sie von einem Trümmerteil am Kopf getroffen wird.
Blut fliesst ihr aus den Ohren, aus der Nase und aus dem Mund. Aber er weint nicht, er hat es ihr versprochen. Ohne eine Regung sieht er seiner Mutter beim Sterben zu.
Nun hatte auch sie ihn verlassen. Sein Vater und sein Bruder waren an der Front und von ihnen hatten sie schon lange vor den Angriffen nichts mehr gehört. Aber er blieb stark, er weinte nicht, er war ein guter Junge.

Da war es wieder, das leise Schluchzen. Vorsichtig kroch er durch die Menschengruppe, die sich in Panik auf dem Boden kauerte. Er robbte sich durch die Pfützen von Urin, bis er schliesslich unmittelbar vor dem Erzeuger der Schluchzer innehielt.

Vorsichtig griff eine kleine Hand nach seiner, umfasste sie, drückte sie vorsichtig. Plötzlich wurde ihm komisch ums Herz. Er konnte dieses Gefühl nicht zuordnen, ihm war es, als müsse seine Brust platzen.

"Du bist ein seltsamer Junge!" Er erschrak.
"Warum?", mehr brachte er nicht herraus. " Ich habe dich schon ein paar mal gesehen, du siehst nett aus, aber deine Augen machen mir Angst."
"Meine Augen? Was ist mit ihnen?", automatisch griff er sich ins Gesicht, konnte aber nichts aussergewöhnliches feststellen.
"Sie sind tot. Ich habe schonmal solche Augen gesehen, bei meinem Großvater. Weisst du, er war im 1. Weltkrieg an der Front und jedes Mal wenn ich mich an ihn erinnere, sehe ich seine toten Augen vor mir."
Er wusste nicht, was er darauf erwidern sollte.
"Meine Mutter hat immer gesagt, dass es hilft zu weinen. Tränen waschen den Schmerz weg, wie Regen, der auch die Straßen reinigt."
Die Gedanken in seinem Kopf rasten, noch bevor er es wirklich realisieren konnte, umschlossen ihn ihre kleinen, dünnen Arme seinen Körper.

In dem Moment, als seine erste Träne sich ihren Weg über seine Wangen suchte, war der Schmerz in seiner Brust verschwunden...

 

Liebe Katinka, auch deine zweite Kg hier ist nicht viel besser. Ich vermute äußerst stark, dass du nie, niemals selbst in einem Luftschutzbunker unterkriechen musstest?
An und fürsich nichts Schlimmes, über etwas zu schreiben, was man nicht selbst erlebt hat, zeigt sich doch genau hierin mMn die Fähigkeit eines Schreibers zur Empathie, seine Vorstellungdskraft und Phanstasie - und seine Wertschätzung für Recherche.

Ich war selbst auch nie in der Lage deines Prots und kenne ähnliche Situationen nur aus Erzählungen. Allerdings wirkt deine sehr gewollt und gerade das entlarvt sie irgendwie. Sehr viel Dramatik, ok, die Situation ist drastisch, keine Frage, aber du kleidest sie damit ein wie ein ungelernter Schneider seinen ersten Kunden.

Geruch von Kot und Urin vermischt mit Angstschweiß lag in der Luft.
Ich weiss nicht genau, aber haben die wirklich in die Bunker gekackt?

"Pssscht!", eine barsche Stimme liess das Heulen verstummen. "Sie werden dich noch hören und dann sind wir alle dran!"
Dass ein Flugzeug ein Weinen unter der erde hört, erscheint mir unglaubwürdig.

Er konnte sich schon garnicht mehr daran erinnern, wie es vor den Bombardierungen gewesen war.
Ein Satz, der besser klingt als er ist: der Junge ist doch bestimmt so um die zehn Jahre? Bezweifle, dass er so schnell sein Gedächtnis verliert, gerade WEIL Menschen sich in schlimmen Zeiten an positive Erinnerungen klammern.

Das draußen der penetrante Brandgeruch sich mit dem Geruch von verwesendem Fleisch mischte, war ihm gleichgültig. Auch die Ratten, die an herumliegenden Leichenteilen zerrten, störten ihn nicht.
IdR wurden die Leichen entfernt, nach den Bombardements, aus Seuchenschutzgründen.

Und diese Weinsache....im Ernst, es ist sicher hilfreich, aus Schmerz zu weinen, aber dass sich dadurch alles auflöst, die ganze Traumatisierung? Nicht glaubwürdig imA.

Textkram:

Von irgendwo her war ein leises weinen
irgendwoher, Weinen

Erst zaghaft, und
ohne KOmma

Monate... Das es nur Monate waren
dass

wie lang sich die ganze Sache schon hinzog!
wie lange und warum das ! ?

Das draußen der penetrante
dass

vor dem Erzeuger der Schluchzer innehielt.
Vaterschaftstest? Ok, Scherz beiseite, wenn schon, dann Verursacher, warum nicht: dem Schluchzenden?
war der Schmerz in seiner Brust verschwunden...
Geschichten die mit "..." enden sind mir suspekt. Warum nicht einfach Punkt?

