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Abschied

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05.02.2005
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Abschied

Unzählige Male hatte sie bereits mit dem Gedanken gespielt und unzählige Male hatte sie ihn wieder verworfen. Jetzt stand sie unten auf der Strasse und blickte die Fassade hinauf, der Wind blies ihr um die Ohren und ihr war kalt. Sie konnte die kleine Terrasse sehen, den gelben Sonnenschirm der in der Ecke stand und nie benutzt wurde und den verdorrten Christbaum, dessen Nadeln sich längst über den Kunstrasenteppich verteilt hatten und vergebens darauf warteten, aufgewischt und über das Geländer gestreut zu werden.
Die schwere Glastür schloss sich langsam hinter ihr und quietschte dabei leise und sie freute sich. Die Tür hatte das Quietschen nicht verlernt, seit sie fortgegangen war.

Es war sehr heiss gewesen an diesem Nachmittag, das Radio sprach gar von Rekordtemperaturen und sie sassen in der Küche am Boden und sie weinte und er auch ein bisschen. Sie hatte ihn noch nie weinen gesehen. Er versuchte den Arm um sie zu legen, sie zu streicheln, ihr die Tränen abzuwischen. Seine Berührungen schmerzten, sie wollte nicht, sie konnte nicht, es würde das letzte Mal sein. Sie schrie und es zerriss sie und sie rutschte ein bisschen weg von ihm, rutschte über den Küchenboden und zog sich die Nase hoch, doch die Nase lief. Sie lief ihr davon. Alles lief ihr davon. Sie wollte gegen die Wand hämmern, wollte aufspringen, davonrennen. Sie wollte gepackt werden und nicht mehr losgelassen und sie wollte auf der kleinen Terrasse sitzen und Eis essen. Er liess sie los.

Jetzt stieg sie die Stufen hinauf, die sie zuletzt hinabgestiegen war.

Die kleine Katze auf der Fussmatte grinste sie an und die Sprechblase vor ihrer Schnauze hiess sie willkommen. Die Schrift blätterte ab. Sie hob die Fussmatte und der Schlüssel war noch da und sie rückte die Fussmatte zurecht und die Katze grinste immer noch.

Seine Hausschuhe standen an ihrem Platz, dicht beieinander, sie warteten auf ihn.

Zuerst zog sie die Schuhe aus und dann die feuchten Socken. Ihre Füsse waren eiskalt. Sie legte ihr Kleider auf den Stuhl am Fenster und schlüpfte unter die Bettdecke. Sie grub ihre Nase in sein Kissen und verharrte eine Weile, sie saugte seinen Geruch ein, füllte sich mit ihm, sie wollte ihn auf sicher, für immer. Sie wälzte sich hin und her in seinem Laken und streichelte ihre Brust mit dem Zipfel seiner Bettdecke. Eine Träne suchte sich ihren Weg und fand ihr Ziel auf seinem Kissen. Vielleicht trocknet sie ja nie, dachte sie.
Die Decke fühlte sich gut an zwischen ihren Beinen und sie schloss die Augen und ging fort, weit fort und als sie zurückkehrte, stöhnte sie leise auf und ihre Finger krallten sich im weissen Stoff fest.

Sie blieb noch eine Weile liegen und lauschte dem Ticken des Weckers auf dem Nachttisch. Es hatte sie begleitet, die vielen Male als sie sich hier geliebt hatten. Jetzt tickte es nur noch für ihn, hoffte sie. Sie stand auf und zog Decke und Laken zurecht.

Als sie die Tür hinter sich zuzog war er überall, in ihrem Mund, sie roch ihn, sie spürte in. Rausch. Ein letztes Mal ging sie die Treppe hinunter und die Tür quietschte leise hinter ihr.

Oben auf der Terrasse stand der aufgespannte Sonnenschirm.

 

Hallo einoel,

Die Geschichte hat mir gefallen, aber hier erstmal ein paar Sachen, die mir beim Lesen aufgefallen sind:

einoel schrieb:
Es war sehr heiss gewesen an diesem Nachmittag, das Radio sprach gar von Rekordtemperaturen und sie sassen in der Küche am Boden und sie weinte und er auch ein bisschen.

Eine Stelle, wo du zu viele Aufzählungen hintereinander reihst. Wenn man kleine Sätze draus machen würde wäre das ganze flüssiger zu lesen und hätte einen besseren Rhytmus.

einoel schrieb:
Sie schrie und es zerriss sie und sie rutschte ein bisschen weg von ihm, rutschte über den Küchenboden und zog sich die Nase hoch, doch die Nase lief. Sie lief ihr davon.

Die Nase? Über die Stelle bin ich etwas gestolpert.

einoel schrieb:
Alles lief ihr davon. Sie wollte gegen die Wand hämmern, wollte aufspringen, davonrennen. Sie wollte gepackt werden und nicht mehr losgelassen und sie wollte auf der kleinen Terrasse sitzen und Eis essen. Er liess sie los.

Die Stelle gefällt mir gut. Sehr emotional und ein guter Satzrhytmus.

einoel schrieb:
Oben auf der Terrasse stand der aufgespannte Sonnenschirm.

Schönes Ende, passt sehr gut zu der Geschichte.

Deine Geschichte lässt sich sehr gut lesen. Man kann sich gut in die Person hineinversetzen.
Was mich etwas verwundert hat, ist, dass es nur einen Rückblick auf ihr vorheriges Liebesleben gegeben hat. Eine abwechelnde Betrachtung von Erinnerungen und dem Weg zur Wohnung wäre auch interessant gewesen.

Manchmal sind die Übergänge etwas aprubt. Da könnte man vielleicht noch den ein oder anderen Satz einbauen.

Gruß
Dan

 

Hallo einoel,

wirklich nette Geschichte. Gutes Tempo, Stimmung getroffen, Bogen gespannt und Abschluss gefunden.

Ich habe Spass beim Lesen gehabt.

Gruss
Wolfgang Urach

 

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