Was ist neu

Abschied

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27.12.2005
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Abschied

für meine allerbestigsten Freundinnen

Wir waren beste Freunde, damals, in der Schule. Nach dem Abitur trennten sich unsere Wege. Einige Telefongespräche und Briefaustausche folgten, aber nichts Handfestes mehr.
Jetzt sehen wir uns wieder. Zum ersten Mal nach fast zwölf Jahren. Wir fallen uns in die Arme und drücken uns, die Welt um uns verschwindet, es gibt nur noch uns, neben den hunderten Menschen in der Berliner Fußgängerzone. Wir lösen die Umarmung, treten jeder einen Schritt zurück und mustern uns.
„Weißt du noch...?“ flüstert sie leise.
Weißt du noch? Wie könnte ich je vergessen?
Ich sehe ihre Schuhe, weiß noch genau, wie wir damals in diesem Laden waren und die Verkäuferin verarscht haben, ihr weismachen wollten, die High Heels wären für mich, nicht für sie und wie uns die Verkäuferin schließlich wutentbrannt rausgeschmissen hat – wir standen auf der Straße und krümmten uns vor Lachen – obwohl die Aktion gar nicht lustig war, sie ist eher aufgrund eines Versprechers der Verkäuferin spontan entstanden – wir waren beide schon immer gute Schauspieler gewesen, liebten es, mitten in einer Situation einen verqueren, gespielten Streit vom Zaun zu brechen und uns hinterher lachend in die Arme zu fallen (ganz zum Erstaunen der Zuschauer übrigens) – wir standen auf der Straße und lachten über die Reaktion der Verkäuferin, sie drohte uns lebenslanges Hausverbot an – ich weiß nicht, ob sie jemals versucht hat, wieder in den Laden zu gehen, ich für meinen Teil tat es nie, es war ein Geschäft für Frauenschuhe; ich sehe ihre Beine, wunderschöne wohlgeformte Beine, nicht außergewöhnlich lang zwar - ihr ganzer Körper ist ja nicht sonderlich groß - erinnere mich, wie ich sie immer bewundert habe, dass sie sich trotz ihrer geringen Körperlänge immer durchgesetzt hat, trotz ihrer Kleinheit immer Größe gezeigt, immer ein offenes Herz hatte, ein weites Tor für Jeden; ich sehe ihre Hüften, kann ihren süßen Po erahnen, weiß noch, wie sie mir immer auf meinen Po geschlagen hat, aus Spaß – wir konnten darüber lachen, anders als ihr fester Freund, der damals wegen mir mit ihr Schluss gemacht hat, aus Eifersucht, doch unsere Freundschaft war ihr wichtiger als alles Andere auf der weiten Welt, selbst als Liebe – ich bin nicht sicher, ob sie ihren damaligen Freund wirklich geliebt hat, eines ist klar: sie liebte mich und ich liebte sie, das wusste ich, das wusste sie, ohne Worte dafür verwenden zu müssen, auch wenn wir es uns eigentlich gegenseitig sagen konnten, wir liebten uns, nicht körperlich – jedenfalls nicht auf die profane Weise mit Sex, nein, unsere Körperlichkeit ging weiter, wir umarmten uns so innig, dass wir uns dadurch näher waren als hätten wir miteinander geschlafen – wir küssten uns auch nicht auf die Wange, wir waren keine Bussi-hier-Bussi-da-Kumpels, wir waren, im wahrsten Sinne des Wortes - wir wussten, was es heißt - Freunde; ich sehe ihren Bauch, erinnere mich, wie ich sie damals oft in diesen Bauch, der eigentlich keiner ist – sie ist noch immer sehr dünn, nicht angsterweckend, nein, eher auf eine süße, zierliche Art – erinnere mich, wie ich in sie damals oft in diesen Bauch piekste, sie im Unterricht – wir saßen ja in jeder Stunde beieinander (wie hassten wir doch die endlosen Mathe-Stunden, die nur durch Käsekästchen erträglich wurden – ich glaube, ich habe nie ein Spiel gewonnen) – sie im Unterricht mit Stiften oder dem Zeigefinger piesackte, sie so lange piesackte bis sie stöhnend mit sich auf und ab bewegenden Rippen neben mir saß und mich der Lehrer erneut ermahnte – ich piesackte sie damals oft, weil es so viel einfacher ist, sich zu ärgern, als zu sagen, wie sehr man den anderen mag; ich sehe ihre Brüste, sie hat sie sich nicht machen lassen, kann mich entsinnen, wie sie das erste Mädchen, noch vor meiner festen Freundin war – ich weiß nicht, ob ich sie damals wirklich geliebt habe, habe ich nicht immer nur die geliebt, die jetzt vor mir steht? – die mir sagte, sie hätte ein Problem damit, dass ihre Brüste so klein sein, ich antwortete: Wer dich liebt, liebt dich, da kommt es nicht auf die Oberweite an, mir ist egal, ob du kleine Brüste oder Megatitten hast (die Wortwahl war sicherlich nicht geschickt, aber meine Gedanken waren damals so, ich weiß es noch heute) – sie hatte ein Problem mit ihren kleinen Brüsten und konnte mit mir darüber sprechen, obwohl ich ein Junge war und sie mein Mädchen, das war für mich damals was Besonderes – ich weiß auch noch, wie sie, wenn wir nebeneinander übernachteten (wobei nie etwas gelaufen ist) im BH vor mir stand und ich sie unverhohlen betrachten konnte – für sie war es kein Problem, ich war als ihr bester Freund ein asexuelles Objekt, mehr oder weniger schwul in ihren Augen, vielleicht sah sie mich als Mädchen, ich weiß es nicht, ich habe sie nie gefragt – für mich war es nach außen hin kein Problem, auch wenn ich unter der Decke eine leichte Erektion bekam, ich wollte keinen Sex mit ihr, aber ich war ein pubertierender Mann und sie ein hübsches Mädchen, dass in BH vor mir stand, ich konnte nichts dazu; ich sehe ihr Gesicht, sie ist nicht älter geworden, ist immer noch so süß wie früher, sie ist reifer geworden, ohne Falten, aber ihr Blick verrät es, sie war immer hübsch, ich zumindest fand sie immer hübsch, sie hat mich aufgequollenes misslungenes Etwas mit ihrer Schönheit immer überstrahlt – und dennoch wurden wir von allen immer als Ganzes angesehen, kaum einer hat nur sie wahrgenommen, wie oft wurden wir gefragt, ob wir zusammen sein – wir waren nie zusammen, obwohl ich sie immer geliebt habe und auch sie mich geliebt hat – aber eine feste Beziehung hätte nicht funktioniert, da bin ich mir sicher, so, wie es war, hat alles wunderbar geklappt und uns beide glücklich gemacht, glücklicher als eine normale Beziehung – schließlich waren wir nicht normal, jeder hat seine Macken, doch wir liebten sie an uns; ich sehe ihre Haare, weiß noch genau, wie sehr sie süßlich gerochen haben, nach einem Magnolia-Shampoo, welches sie immer benutzt hat, ein betörender Duft, der mich manche Mathe-Stunde hat überstehen lassen, ich liebte diesen Duft, ich liebte sie.