 

Hallo katinka,

und herzlich willkommen hier.
Du übertreibst reichlich, drückst ordentlich auf die Tränendrüse, auch wenn das nicht den reinigenden Effekt hat, den dein Protagonist um Ende der Geschichte dadurch erfährt.
Ich frage mich zum Beispiel, in welchen Luftschutzkellern dein Knabe landet, in denen anscheinend wahllos jeder einfach auf den Boden pinkelt oder scheißt. Das sich der eine oder andere dort vielleicht vor Angst in die Hosen macht, kann ich noch nachvollziehen, wenn sich dein Protagonist später aber durch Urinpfützen robbt, ist es deutlich zu viel. Krieg ist auch ohne noch schlimm genug.
Dass diese Geschichte dann in einer Allerweltsweißheit mündet, der sie auch den Titel zu verdanken hat, finde ich etwas enttäuschend, dafür hätte es das große stinkende und tötende Szenario nicht gebraucht.
Immer wenn die Geschichte "leise" wird, du dich zurücknimmst und auf die Überdramatisierung verzichtest, triffst du viel klarer die Töne.
Details:

der Geruch von Kot und Urin vermischt mit Angstschweiß lag in der Luft.
Entweder: der Geruch von Kot, Urin und Angstschweiß ... oder du musst den Geruch noch mal aufnehmen, da Angstschweiß nicht in der Luft liegen kann.
Wielange sie nun schon hier saßen
Wie lange
Von irgendwo her war ein leises weinen zu hören.
"ein" streichen, Weinen groß
Erst zaghaft, und dann immer herzzerreissender schluchzte da jemand in der Dunkelheit
"da" streichen, herzzereißender
"Pssscht!", eine barsche Stimme liess das Heulen verstummen
"Pssscht!" Eine barsche Stimme ließ ...
Monate...
Leerzeichen
Das es nur Monate waren
Dass
er selbst hatte schon lange den Überblick verloren, wie lang sich die ganze Sache schon hinzog!
Außerdem liest sich das spätestens hier nicht mehr als verschwiegest du uns wegen des Spannungsaufbaus, was da los ist, sondern eher, als wüsstest du es selbst nicht.
Also entweder, wie lange sie schon gefangen waren oder wie lange sie sich schon versteckten, "die ganze Sache" ist die mieseste aller andeutenden Formulierungen.
Er konnte sich schon garnicht mehr daran erinnern, wie es vor den Bombardierungen gewesen war
Na, das lernt man doch schon in der Grundschule: gar nicht wird gar nicht zusammengeschrieben.
Im war so
Ihm war so
als sei seine Seele, sein Geist in einer Art Marionette gefangen, zu keiner Empfindung mehr fähig. Ledigliche Befehle wurden mechanisch, ja fast automatisch ausgeführt.
als seien, sonst Seele oder Geist streichen; automatisch ist in diesem Falle keine Steigerung von mechanisch, sondern drückt dasselbe aus und ist redundant.
Sobald der Fliegeralarm durch die Straßen schallte, bewegte sich sein Körper zu irgendeinem Kellerraum.
Sie können also raus? Dann weiter oben vielleicht "wie lange der Krieg schon dauert"?
Das draußen der penetrante Brandgeruch sich mit dem Geruch von verwesendem Fleisch mischte
Hier hast du es zwar richtig gemacht, aber schon wieder Gerüche, die sich mischen?
In seinem Kopf kann er immer noch ihre Stimme hören, und auch wie sich ihr Satz in einem Aufschrei verliert, als sie von einem Trümmerteil am Kopf getroffen wird.
Warum hier der Wechsel der Erzählzeit?
Vorsichtig kroch er durch die Menschengruppe, die sich in Panik auf dem Boden kauerte.
entweder die in Panik, dann hast du mit dem Dativ von "dem Boden" recht, oder "sich in Panik", dann muss der Boden aber im Akkussativ stehen.
ihm war es, als müsse seine Brust platzen
"es" streichen, müsste (Da Vergangenheit, Konjunktiv 2)
"Du bist ein seltsamer Junge!" Er erschrak.
"Warum?", mehr brachte er nicht herraus. " Ich habe dich schon ein paar mal gesehen, du siehst nett aus, aber deine Augen machen mir Angst."
Zeilenumbrüche und Zeichensetzung:
"Du bist ein seltsamer Junge!" (Jemand spricht ihn an)
Er erschrak.(Er reagiert) "Warum?" (Immer noch er) Mehr brachte er nicht herraus.
"Ich habe dich schon ein paar mal gesehen, du siehst nett aus, aber deine Augen machen mir Angst." (Wieder der Erste)
"Meine Augen? Was ist mit ihnen?", automatisch griff
ihnen?" Automatisch

Lieben Gruß
sim

 

hallo,

also bunker in denen auf den boden geschissen und uriniert wurde gab es sehr sehr oft, zb im 1 WK wenn man von allen seiten tagelang zugebombt wurde. nicht unplausibel es so zu beschreiben, könnte ja überall, in welcher zeit auch immer stattfinden.

es ist aber wirklich arg kitschig. ich glaube sim hat recht, für diesen schluss hätte auch eine simplere umgebung ausgereicht. was helfen könnte das ganze aufzuwerten, wäre eine ausgiebigere beschreibung der situation. so wirkt es kurz und trotz all des urins irgendwie steril. mit mehr tiefe, die vielleicht ein paar einfache beschreibungen des bunkers oder der gegebenheiten, die zum aufenthalt im bunker geführt haben, würde mehr atmosphäre aufkommen.
und wie gesagt, das ende würde ich entschärfen. es kann ja inhaltlich so bleiben aber wenn man es hier schlichter gestaltet und nicht alles ausspricht, sondern eben indirekt beschreibt, gewinnt das ganze denk ich mal.

 

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