Was ist neu

Abschließend betrachtet

Seniors
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09.05.2004
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Abschließend betrachtet

Als er sich umdreht und bückt, um mir einen Marsriegel aus dem Regal zu holen, stoßen seine Knochen fast durch die pergamentähnliche Haut. Er begutachtet zwei Riegel und ich starre auf die Ritze seines Hinterns.
»Einen, sagten Sie?«
»Ja«, und ich kann den Blick nicht von dieser roten Spalte abwenden, in der er anfängt, sich zu kratzen. »Nur einen einzigen.«
Er steht auf und legt mir den Riegel hin. Das Haar ist zu Dreadlocks gezwirbelt, die sich wie Blutegel an seinen Schädel saugen. Die Registrierkasse kracht und klirrt, als er den Betrag eintippt und übertönt kurz den Moderator eines Oldieradiosenders, dessen Stimme nur noch ein Knistern aus der Vergangenheit ist.
»Macht eins zwanzig.« Auf seiner Nase thront ein Pickel, der bereits Tage darauf wartet, ausgedrückt zu werden.
Ich schiebe meine Hand in die Hosentasche und hole eine Handvoll bronzefarbenes Kleingeld hervor, das ich auf den Tresen werfe.
»Mann«, sagt er und kratzt sich an seinem Hals. Weiße Schuppen schweben auf seine Schultern herab und landen auf den Münzen. »Haben Sies nicht kleiner?«
Ich ignoriere seine Frage, starre nur. Bis er anfängt, abzuzählen. Endlich wird die Stimme des tot scheinenden DJs von Musik abgelöst.
»Elvis ist geil, hm?«, fragt er und ich bin über seine Auffassungsgabe überrascht. »Since my baby left me I found a new place to dwell«, singt er einige Sekunden zu spät. Die rosa Kaugummireste lassen sich kaum von den Hautfetzen, die sich von seinen spröden Lippen abschälen, unterscheiden.
Während er weiter zählt, ziehe ich das Messer aus meiner Tasche.
»You make me so lonely baby.«
Ich wickle die mit den Initialen T. und F. bestickten Stofftaschentücher ab und klemme es mit dem Schaft zwischen meine Beine.
»Well the bell hops tears keep flowin.« Würde der Song nicht gleichzeitig im Radio laufen, hätte ich keine Ahnung, was er von sich gibt.
Weiterhin singend wirft er das abgezählte Geld in die Kasse. Ich schnäuze mich in eines der Taschentücher, es brennt in meinen Nebenhöhlen. Als ich einen Blick hinein werfe, sehe ich rot – viel zu wenig – und erinnere mich an gestern, an die Stufen, deren Kanten so spitz waren, dass sie sich wie Klingen in meinen Leib bohrten.
»Alles okay, Mann?«, fragt er mich. Er beugt sich vor und ich sehe seine verklebten, dichten Wimpern, die seine Augen fast komplett verdecken. Nur durch einen Schlitz erkenne ich das Braun der Iris, das so dunkel ist, dass ich es kaum von der Pupille zu unterscheiden kann. Ich stecke das Taschentuch weg.
»Ja, Mann«, und ziehe das Messer zwischen meinen Beinen hervor. »Jetzt schon.«

Als ich in meinem Wagen sitze fällt mir das Atmen schwer. Ich huste, schleudere tief sitzenden Schleim in meine Faust, fühle die etwas härteren Bröckchen darin wie Essensreste und beginne zu lächeln. Trotz des Stechens in meiner Brust. Trotz des Geschmackes von Blut in meinem Mund.
Bitte, der Richtige, denke ich, während der letzte Satz von Elvis erklingt.
»Just take a walk down lonely street to Heartbreak Hotel.«

***

»Mit Mayo oder Ketchup?«, fragt mich das Mädchen, das wohl zuviel seines eigenen Verkaufsgutes zu sich genommen hat.
»Beides«, antworte ich, während ich den Kragen meiner Jacke aufstelle. Der Wind pfeift um meine Ohren und meine Nase ist eiskalt. Seit einer Stunde klebt eine Gewitterfront an meinen Fersen und scheint mich jetzt endgültig eingeholt zu haben. Ich massiere meine Hüfte, die unter zehn Grad immer anfängt zu schmerzen. Noch immer habe ich mich nicht daran gewöhnen können.
»Bei solchem Wetter wünscht man sich doch einen langweiligen Bürojob, stimmts?«, sage ich. Das Mädchen hört kurz auf, Ketchup auf dem Hotdog zu verteilen und starrt mich an.
»Äh, was?« Seine Stimme zittert, und wäre sie nicht so laut, könnte man sie als schüchtern bezeichnen.
»Schon gut.«
Nachdem Geld und Hotdog den Besitzer gewechselt haben, drehe ich mich um und gehe auf die Straße zu. Ich muss meinen Blick von der Wurst abwenden, um hinein beißen zu können. Das Ketchup-Mayo-Gemisch erinnert mich an den Elvis-Jungen aus der Tanke. An sein Erbrochenes, das sich um seine Füße versammelt hatte, nachdem ich zweimal mit dem Messer nach ihm gestochen und nur einen tiefen Schnitt in den Unterarm hinterlassen hatte.
»Schönen Tag noch«, ruft mir das Mädchen hinterher und ich hebe meine Hand, ohne mich umzudrehen.
Ich beiße in meine ersehnte Henkersmahlzeit, schiebe den Gedanken an Halbverdautes, den Gedanken an sein Gehirn, das sich wie das Innere einer reifen Melone auf der Theke verteilte, beiseite, denke lieber an meine Organe, die gleich platzen werden. An meinen Schädel, den der Kühlergrill mit Hilfe des Straßenbelages wie eine Walnuss knackt. An die Majonäse, die der Fahrer irrtümlicherweise für mein Hirn hält. An meine Hand, von einem Reifen platt gedrückt, die sich noch einen letzten Augenblick ans Leben klammert.
Ich schlucke das widerliche Gemisch und trete kauend auf die Straße, überhöre absichtlich das »Hey« eines Passanten, der mit seiner pomadisierten Frisur wohl noch nie seine Grenzen erforscht hat.
Glaub nicht, dass ich das rote Männchen nicht sehe, Junge.

An dieser Kreuzung ereignen sich im Durchschnitt acht Unfälle pro Woche. Und das sind nur die, die ich mitbekomme. Meistens Zusammenstöße, ein alter Mann, der seinen Sitz falsch eingestellt hat und das Bremspedal nicht richtig durchtreten kann. Ein Fahranfänger, der viel zu oft seinen Schulterblick wiederholt und dabei vergisst, welcher Richtung er bevorzugt seine Aufmerksamkeit schenken sollte. Manchmal wird ein Teenager von seinem Rad gefahren, bekommt ein Passant ein Hämatom von einem Außenspiegel.
Ich weiß das.
Nicht wenige der Nächte der letzten Monate verbrachte ich auf der einmal weißen, jetzt nur noch grauen Bank, die neben einem Geldautomaten steht, der ab und zu eine Kontokarte nur so zum Spaß einzuziehen scheint. Betrachtete den Himmel oder den Wohnblock gegenüber, in dessen ersten Stock sich ein junges Mädchen oft vorm Fenster auszieht. Verschwommen in den vielen Schatten wirkt es fast hübsch.
Warum? Weil ich nicht schlafe. Anfangs, weil ich nicht wollte, jetzt, weil ich nicht kann. Mit neunzehn war ich davon überzeugt, dass ich im Schlaf nur meine Zeit vergeuden würde. Mir vier Stunden täglich genug wären. Mit fünfundzwanzig reichten vier Stunden alle zwei Tage und heute, nur acht Jahre später, muss ich froh sein, während eines Frühstücks hin und wieder für wenige Minuten auf meinem Esstisch einzuschlafen, nur um wenig später wieder hochzuschrecken. Dann dauerte mein Schlaf lange.
Ich weiß jetzt, wie falsch ich lag. Hätte ich doch nur meine Zeit verschwendet.

Ich höre das Hupen, schlucke den widerlichen Brei, bei dem ich mir einbilde, dass er sogar wie Erbrochenes schmeckt, mit einem Grinsen und warte auf die Umarmung der Schmerzen, aus der mich der Tod befreien würde, um diese zu lange andauernde Langeweile abzulösen. Aus meinem Augenwinkel sehe ich ein Auto auf mich zukommen, höre, wie es mich anhupt. Sehe auf meine Uhr, damit wenigstens die Zeugen sich einreden können, dass dies alles ein Unfall ist. Tragisch, mehr als tragisch.
Dann nichts.
Kein Aufprall, keine Schmerzen, kein Tunnel aus meinen Erinnerungen geformt, in den ich von sanften Stimmen gelockt werde.
Der Wagen schlittert so knapp an mir vorbei, dass der Windstoß meine Haare flattern lässt, der Spiegel mir meinen Hotdog aus der Hand reißt. Die Front des Audis begräbt eine Frau unter sich, die vor wenigen Sekunden noch auf dem Bürgersteig stand und ungeduldig auf die Fußgängerampel starrte. Ein Teil ihres blonden Haarschopfs klebt an dem linken Vorderreifen. Es erinnert mich daran ein Reh zu überfahren, Fellreste sowie Fleischstücke aus dem Kühlergrill entfernt und den Kadaver in den Straßengraben wirft.
Die Menschen kreischen, übergeben sich im Angesicht eines deformierten Gesichts, von dem aufgrund des Blutes sowieso nicht viel zu erkennen ist.
Und was ist mit mir? Ich habe Glück.
Ich habe immer Glück.