„Weißt du noch?“, flüstert sie leise.
„Ja...“

 

Hallo Santas Little Hepler.

für meine allerbestigsten Freundinnen
'Allerbesten', außer wenn der Fehler Absicht ist. ;)
Ach, und eigentlich ist in dem Text nur von einer Freundin die Rede, du hast aber 'Freundinnen' geschrieben.

Den ersten Absatz finde ich etwas kurz geraten, aber als Einstieg ist das noch akzeptabel.

Ich sehe ihre Schuhe, weiß noch genau, [...] ich liebte sie.
Zuerst wollte ich dir sagen, dass dein Text ein paar Absätze mehr vertragen kann, aber dann ist mir aufgefallen, dass du sonst nirgendwo einen Punkt gesetzt hast und der Text eigentlich nur aus einem Satz besteht.
Tu mir einen Gefallen und ändere das. So war es doch etwas schwer zu lesen, da ich dauernd auf einen Punkt zum 'durchatmen und Luft holen' gewartet habe.

Inhaltlich gesehen finde ich den Rückblick toll, aber schade ist, dass die Geschichte eigentlich aus nichts anderem besteht. Sonst wäre der ganze Abschnitt ein schöner Einstieg.
Das Thema ist auch nicht besonders neu. So eine ähnliche Geschichte habe erst ich vor einigen Monaten in unserer Schülerzeitung gelesen, und die beruhte sogar auf wahren Gegebenheiten.

