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Achterbahn fahren

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16.08.2003
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Achterbahn fahren

Geballte Fäuste, auf den Boden aufstampfende Füße, heiser geschriene Stimmen. Es ist bereits dunkel geworden. Einzig das Licht der Straßenlaterne sorgt dafür, dass die Schatten der Küchenstühle die Karos der Fliesen überlagern. Keiner der beiden hat den Weg zum Lichtschalter gefunden. Sie ringen mit sich, miteinander, zwei Tiger im Käfig namens Küche. Fremde Worte, nie mehr als eine störende Unterbrechung des eigenen Redeflusses. Oft schreien sie gleichzeitig. Ein Satz, ein Treffer, Selbstachtung versenkt. Gute Zielkenntnis hat tiefe Wunden zur Folge.
„Du bist total überfordert, du packst das doch eh nicht“, schleudert Stefan ihr entgegen. Sie hatte ihm einst ihre Angst anvertraut zu versagen.
„Du bist auch nicht besser als all die prinzipienlosen Wichtigtuer“, tobt Anna. Sie weiß, wie sehr er leidet unter all den Menschen, die keinen Anspruch haben, weder an sich noch an andere.
In den Wunden bohrende Finger. Auf dem Tisch die Flugtickets für die gemeinsame Reise nach Barcelona übermorgen, zerrissen, das hat Anna gemacht. Daneben Stefans Laptop mit der Präsentation für die Tagung in Bern, auf der er grundlegende Veränderungen bewirken will, ebenfalls übermorgen, kurzfristig anberaumt. Anna will keine weltbewegenden Erneuerungen. Anna will Urlaub, mit Stefan, in Barcelona.
„Ich kann jetzt nicht länger mit Dir reden“, flüstert sie erbittert. „Ich weiß nicht, ob ich das überhaupt noch einmal will.“
Gepresste Stimme, sich in die Handinnenflächen bohrende Fingernägel, zusammengebissene Lippen. Jegliche Farbe ist aus ihrem Gesicht gewichen, längst hat sich ihr Zorn in Enttäuschung und Abscheu gewandelt. Anna erhebt sich vom Küchentisch und geht ans Fenster, Stefan lehnt noch immer gegen die Gefriertruhe und starrt regungslos auf den Boden. Der Kühlschrank brummt, Anna schluchzt, sonst nichts, minutenlang.
„Warum hast du das getan, warum nur?“ Ihre Frage zerschneidet die Stille, Stefan schweigt. Anna wartet nicht länger auf eine Antwort, die sie während der gesamten Diskussion nicht gehört hat, und verlässt seine Wohnung mit einem lauten Türenknallen, sie ist sich sicher zum letzten Mal. Er gleitet hinab auf die kalten Fliesen und sackt in sich zusammen.

Was für ein erhabenes Gefühl, vor einer leeren, weißen Leinwand zu stehen. Der Maler reibt sich euphorisch die Hände, greift nach einem Pinsel, taucht ihn in die blaue Farbe und kleckst in tiefer Konzentration und nur scheinbar sorglos einige Spritzer auf das Gewebe. Der Fleck verteilt sich nicht, sondern bleibt da, wo er das Leinen berührt. Der Maler wechselt den Pinsel und mit ihm die Farbe. Gelbe Stellen bilden sich auf dem Weiß, weit entfernt vom Blau. Links Gelb, rechts Blau, nichts dazwischen. Beide sind ängstlich darauf bedacht, ohne die Spuren des anderen zu bleiben.