***

»Der Junge hieß Wilhelm Auer.«
»Aha«, sage ich und setze die Whiskeyflasche wieder an meine Lippen. Ich habe mir fest vorgenommen, sie nach ihrer Methode zu fragen. Aber der Alkohol vernebelt meine Sinne, sowie der Abklang des Adrenalinschubs meinem Körper schlapp werden lässt.
»Nimmt dich das gar nicht mit?«
»Nein.« Nach vierzehn nicht mehr.
»Sollte es aber.«
»Ich habe nicht darum gebeten, am Leben zu bleiben.«
»Und er oder sie hat mit Sicherheit nicht darum gebeten, dich am Leben zu halten.«
Ich sehe von meiner Flasche auf und versuche Tanjas Augen unter den dicken Wimpern auszumachen. »Dich sollte es mitnehmen.«
»Was?«
»Es ist deine Schuld, nicht meine.«
»Du musst schon selbst die Verantwortung tragen, wenn du in der Gegend rum läufst und Leute umbringst.« Ihre regenwurmähnlichen Lippen bewegen sich kaum. Sie glänzen vom Speichel im Halbfinstern. Die kleine Lampe, deren Schirm nikotinvergilbt und mit dunklen Flecken übersäht ist, erzeugt mehr Schatten als Licht.
»Es ist deine Schuld.«
Sie schüttelt den Kopf. »Ich hab dir noch nie befohlen, jemanden umzubringen.«
»Aber du nennst mir immer den falschen Schutzengel.« Ich werfe den Kopf zurück und trinke solange, bis mein Hals zu brennen beginnt.
»Ich will dir nur helfen. Ich habe mich geirrt, okay? Töte mich doch.« Sie leckt sich die Lippen und lächelt.
»Vielleicht sollte ich das.« Wir lachen beide nur, weil wir es müssen. Die Späße haben bereits an dem Tag aufgehört lustig zu sein, an dem ich das erste Mal mit dem Blut eines anderen Menschen nachhause kam.
»Alles wird gut.« Ihr Lächeln verschwindet und sie beugt sich vor, um meine Hand zu halten. »Tuts weh?«, fragt sie, der Pony verdeckt ihre Augen und ich sehe nur ihre weißen Zähne, die dünnen rosa Lippen, die immer feucht sind, die Nase, voller Aknenarben, den etwas zu dunklen Flaum, der ihre Wangen bedeckt.
»Nein. Mir wurde kein Haar gekrümmt.«
Und ihr Lächeln wirkt zu erleichtert.

***

Man hat mir erzählt, wenn man viel trinkt, wird man müde, vergisst man.
Ich trinke viel, bin hellwach und alles, was ich vergessen habe, ist, wie es sich anfühlt zu schlafen.
Heute ist Samstag, ich konnte mich aus unserer Wohnung davonstehlen, ohne dass Tanja etwas mitbekam, und neben mir sitzen fast ausschließlich Teenager. Jungs, so dünn, dass sie den Worten Gläser stemmen eine neue Bedeutung geben.
Mein Kopf schmerzt; die Stimmen, die Musik, alles schlägt wie ein Ozean über mir zusammen. Der Barkeeper nickt mir zu, er kennt mich, allerdings nur mein Gesicht. Er weiß, dass es mir schlecht geht, dass ich zwar kurz vorm Tod stehe, trotzdem noch zu weit von ihm entfernt bin. Aber meinen Namen weiß er nicht.
»Alles klar?«, sagt er und mustert mich mit diesem verschlafenen Blick, den er sich wohl aufgrund der Rauchwolke, die ständig im Raum steht, angewöhnt hat.
»Wie immer.«
Er beugt sich etwas vor. »Noch nicht aufgefallen?«, fragt er mich.
Ich schüttle den Kopf. »Ich weiß nicht, was du meinst.«
»Das Mädchen da hinten starrt dich die ganze Zeit an.«
Ich drehe mich und sehe kein Mädchen, sondern eine Frau. Und sie starrt tatsächlich.
»Soll ich hingehen?«, fordere ich ihn heraus, denke daran, dass es bereits zwei Monate her ist, dass ich eine Frau hatte.
Seine Augen verlieren den müden Ausdruck, vergrößern sich. »Versuchs.« Und er lacht.
Ich trinke noch einmal, nur, weil es gut aussieht. Stehe auf und gehe in ihre Richtung. Es ist zu dunkel, um ihr Gesicht erkennen zu können. Sie ist groß und dünn, fast zu dünn. In einer Hand hält sie eine Flasche Bier, die andere stützt sie an einer Jukebox ab, die nur noch dafür da ist, Licht zu spenden und um darauf leere Gläser abzustellen.
»Hi«, sage ich und bemerke, dass ich meinen Blick etwas heben muss, um ihr in die braunen Augen zu sehen.

Mit jeder Minute der wenigen Stunden, die ich mit Yvonne verbringe, in denen ich sie ansehe, ich den Konturen ihres mageren Gesichtes folge, wird sie weniger hässlich. Sie redet nicht viel, als wäre ihr die raue, fast kratzige Stimme unangenehm.
Jetzt liegt ihr Haar kranzförmig um ihren Kopf verteilt. Ihr Mund ist etwas geöffnet. Der Rest ihres Make-ups klebt zusammen mit etwas Speichel auf meinem Kopfkissen.
Es ist vier Uhr morgens und das einzige Licht, das den Raum erhellt, wird durch den Mond erzeugt.
»Ich kann nicht«, flüstere ich. Sehe auf ihre unreine Haut, die im Düstern wundervoll glänzt. »Es ist nicht richtig.«
Tanjas Lachen wird zu einem Husten.
»Psst! Was ist?«, flüstere ich, kann meinen Blick jedoch nicht von Yvonne abwenden, die so hilflos vor mir liegt.
»Du bekommst ganz schön spät ein schlechtes Gewissen. Aber«, sie hustet in ihre Faust, »ich bin stolz auf dich.«
»Weil ich es für falsch halte, sie zu töten?«
»Nein, weil du sie allein gefunden hast.«
Ich sehe auf und in dieses Gesicht, von dem soviel vom Haar verdeckt wird, dass man keine Gefühle darin deuten kann.
»Wenn sie wieder die Falsche ist? Es war«, ich schlucke, »nur Zufall, dass ich sie getroffen habe.«
Tanja zuckt mit den Schultern. »Es geht um deinen Schutzengel, nicht meinen. Wieso sollte es nur mir vergönnt sein, ihn zu finden?«
»Aber … ich fühle es nicht. Glaube ich.«
»Du glaubst es nur?«
»Ich bin mir nicht sicher. Aber ihre Augen …«
Tanja streicht sich den Pony ein wenig aus der Stirn und zuckt mit den Schultern. »Es gibt nur eine Möglichkeit, es heraus zu finden.« Sie nimmt meine rechte Hand, öffnet mühelos die geballte Faust und legt das Messer hinein. »Tu es.«
Vorsichtig steigt sie aufs Bett, dreht Yvonne auf den Rücken und legt ihren Kopf in den Nacken. Ich sehe, wie sich die Augen unter Yvonnes Lider immer schneller bewegen, höre sie stöhnen, jetzt undeutlich, vor wenigen Stunden noch meinen Namen.
»Ich kann einfach nicht«, und meine Stimme wird höher und leiser, erinnerte mich an einen sich entfernenden Zug.
»Erinnerst du dich an gestern?«, fragt mich Tanja.
»Ja.«
»Erinnerst du dich an letzte Woche?«
Ich nicke.
»Erinnerst du dich an den Tag, an dem du zum ersten Mal versucht hast, dich umzubringen?«
»Ja.«
»Du erinnerst dich, weil für dich alles eins ist. Gestern ist heute, letzte Woche ist diese Stunde, letztes Jahr diese Minute. Du kannst keinen Tag beenden und wenn du sie jetzt nicht umbringst, wirst du das niemals mehr können.«
»Ist sie die Richtige?«
»Ich weiß es nicht«, sagt sie, »aber einen Versuch ist es wert«, und bevor Yvonne die Augen aufschlagen kann, setze ich das Messer an ihre Kehle.

***

Ich saß auf einer Parkbank und rauchte bereits die sechste Zigarette. Jedes Mal setzte ich an, sie auf meinem nackten Arm auszudrücken, um es mir dann doch anders zu überlegen. Die Nacht war kalt, Wolken hingen tief über der Stadt und schickten hin und wieder Regenschauer herab.
Ich hatte Ärzte besucht, dutzende, hatte Schlafmittel geschluckt, immer stärkeres, doch keines führte zu dem gewünschten Ergebnis. Ich war wach, immer. Hatte vierundzwanzig Stunden täglich Zeit, über alles nachzudenken. Und das Denken führte zu Langeweile.
Nur wenige Spaziergänger streiften durch den Park. Gingen schnellen Schrittes an mir vorbei, erwiderten mein Starren mit derselben Gleichgültigkeit, mit der ich das Leben betrachtete. Ich sah sie nur an, weil ich davon überzeugt war, dass es die letzte Gelegenheit sein würde. Dass mein wenige Stunden zurückliegender Alkoholkonsum der letzte sein würde, die paar Euro die letzten, die von meinem Konto abgehoben worden war.
Ein letztes Mal näherte sich die Zigarette meiner Haut, das letzte Mal kniff ich.
Ich stand auf und verließ den Park. Während ich auf dem Gehweg entlang schritt, versucht, die wenigen Menschen, die mir begegneten, anzurempeln, vergrub ich meine Hände tief in den Taschen. Spielte mit dem sorgfältig zusammengelegten und in Folie gepackten Brief, den ich dafür nötig hielt, es durchzuführen. Der Abschiedsbrief, der ganz einfach üblich war.
Ja, ich hatte es mir gründlich überlegt. Zwei Jahre spielte ich bereits mit dem Gedanken, heute würde ich über meinen eigenen Schatten springen. Nicht nur im übertragenen Sinne.
Ich passierte Bars, die gerade erst öffneten, Bushaltestellen, in denen die Menschen wie Vieh aneinander gedrängt warteten. Ein Junge folgte mir mit den Augen, während er an seinen Fingernägeln kaute. Ich lächelte ihm zu. Er erwiderte dieses Lächeln nicht.
Ich verließ den Gehweg und überquerte blindlings eine Straße. Hörte, wie einige Autofahrer mich anhupten, das Fenster herabließen, nur um mich anzuschreien.
Ich hob meinen Blick und suchte den Himmel nach der Beleuchtung der Stadtbrücke ab.