Grüße von Jellyfish

 

Hi Santa,

ich fang mal damit an, was ich mag:

Das sind die Figuren und die Idee. Der Protagonist offenbart offen und ehrlich seine Erinnerungen gemischt mit seinen Gefühlen.
Das Mädel wird einem richtig sympatisch.

Die Idee einer platonischen Freundschaft, gerade während der Pupertät ist zumindest mir recht außergewöhnlich und birgt einiges Potential.

Womit wir bei dem sind, was mir nicht so gefällt.

Aus meiner Sicht verschenkst Du hier recht viel, denn mir fehlt bei dieser Figurenkonstellation irgendwie der Konflikt bzw. der Spannungsbogen.
Es ist alles so heiter weiter Sonne scheine.
Und so richtig lese ich keinen Abschied raus, sondern eher einen Neuanfang. Eine zweite Chance. Beide erinnern sich, beide haben einander nicht vergessen, die Chemie stimmt noch immer, was außergewöhnlich - geradezu idyllisch - ist.

Was mich als Leser interessiert, ist die Frage: Warum haben Sie es mit einer Beziehung nie versucht.
Ja, Du schreibst, daß es der Freundschaft geschadet hätte und nie funktioniert etc. Aber für mich klingt das eher nach Schönreden, nach Ausflüchten des Prots. und es steht im Widerspruch zur sonstigen Offenheit.

Ich kann mir nicht so richtig vorstellen, daß zwei Jugendliche in der Pubertät einen Pakt schließen, trotz körperlicher Nähe auf Sex zu verzichten, weil sie beide die Freundschaft als höheres und wichtigeres Gut einstufen.
Und wenn, dann ist die ein riesiges Konfliktpotential.
Denn jeder Partner von beiden wird über kurz oder lang spüren, daß da noch jemand ist. Das macht auch unglücklich.

Heißt: Wenn also Adorno und Bevoir diesen Pakt schließen und in ihrem Leben wie Gummibänder immer wieder zusammenschnipsen, da akzeptiere ich das irgendwie, denn da ist Philospophie, die die beiden verbindet.
Aber bei Deinen beiden Prots. kann ich es irgendwie nicht glauben.

Ich vermute, daß da mehr ist. Evtl. traut sich der Prot. nicht, evtl. wechselt sie die Freunde und er ist froh, daß er sie hat und traut sich nicht, diese Konstellation zu stören. Und wenn es so ist, dann ist das aus meiner Sicht der Konflikt, die Würze, die der Geschichte fehlt und der bereits durchschimmert.

Denn das Selbstbelügen findest Du auch in der Geschichte. Er schreibt, daß da kein Bedürfnis ist bei ihm, mit Ihr zu schlafen und trotzdem handelt ein großer Teil der Schilderung von Ihrem Körper und seiner Reaktion darauf. Es ist also der Geist, der ihn hier bremst und genau dieser Geist muß doch Achterbahn fahren, wenn sie mit anderen Jungs ausgeht, die anderen Beziehungen pflegt.

Fazit:
Eine Konstellation mit zwei gleichberechtigten Freunden, die so jung auf den Sex verzichten, erscheint mir (auch wenn sie wahr sein sollte) nicht unbedingt spannend bzw. möglicherweise gibt es eine Spannung/einen Grund - dann würde ich hierzu gern was erfahren.
Eine Konstellation, in der der eine Partner gewollt hätte, sich aber nie traute, bis es zu spät war und sich das im Laufe der Geschichte klar macht, birgt einen Spannungsbogen und eine gute Charakterstudie.

Möglicherweise ist letzteres schon angelegt, dann habe ich ein Problem mit der scheinbaren Offenheit, mit der uns der Prot. teilhaben läßt und der unbewußten Ebene, die er uns, aber auch sich selbst verschweigt. Hier muß dann eine deutliche Abgrenzung erfolgen und das ist dann die Ebene, wo in dieser Geschichte eine Entwicklung gezeigt wird.

Grüße
mac

 

Hallo Jellyfish, erstmal: Frohe Weihnachten!

Ich möchte mich zunächst mal bei dir bedanken, dass du deine Zeit geopfert hast und dich durch die Geschichte gekämpft hast. Ich weiß selber, dass das wohl alles Andere als einfach gewesen sein muss.

Hallo Santas Little Hepler.