Am nächsten Morgen gilt Annas erster Blick dem Anrufbeantworter. Rote Null statt blinkender Eins. „Idiot. Als ob ich mit dir reden würde“, murmelt sie, nimmt das Telefon, geht mit ihm ins Bad. Im Spiegel ein Gesicht, das die Tränen und die fehlende Ruhe nicht leugnen kann. Geschwollene Lider, tiefe Ringe unter den Augen, gerötete Haut. Zur selben Zeit verlässt Stefan seine Wohnung, stolpert im Flur über die Sporttasche von gestern Abend, ärgert sich über seinen Kater, steigt in den Golf und fährt zu ihr.
Er klingelt, sie rast zur Tür, hofft, dass es er ist, und er ist es. Er lehnt im Türrahmen, die Jeansjacke lässig über die Schulter gelegt, nach seinem herben Rasierwasser duftend, die Haare mit Gel in Form gebracht. Sie schaut ihn an, er schaut sie an, er reuig, sie verzweifelt. Ein Lächeln stiehlt sich auf sein Gesicht. Sie sieht ihn, sie riecht ihn, sie hört ihn „Können wir reden“ sagen, sie ergreift seine Hand, zieht ihn in die Wohnung, schlägt mit ihrem rechten Fuß die Tür zu, sie stolpern in Richtung Schlafzimmer und reißen sich trunken die Kleider vom Leib. Gierig nehmen sie Besitz voneinander, es ist unklar, was noch Anna, was schon Stefan ist, was keines von beiden sondern etwas Neues, Vereintes, Drittes. Sie genießt ihren Körper, sie genießt seinen, er genießt ihren, er genießt seinen, die Grenzen sind fließend. Lisa ruft an, eine Freundin von Anna, sie spricht auf den Anrufbeantworter, sagt: „Sorry, dass ich gestern nicht mehr zurückrufen konnte, ich komm grad erst heim. Liebes, wir wissen doch, dass er ein Arsch ist, der hat dich gar nicht verdient. Pass auf: Wir ziehen heute Abend zusammen los, das wird dich ablenken, ja? Ruf mich an!“ Spüren, schmecken, hören, nicht Lisas Stimme, nur einander. Schreie beinahe so laut wie am Abend zuvor.

Was für ein erhabenes Gefühl, vor einer weißen, leeren Leinwand zu stehen. Der Maler reibt sich euphorisch die Hände, greift nach einem Pinsel, taucht ihn in die blaue Farbe und kleckst in tiefer Konzentration und nur scheinbar sorglos einige Spritzer auf das Gewebe. Das Blau verteilt sich auf dem Weiß, als wäre es auf der Suche nach anderen Farben. Wie Kraken breitet der Fleck sich aus und wird immer dünner. Der Maler wechselt den Pinsel und mit ihm die Farbe. Gelbe Gebilde bilden sich auf dem Weiß, nicht lange entfernt vom Blau. Das Gelb fließt den blauen Armen hemmungslos entgegen, als hätten beide nur das Ziel, zu Grün zu verschmelzen, unter Missachtung aller Grenzen. Kein Blau, kein Gelb, ganz allein Grün. Der grüne Kreis in der Mitte wächst und wächst, bis er der einzige noch vorhandene ist.

Tage später, Party bei Lisa, die ersten Weinflaschen bereits leer, das Buffet abgeräumt. Anna steht zusammen mit ihren Arbeitskollegen im Wohnzimmer, die neue Kampagne, das überarbeitete Konzept, Stöhnen über die Überstunden. Stefan versteht nur Wortfetzen. Er lehnt in der Ecke, eine Flasche Bier in der Hand, schaut zu wie Bibbi, Lisas Katze, sich an seine Beine schmiegt. Neben Anna der gut aussehende Abteilungsleiter. Er kann seine Augen nicht von ihr lassen, auch seine Hände nicht. Sie lässt sich in den Arm nehmen, ein neues Glas Wein von ihm holen, eine Haarsträhne zurück in die Spange stecken, ihr Lachen klingt einige Töne zu hoch. Anna gestikuliert, hat Stefan im Augenwinkel, dreht sich zur Seite, so dass er sieht wie der Schönling ihr bewundernd über den Arm streicht, ihr etwas ins Ohr flüstert und sie sich zuprosten. Stefan tut weiterhin nichts. Er steht in der Ecke, trinkt sein Bier, als die Flasche leer ist stellt er sie auf den Boden, holt seine Jacke, winkt Lisa zu und geht. Wütend registriert Anna, dass er das Haus verlässt, drückt dem Kollegen das Glas in die Hand, läuft ihm hinterher. Die Begegnung findet im Garten statt. Sie hält ihn am Arm fest, fragt: „Was soll das?“ „Sag du es mir“, so Stefan. Sie schauen sich an, für wenige Sekunden, und suchen nach Zugang zueinander. Ihr Blinzeln verrät das Déjà Vue, einen Blick lang, in seinen Augen spiegelt sich die Ahnung des Abgrunds, noch scheint alles möglich, dann ist es vorbei, sie verlieren sich und werden auseinander getrieben. Sie stehen 40 Zentimeter voneinander entfernt und könnten sich doch nicht berühren, selbst wenn einer von ihnen es versuchen würde. Er überschreitet die Grenze als erster, kämpft nicht länger dagegen an, sagt: „Du Schlampe.“ Sein Gesicht zeigt immer noch die Verletzung, Anna sieht es nicht mehr, ist auf Abwehr programmiert. Sie gibt ihm eine Ohrfeige, kontert: „Du kannst ja nur nicht ertragen, dass du mal nicht im Mittelpunkt stehst.“ Ihre zitternden Hände, ihr verzweifelter Blick signalisieren den Wunsch nach Umarmung, nach Anerkennung von ihm und nicht von anderen, er spürt es nicht. Es vergehen Minuten mit Worten, die sie später bereuen werden. Stefan lässt Anna stehen und fährt nach Hause, Anna geht zurück zur Party und tanzt mit dem Abteilungsleiter zu „Lady in Red“. Zuhause bei Stefan, ein leeres Blatt Papier auf dem Tisch, daneben ein Stift, Stunden später in einem geschlossenen Umschlag der Abschiedsbrief an Anna.