***

»Es war ein verdammter Fehler«, sage ich auf dem Rückweg und zu mehr als einem Flüstern ist meine Stimme nicht mehr in der Lage, nachdem ich Yvonne in das blutige Laken eingewickelt und so leise wie möglich die Treppe hinab geschleppt habe. Als ich sie, leblos und schwer, auf beiden Armen über die Schwelle nach draußen trug, fühlte ich, wie ich zum ersten Mal traurig wurde. Nicht, weil ich morde, sondern weil ich auf diese Mittel zurückgreifen muss, um mich selbst töten zu können.
Und selbst sie sind keine Sicherheit. Ich werde erst wissen, ob sie die Richtige war, mein ganz persönlicher Schutzengel, wenn ich nicht mehr in der Lage bin zu wissen. Wenn alles, was von mir übrig geblieben ist, Tanjas Erinnerungen an mich sind.
Wir fuhren in meinem Wagen, welcher unter dem Gewicht der Leiche im Kofferraum zu leiden schien, sich jeden Kilometer voranschleppen musste.
Als ich die Heckklappe des Autos am Flussufer öffnete, hatte ich das Gefühl, dass mir bereits eine Welle des Verwesungsgestankes entgegenschlug. Um meine Selbstbeherrschung ringend hob ich die Leiche aus dem Kofferraum und ging auf das Wasser zu.
Tanja hielt es keinen Augenblick für nötig, mir behilflich zu sein. Sie saß im Wagen und sah mir durch das Fenster zu. Ihr Blick schickte mich zur Eile an, berührte mich an den Schultern, stieß mich in den Rücken stärker, als ihre Hände es gekonnt hätten. Eine kaum merkliche Rauchwolke stieg von ihrem Mundwinkel auf.
Ich wickelte die Leiche aus dem Laken und versteckte sie teilweise unter Wasser, teilweise im Schilf, das dicht an den Ufern wuchs. Als ich damit fertig war, warf ich das Betttuch in meinen Kofferraum und sah die schwarzen und braunen Flecken, die ihr Gesicht undeutlich darauf verewigt hatte. Ich schlug die Klappe zu und setzte mich ans Steuer.
»Sie werden mich erwischen.«
»Blödsinn. Es war doch nur irgendeine Schlampe.« Sie hielt eine Zigarette zwischen den Fingern, von der sie das Papier löste. Tabakreste lagen auf ihren Knien.
»Aber mein Sperma…«
Tanja kniff mich in den Arm. »Beruhig dich. Du müsstest dich schon stellen, dass sie auf dich kommen würden.«
»Der Barkeeper, er hat mich mit ihr gesehen.«
»Kennt er dich?«
»Er weiß nicht meinen Namen, doch ...«
Sie ließ mich los und schnallte sich an, als wäre alles erledigt. Ich startete den Motor und fuhr an.

»Jemanden in den eigenen vier Wänden zu töten, ist etwas völlig anderes. Es wirkt so persönlich.« Das Radio ist an, doch lautlos. Nur Tanjas Atem durchbricht die Stille des Motorengeräusches. Alle Fenster sind geschlossen und ich fühle mich wie von der realen Welt abgeschirmt. »Das werde ich nie mehr machen.«
»Vielleicht musst du das ja gar nicht«, sagt Tanja und ich fühle ihre Hand auf meinem Arm. Ich umklammere das Lenkrad fester.

***

Zielstrebig steuerte ich auf die Brücke zu. Ich war entschlossen, heute den letzten Schritt zu tun – über die Brüstung, über dreißig Meter auf einen Fluss zu, der bereits unzähligen Selbstmördern die ewige Ruhe gegönnt hatte. Ich wollte mich unter sie reihen, mit meinem letzten Atemzug nur Wasser in meine Lungen pumpen.
Ich stand vor dem Geländer und rauchte. Fühlte die kalte Nacht, die mich umarmte, mir eine Gänsehaut erzeugte. Ich hatte die Ärmel meiner Lederjacke hochgekrempelt und lehnte an der Balustrade.
Als ich den letzten Zug nahm, schwebte die glühende Zigarette erneut über meinem Arm. Diesmal drückte ich zu.
Der Schmerz war nicht so groß, wie ich erwartet hatte. Weniger ein Brennen als ein Zwicken. Mit dieser letzten Erfahrung stieg ich über die Brüstung und schon hörte ich die ersten Schreie der Fußgänger, deren Aufmerksamkeit ich plötzlich erlangt hatte.
Ich hörte: »Spinnt der?« und »Ist der völlig verrückt geworden?«
Ich hörte: »Großer Gott, der Typ ist irre!« öfter als »Nicht springen, Mann!«

***

Wir sitzen auf derselben Parkbank, auf der ich einst meinen Selbstmord plante.
»Willst du?«, fragt sie mich und bietet mir eine Zigarette an.
»Ja.« Meine erste Kippe seit einem Jahr. Während ich sie anzünde, beobachte ich Tanja, die in den Himmel starrt.
»Erinnerst du dich?«, fragt sie.
»Ja.«
»Aber du weißt ja gar nicht, wovon ich rede.«
»Trotzdem.«
Sie nimmt wieder einen Zug. »Als wir uns kennen lernten, meine ich.«
Ich nicke. »Das wusste ich.«
»Es war«, sie lacht kurz und laut, »eine Nacht wie diese. Klingt blöd, nicht wahr?«
»Ziemlich sogar.«
»Es ist fast ein Jahr her. Du warst betrunken«, sagt sie und ihre Stimme wird leiser.
»Ja.«
»Wie kannst du dich dann noch daran erinnern?«
»Ich weiß es nicht.« Ich erinnere mich an alles. Jede wache Sekunde meines Lebens ist auf Zelluloid gebannt und läuft immer wieder qualvoll vor meinem inneren Auge ab.
»Ich hörte ein Geräusch. Hielt es zuerst für das irgendeiner Katze. Wenn du auch nur ein Fenster offen lässt, sind die Viecher drin. Ich habe meine Wohnung verlassen und bin die Treppe zum Laden hinab gestiegen. Weißt du, was ich in den Händen gehalten habe?«
»Einen Revolver«, sagen wir beide gleichzeitig.
»Ich fand dich«, jetzt lacht sie erneut, »ich fand dich in der Apotheke und deine Taschen waren voller Betäubungsmittel.«
»Ich habe nach starken Schlaftabletten gesucht, K.-o.-Tropfen und solches Zeug.«
»Das weiß ich doch«, und sie legt eine Hand auf meine Wange und dreht mein Gesicht dem ihren zu. »Es hat wirklich nicht lange gedauert, dass du mich gebeten hast, bei dir einzuziehen.«
»Du hast mich gebeten«, antworte ich.
»Natürlich«, und in ihrem Lächeln, das zu viele Zähne zeigt, spiegelt sich der Sarkasmus.
Als sie sich vorbeugt, sich mir nähert, ihre feuchten Lippen den meinen, sage ich schnell: »Wir müssen mich umbringen.«
Sie seufzt, steht auf und tritt ihre Zigarette aus. »Du bist nicht sehr einfühlsam.«

***

Meine Hände gehorchten mir nicht. Verbissen klammerten sie sich an die Brüstung, obwohl der Rest meines Körpers fallen wollte.
»Springen Sie nicht«, sagte ein Mann, der ungefähr mein Alter hatte. »Es gibt soviel, wofür es sich zu leben lohnt.« Er dachte wohl, dies wäre eine Nacht für Helden und redete schon seit Minuten pausenlos auf mich ein. »Sie waren wahrscheinlich noch niemals in Paris.«
»Ich war in Paris, und kann Frankreich nicht ausstehen«, antwortete ich und löste eine Hand.
»Wie wäre es mit New York? Oder Rom?«
»Kein Interesse.« Und ich ließ los.
Das Fallen war kurz. Die ersehnte Dunkelheit ebenfalls.
Und als ich Stunden später aus meiner Ohnmacht erwachte, war ich davon überzeugt, tot zu sein.
»Herr Jahn?«, hörte ich und ich versuchte in dem grellen Neonlicht etwas zu erkennen. »Herr Jahn? Wie fühlen Sie sich?«
»Neonlicht?«, fragte ich.
»Wie bitte?« Ich erkannte einen Mann vor mir, der auf seiner Nasenspitze eine randlose Brille balancierte. Um seinen Hals trug er ein Stethoskop.
»Sind Sie Arzt?«
»Ähm, ja, ich bin Doktor Wimmer, Ihr Arzt.«
»Scheiße.«
Anscheinend war es tatsächlich eine Nacht für Helden gewesen.

***

»Sterbe ich, wenn ich die schlucke?«, frage ich Tanja, während ich die zwanzig Tabletten von der einen in die andere Hand rieseln lasse.
»Ohne Frage.«
»Wenn nicht?«
»Dann müssen wir weiter suchen«, sagt sie und drückt mir eine Whiskeyflasche in die Hand. »Willst du nicht anfangen?«
Ich schlucke immer zwei auf einmal. Mittlerweile macht es mir nichts mehr aus, als Kind hatte ich damit mehr Probleme. Nachdem keine Tablette mehr übrig ist, fühlt sich mein Hals rau an und ich nehme noch ein paar Schlucke.
»Wie lange wird es dauern?«
»Hm«, sie zuckt mit den Schultern, »werden wir sehen.«