'Allerbesten', außer wenn der Fehler Absicht ist. ;)
Ach, und eigentlich ist in dem Text nur von einer Freundin die Rede, du hast aber 'Freundinnen' geschrieben.


Ist natürlich ein absichtlicher Fehler, ich sag das immer so, deshalb auch in der "Widmung". Und richtig: Es ist im Text von einer Freundin die Rede, aber letztendlich habe ich Gefühle für mehrere meiner Freundinnen in den Text hinein gebracht.

Den ersten Absatz finde ich etwas kurz geraten, aber als Einstieg ist das noch akzeptabel.

Ich wollte den Leser extra ins "kalte Wasser werfen", denn eigentlich ist die Geschichte nicht als wirkliche Geschichte konzipiert (dazu später mehr) und deshalb empfand ich auch die Rahmenbedingungen als eher nebensächlich.

Zuerst wollte ich dir sagen, dass dein Text ein paar Absätze mehr vertragen kann, aber dann ist mir aufgefallen, dass du sonst nirgendwo einen Punkt gesetzt hast und der Text eigentlich nur aus einem Satz besteht.
Tu mir einen Gefallen und ändere das. So war es doch etwas schwer zu lesen, da ich dauernd auf einen Punkt zum 'durchatmen und Luft holen' gewartet habe.

Dem ist sicherlich absolut zuzustimmen. Es ist für einen Außenstehenden wahrscheinlich unglaublich schwierig, diesen Text zu lesen. Ich habe versucht, ihn mit Klammern, Gedankenstrichen (was für ein passendes Wort in diesem Zusammenhang ;) ) und Kommata zu gliedern, aber das ist natürlich etwas schwer. Ich war mir nicht sicher, in wie weit ich Absätze einbringen sollte, denn sie wären mitten im Satz, da ich beim besten Willen keine Punkte setzen wollte (auch dazu später mehr).

Inhaltlich gesehen finde ich den Rückblick toll, aber schade ist, dass die Geschichte eigentlich aus nichts anderem besteht. Sonst wäre der ganze Abschnitt ein schöner Einstieg.

Nur zum Verständnis: Verstehe ich dich richtig, dass du möchtest, dass nach dem Rückblick noch was folgt?
Erstmal: Danke für das inhaltliche Kompliment. Die "Geschichte", die in dem Sinne ja gar keine ist, eben weil ja keine Handlungen stattfinden, soll eigentlich genau davon leben. Es soll eben mehr eine Art Gedankenfluss sein, soll zeigen, wie aufgrund eines kleinen Ereignisses die Gedanken abschweifen können und zu einem Erinnerungsfluss werden. Eigentlich sollte der Text genau davon leben (aber das scheint ja nicht ganz geklappt zu haben).
Außerdem fand ich es gerade interessant, die Geschichte da enden zu lassen, gerade im Bezug auf die Überschrift. Ich liebe einfach Enden, bei denen sich der Leser selber Gedanken macht (und vielleicht in einen solchen Gedankenfluss kommt wie mein Prot ;) )

Das Thema ist auch nicht besonders neu. So eine ähnliche Geschichte habe erst ich vor einigen Monaten in unserer Schülerzeitung gelesen, und die beruhte sogar auf wahren Gegebenheiten.

Die Frage ist ja, was man überhaupt noch Neues schreiben kann. Irgendwie war ja alles schon mal da ;)
Meine Geschichte beruht auch auf wahren Begebenheiten, wenn auch natürlich die Situation frei erfunden ist. Bei den Gefühlen hab ich mich durchaus an meinen eigenen Gefühlen gehalten.

Irgendwie hört sich das so an, als ob ich die Kritik so komplett abschmettern würde, das soll aber nicht so sein. Mir ist diese Kritik unglaublich wichtig.
Auf Macsoja komme ich dann Morgen zurück, dass schaffe ich jetzt nicht mehr, der Festtagsstress war zu viel ;)

MfG
SlH

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Santas Little Helper, dir natürlich auch frohe Weihnachten.