Was für ein erhabenes Gefühl, vor einer weißen, leeren Leinwand zu stehen. Der Maler reibt sich euphorisch die Hände, greift nach einem Pinsel, taucht ihn in die blaue Farbe und kleckst in tiefer Konzentration und nur scheinbar sorglos einige Spritzer auf das Gewebe. Das Blau verteilt sich auf dem Weiß, als wäre es auf der Suche nach anderen Farben. Wie Kraken breitet der Fleck sich aus und wird immer dünner. Der Maler wechselt den Pinsel und mit ihm die Farbe. Gelbe Gebilde bilden sich auf dem Weiß, nicht lange entfernt vom Blau. Das Gelb fließt den blauen Armen hemmungslos entgegen, als hätten beide nur das Ziel, zu Grün zu verschmelzen, unter Missachtung aller Grenzen. Kein Blau, kein Gelb, ganz allein Grün. Der grüne Kreis in der Mitte wächst und wächst, bis er der einzige noch vorhandene ist. Der Maler bricht in hämisches Gelächter aus. Er hatte versehentlich zuviel Flüssigkeit in die Farben gemengt. Er steht vor dem Bild, erhebt die Arme und gebietet bestimmt: Trennt euch. Und sie streben auseinander, die eine nach links, die andere nach rechts, und niemand würde vermuten, dass jemals auch nur ein Tropfen Blau im Gelb, ein Spritzer Gelb im Blau gewesen ist.

Dienstagabend, Kochkurs in der Lehrküche der Volkshochschule. Jeden Dienstagabend seit fünf Wochen, 18:30 Uhr. Stefan registriert erleichtert, dass er vor ihr da ist und sucht sich einen Platz, von dem aus er die Tür im Blick hat. Anna betritt unschlüssig den Raum, entdeckt ihn, streicht sich ihre Haare zurück und zögert. Gespräche mit Lisa, stundenlang, die alle das Ziel hatten, dass sie zuhause bleibt. Aber Anna ist hier. Sie ist hier und nähert sich langsam Stefans Küchenzeile, er hackt bereits konzentriert die Zwiebeln klein und reagiert auch nicht auf ihr Hüsteln.
„Na?“, fragt Anna.
„Na?“, antwortet Stefan und hält seinen Blick starr auf das Küchenbrett gerichtet.
Anna nimmt eine Zwiebel in die Hand, wiegt sie zunächst hin und her und beginnt dann, sie zu schälen.
„Du… Glaubst du, das Leben ist auch so? Wie diese Zwiebel, meine ich.“
Erstaunt schaut er hoch, blickt ihr in die Augen, die um Entschuldigung bitten.
„Ja, das denke ich“, entgegnet er schließlich. „Wir Menschen übrigens auch.“ Seine Gesichtszüge entspannen sich. Sie lächelt. Das Gespräch entwickelt sich, als hätten beide seit Jahren gierig darauf gewartet, die Gedanken schon immer in sich getragen. Was ist Wirklichkeit? Wer hat Einfluss auf unser Verhalten, was prägt uns? Haben wir eine Chance, aus unserer Haut zu kommen? Ihre Gedanken ziehen sich an, tauchen ineinander, fügen sich zusammen wie zwei Puzzleteile, die ihre Abgrenzung aufgeben sobald sie sich gefunden haben. Nicht Annas Worte, nicht Stefans, nur ein gemeinsames Bild, das entsteht und sich immer schärfer konturiert. Jeder Satz ein Impuls, noch tiefer zu gehen, hungrig auf der Suche nach Begegnung, Erkenntnis, Substanz. Austausch ohne Ende, fließende Energien, kontinuierliche Kicks allein durch Worte. Am Ende des Abends haben Anna und Stefan weder Kürbissuppe als Vorspeise, noch Gemüselasagne als Hauptgericht oder Schokoladenparfait als Nachspeise. Sie haben zwei geschälte Zwiebeln und einander. Sie sitzen sich müde auf Hockern gegenüber, die Hände miteinander verschränkt, und sind dem Verständnis der Welt ein Stück näher gekommen. Sie sind identisch.