Es ist sieben Uhr morgens und ich bin davon überzeugt, dass ich wieder nicht die Richtige erledigt habe. Ich hänge das Handtuch zurück an den Haken, verlasse das Badezimmer und klopfe an Tanjas Tür.
»Ich will wissen, wie du sie auswählst«, sage ich und klopfe lauter. Aus dem Innern dringen Geräusche, Schritten ähnlich. Sie hat mir verboten, sie zu stören – wann auch immer. Da sie aber nicht antwortet, öffne ich die Zimmertür. Sie kniet auf dem Boden, die Hände auf ihren Oberschenkel, die Augen geschlossen.
»Ich will wissen …«
»Psst.«
Ich lasse mich nieder und vermische die Karten, die sie wie einen Fächer vor sich ausgebreitet hat.
»Hey.« Sie klingt nicht sonderlich verärgert. »Was soll das denn?«
»Wie funktioniert es?«
Sie sieht mich verwirrt an. »Braune Augen«, sagt sie. Und dann: »Das kannst du nicht verstehen.«
»Woher weißt du das? Wieso müssen es braune Augen sein?«
Sie schüttelt den Kopf und beginnt, ihre Karten aufzusammeln. »Eingebung. Verstehst du nicht?« Die ganze Zeit über schüttelt sie den Kopf. »Das ist, als würde man einen Zauberer nach seinen Tricks fragen.«
»Einen Zauberer?« Überall stehen Flaschen, meist gefüllt mit Alkohol, ein gerahmtes Foto von mir steht auf dem Nachttisch auf einem regionalen Telefonbuch, zwischen dessen Seiten einige Haftnotizen kleben.
»Ich mag es nicht, wenn du in meinem Zimmer bist.«
Sie sieht mir nicht in die Augen.
»Wieso?«
»Weil es mir ganz einfach nicht gefällt.«
Ich unterbreche ihre Hände beim Kartenmischen. »Ich will dabei sein.«
Sie hebt den Blick und lächelt. »Was?«
»Mach schon.«
»Es … ich habe es noch nie gemacht, wenn jemand dabei ist.«
»Versuch es«, und ich verschränke meine Arme vor der Brust.
»Ich weiß nicht.« Sie beginnt, die Karten vor sich auszubreiten, mehr oder weniger zielstrebig, alle mit dem Gesicht nach unten. »Aber ich bin mir sicher, dass es nicht funktioniert.«
Ihre Stirn beginnt zu glänzen, die Hände zu zittern.
»Nun?«, frage ich.
Sie flüstert etwas.
»Was?«
»Ich kann nicht!«, schreit sie und schleudert die restlichen Karten auf den Boden. »Ich kann es nicht!«
»Weil ich hier bin?«
»Ich kann es überhaupt nicht!«
Und obwohl ich es schon immer weiß, verstehe ich nicht, wovon sie redet.
»Noch nie!« Kein Wort.
»Ganz langsam«, beginne ich und versuche, sie mit meinen Händen zu beschwichtigen. »Ich verstehe nicht…«
»Ich brauche dich«, sagt sie und nimmt mein Gesicht in ihre Hände, drückt es an ihre flache Brust. »Und du brauchst mich, gib es zu.« Ihre Hände wühlen in meinem Haar und ich muss meine ganze Kraft aufwenden, um mich von ihr loszureißen.
Sie bleibt auf dem Boden knien und lässt ihr Haar ins Gesicht fallen. Ich stehe auf, um auf ihr Bett zuzugehen und nehme das Telefonbuch. Folge einer Notiz nach der anderen.
Ulrich Feldner, 11. Januar 2005.
»Erinnerst du dich?«
Nadine Hennrich, 22. März 2005.
»Als du in meine Apotheke eingebrochen bist?«
Hans Jahrstorfer, 5. Juni 2005.
»Ich wollte an diesem Abend sterben.«
Wilhelm Auer, 1. August 2005.
»Ich hatte die Pistole bereits an meinen Kopf gesetzt. Aber …« Sie steht plötzlich neben mir und reißt mir das Telefonbuch aus der Hand, lässt es achtlos auf den Boden fallen und würdigt die Notizen, die herausfallen, keines Blickes. »Du hast mich gerettet und ich rette dich. Wir sind unsere eigenen Schutzengel.«
»Nein«, sage ich und denke an Yvonne, die jetzt in einem Fluss liegt, den Kopf in den Nacken geworfen, genauso, wie sie es im Bett getan hat, jetzt nur noch von wenigen Sehnen am Körper gehalten.
»Bitte«, und Tanja klammert sich an mich, »brauch mich.«
Ich denke an die zwanzig unwirksamen Tabletten in meinem Magen.

***

Ich sagte: »Tanja, ich brauche Frischluft.«
Ich sagte: »Nein, ich möchte allein sein.«
Sie sagte: »Okay.«
Ich verließ die Wohnung, ignorierte den Regen, der mir über den Rücken lief. Von meinen Haaren, meinen Wimpern tropfte und nach Salz schmeckte. Es sind nur wenige hundert Meter, doch die Hüfte schmerzt wieder, erinnert mich an einen weiteren missglückten Selbstmordversuch, der darin geendet hatte, dass ich bei vollem Bewusstsein auf einer wenig befahrenen Straße lag. Verurteilt war, auf Hilfe zu warten.
Jetzt ist es kurz nach acht, da ich die wenigen Stufen zu dem Polizeipräsidium hinauf steige, in dem bisher nicht viel mehr als das eine oder andere Verkehrsverbrechen gemeldet worden ist, um das letzte Mal meinen Selbstmord zu planen.
Der Raum ist klein und eine Frau in Alltagskleidung, die gerade aus einer Tasse trinkt und nur schwer ihre Augen öffnen kann, sieht zu mir auf.
»So früh?«, fragt sie und wirft einen Blick auf die Uhr. »Kann ich Ihnen helfen?«
Ich lehne mich gegen die Theke, lächele.
»Ja. Ich möchte fünfzehn Morde gestehen.«
Ich finde, die Farbe aus ihrem Gesicht weicht viel zu langsam.

***

Ich sehe aus dem Fenster, spiele mit dem Brief in meinen Hosentaschen, der nicht derselbe ist wie damals, aber diesem identisch, und ignoriere meinen Zellengenossen, der unruhig in dem kleinen Raum auf und ab geht. Betrachte die Narben, die auf meinen beiden Handgelenken fast die Form eines Himmel-und-Hölle-Spiels angenommen haben.
Er ist hier bereits zwei Jahre, doch sein Gesicht ist noch immer das eines Jungen. Er sitzt wegen zwölf Morden, beharrt aber darauf, einundvierzig auf dem Gewissen zu haben.
»Du magst mehr absitzen, aber ich habe gewonnen«, sagte er gestern zu mir, während er an seinen Fingernägeln kaute. »Ich gewinne immer.«
»Hey«, und sehe jetzt in seine braunen Augen. »Einundvierzig? Das soll ich dir glauben?«
Sein Name ist Henry und auch wenn er es nicht weiß: Er ist meine letzte Rasierklinge.


© Tamira Samir

 

Hi Tamira,

wow!

Deine Geschichte hat mir sehr gefallen. Zum Einen schaffst du es hier ein wirklich ausgewogenes Verhältnis zu deinen Metaphern zu schaffen. Die wenigen, die du verwendest fand ich im Allgemeinen passend.

Die Idee war klasse. Dass du von der Schlaflosigkeit deines Prots. einen so coolen Plot. entwickelst ist wirklich geil. Super fand ich auch die Idee mit dem Schutzengel, da hättest du für meinen Geschmack gern ein wenig mehr drüber bringen können.

Die Personen hast du für meinen Geschmack sehr gut charakterisiert. Nicht so gut gefallen hat mir die Erwähnung von Tanjas "regenwurmartigen" (ich weiß jetzt nicht mehr den genauen Wortlaut) Lippen. Das finde ich ziemlich eklig und immer wenn Tanja erwähnt wurde, dache ich nur an diese Lippen.

Gut gefallen hat mir auch, dass man diesmal schon etwas früher eine Ahnung hat, in welche Richtung deine Geschichte laufen wird. Es war ja oft so, dass sich das ganze Geheimnis erst während der letzten Abschnitte "enthüllte".

Anfangs glaubte ich, die Geschichte würde in Deutschland spielen. Das hat mir sehr gefallen, weil mir das bei deutscher "Horrorliteratur" immer abgeht. Am Ende, als du "Henry" erwähnst, komme ich davon wieder ab. Natürlich kann es auch einen deutschen Henry geben... Daher verstehe ich nicht, warum er nicht einfach Michael/Thomas heißen kann. Aber ok, ist Geschmackssache.

Nicht genau verstanden habe ich den letzten Satz. Ich weiß nicht wirklich, was ich davon halten soll.

Fazit: Hat mir sehr gefallen.

Details:

»Mann«, sagt er und kratzt sich an seinem Hals, der sich wie eine Schlange häutet.

Dieses Bild finde ich etwas abgegriffen. Liest man sehr oft.

Wickle die mit den Initialen T. und F. bestickten Stofftaschentücher ab und klemme es mit dem Schaft kurz zwischen meine Beine.

Warum beginnst du nicht mit "ich wickle" - das machst du doch sonst auch?

Das Ketchup-Mayo-Gemisch erinnert mich an den Elvis-Jungen aus der Tanke, der, nachdem ich zweimal vergeblich mit dem Messer nach ihm gestochen hatte und meine Bemühungen nur mit einem tiefen Schnitt in seinen Unterarm belohnt worden waren, sich ausgiebig auf den frisch gebohnerten Boden übergab und ich feststellte, dass sein Mittagessen wohl noch nicht so lange zurück lag.

Hoppla... den finde ich etwas arg lang geraten.

An meinen Schädel, den der Kühlergrill mit Hilfe des Straßenbelages wie eine Wahlnuss knackt.

Ich habe gerade gesehen, dass Word sowohl Walnuss als auch Wahlnuss zulässt. Einen Duden habe ich gerade nicht zur Hand. Ich persönlich würde allerdings eher "Walnuss" schreiben.

Habe den Himmel betrachtet oder den Wohnblock gegenüber, in dessen ersten Stock sich ein junges, durch die Entfernung und die Schatten fast hübsches Mädchen oft vorm Fenster auszieht.

Hier machst du es wieder. Es gefällt mir deswegen nicht, weil diese Sätze sich von deinem Stil unterscheiden.

Ich bin nicht mehr für ihn als Rind. Und mit Rindern freundet man sich nicht an.

Wieso Rind?

»Alles klar?«, sagt er und mustert mich mit diesem verschlafenen Blick, den er sich wohl aufgrund der Rauchwolke, die im Raum stand, angewöhnt hat.

Hier fände ich besser: ... Rauchwolke, die immer/ständig/jeden Tag im Raum stand, ...

Ich trinke noch einmal, nicht, weil ich Durst habe, sondern weil es gut aussieht.

Nachdem er gerade fest gestellt hat, dass sie kein Mädchen sondern eine Frau ist, solltest du aus dem "es" auch ein "sie" machen.

Stehe auf und gehe in ihre Richtung.

Hier wieder besser: Ich stehe...

Sehe auf ihre unreine Haut, die im Düstern wundervoll glänzt.

Ich sehe... (Sorry, wenn ich da so penedrant bin, aber es passt wirklich nicht, finde ich.)

Wenn alles, was von mir übrig geblieben ist, Tanjas Erinnerungen an mich sind.

Schöööön!

LG
Bella

 
Zuletzt bearbeitet:

Vorab: Ein großer Dank geht an Don Jorgo, auch bekannt als Der Don ;). Vielen Dank, Mann.


Hi bella!

Deine Geschichte hat mir sehr gefallen. Zum Einen schaffst du es hier ein wirklich ausgewogenes Verhältnis zu deinen Metaphern zu schaffen. Die wenigen, die du verwendest fand ich im Allgemeinen passend.
Yeah! Kaum zu glauben, vielleicht, nur vielleicht, schaff ich es tatsäclich! :D


Schön, wenns dir gefallen hat, freut mich riesig!