Nur zum Verständnis: Verstehe ich dich richtig, dass du möchtest, dass nach dem Rückblick noch was folgt?
Wie schon angedeutet bin ich der Meinung, dass dieses Thema in der Literatur ziemlich oft Verwendung findet. Mir fiel nur das Beispiel aus der Schülerzeitung ein.
Gerade deswegen ist es für mich so, als hätte ich die Geschichte schon gelesen, oder als hättest du irgendeine abgeschrieben und nur eine eigene Version draus gemacht. Das finde ich irgendwo auch langweilig, da man damit meist auch weiß, wie die Geschichte ausgeht.
Ich hatte gehofft, dass nachher noch etwas kommt, damit deine Geschichte sich von allen anderen abhebt, so hast du (in meinen Augen) lediglich dieses 'Klischee' verarbeitet.

Die Frage ist ja, was man überhaupt noch Neues schreiben kann. Irgendwie war ja alles schon mal da
Das heißt doch nicht, dasss du nicht etwas schreiben könntest, was der Leser so nicht erwartet, oder?
Ich glaube, das Thema der platonischen Freundschaft zwischen Mann und Frau (bzw. Junge und Mädchen) birgt wirklich nicht viel Potenziel für Neues. Ich habe viele Geschichten darüber gelesen, sodass ich wirklich nicht sagen kann, was es noch nicht gab, da bleiben auch nicht viele Möglichkeiten offen: Entweder sie kommen zusammen oder nicht. Hm, ich glaube, mit einem Todesfall von einem der beiden habe ich dies aber noch nicht gelesen... Sonst fällt mir dazu auch nichts ein.

Irgendwie hört sich das so an, als ob ich die Kritik so komplett abschmettern würde, das soll aber nicht so sein. Mir ist diese Kritik unglaublich wichtig.
Naja, mir geht es auch nicht darum, dass du aus dieser Geschichte ein Meisterwerk machst, sondern eher darum, dass du was für die Zukunft mitnimmst und dich verbesserst. :)

Grüße von Jellyfish

Nachtrag:
Und nochwas zu deinem "Ich liebe einfach Enden, bei denen sich der Leser selber Gedanken macht":
Stell dir folgende Geschichte vor. Ich beschreibe in einer halben Seite, wie ein Kaktus auf einem Fensterbrett steht. Im letzten Satz schwenkt die Perspektive um zu einem Mann, der gerade aus dem Schlaf erwacht. Diese Geschichte nenne ich dann: "Von einem der auszog, seiner Reise durch das Land der unbegrenzten Möglichkeiten und was am Ende aus ihm wurde".
Den Rest meiner Kritik darfst du dir auch denken. :P

 

Ein bisschen später als sonst nun auch die Antwort auf die Kritik von Macsoja,

Erstmal auch dir: Danke fürs Lesen und Kritisieren.

Hi Santa,

ich fang mal damit an, was ich mag:

Das sind die Figuren und die Idee. Der Protagonist offenbart offen und ehrlich seine Erinnerungen gemischt mit seinen Gefühlen.
Das Mädel wird einem richtig sympatisch.


Danke fürs Lob. Das war ja durchaus auch meine Absicht, schön, dass es geklappt hat.

Die Idee einer platonischen Freundschaft, gerade während der Pupertät ist zumindest mir recht außergewöhnlich und birgt einiges Potential.

Ich weiß jetzt nicht, ob das so ungewöhnlich ist. Wie gesagt, es ist ein sehr persönlicher Text und diese Freundschaften gab (bzw. gibt) es wirklich (bin ja selber noch 17 Jahre alt...)

Womit wir bei dem sind, was mir nicht so gefällt.

Aus meiner Sicht verschenkst Du hier recht viel, denn mir fehlt bei dieser Figurenkonstellation irgendwie der Konflikt bzw. der Spannungsbogen.
Es ist alles so heiter weiter Sonne scheine.
Und so richtig lese ich keinen Abschied raus, sondern eher einen Neuanfang. Eine zweite Chance. Beide erinnern sich, beide haben einander nicht vergessen, die Chemie stimmt noch immer, was außergewöhnlich - geradezu idyllisch - ist.


Eben da entsteht (oder sollte er zumindest ;) ) der Konflikt. Es ist halt alles eitel Sonnenschein, alles Friede, Freude, Eierkuchen. Aber die beiden haben sich ja schonmal getrennt und der Titel legt nahe, dass sie es wieder tun werden (warum, bleibt dem Leser offen).

Was mich als Leser interessiert, ist die Frage: Warum haben Sie es mit einer Beziehung nie versucht.
Ja, Du schreibst, daß es der Freundschaft geschadet hätte und nie funktioniert etc. Aber für mich klingt das eher nach Schönreden, nach Ausflüchten des Prots. und es steht im Widerspruch zur sonstigen Offenheit.
Vielleicht ist es das ja auch...

