Abgeblätterte Farbe
Eine heruntergelassene Jalousie flattert im Wind. Die Straßen sind verlassen und der von meinen Schritten aufgewirbelte Staub, umkreist meine Beine. Ich komme an einem Laden vorbei – oder das was davon übrig ist. Das Schild auf dem einst „ Bäckerei Himmels“ stand, baumelt traurig an einem Haken. Die Schrift ist verwischt und kaum noch lesbar.
Ist das alles was übrig geblieben ist?
Eine alte Frau lukt hinter ihren Gardinen hervor. Ihre Augen sind das einzige wache an ihr. Ihr eingefallenes Gesicht begutachtet mich misstrauisch. Als ich ihr freundlich zu winke, verschwindet sie schnell wieder in den Tiefen ihres Hauses.
Meine Schritte knirschen auf dem Kies.
Ein ehrwürdiges Gebäude erhebt sich majestätisch in den Himmel. Seine alte Fassade wirkt zwar brüchig, aber immer noch andächtig. Die Kuppel, die das Gebäude thront, ist inzwischen rot angestrichen. Die einzige positive Veränderung, die ich bisher bemerke.
Aber es strömen keine Kinderscharen aus dem Gebäude, als kurz darauf die Glocken schlagen. Die Türen sind verschlossen, die Fenster Staub verhangen. Ein alter Mann kehrt vor dem Portal die Blätter weg. Langsam, so als könnte ihn nichts in der Welt zur Eile antreiben.
Die Uhr, die über dem Eingang des Gebäudes hängt, ist stehen geblieben.
Ich biege in eine Seitenstraße ein, meinem Ziel immer näher kommend. In Erwartung auf den kleinen, schönen Stadtgarten, der gleich rechts neben mir erscheinen würde, verschnellere ich meine Schritte. Ein Blick nach rechts, ein Blick nach unten.
Nichts mehr ist übrig von der prächtigen Farbenpracht. Unkraut bevölkert den Boden, hat die Blumen vertrieben. Die Bank ist mit Moos überzogen. Eine Schaukel knarzt, als der Wind sie anstößt. Tief hängen die Wolken über der Erde.
Eine mächtige Eiche ragt ihr Haupt stolz empor. Ich lasse meine Finger über die Rinde streichen. Rau und rissig ist sie. Alt und weise. Die Eiche ist vielleicht der einzige Zeuge der Veränderungen, die Wurzeln fest im Boden verankert. Eine Eichel fällt herunter und landet neben meinen Füßen. Ich hebe sie auf und schließe meine Hand um sie. Kalt ruht sie in meiner Hand.
An der nächsten Ecke biege ich rechts ein. Wie oft bin ich diesen Weg entlang gegangen.
In der Erwartung auf Geborgenheit und ein warmes Mahl. Wie oft empfing mich nur die graue Katze.
Nun steht es endlich vor mir, das blau – weiß gestrichene Haus. Ein altes Fachwerkhaus, die Farbe abgeblättert, und unbewohnt. An dem Zauntor baumelt ein Schild : Zu verkaufen.