Nicht so gut gefallen hat mir die Erwähnung von Tanjas "regenwurmartigen" (ich weiß jetzt nicht mehr den genauen Wortlaut) Lippen. Das finde ich ziemlich eklig und immer wenn Tanja erwähnt wurde, dache ich nur an diese Lippen.
Absicht. Der Prot fühlt sich nicht zu Tanja hingezogen, sieht in ihrem Gesicht nichts schönes (den dunklen Flaum etc.)
Gut gefallen hat mir auch, dass man diesmal schon etwas früher eine Ahnung hat, in welche Richtung deine Geschichte laufen wird. Es war ja oft so, dass sich das ganze Geheimnis erst während der letzten Abschnitte "enthüllte".
hehe, auch wenn ich es nicht gerne zugebe: Das ist vor allem Dons "Verschulden". Er hat mich "gezwungen" den Schutzengel bereits früher einzuführen. :D

Anfangs glaubte ich, die Geschichte würde in Deutschland spielen. Das hat mir sehr gefallen, weil mir das bei deutscher "Horrorliteratur" immer abgeht. Am Ende, als du "Henry" erwähnst, komme ich davon wieder ab. Natürlich kann es auch einen deutschen Henry geben... Daher verstehe ich nicht, warum er nicht einfach Michael/Thomas heißen kann. Aber ok, ist Geschmackssache.
Sie spielt auch in Deutschland. Ich kenne sogar zwei Henrys aus meinem Bekanntenkreis. Und Henry deshalb, weil Henry der Prot aus "Grabwahlen" ist und, naja, nennt mich albern, aber ich wollte ihn einfach einbauen.
Nicht genau verstanden habe ich den letzten Satz. Ich weiß nicht wirklich, was ich davon halten soll.
Bedeutet: Der Prot hat vor, seinen Zellengenossen/Henry so lange zu reizen, bis dieser ihn umbringt. Selbst war er ja bisher nicht dazu in der Lage.

Zitat:
»Mann«, sagt er und kratzt sich an seinem Hals, der sich wie eine Schlange häutet.

Dieses Bild finde ich etwas abgegriffen. Liest man sehr oft.

Tatsächlich? Dann muss es raus. Sind sowieso zuviel mit dem Evlis-Jungen drin. ;)


Zitat:
Wickle die mit den Initialen T. und F. bestickten Stofftaschentücher ab und klemme es mit dem Schaft kurz zwischen meine Beine.

Warum beginnst du nicht mit "ich wickle" - das machst du doch sonst auch?

Dieses Weglassen des "Ich"s zu Beginn eines Satzes - nun ja, ich empfinde es als meinen Stil. Ich finde, das Nachdenken des Prots, das Sinnieren fast, kommt in dieses abgehackten Sätzen besser rüber. NAtürlich, Geschmackssache. ;)


Zitat:
Ich bin nicht mehr für ihn als Rind. Und mit Rindern freundet man sich nicht an.

Wieso Rind?

Ein Bauer gibt seinen Kühen keine Namen, um sie nicht lieb zu gewinnen, da er ja vor hat, sie zu schlachten. So ist es hier auch - der Barkeeper weiß, dass vor ihm ein Alkoholiker sitzt, der an Suizid denkt und will sich nicht mit ihm anfreunden.


Über den Rest geh ich nochmal drüber! Danke


Liebe Grüße,
Tama

 

Moin Frollein Samir,

So, jetzt hab ichs doch gelesen.
die Geschichte hat mir gut gefallen. Schöne Idee, gute Atmosphäre und sprachlich sauber. Irgendwo zwischen Schlaflosigkeit, Selbstvernichtung und ungewoller Unsterblichkeit nebst Massentötung meinte ich, mich an eine Mischung aus Fight Club und meinem eigenen Lemming (jaha, ich werbe hier dreist für meine eigenen Geschichten und fühl mich nicht ein Stück schlecht dabei) zu erinnern. Purer Zufall aber.
Gegen Fight Club kommst du in Sachen metapherngetränkter Stil für mich zwar nicht an ehrlich gesagt, aber es ist auch nicht deine Schuld, daß ich da unbewußt dran denken mußte. Mir hats so oder so gefallen.
Den letzten Satz hab ich übrigens auch nicht verstanden, erst nach deiner Erklärung.

Bißchen Kleinkram:

Nicht wenige der Nächte der letzten Monate verbrachte ich auf der einmal weißen, jetzt nur noch grauen Bank, die neben einem Geldautomaten steht, der ab und zu eine Kontokarte nur so zum Spaß einzuziehen scheint.
Der Satz liest sich schwer. Ich täte den Automaten streichen. Grün am besten.
Das letzte Mal näherte sich die Zigarette meiner Haut, das letzte Mal kniff ich.
Besser vielleicht: ein letztes Mal.
über die Brüstung, zwanzig Meter auf einen Fluss zu, der bereits unzähligen Selbstmördern die ewige Ruhe gönnte.
gegönnt hatte.
Er dachte wohl, dies wäre eine Nacht für Helden und redet schon seit Minuten pausenlos auf mich ein.
redete.
Oder rädte (vergessene Zeitform) ;)
Nachdem keine Tablette mehr übrig ist, fühlt sich mein Hals rau an und ich nehme noch ein paar Schlücke.
Schlücke mit Ü? Neue Rechtschreibung oder ungehemmter Kreativismus?

@Bella:

Daher verstehe ich nicht, warum er nicht einfach Michael/Thomas heißen kann. Aber ok, ist Geschmackssache.
Michael und Thomas sind aber auch eher deutsche Namen ;)

 

Hi gnoebel!


Ich hoffe doch, du sahst dich jetzt nicht gezwungen, die Story zu lesen ... denn das läge nicht in meiner Absicht.

Irgendwo zwischen Schlaflosigkeit, Selbstvernichtung und ungewoller Unsterblichkeit nebst Massentötung meinte ich, mich an eine Mischung aus Fight Club
ich wusste es! Irgendwann kommt rüber, dass ich verflucht gerne Palahniuk lese ... grml!

Zitat:
Nicht wenige der Nächte der letzten Monate verbrachte ich auf der einmal weißen, jetzt nur noch grauen Bank, die neben einem Geldautomaten steht, der ab und zu eine Kontokarte nur so zum Spaß einzuziehen scheint.
Der Satz liest sich schwer. Ich täte den Automaten streichen. Grün am besten.
Ähm... grün?


Zitat:
Nachdem keine Tablette mehr übrig ist, fühlt sich mein Hals rau an und ich nehme noch ein paar Schlücke.
Schlücke mit Ü? Neue Rechtschreibung oder ungehemmter Kreativismus?
Oh, mit Sicherheit: Kreativismus! ;)


Zitat von Bella:
Daher verstehe ich nicht, warum er nicht einfach Michael/Thomas heißen kann. Aber ok, ist Geschmackssache.
Zitat von gnoebel: Michael und Thomas sind aber auch eher deutsche Namen
Jetzt versteh ich gar nix mehr ... kommt es wirklich so amerikanisch rüber? Ich versuche jetzt schon seit mehreren Malen in Deutschland spielende Geschichten zu schreiben... und dachte, mit Yvonne und Tanja wäre es eindeutig.
Notiz für mich: Nächstes Mal, nehme ich nen Xaver. :D


Also, vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren, gnoebel, und wenns dir gefallen hat, freuts mich riesig! Deine Anmerkungen werd ich dann mal einbeziehen.


Liebe Grüße,
Tama

 

Hallo Tama!

In aller Kürze:
Von Fight Club kommst DU nicht los :D
Toll geschrieben, hab mich wieder in die Geschichte hineinversetzen können. Am Stil, nun, ich verlier da keine Worte mehr dran ;)
Hab si egern gelesen.

Lieben Gruß,
One

 

Von Fight Club kommst DU nicht los
Arrgh... so schlimm? Ihr bringt mich langsam dazu, keinen Ich-Erzähler mehr zu benutzen! ;)

Danke fürs Lesen one, und schön, wenns dir gefallen hat!

Liebe Grüße,
Tama

 

Hallo Tamira!

Nachdem ich mir endlich einen neuen/gebrauchten Drucker zugelegt habe, kann ich mich auch wieder in der Geschichten-Rubrik rumtreiben. Und siehe da, just stellst du eine neue Story rein. Wenn das kein ... na ja.

Hat sie mir gefallen? Tja, weiß nicht. Ja auf der einen Seite war sie wieder eine echte Samir-Geschichte. Du bist in der Lage, die einfachsten dümmsten Plots in eine faszinierende Geschichte zu verpacken, einfach weil du den Bau der Story beherrschst.Dies ist das eine, weshalb ich den Text als überdurchschnittlich bezeichnen würde, und der andere Fakt ist dieses freudianische Thema, das allerdings viel mehr hergeben würde. (Ich bin gespannt, was Kollege Blackwood sagt, neulich hat er mal so 'ne Bemerkung gemacht über Freud. :D )

Ok, fangen wir richtig an:

Die rosa Kaugummireste lassen sich kaum von den Hautfetzen, die sich von seinen spröden Lippen abschälen, unterscheiden.

Das ist der erste Satz des Stückes, und lass dir sagen, er ist viel zu kompliziert! Viel zu kompliziert.
Der erste Satz ist wie ein Plakat, wie eine Dead-Line, die den Leser reinführt ins Geschehen. Du brauchst am besten ein Schlagwort, das die richtigen Assoziationen hervorruft, um in der Szene drin zu sein. Ich meine, der Leser hat immer noch die Möglichkeit aufzuhören, er kann die Geschichte noch weglegen. Gib ihm keine Chance, das zu tun!

Ich persönlich hätte diesen Satz als ersten genommen:

Als er sich umdreht und bückt, um mir einen Marsriegel aus dem Regal zu holen, brechen seine Knochen fast durch die pergamentähnliche Haut.

Du gibst den Ort vor, in dem du den Marsriegel im Regal erwähnst (den groben Ort, der reicht ja), und du gibst eine Person vor - die pergamentähnliche Haut ist hervorragend geeignet, Bilder zu erzeugen.

Es mag sein, dass dir die Betrachtungen pingelig vorkommen, kann auch sein, dass sie es sind, aber denk mal drüber nach. Ich bin für weiterführende Diskussionen auch immer offen! Ich glaube, es lohnt sich.