„In der bipolaren manisch-depressiven Beziehung wechseln sich depressive und manische Episoden ab. Während der depressiven Phase leiden beide Partner unter ihrer Beziehung, oft ist das Bedürfnis, die Beziehung zu beenden, vorherrschend. Obwohl sie unzufrieden sind, sind sie entweder nicht in der Lage, sich von ihrem Partner zu trennen, oder die Trennung ist nicht von langer Dauer.
In der manischen Phase der Beziehung sind die Partner überschwänglicher und erregter Stimmung, sie fühlen sich zueinander hingezogen und sind leicht stimulierbar. Kennzeichnend ist, dass die nahezu zwanghafte Beziehung während beider Phasen der zentrale Punkt im Leben der Partner ist, ihr Umfeld spielt eine untergeordnete Rolle. Diese auch als Schübe bezeichneten Phasen werden nur bedingt durch äußere Impulse ausgelöst, in beiden Phasen haben die Partner keine Kontrolle über ihre Beziehung.
Die Beziehung lässt sich als stoffungebundene Sucht bezeichnen, die in der manischen Phase ausgelösten bio-chemischen Prozesse ähneln dem eines Rauschzustandes. Die Form der Beziehung ist oft extrem und teilweise sozial nicht akzeptabel, beide Partner empfinden häufig eine große Sehnsucht nach Extremsituationen.“

Sie quetschen sich in den engen Wagon und ziehen die Haltebügel über ihre Köpfe nach vorne. Anna hat ihre Brille abgelegt und klammert sich an der Metallstange vor ihr fest. Die Angst, kurz vor dem Losfahren, die ist immer da, auch nach so vielen Malen noch. Die Bahn setzt sich in Bewegung, Anna ergreift aufgeregt Stefans Hand, er legt schützend seinen Arm um sie. Sie werden langsam auf den Geleisen nach oben gezogen. Weg von den Menschen, vorbei an den Bäumen, Richtung Himmel. Ihr Herzschlag wird immer schneller, vor Vorfreude, vor Furcht, die Hände schweißnass. Oben angekommen hält der Zug für einige Sekunden. Unter ihnen Nichts, Leere, 30 Meter, dann der Asphalt. Anna möchte lieber sterben, als in den Abgrund zu fahren, Stefan beißt sich aufgeregt auf die Lippen. Die Bahn rollt, die rasante Abwärtsfahrt beginnt. Anna kreischt ängstlich, jauchzt fröhlich, im Wechsel, kaum zu unterscheiden. Stefan reißt mutig die Arme in die Höhe und schreit begeistert. Bevor sie es realisiert haben, sind sie auf der nächsten Erhöhung, rasen mit ungebremster Geschwindigkeit ins Looping. Ihr Haar weht im Wind, sie hält erschrocken den Atem an, als sie auf dem Kopf stehen, in die nächste Schraube gehen. Seine Augen sind schon längst geschlossen. Sekunden später, es kommt ihr wie Stunden vor, rollen sie in Richtung Ausgangspunkt. Anna strahlt ihn berauscht an. „Noch mal?“, fragt Stefan sie ekstatisch. „Noch mal“, antwortet sie verzückt und greift erneut nach seiner Hand.

 

Hallo Juschi,

schön, endlich mal wieder was von dir zu lesen. Weniger schön, dass mich dein Text im Vergleich zu vielen deiner anderen nicht überzeugt hat. Ich führ's dir näher aus:

Der Anfang liest sich sehr holprig. Teilweise sind es einzelne Formulieren, über die ich stolpere, wie z.B.:

verlässt seine Wohnung mit einem lauten Türenknallen, sie ist sich sicher zum letzten Mal.
"... , dass es das letzte Mal sein wird." klänge zum beispiel in meinen Ohren besser. Von dieser Art gibt es noch einige Stellen.