Ich kann mir nicht so richtig vorstellen, daß zwei Jugendliche in der Pubertät einen Pakt schließen, trotz körperlicher Nähe auf Sex zu verzichten, weil sie beide die Freundschaft als höheres und wichtigeres Gut einstufen.
Und wenn, dann ist die ein riesiges Konfliktpotential.
Denn jeder Partner von beiden wird über kurz oder lang spüren, daß da noch jemand ist. Das macht auch unglücklich.

Heißt: Wenn also Adorno und Bevoir diesen Pakt schließen und in ihrem Leben wie Gummibänder immer wieder zusammenschnipsen, da akzeptiere ich das irgendwie, denn da ist Philospophie, die die beiden verbindet.
Aber bei Deinen beiden Prots. kann ich es irgendwie nicht glauben.


Wie gesagt, solche Freundschaften funktionieren bei mir (auch in der Pubertät) ganz wunderbar, auch, wenn sie so sicher nicht alltäglich sind.

Ich vermute, daß da mehr ist. Evtl. traut sich der Prot. nicht, evtl. wechselt sie die Freunde und er ist froh, daß er sie hat und traut sich nicht, diese Konstellation zu stören. Und wenn es so ist, dann ist das aus meiner Sicht der Konflikt, die Würze, die der Geschichte fehlt und der bereits durchschimmert.

Denn das Selbstbelügen findest Du auch in der Geschichte. Er schreibt, daß da kein Bedürfnis ist bei ihm, mit Ihr zu schlafen und trotzdem handelt ein großer Teil der Schilderung von Ihrem Körper und seiner Reaktion darauf. Es ist also der Geist, der ihn hier bremst und genau dieser Geist muß doch Achterbahn fahren, wenn sie mit anderen Jungs ausgeht, die anderen Beziehungen pflegt.


Eben das soll es ja sein. Er will nicht mit ihr schlafen, weil er sich einredet (das tut er denke ich ganz offensichtlich), dass er nicht darf, denn Sex würde die Freundschaft zerstören (im Bezug) auf die Gegenwart der Geschichte müsste das natürlich im Perfekt stehen). Aber der Körper will eben doch (das zeigen die Reaktionen. Von daher entsteht eben dieser Konflikt: Will ich? Will ich nicht? Und eben dieser sollte die Würze ausmachen. Scheinbar hätte ich noch mehr darauf eingehen müssen, denn du schreibst, es "schimmert durch". Aber ich bin ein Freund der leisen Töne und mag diese Holzhammer-Methode nicht so.

Fazit:
Eine Konstellation mit zwei gleichberechtigten Freunden, die so jung auf den Sex verzichten, erscheint mir (auch wenn sie wahr sein sollte) nicht unbedingt spannend bzw. möglicherweise gibt es eine Spannung/einen Grund - dann würde ich hierzu gern was erfahren.
Eine Konstellation, in der der eine Partner gewollt hätte, sich aber nie traute, bis es zu spät war und sich das im Laufe der Geschichte klar macht, birgt einen Spannungsbogen und eine gute Charakterstudie.

Möglicherweise ist letzteres schon angelegt, dann habe ich ein Problem mit der scheinbaren Offenheit, mit der uns der Prot. teilhaben läßt und der unbewußten Ebene, die er uns, aber auch sich selbst verschweigt. Hier muß dann eine deutliche Abgrenzung erfolgen und das ist dann die Ebene, wo in dieser Geschichte eine Entwicklung gezeigt wird.

Grüße
mac


Du fasst es eigentlich in deinem Fazit sehr gut zusammen. ;)

MfG
SlH

 

Hi,

ich nochmal:

Eben das soll es ja sein. Er will nicht mit ihr schlafen, weil er sich einredet (das tut er denke ich ganz offensichtlich), dass er nicht darf, denn Sex würde die Freundschaft zerstören (im Bezug) auf die Gegenwart der Geschichte müsste das natürlich im Perfekt stehen). Aber der Körper will eben doch (das zeigen die Reaktionen. Von daher entsteht eben dieser Konflikt: Will ich? Will ich nicht? Und eben dieser sollte die Würze ausmachen. Scheinbar hätte ich noch mehr darauf eingehen müssen, denn du schreibst, es "schimmert durch". Aber ich bin ein Freund der leisen Töne und mag diese Holzhammer-Methode nicht so.