Nächster Kritikpunkt:
Ich habe mir aufgeschrieben: Schräge Bilder.
Das kann man positiv als auch negativ werten. Und so ist es auch gemeint. Du hast viele gute, originelle Bilder drinnen, manchmal allerdings, sind sie so übertrieben, dass sie albern wirken:

Fühlte die Finger der kalten Nacht, die mich von hinten umarmte, eine Gänsehaut erzeugten.

Ich glaube auch schon, dass du aufpassen musst, dass dein Stil nicht affektiert wirkt, selbstverliebt, sozusagen.

Doch dann, wenn sich während des Lesens - bei einem beiläufig hingeworfenen Satz etwa - Zusammenhänge erschließen, die Puzzlestücke, die du ausbreitest, zusammenpassen, dann muss das eine echte Tamira Samir sein, und ich weiß plötzlich wieder, warum ich dich so gern lese. :shy:
Hat was mit dem Aufbau der Geschichten zu tun.

Du kommst mit den Zeiten durcheinander! Grundsätzlich finde ich ja diese Form gut, man kann viel damit ausdrücken, doch du musst aufpassen, dass du nicht in die Vergangenheit fällst, wo Gegenwart gefordert ist.

Ich trinke noch einmal, nicht, weil ich Durst habe, sondern weil es gut aussieht.

Das ist schön, ehrlich! Richtig gut wär's gewesen, wenn du dich in Knappheit geübt hättest:

Ich trinke noch einmal, nur, weil es gut aussieht.

Tja, über den Schluss ließe sich sicher diskutieren, mir hat er nicht sonderlich gefallen, aber das ist hier nicht der Punkt. Die Geschichte ist auch so gut!

Ich hoffe, ich kam nicht zusehr wie ein Korinthenkacker daher!

Viele Grüße von hier!

 

Hi Hanniball!

Ja auf der einen Seite war sie wieder eine echte Samir-Geschichte. Du bist in der Lage, die einfachsten dümmsten Plots in eine faszinierende Geschichte zu verpacken, einfach weil du den Bau der Story beherrschst
:dozey:
wieso klingt das jetzt eher wie ein zweifelhaftes Kompliment? ... :D Ne, im Ernst, freut mich!

und der andere Fakt ist dieses freudianische Thema, das allerdings viel mehr hergeben würde.
seufz... muss das wirklich jedes Mal sein? *g*


Das ist der erste Satz des Stückes, und lass dir sagen, er ist viel zu kompliziert! Viel zu kompliziert.
Der erste Satz ist wie ein Plakat, wie eine Dead-Line, die den Leser reinführt ins Geschehen. Du brauchst am besten ein Schlagwort, das die richtigen Assoziationen hervorruft, um in der Szene drin zu sein. Ich meine, der Leser hat immer noch die Möglichkeit aufzuhören, er kann die Geschichte noch weglegen. Gib ihm keine Chance, das zu tun!
Soll ich dir was sagen? Ich bin eiskalt, habe kein Gewissen und fühle mich wohl dabei, das einfach so wie es da steht zu übernehmen! :D

Bedeutet: Ich hab den von dir zitierten Satz jetzt als erstes, den Rest weiter unten hinein gemischt und muss zugeben, dass mir jetzt auch besser gefällt.

Ich glaube auch schon, dass du aufpassen musst, dass dein Stil nicht affektiert wirkt, selbstverliebt, sozusagen.
Das ist das letzte was ich will. Das mit den kalten Fingern blabla, hab ich schon geändert... wäre es unfreundlich, dich zu fragen, was dir noch aufgefallen ist? Du weißt ja.... meine leidigen Metapher.... (obwohl ich das Gefühl hatte, mich zumindest ein klitzekleines bisschen diesbezüglich verbessert zu haben... :D )

Doch dann, wenn sich während des Lesens - bei einem beiläufig hingeworfenen Satz etwa - Zusammenhänge erschließen, die Puzzlestücke, die du ausbreitest, zusammenpassen, dann muss das eine echte Tamira Samir sein, und ich weiß plötzlich wieder, warum ich dich so gern lese. :shy:
ach... du... :D
Ich habe mir damals Blackwoods Rat bei einer meiner Geschichten sehr zu Herzen genommen. Nämlich, dass ein roter Faden sichtbar sein sollte. Das hat mir wahnsinnig geholfen, da ich nie darauf geachtet hatte.

Du kommst mit den Zeiten durcheinander! Grundsätzlich finde ich ja diese Form gut, man kann viel damit ausdrücken, doch du musst aufpassen, dass du nicht in die Vergangenheit fällst, wo Gegenwart gefordert ist.
Und wäre es noch unverschämter, dich auch hier um ein Beispiel zu bitten? :shy:
Ich muss nämlich zugeben, die Zeitfehler einfach nicht zu sehen... wenn du mir ein Beispiel gibst, könnte ich den Text nochmal diesbezüglich durchsehen (und auch in Zukunft darauf achten.) Wär sehr lieb von dir.
Natürlich gilt das nur, wenn du Zeit und Lust hast!

Ich trinke noch einmal, nur, weil es gut aussieht.
Auch hier kenn ich nix und übernehms grad heraus. *g*
Tja, über den Schluss ließe sich sicher diskutieren, mir hat er nicht sonderlich gefallen, aber das ist hier nicht der Punkt. Die Geschichte ist auch so gut!
Soll ich dir was sagen? Mir persönlich gefällt der Schluss auch nicht besonders gut - aber mir wollte einfach nichts einfallen. Vielleicht, wenn ich die Story irgendwann wieder lese, vielleicht fällt mir dan was ein.


Dir auf jeden Fall danke fürs lesen, kommentieren und freut mich, wenns gefallen hat!

Ich hoffe, ich kam nicht zusehr wie ein Korinthenkacker daher!
Deshalb schätze ich deine Kritiken doch so! *g*


Liebe Grüße und ich hoffe bald mal wieder etwas von dir hier lesen zu können (nein, das war die Holzhammermethode, kein Wink mit dem Zaunpfahl ;) ),
Tama

 

Hi Tamira,

was soll ich sagen? Gibt es eine KG von dir, die mir nicht gefallen hat? :hmm:

Hier gefällt mir vor allem der Stil. Du deutest die Morde an, ohne sie wirklich zu beschreiben. Trotzem, oder gerade deshalb, kommt die Kaltblütigkeit deines Prots besonders erschreckend rüber.
Er muß seinen Schutzengel töten, damit er sterben kann? Habe ich das richtig verstanden? Wie kommt er darauf? Und wenn er immer den verkehrten Menschen getötet hat, wieso glaubt er, dass sein Zellengenosse ihn töten kann? Wenn sein Schutzengel noch lebt, wird der Z.G. vermutlich nicht auf die Idee kommen, ihn ins Jenseits zu befördern.
Oder hab ich was überlesen?(zu so später Stunde) :D
Liegt vielleicht ein Fluch auf deinem Prot? Wieso kann er nicht sterben? Warum hat er sich nicht von einem Hochhaus gestürzt?
Hm, ich glaub, ich hab doch was überlesen. :hmm:

Aber wenn dies auch für mich etwas im dunkeln bleibt, habe ich deine KG mit Spannung gelesen und trotz der Länge, war ich überrascht, dass sie aufeinmal zu Ende war.

Eine wirklich gute, düstere Geschichte :thumbsup:

ganz lieben Gruß, coleratio

 

Moment, moment, coleratio.


Bevor ich das sich immer wiederholende Vielen-Dank-Fürs-Lesen einwerfe, gleich mal:

Nein, du hast nichts überlesen.
Der Prot kommt vermutlich darauf, seinen Schutzengel töten zu müssen, weil Tanja es ihm einredete. Um seine missglückten Suizidversuche auf einen Sündenbock schieben zu können.
Er glaubt, dass es einen Unterschied zwischen Selbstmord und herausgeforderten, gewünschten Mord an sich selbst gibt. (Der Zellengenosse ist übrigens Henry aus Grabwahlen, und würde dieser sich eine Chance entgehen lassen? :D )

Scherz beiseite: Okay, also der Prot ist davon überzeugt, dass es einen Schutzengel gibt. Aber den gibt es nicht - da Tanja es war, die ihm all diese Namen gab. Deshalb ist er davon überzeugt, dass es ihn nicht gibt - diesen Engel, der ihn am Leben hält.
Die Morde waren also nicht verzeihlich, waren keine Vorbereitungen für den Selbstmord, den sich jeder Mensch verdient.
Er glaubt schon an Recht und Ordnung, irgendwie zumindest, und gesteht deshalb die Morde.
Was nicht heißt, dass er jetzt leben möchte, das will er nämlich nicht. Und er sieht seinen Zellengenossen als letzte Möglichkeit, als letzte Rasierklinge.

Und warum er sich nicht von einem Hochhaus stürzte?
Äh, ich seh grad, nach mir wird gerufen...

Hehe, naja, die Geschichte entstand in Folge meiner Romantik-Story, kennst du ja, ich wollte irgendwie eine Horrorversion davon machen. Allerdings wurde es wieder ein Selbstläufer... etc.

Ja, ich red mich raus.
Vielleicht fällt mir diesbezüglich noch was ein.


Danke, coleratio!

Tama

 

Hallöchen Tama

Also im Wesentlichen schließe ich mich Hanniball an. In deinem kindlichen Überschwang übertreibst du es doch recht häufig. Grade am Anfang, wie du den Verkäufer beschreibst lässt den wie eine Karikatur erscheinen. Und: warum gibst du dir soviel Mühe mit einer so unwichtigen Person?

Insgesamt hast du eine doch leicht verwirrende Schreibweise, der man nicht immer leicht folgen kann.

Also folgende Fragen hätte ich:
Kann er nun kein Selbstmord begehen? Oder vereitelt sie seine Selbstmorde?
Sie redet ihm ein, dass er seinen Schutzengel töten muss, aber warum glaubt er das? Warum redet sie ihm das überhaupt ein?

Mir gefällt die kg eigentlich schon, wenn du deine Schreibweise etwas entwirrst und mehr Wert auf die innere Logik verwenden würdest.

Grüße
Texter

 

Hi Texter!

