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Abschied und Hoffnung

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17.10.2005
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Abschied und Hoffnung

Abschied

Langsam neigt sich der Tag dem Ende zu. An den Apfelbäumen wachsen schon hübsche Blüten. Ich liebe den Frühling, gerade dann, wenn alles schön grün ist. Träumen tue ich davon, wie wir über die Wiese rennen. Hand in Hand. Um uns herum die hohen, weißen Berge, Frische Landluft , die uns umgibt. Plötzlich fallen wir lachend ins Gras und kullern eng umschlungen den Hügel wieder hinab, den wir gerade hinauf gerannt sind.

Eines Tages wird mein Traum in Erfüllung gehen. Weißt du noch, die wunderschöne Nacht im Wald? Wir übernachteten in einer kleinen Hütte, weil wir uns verlaufen hatten. Um uns herum waren tausend Kerzen. Den Kamin hatten wir angemacht. Dabei hattest du dich fast verbrannt. In einer Decke eingewickelt, lagen wir auf einem winzigen Bett und schauten dem lodernden Feuer zu.

Langsam gehe ich durch den Flur. An den Wänden hängen Poster von fröhlichen Kindern. Wie sehr wünsche ich mir, dass ich ein Lächeln seit langem wieder auf deinem Gesicht sehe. Man sagte mir heute, wie schlecht es um dich steht. Nun stehe ich vor deiner Tür und traue mich nicht rein.
Sonst kam ich so gern zu dir, doch heute ist es irgendwie anders.
Ich habe Angst, dich zu sehen. Als ob es ein letztes Mal wäre. Die Tür geht auf, ganz plötzlich. Eine Frau im weißen Kittel geht an mir vorbei, sie schenkt mir keine Beachtung. In den Raum gehe ich, ohne zu wissen, ob du da bist.
Alles kommt mir so vertraut vor und doch irgendwie fremd. Ich gehe ans Fenster und öffne es. Die kühle Abendluft strömt herein und durchfließt mein Haar. Das Fenster mache ich wieder zu, denn es ist kalt. Hinter mir steht ein Bett, dein Bett. Ich drehe mich zu dir um. Ruhig liegst du da und schläfst. Ganz blass siehst du aus. Auf dem Tisch, in der Mitte des Zimmers steht eine Schüssel mit Obst. Ein knallroter Apfel sieht mich an. Ich gehe hin und nehme ihn mir. Meine Hände zittern, mein Herz klopft. Jetzt erst bemerke ich, wie groß mein Hunger ist. Seit Tagen habe ich nichts richtiges mehr gegessen. Aus Kummer zu dir.

Ein leises Stöhnen dringt an mein Ohr. Ich drehe mich zu dir um und sehe, dass du deinen Arm nach mir ausstreckst. Doch du bist zu schwach, um nach mir zu greifen. Er fällt herunter. Ich gehe zu dir und setze mich auf das Bett.
Deine Hand greift nach meiner. Ganz kalt ist sie. Jetzt erst bemerke ich, dass du nun gar keine Haare mehr hast. Ich versuche sie mir vorzustellen, dein kurzes blondes Haar. Wie ich es liebte, sie zur durchwühlen und wie du dich dann immer aufgeregt hast. Deine strahlend blauen Augen sind auch ganz schwarz geworden. Vorsichtig nehme ich dich in meine Arme, drücke dich ganz fest. Auch du legst deine Arme um mich und versuchst mich zu drücken, doch es fällt dir schwer. Plötzlich spüre ich, wie eine Träne von dir über meinen Nacken läuft. Das erschrickt mich. Dein Gesicht wandert über mein Ohr. Du flüsterst: ,, Ich liebe dich, vergiss das nicht!“
Jetzt drückst du mich noch fester. Ich sage dir: „Ich liebe dich auch und vergessen werde ich dich niemals!“. Mein Herz tut weh, als ob es gleich zerbricht, ganz schwer und warm.

Den Apfel habe ich immer noch unangebissen in der Hand, als du sagst:
„Ich kann nicht mehr.“ Er fällt mir aus der Hand. Etwas Schale fällt ab.
Er rollt zum Tisch wo ich ihn hergeholt habe und schließlich bleibt er liegen.
„Nein, sag das nicht, du hast doch sonst immer alles geschafft, nein!“
Ich ziehe dich vor mein Gesicht, das nun inzwischen kreidebleich geworden ist und schüttele dich. ,,Es ist vorbei, ich kann nicht mehr. Du musst für mich weiterleben!“ Deine kalten Hände fassen an meine Wangen.
Sanft gibst du mir einen zarten Kuss. Ich erwidere ihn und drücke dich ganz fest, doch du lässt nach. „Was ist los? Sag bitte etwas!“ Deine Augen sehen mich starr an, dann fallen sie zu. Ich beginne zu begreifen.
Meine Augen werden nass, füllen sich mit Wasser. Es rollt über meine Wangen. Der Geschmack ist salzig und tropft auf dein Gesicht. Ich wische sie weg.