Stilistisch sehr überzeugend fand ich wiederum den dritten Absatz, insbesondere:

Sie genießt ihren Körper, sie genießt seinen, er genießt ihren, er genießt seinen, die Grenzen sind fließend.
Das liest sich sehr schön.

Das Malerbild finde ich etwas problematisch. Zum einen ergibt blau und rot gemischt violett, nicht grün, das wäre blau und gelb :klug: Zum anderen ist mir nicht ganz klar, was du, außer einer schönen Metapher, mit diesem Bild ausdrücken magst. Willst du dem Maler einen Gottstatus zugestehen? Dafür handelt er zu unschlüssig. Willst du nur das wiederspiegeln, was du mit Stefan und Anna ohnehin schon darstellst? Das braucht es leider gar nicht... ist schon etwas zu viel des Guten. Obwohl mir die Wiederholung der Malerstelle stilistisch ausnahmslos gut gefällt, halte ich die Stelle leider, leider nicht zwingend notwendig für den Text, da sie ihn nicht weiterbringt.

Die nüchterne Beschreibung der bipolaren manisch-depressiven Beziehung halte ich für auch nicht nötig, es sei denn, du gedenkst, das ganze als anschauliches Beispiel in einer Fachzeitschrift zu veröffentlichen. Es war vielleicht dein Anreiz, die Geschichte zu schreiben, aber es passt einfach überhaupt nicht zum Text. Zudem billigst du dem ganzen eine kursive Schrift zu, was vorher nur der Maler erhalten hat... das lässt mich etwas unschlüssig zurück. Und so geht es mir auch mit dem Ende - ich begreife nicht, inwiefern du damit den Text abrundest. Er scheint mir nicht in sich geschlossen. Du legst viele Fäden aus, führst diese aber nicht zum Ende... als Leser habe ich viele einzelne Situationen beschrieben bekommen, aber nicht den Zusammenhang. Und der fehlt mir einfach. Insofern bin ich mir schlicht und einfach unsicher, was du mit dem Text bezwecken wolltest (Parallelbilder? Studie? Erzählung?) und bleibe einfach mit vielen Fragen zurück :confused: .

Ach ja: Und die Überschrift finde ich auch nicht sehr passend.

lieben Gruß,
Anea

 

Hallo Anea,

danke für´s zügige Kommentieren und deine Anregungen.

Weniger schön, dass mich dein Text im Vergleich zu vielen deiner anderen nicht überzeugt hat.
Nun, für dich als Leser mit Sicherheit, für mich ist auch dies schön, da ich dadurch Hinweise zur Verbesserung bekomme.
Der Anfang liest sich sehr holprig.
Das Fragmentarische, grammatikalisch nicht korrekte ist gerade am Anfang Absicht. Ich werde mir die Formulierungen dennoch mit Sicherheit noch häufiger ansehen.
Zum einen ergibt blau und rot gemischt violett, nicht grün, das wäre blau und gelb
Ja, ist mir natürlich bekannt. Der Fehler somit Absicht, scheint aber nicht funktioniert zu haben, sollte ich mir also nochmal überlegne, ob ich´s dabei belasse.

Zur grundsätzlichen Bedeutung der kursiven Stellen werd ich mich jetzt mal noch nicht äußern sondern noch weitere Kommentare abwarten. Wenn der Zusammenhang für dich nicht klar wird, hab ich offenbar was falsch gemacht, denn der letzte Absatz war durchaus als Abrundung und Auflösung der Handlung gedacht. Wenn eine nachträgliche Erläuterung nötig ist, um das zu verstehen, ist das natürlich schlecht. Ich hoffe also, du hast noch ein wenig Geduld.

Liebe Grüße
Juschi

 

Hi Juschi,

klar kann ich mich noch gedulden :) rund wirkts für mich eben gar nicht. Und als passionierter Maler *hüstel* fand ich den "Fehler" in der Farbenlehre natürlich furchtbar... :D
Jou, warte mal ab, ob alle so begriffsstutzig sind, wenn nicht, solltest du schon etwas deutlicher werden...

lieben Gruß,
Anea

 

Hallo nochmal Anea,

hab mir deine Anregungen jetzt mal vorgenommen. Die Farbenlehre ist jetzt z.B. beachtet, auch wenn´s gewollt war, war das Bild wohl zuviel des Guten.
Zum Malerbild: die kursiven Stellen erklären immer das vorher Geschehene. Die Farben stehen somit symbolisch für Anna und Stefan, deutlich werden soll, dass beide ihr Verhalten nicht steuern und nicht beeinflussen können, sondern eine "höhere Macht".