Zuerst: kindlicher Überschwang? Scheinbar ist es nur Einbildung... ich hatte das Gefühl, mich zumindest teilweise stilistisch verbessert zu haben - was Metapher und ähnliches betrifft. :shy:

Grade am Anfang, wie du den Verkäufer beschreibst lässt den wie eine Karikatur erscheinen. Und: warum gibst du dir soviel Mühe mit einer so unwichtigen Person?
wie meinst du Karikatur? Weil ich mich auf die Dinge beschränke, die den Prot anekeln? Seine Schuppen, seine fettigen Dreads, die schrecklichen Zähne?
Nun ja, ich weiß, ich bediente mich eines Klischees (ich weiß selbst, dass Tankstellenarbeiter nicht so aussehen, zumindest seltenst).
Und unwichtig finde ich ihn nicht. Was ich über Charakterisierung denke, weißt du ja mittlerweile ;), deshalb geh ich da jetzt nicht genau darauf ein. Außerdem gehe ich auf alle Personen näher ein, der Elvis-Junge ist allerdings das erste Opfer, das der Leser miterlebt.
Yvonne zb beschreibe ich deshalb nicht näher, weil sie nur das schlechte Gewissen des Prots widerspiegeln soll - er schläft nicht mit ihr, weil er sie attraktiv findet, sie wird erst attraktiv, als er sie töten will. Es wird somit schwieriger für ihn, dieses "schöne" Lebewesen zu ermorden.
Deshalb ist dies auch der erste Zeitpunkt, da er so etwas wie Reue zeigt.


Kann er nun kein Selbstmord begehen? Oder vereitelt sie seine Selbstmorde?
Sie redet ihm ein, dass er seinen Schutzengel töten muss, aber warum glaubt er das? Warum redet sie ihm das überhaupt ein?
Natürlich kann er Selbstmord begehen - da Tanja die Namen alle nur per Zufallsgenerator (mehr oder weniger) auswählte, gibt es diesen Schutzengel nicht.
Tanja redete ihm das ein, allerdings hielt ich es nicht für nötig, das zu erwähnen. Er könnte es auch geträumt haben, oder einfach nur daran glauben, weil seine Selbstmordversuche immer wieder schief gingen.

Und warum Tanja ihm das einredet, dachte ich hiermit genügend erklärt zu haben:

»Ich brauche dich«, sagt sie und nimmt mein Gesicht in ihre Hände, drückt es an ihre flache Brust. »Und du brauchst mich, gib es zu.« Ihre Hände wühlen in meinem Haar und ich muss meine ganze Kraft aufwenden, um mich von ihr loszureißen.
»Erinnerst du dich?« ... »Als du in meine Apotheke eingebrochen bist?«...»Ich wollte an diesem Abend sterben.«...»Ich hatte die Pistole bereits an meinen Kopf gesetzt. Aber …« ... »Du hast mich gerettet und ich rette dich. Wir sind unsere eigenen Schutzengel.« ...
»Bitte«, und Tanja klammert sich an mich, »brauch mich.«

Mir gefällt die kg eigentlich schon, wenn du deine Schreibweise etwas entwirrst und mehr Wert auf die innere Logik verwenden würdest.
Was meinst du mit innere Logik? Ich muss zugeben, meist sehr darauf zu achten (was nicht heißt, mir würde nichts entgehen ;) ), und dachte, genügend roten Faden gelegt zu haben.

Würd mich über eine Rückmeldung nochmal sehr freuen (geht auch per PM ;) ).

Danke fürs Lesen und wenns dir zumindest ein wenig gefallen hat, freuts mich.

Liebe Grüße,
Tama

 

Moin Tam!

Tam schrieb:
Vorab: Ein großer Dank geht an Don Jorgo, auch bekannt als Der Don . Vielen Dank, Mann.
Immer wieder gerne.

Ich arbeite mich einfach mal von vorne nach hinten durch, da du ja doch noch einiges verändert hast:

Der Anfang gefällt mir in der jetzigen Form besser, der Einstieg ist direkter und das Bild klarer.

»Ja«, und ich kann den Blick nicht von dieser roten Spalte abwenden, die er anfängt, mit einer Hand zu kratzen. »Nur einen einzigen.«
Kratzt er die Spalte? Eigentlich kratzt man sich doch in der Spalte?
Während er weiter zählt, ziehe ich das Messer aus meiner Tasche, dessen Klinge gerade so groß ist, wie der lächelnde Mund des Jungen. Ein Mund, der Zähne beherbergt, die längst keine Herberge mehr bräuchten.
In zwei Sätze aufgeteilt liest es sich wirklich besser. Auch das Bild der verrotteten Zähne kommt besser zur Geltung.
Als ich in meinem Wagen sitze, ein alter Golf, dessen Rost bereits Altersringe aufweist, fällt mir das Atmen schwer.
Ist mir beim ersten Lesen schon aufgefallen: heißt es nicht eigentlich Jahresringe? Bei Baumstämmen zumindest. Oder spielst auf etwas anderes an?
Das Ketchup-Mayo-Gemisch erinnert mich an den Elvis-Jungen aus der Tanke, der, nachdem ich zweimal vergeblich mit dem Messer nach ihm gestochen hatte und meine Bemühungen nur mit einem tiefen Schnitt in seinen Unterarm belohnt worden waren, sich ausgiebig auf den frisch gebohnerten Boden übergab und ich feststellte, dass sein Mittagessen wohl noch nicht so lange zurück lag.
Der Satz ist ja noch länger geworden. Also mir gefällt er irgendwie, aber jeder Lektor würde ihn dir um die Ohren hauen.
Glaub nicht, dass ich das rote Männchen nicht sehe, Junge.
Gefällt mir immer noch.
Mit neunzehn war ich davon überzeugt, dass ich im Schlaf nur meine Zeit vergeuden würde.
Etwas Autobiographie ist nie verkehrt.
Mit fünfundzwanzig reichten vier Stunden alle zwei Tage und heute, nur acht Jahre später, muss ich froh sein, während der Arbeit hin und wieder für wenige Minuten auf meinen Unterlagen einzuschlafen, um vom Klingeln des Telefons geweckt werden zu können. Dann dauerte mein Schlaf lange.
Besser als in der ersten Version, aber immer noch ein wenig schief. Vielleicht liegt es daran, dass ich auf der Arbeit einschlafen mit totaler Übermüdung verbinde, die ja eigentlich nicht entstehen kann, wenn man nur noch zwei Stunde Schlaf braucht. Außerdem passt die regelmäßige Arbeit nicht zum restlichen Bild des Prots.
Es erinnert mich daran, wie ich einst ein Reh überfuhr, Fellreste sowie Fleischstücke aus dem Kühlergrill entfernte und den Kadaver in den Straßengraben warf.
Ist mir immer noch zu hochgestochen, passt auch überhaupt nicht zur schnoddrigen Sprache des Prots.
Jungs, so dünn, dass sie den Worten Gläser stemmen eine neue Bedeutung geben.
Musste ich noch mal zitieren.
Tanja streicht sich das Pony ein wenig aus der Stirn und zuckt mit den Schultern.
Ich glaube, so ein ausgewachsenes Pony im Gesicht kann ganz schön störend sein.
»Es war ein verdammter Fehler«, sage ich auf dem Rückweg und als mehr zu einem Flüstern ist meine Stimme nicht mehr in der Lage, nachdem ich Yvonne in das blutige Laken, das zuvor noch als die Stätte unserer Kopulation gedient hatte, einwickelte und so leise wie möglich die Treppe hinab schleppte.
Würde ich streichen. Macht den Satz unnötig lang und verschachtelt. Außerdem weiß der Leser, dass sie miteinander geschlafen haben und selbst wenn er es nicht weiß, ist es nicht von tragender Bedeutung für die Handlung.
Ihr Blick schickte mich zur Eile an, berührte mich an den Schultern, stieß mich in den Rücken stärker, als ihre Hände es gekonnt hätten.
Würde "trieb mich zur Eile (an)" oder dergleichen nicht besser passen? "Schickt mich zur Eile an" ist mir persönlich wieder zu hochgestochen.
Warum wechselt du in diesem Absatz eigentlich wieder ins Präteritum? Es ist doch keine Rückblende mehr.
Ich war entschlossen, heute den letzten Schritt zu tun – über die Brüstung, zwanzig Meter auf einen Fluss zu, der bereits unzähligen Selbstmördern die ewige Ruhe gegönnt hatte.
Bei zwanzig Meter Höhe musst du aber wirklich sehr ungünstig aufkommen, damit du stirbst oder so stark verletzt bist, dass du ertrinkst. Wahrscheinlich verstauchst du dir nur den Knöchel oder brichst dir ein Bein.
Ich hörte: »Spinnt der?« und »Ist der völlig verrückt geworden?«
Ich hörte: »Großer Gott, der Typ ist irre!« öfter als »Nicht springen, Mann!«
Sehr gut.
»Das weiß ich doch«, und sie legt eine Hand auf meine Wange und dreht mein Gesicht dem ihren zu. »Es hat wirklich nicht lange gedauert, dass du mich gebeten hast, bei dir einzuziehen.«
Etwas umständlich, vielleicht "dreht mein Gesicht zu ihr"?
Der Raum ist klein und eine Sekretärin, die gerade aus einer Tasse trinkt und nur schwer ihre Augen öffnen kann, sieht zu mir auf.
Bei welcher Sekretärin gesteht er den bitte seine Morde?
Sein Name ist Henry und auch wenn er es nicht weiß: Er ist meine letzte Rasierklinge.
Guter Schlusssatz, allerdings nicht unbedingt logisch. Wenn der Prot davon überzeugt ist, dass er einen Schutzengel hat, kann ihm Henry auch nichts anhaben. Wenn dein Prot jedoch der Ansicht ist, keinen Schutzengel zu haben, dann kann er sich auch einfach von einem Hochhaus stürzen.
Abgesehen von den paar zitierten Textstellen, gefällt mir dein Stil sehr gut.
Auch wenn es sonst nicht meine Art ist, möchte ich kurz auf den von Texter monierten "kindlichen Überschwank" eingehen. Du hast eine gewisse Tendenz, über die Stränge zu schlagen, sprich die Bilder zu stark ausbauen oder den schnoddrigen Erzählstil etwas zu übertreiben. Von "kindlichem Überschwank" konnte ich allerdings nichts entdecken und auch die meisten Bilder sitzen in der jetzigen Version, meiner Meinung nach zumindest.
Wie gesagt, stilistisch gefällt es mir sehr gut, trotz oder vielleicht aufgrund deiner verschachtelten Mammutsätze.

Der Aufbau ist wesentlich übersichtlicher, nur der eine Präteritumabsatz verwirrt mich ein wenig.