Ich rücke den roten Knopf neben deinem Bett.
Ein leises Summen ertönt. Vorsichtig lege ich deinen Kopf auf das Kissen.
Ein letzter Kuss auf deine Wangen, dann gehe ich aus dem Zimmer, vorbei an dem Apfel, der noch immer am Tisch liegt.
Männer und Frauen rennen an mir vorbei.
Sie wollen dir helfen, doch ich weiß, dass es nichts mehr nützt…

 

Hallo Thari und herzlich willkommen auf kg.de. :)

Erstmal eine Formalie: Würdest du bitte deinen Text einer Geschichte gemäß formatieren? Linksbündig und bitte nicht für jeden Satz eine neue Zeile anfangen, sondern jeden Absatz für sich durchlaufen lassen. Lediglich wenn eine wörtliche Rede eines neuen Sprechers beginnt, beginnt man auch eine neue Zeile im Absatz. Das käme der Lesbarkeit erheblich zugute.

 

Und wieder ich. :)

Ja, so lässt sich das doch viel besser lesen.

Ein äußerst bedrückendes Thema hast du dir für deine Einstandsgeschichte hier ausgesucht. Eine solche Situation ist für Angehörige / Freunde tatsächlich sehr schwer, weshalb ich das Zögern an der Tür und das Unwohlsein deiner Prot auch gut nachvollziehen kann. Man will für denjenigen da sein, ihm helfen, beistehen so gut es geht, Mut zusprechen und ist doch selbst so entmutigt, dass man kaum die richtigen Worte finden und trösten kann.

Der Angehörige / Freund deiner Prot scheint auf ihr Kommen gewartet zu haben, um sich zu verabschieden. Auch das gibt es tatsächlich. Dass Menschen mit dem Sterben warten, um nicht alleine sterben zu müssen oder um sich noch verabschieden zu können. Ich habe das selbst einmal erlebt.

Vieles an deiner Geschichte, über das man vordergründig stolpern könnte, macht für mich also tatsächlich einen Sinn. Insgesamt denke ich auch, dass viel von dem, was du mit der Geschichte vermitteln wolltest, bei mir während des Lesens ankam. An einigen Stellen setzt du allerdings zu viel voraus. So erwähnst du relativ am Anfang:

Eines Tages wird mein Traum in Erfüllung gehen.
Was für ein Traum? Das wird nie aufgelöst. Natürlich kann das auch der Phantasie des Lesers überlassen bleiben und es mag sein, dass die Nicht-Auflösung andere Leser nicht stört, mir aber fehlt hier was.

Trotz der schon erwähnten Nachvollziehbarkeit des Zögerns und der Unsicherheit deiner Prot kommt es mir doch seltsam vor, dass sie (es ist doch eine Sie, oder?) - als sie sich endlich traut, hineinzugehen - zunächst zum Fenster geht usw., anscheinend ohne einen Blick auf das Bett zu werfen. Das wäre mein erstes Anliegen: Ist derjenige da? Ist er wach? Ich würde sofort hingehen. Zudem finde ich die Stelle mit dem Fenster etwas umständlich formuliert. Dieser eigentlichen Nichtigeit räumst du relativ viel Platz ein. Natürlich, es kann auch ein wenig die Unsicherheit deiner Prot transportieren. Aber bei hat es an der Stelle nicht funktioniert.

Noch etwas, was ich seltsam fand:

„Ich liebe dich auch und vergessen werde ich dich niemals!“.
Das sind die ersten Worte, die die Prot an ihn (es ist doch ein Er, oder?) richtet. Das klingt schon so, als hätte sie ihn aufgegeben. Mir kommen diese Worte - in welch guter Absicht gesprochen und wie positiv auch immer ihre Bedeutung ist - erschreckend gefühllos im Sinne von taktlos vor. Die ersten Worte, mit denen man ausdrückt, dass man denjenigen schon aufgegeben hat. Es widerspricht auch dem Protest, den deine Prot bringt, als er ihr mitteilt, dass er selbst nicht mehr kann und aufgibt. Beim ersten Lesen hatte ich sogar daran gedacht, dass er aufgibt, weil er merkt, dass sie ihn aufgegeben hat. :shy: Ich würde den ersten Satz, den sie zu ihm sagt, umschreiben.

Und damit kommen wir zum letzten Punkt, den ich anzumerken habe: Es wäre sicher auch etwas einfacher für deine Leser sich in die Geschichte und die Gefühlswelt deiner Prot einzufühlen, wenn man Gesichter oder Namen vor sich hätte. Damit meine ich genau das Problem, dass ich nicht einmal weiß, ob es um einen Mann oder eine Frau geht, wie genau die Beziehung der beiden ist (obwohl es eine Liebesbeziehung zu sein scheint, aber letztendlich ist das offen. Wenn du das noch ein klein wenig konkretisierst, kommt die Geschichte sicher wesentlich intensiver rüber.

Viele Grüße
Kerstin

 

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