Offensichtlich ist es aber so, daß das, was Du wolltest und das, was entstanden ist, nicht unbedingt herauskommen, denn ich habe ja geraten und vermutet.
Aus meiner Sicht gibt es auch Abstufungen zwischen Holzhammer (Umschreibung dafür, daß man den Leser mit der Nase mehrfach drauf stößt) und Andeutungen (die alles zulassen).

Und auch wenn´s mal wieder autobiographisch ist, sollte der Autor bei dem Schritt, seine Erlebnisse (und Erkenntnisse, d.h. er hat den Stoff wenigstens ansatzweise verarbeitet) einem breiterem Publikum zugänglich zu machen, sich gewisser handwerklicher Praktiken bedienen.
Heißt:
Wenn Du aus einer ehrlichen ICH-Perspektive schreibst und der Erzähler mit dem Prot. übereinstimmen, dann kann der Leser eigentlich nur eines machen, Deinem Erzähler vertrauen.
Wenn der Erzähler aber unbewußt sich selber belügt und die Freundschaft beschwört und dabei auf den Sex zielt, dann muß Du das sehr sauber herausarbeiten, ansonsten ist eben schwer für den Leser, hier dahinterzusteigen.

Denn auf eines solltest Du Dich dann festlegen:

Eben da entsteht (oder sollte er zumindest) der Konflikt. Es ist halt alles eitel Sonnenschein, alles Friede, Freude, Eierkuchen.
Also entweder Konflikt und Sonnenschein auf Kosten, daß sich seiner der beiden selbst belügt. Oder aber WIRKLICH alles in Butter (dann aber langweilig).

Also nochmal:
Der Konflikt muß erkennbar sein - nicht die ganze Zeit und auch nicht mit dem Holzhammer hingeschrieben.
Sondern wenn schon der Prot. selber erzählt dann muß man deutlich und evtl. in sich steigernden Sequenzen erkennen, daß es eine KLARE Unterscheidung zwischen Denken und Handeln Deines Protagonisten gibt.

Das ist nicht unbedingt einfach und wenn es autobiographisch ist, auch schmerzhaft, weil Du die zum Selbstschutz aufgebauten Schalen durchbrechen mußt, d.h. das Verdrängte hervorholen mußt.
Bsp.:
Eine sehr interessante und aufschlußreiche Sache ist ihre Trennung von ihrem richtigen Freund. Was geht da in dem Prot. vor? Empfindet der Freude, Genugtuung. Bekommt er Angst, weil sie sich ja einen neuen suchen könnte und der alte irgendwie steuerbar war?
Wie ging es ihm, als er mit Ihr etwas unternehmen wollte und sie dann doch den Freund mal vorzog?
Was ist seine Theorie, warum sie sich überhaupt weitere feste Freunde suchte - denn es ist ja auch absurd zu glauben, daß Sie alles mit Deinem Prot. machen konnte, außer mit ihm zu schlafen und sich darum anderweitig umschaute.

In das ganze sollte dann eine Entwicklung eingewoben werden. D.h. möglicherweise macht er sich klar, daß er sie wirklich liebte und diese zweite Chance nutzen will, was ja durchaus angedeutet sein kann. Wichtig ist aber, daß auch der Prot. für sich erkennt, was in ihm vorgeht und somit am Ende anders handelt und reagiert, als am Enfang.

Fazit:
In erster Linie muß sich natürlich der Autor klar sein, was er mit der Geschichte will.
Was nicht so optimal ist, wenn sich der Autor geheimnisvoll gibt und alles will. Vielleicht wollte ich dieses oder jenes oder aber auch was anderes, das soll sich jeder selber raussuchen.
Das ist dann der Punkt, wo ich mich umdrehe und das Weite suche, denn Geschichten im Kopf durchspielen, das kann ich auch selbst und brauche keine anderen Geschichten.
Wenn aber andere Menschen Erfahrungen skizzieren oder Erkenntnisse über Geschichten kommunizieren und dies so behutsam machen, daß man nach und nach den Erkenntnisweg selbst nachvollzieht, dann interessiert mich das und dann will ich mehr davon lesen.

Grüße
mac

 

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