Es war vielleicht dein Anreiz, die Geschichte zu schreiben, aber es passt einfach überhaupt nicht zum Text. Zudem billigst du dem ganzen eine kursive Schrift zu, was vorher nur der Maler erhalten
Zur Beziehungsdefinition: auch hier war es meine Absicht, dass Geschehen einzuordnen, deshalb kursiv. Meinst du "es passt nicht" bezogen auf den Inhalt (charakterisierte Beziehung wird nicht durch Anna und Stefan widergespiegelt) oder den Stil dieses Teils? Natürlich sollte es kein Fachaufsatz werden ;)
Zum Ende: die Achterbahnfahrt charakterisiert ebenfalls ihre Beziehung und deutet an, dass es keinen Ausweg aus dem Kreislauf gibt - das Auf und Ab, das Ambivalente, den schnellen Gefühlswechsel und das Fazit des "Nochmals": so schlimm es auch manchmal ist, sie tun es immer wieder. Daher auch die Überschrift.

Um das Ganze in der Geschichte selber deutlich und damit meine langen Erläuterungen überflüssig zu machen, werd ich wohl nochmal drangehen. Denn eigentlich soll sie für sich selbst stehen können.

Liebe Grüße,
Juschi

 

Hi Juschi,

Die Farben stehen somit symbolisch für Anna und Stefan, deutlich werden soll, dass beide ihr Verhalten nicht steuern und nicht beeinflussen können, sondern eine "höhere Macht".
Jou, so hab ich mir das auch gedacht. Aber ich finde immer noch, dass man das als Leser auch ohne die kursiven Stellen gut rauslesen kann. Es ist eigentlich mehr die Subtilität, die ich vermisse, das Zwischen-Den-Zeilen-Lesen-Können...

die Achterbahnfahrt charakterisiert ebenfalls ihre Beziehung
Ja. Und der Maler, und die Definition auch. Und daher finde ich, das ist zuviel des Guten. Trau dem Leser ruhig mehr zu, das rafft der schon :D
Das Malerbild würde ich als Metapher daher drinlassen, die anderen zwei Paralellen aber dann kürzen. Es überlädt die Geschichte wohl einfach zu sehr :shy:
Seltsamerweise würde die Überschrift meiner Meinung nach besser wirken, wenn imText keine Achterbahn vorhanden wäre, weil dann klar ist, dass es sich eindeutig auf ihre Beziehung bezieht. Vielleicht kannst du den Schluss ja (ev. stilistisch) so abändern, dass dem Leser klar wird, dass Anna und Stefan in einem ewigen Auf und Ab, der mataphorischen Achterbahn, gefangen sind.

Das Farbenbild ist jetzt weit weniger verwirrend, nachdem es sich nun an die allgemeinen Mischungsregeln hält :D

lieben Gruß,
Anea

 

Hi Juschi,
mir hat die Achterbahnfahrt wirklich gut gefallen und auch wieder nicht. Deine größte Stärke ist auch gleichzeitig deine größte Schwäche. Du hast prägnante, mächtige Sätze, aber die sind es auch, die den Leser fast erschlagen. Für eine solche Geschichte, ist sie zu lang. Am Anfang nimmt einem deine Schreibweise richtig mit und die Passagen mit dem Maler gönnen einem einen Augenblick Erholung. Aber mit der Zeit wird es ein wenig zu viel. Vielleicht könntest du einige Passagen kürzen, wenn ich auch nicht genau weiß welche.

Fehler, oder Stilbrüche habe ich keine gefunden und daher bleibt am Schluss doch ein großes Lob, denn trotz der oben erwähnten Schwäche bleibt die Gewissheit eine gute Kurzgeschichte gelesen zu haben.

Liebe Grüße...
morti

 

Hallo morti,

hey, die Geschichte hat ihren zweiten Leser, schön.