Die Handlung der Geschichte gefällt mir ebenfalls. Allerdings würde es logischer sein, wenn der Prot einen ernsthaften Versuch unternimmt, sich umzubringen und nicht nur Schlaftabletten nimmt oder von zu niedrigen Brücken springt. Denn eigentlich sollte man davon ausgehen, dass er alles unternommen hat, bevor er auf die Idee kommt, dass er zuvor seinen Schutzengel umbringen muss. Die Idee an sich gefällt mir übrigens sehr gut. Vielleicht verschenkst du auch etwas Potential, weil du so mehrgleisig fährst: die Schlaflosigkeit, die Selbstmordversuche, der Schutzengel, die Beziehung zwischen dem Prot und Tanja. Auch wenn das natürlich alles miteinander verbunden ist, denke ich, dass es besser wäre, sich auf ein, zwei Punkte zu konzentrieren.

So viel zu meiner Kritik. Dass mir deine Geschichte gefällt, weißt du ja bereits.

Jorgo

 

Hi Donnie!

Ebenfalls erst die Anmerkungen:

Der Satz ist ja noch länger geworden. Also mir gefällt er irgendwie, aber jeder Lektor würde ihn dir um die Ohren hauen.
Dann hab ich ja Glück, dass keiner hier ist... ich hab ihn nämlich, eiskalt wie ich bin, gelassen... :D

Mit neunzehn war ich davon überzeugt, dass ich im Schlaf nur meine Zeit vergeuden würde.

Etwas Autobiographie ist nie verkehrt.
hehe, was du alles merkst... kaum zu glauben... *g*

Besser als in der ersten Version, aber immer noch ein wenig schief. Vielleicht liegt es daran, dass ich auf der Arbeit einschlafen mit totaler Übermüdung verbinde, die ja eigentlich nicht entstehen kann, wenn man nur noch zwei Stunde Schlaf braucht. Außerdem passt die regelmäßige Arbeit nicht zum restlichen Bild des Prots
besser?
...und heute, nur acht Jahre später, muss ich froh sein, während eines Frühstücks hin und wieder für wenige Minuten auf meinem Esstisch einzuschlafen, um vom Klingeln des Telefons geweckt werden zu können. Dann dauerte mein Schlaf lange.

Ich glaube, so ein ausgewachsenes Pony im Gesicht kann ganz schön störend sein.
arrgh... ich war mir völlig sicher, dass ich es bereits geändert hatte... in meiner Word-Datei stehts auch anders... grml....

Würde "trieb mich zur Eile (an)" oder dergleichen nicht besser passen? "Schickt mich zur Eile an" ist mir persönlich wieder zu hochgestochen.
Warum wechselt du in diesem Absatz eigentlich wieder ins Präteritum? Es ist doch keine Rückblende mehr.
1. Schickte ihn zur Eile an habe ich gelassen, da ich es irgendwie passend finde... sorry
2. Nun ja, der erste Satz stammt ja aus der Rückfahrt...
»Es war ein verdammter Fehler«, sage ich auf dem Rückweg und als mehr zu einem Flüstern ist meine Stimme nicht mehr in der Lage, nachdem ich Yvonne in das blutige Laken eingewickelt und so leise wie möglich die Treppe hinab geschleppt habe.
Das alles ist also gerade eben passiert, aber es passiert nicht in diesem Augenblick, da er ja dabei ist wieder nach hause zu fahren...
Sie ließ mich los und schnallte sich an, als wäre alles erledigt. Ich startete den Motor und fuhr an.
»Jemanden in den eigenen vier Wänden zu töten, ist etwas völlig anderes. Es wirkt so persönlich.« Das Radio ist an, doch lautlos. Nur Tanjas Atem durchbricht die Stille des Motorengeräusches.
Da geht es jetzt eigentlich weiter... vielleicht überleg ich mir noch was, um es zu verdeutlichen


Guter Schlusssatz, allerdings nicht unbedingt logisch. Wenn der Prot davon überzeugt ist, dass er einen Schutzengel hat, kann ihm Henry auch nichts anhaben. Wenn dein Prot jedoch der Ansicht ist, keinen Schutzengel zu haben, dann kann er sich auch einfach von einem Hochhaus stürzen.
Dazu hab ich jetzt noch was eingefügt:
1. Eine schmerzende Hüfte, von einem Bruch, Aufprall, etc.
Der Wind pfeift um meine Ohren und meine Nase ist eiskalt. Seit einer Stunde klebt eine Gewitterfront an meinen Fersen und scheint mich jetzt endgültig eingeholt zu haben. Unter zehn Grad fängt meine Hüfte an zu schmerzen, noch immer habe ich mich nicht daran gewöhnen können.
Von meinen Haaren, meinen Wimpern tropfte und nach Salz schmeckte. Es sind nur wenige hundert Meter, doch die Hüfte schmerzt wieder, erinnert mich an einen weiteren missglückten Selbstmordversuch, der darin geendet hatte, dass ich bei vollem Bewusstsein auf einer wenig befahrenen Straße lag. Verurteilt war, auf Hilfe zu warten.
2. Narben an den Handgelenken:
Ich sehe aus dem Fenster, spiele mit dem Brief in meinen Hosentaschen, der nicht derselbe ist wie damals, aber diesem identisch, und ignoriere meinen Zellengenossen, der unruhig in dem kleinen Raum auf und ab geht. Betrachte die Narben, die auf meinen beiden Handgelenken fast die Form eines Himmel-und-Hölle-Spiels angenommen haben.
Da passt dann auch der Schlusssatz:
Sein Name ist Henry und auch wenn er es nicht weiß: Er ist meine letzte Rasierklinge.
Viel besser.

Von "kindlichem Überschwank" konnte ich allerdings nichts entdecken und auch die meisten Bilder sitzen in der jetzigen Version, meiner Meinung nach zumindest.
Du glaubst nicht, wie mich das erleichtert. Ehrlich. Ich will locker schreiben, aber nicht zu locker, möchte nicht unfreiwillig komisch sein. Das läge nie in meiner Absicht.


Vielleicht verschenkst du auch etwas Potential, weil du so mehrgleisig fährst: die Schlaflosigkeit, die Selbstmordversuche, der Schutzengel, die Beziehung zwischen dem Prot und Tanja. Auch wenn das natürlich alles miteinander verbunden ist, denke ich, dass es besser wäre, sich auf ein, zwei Punkte zu konzentrieren.
Das mag sein. Allerdings funktioniert für mich der Plot nur so.

Litte der Prot nicht an Schlaflosigkeit, würde er nicht versuchen sich umzubringen. Würde nicht nach unzähligen Wochen, die so voller Leben waren, das er verabscheute, in eine Apotheke einbrechen, um irgendetwas zu finden, um sich Ruhe gönnen zu können.
Er hätte nicht auf Tanja getroffen, die zufällig ebenfalls von der Nutzlosigkeit des Lebens (Deshalb "Brauch mich") überzeugt ist.

Naja, du kennst mich. :D


Vielen Dank fürs nochmalige Lesen und kritisieren!


Liebe Grüße,
Tama

 

Hallo.

Lob auch von mir, für Deine tolle Geschichte.

Besonders die dichte Athmosphäre hat mir gefallen, die Du bis zum Schluss aufrecht erhältst.

Gruß, JasonXI

 

Hey Jason,

vielen Dank fürs Lesen und fürs Lob.

Freut mich, wenns gefallen hat!

Liebe Grüße,
Tama

 
Zuletzt bearbeitet:

Moin, ich bin's nochmal.

besser?

Zitat:
...und heute, nur acht Jahre später, muss ich froh sein, während eines Frühstücks hin und wieder für wenige Minuten auf meinem Esstisch einzuschlafen, um vom Klingeln des Telefons geweckt werden zu können. Dann dauerte mein Schlaf lange
Nee, tut mit Leid. Ist nicht wirklich besser, aus dem einfachen Grund, dass sein Telefon bestimmt nicht alle paar Minuten klingelt.
2. Nun ja, der erste Satz stammt ja aus der Rückfahrt...
Das alles ist also gerade eben passiert, aber es passiert nicht in diesem Augenblick, da er ja dabei ist wieder nach hause zu fahren...
Ok, habe ich auch kurz danach gesehen. Trotzdem wäre es konsequenter, wenn du den Abschnitt im Präsens schreibst wie alle anderen auch. Oder ist dieses Zurückblickende von entscheidener Bedeutung?
Das mag sein. Allerdings funktioniert für mich der Plot nur so.
Ich wußte, dass du das sagen würdest, kann ich gut nachvollziehen. Das Einfügen seiner körperlichen Gebrechen gefällt mir ganz gut, läßt die Handlung logischer erscheinen.

Jorgo

 

Hey, ich bins auch nochmal :D

Nee, tut mit Leid. Ist nicht wirklich besser, aus dem einfachen Grund, dass sein Telefon bestimmt nicht alle paar Minuten klingelt.
Okay, von einem Fettnäpfen ins nächste. Ich habs jetzt nochmals verändert. Ich glaube, es ist jetzt besser. *hoff*

Ok, habe ich auch kurz danach gesehen. Trotzdem wäre es konsequenter, wenn du den Abschnitt im Präsens schreibst wie alle anderen auch. Oder ist dieses Zurückblickende von entscheidener Bedeutung?
Nein, keine Bedeutung. Aber irgendwie hats mir gefallen. Ich werds mir auf alle Fälle überlegen, okay?

Ich wußte, dass du das sagen würdest, kann ich gut nachvollziehen. Das Einfügen seiner körperlichen Gebrechen gefällt mir ganz gut, läßt die Handlung logischer erscheinen.
Mist, bin ich so berechenbar?
Schön, wenn das mit den "Gebrechen" funktioniert hat. :)


Liebe Grüße,
Tama

 

Hallo Tama

Ich weiß gar nicht was ich noch schreiben soll

Das mit dem 'kindlichen Überschwang' war nicht ernst gemeint.

wie meinst du Karikatur?
Auf mich wirkt das wie eine Karikatur. Scheint mir ziemlich eindeutig zu sein.

Was meinst du mit innere Logik?
Für mich ist die kg nicht logisch. Dass jemand Schutzengel für sein Versagen beim Selbstmord verantwortlich macht und dann irgendwelche Personen zu Schutzengel erklärt und die dann umbringt um Selbstmord begehen zu könne halte ich (Pardon) nicht für logisch.

Grüße
Texter

 

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