Am Anfang nimmt einem deine Schreibweise richtig mit und die Passagen mit dem Maler gönnen einem einen Augenblick Erholung. Aber mit der Zeit wird es ein wenig zu viel.
Das hat eine Achterbahnfahrt wohl so an sich ;) Nein, im Ernst: der Wechsel ist natürlich Absicht, aber auch eine Achterbahnfahrt sollte zu Ende sein, bevor die Übelkeit zu arg wird. Damit sind wir beim Thema kürzen... Ich lass es mir nochmal durch den Kopf gehen, Aneas Vorschlag ging ja in eine ähnliche Richtung.

Danke für deine Rückmeldung!

Liebe Grüße,
Juschi

 

Hallo Juschi,

ich war völlig überrascht, in deiner Geschichtenliste noch drei Geschichten zu entdecken, die ich nicht nur nocht kommentiert, sondern tatsächlich noch nicht gelesen hatte.
Bei dieser fällt mir zu Beginn etwas auf, das ich als unstimmig empfinde. Im Streit, das hast du gut beschrieben, findet man die Wunden des anderen. Streitgegenstand kann ich aber nicht mit den kränkenden Bemerkungen zusammenbringen. Sicher gibt es auch das oft. Irgendwann verlässt jeder Streit sein Thema und wird nur noch verletzend. Ich finde den Weg dorthin nur in diesem Absatz nicht. Wenn es darum geht, dass Anna nur in den Urlaub will, was hat sie vor, damit Stefan sagen kann: "Du schaffst es doch eh nicht"?
Wie Anna auf den prinzipienlosen Wichtigtuer kommt, kann ich herleiten. Das Prinzip wäre sie, sie hätte für ihn wichtiger sein sollen als die Arbeit, er hat nur die Karriere im Kopf. Auch ein Prinzip (das noch nciht einmal stimmen muss), aber eben nicht das, was sie gerade erwartet. Ein anderes oder falsches Prinzip ist eben kein Prinzip.
Aber die Frage "Warum hast du das nur getan?" kann ich nicht herleiten, denn er hat ja gerade etwas nicht getan, nämlich die Tagung abgesagt oder einen passenden Termin dafür gewählt.
Nun weiß ich nicht, in welcher Position er ist, typisch wäre aber, dass hier die Streitenden im Grunde von außen aufeinander gehetzt werden. Während machistische Chefs eben erwarten, dass die Angestellten ihre Frauchen schon im Griff haben, ist ihnen deren Urlaubsplanng ganz egal. Die Frauen erwarten, die Prioritäten genau andersherum (wahlweise natürlich auch auf weibliche Führungskräfte ud Angestellte anzuwenden).
Später gehst du den anderen Weg. Stefan fühlt sich missachtet, wieder finden sie nicht zueinander, wieder finden sie nicht das verbindende öffnende Wort, sondern nur Vorwürfe. Sie engen sich gegenseitig ein, rauben sich in süchtiger Liebe die Luft zum Atmen, sind sich dann selbst wieder die Luft, die brauchen, aber nicht vertragen.
In sofern beschreibst du eine Abhängigkeitsbeziehung so klassisch, dass es auch für mich der psychologischen Erklärung nicht bedurft hätte, für die Achterbahnfahrt aber brauchtest du natürlich diese Passage sozusagen als letztes Tal.
Die Malerpassagen finde ich schön, auch wenn selbst, wenn dein Maler zu viel Flüssigkeit genommen hat, Farben auf Leinwand nicht zu einer klaren Mischung verlaufen. Auch erscheint es mir für das Paar unstimmig zu grün zu werden, sie bleiben ja selbst in der Vereinigung so von einander durchsetzt, dass sie als Konturen sichtbar bleiben, auch wenn sie verschwimmen. Bildeten die Farben einen Kreisel, erschiene es mir viel stimmiger (aber dazu müsste der Maler die Leinwand natürlich immer wieder wenden).
Details:

und verlässt seine Wohnung mit einem lauten Türenknallen, sie ist sich sicher zum letzten Mal.
irgendwie fehlt mit in dem Satz etwas, wenigstens ein Komma.
nimmt das Telefon, geht mit ihm ins Bad.
hm, ich würde eher "geht damit ins Bad" schreiben, auch, weil mich die Personalisierung von sächlichen dingen oft stört. Da ich es aber nicht textlich begründen kann ...
als hätten beide nur das Ziel, zu Grün zu verschmelzen, unter Missachtung aller Grenzen. Kein Blau, kein Gelb, ganz allein Grün. Der grüne Kreis in der Mitte wächst und wächst, bis er der einzige noch vorhandene ist.
Als Bild gut gedacht, in der Praxis funktioniert es nicht mal mit Tusche, schon gar nicht mit Ölfarbe. Die ist so stabil, dass die Farben in Spuren ineinander laufen, sich vielleicht zum Teil zu Grün vermischen, aber vielfach ihre Identität behalten.
Gelbe Gebilde bilden sich auf dem Weiß
Gebilde bilden sich? ;)

So, da es so viele Bemerkungen sind, könnte ein falscher Eindruck entstehen. Mir hat die Geschichte gefallen, sogar gut gefallen.

Lieben Gruß, sim

 

Hallo Juschi,

ich krame und krame und krame und finde einfach bei Deiner Geschichte keinen einzigen Kritikpunkt; sie ist für mich weder zu lang, noch unstimmig. Du spiegelst eine manisch-depressive Beziehung wieder, eine Achterbahnfahrt ins Nichts oder Alles (je nachdem) - die auch etwas mit Hörigkeit zutun hat, denn scheinbar können die Protagonisten nicht voneinander lassen. Stilistisch (finde ich) eine perfekte Geschichte; metaphorisch (aber auch nicht zu sehr), tiefsinnig und doch klar in der Beschreibung der Gefühlswelten... Bin wirklich begeistert! Lediglich die Auflösung in Kursivschrift hat mir nicht so gut gefallen, denn es ist ja auch schon durch die Story und ihre Entwicklung viel früher klar geworden, mit was Du uns Leser konfrontierst - und mit welcher Sorte Beziehung. Da paßt das nicht sonderlich gut ins Stimmungsbild.
Auch toll fand ich das Ende mit der Achterbahnfahrt, denn das faßt alles nochmal klar zusammen; dieses ständige Auf und Ab der Gefühle... Wirklich, Juschi; hat mir echt supi gefallen die Story! :thumbsup: Gehört meiner Meinung nach zum Besten, was ich hier gelesen habe! :)

Die Metapher mit dem Maler finde ich auch ausgesprochen gut getroffen. Ich kenn mich jetzt in der Farbenlehre so gut wie gar nicht aus, kann daher überhaupt nicht beurteilen, inwieweit Du Dich hier an Wahrheiten gehalten hast und inwieweit nicht. Aber ich glaube Dir einfach mal. :D Jedenfalls gefällt mir die Farbstimmung, die Du hier in Bezug auf die Geschichte entwickelst - diese Arme, die ineinander fließen und sich dann wieder trennen, Grün als Farbe der Hoffnung, das sich doch wieder auflöst... Toll! :)

Was das Leben der Figuren betrifft; ich habe sie als Prototypen gelesen, denn ich will nicht wissen, wie oft man es mit solchen Paaren zutun hat, die nicht miteinander können, aber auch nicht ohne einander. Dein nüchtern-klarer Stil hat mich zu dieser Sichtweise gebracht. Ich selbst verwende in meinen neuen Geschichten auch gern Prototypen für Stimmungs- und Beziehungsbilder, von daher ist das für mich kein Problem.

Du merkst; bin aus dem Häuschen und begeistert! Weiter so! :thumbsup:

Liebe Grüße
stephy

 

Hallo sim,

danke für die Geburtstagskritik und die Glückwünsche an anderer Stelle :)

Ja, diese Geschichte - ich musste mich selbst erst wieder reinfinden und immer noch ist es das selbe Gefühl, wie vor Monaten. Eine Ebene ist möglicherweise zuviel, vielleicht ist das Ganze überfrachtet, vielleicht auch nicht. Mal sehen ob ich noch mal dran gehen mag und wann. Danke fürs in Erinnerung rufen, ich hoffe es ist mir Anreiz, mich noch mal mit ihr zu beschäftigen. Aber meine Abwesenheit von kg.de hat auch damit zu tun, dass das Schreiben gerade keine so große Rolle bei mir spielt, leider.

Im Einzelnen:
Ich könnte dir die Zusammenhänge im ersten Gespräch erläutern, will aber lieber bei einer Überarbeitung dafür sorgen, dass es schlüssig wird ;) Danke für den Hinweis.
Deine Charakterisierung der Beziehung trifft in etwa das, was ich ausdrücken wollte, schön. Es gibt Beziehungen und Freundschaften, da gibt es nur diese Extreme, deine Worte dafür, "Abhängigkeit" und "Sucht" teile ich da gerne.
Bzgl. der Unstimmigkeiten im Malerbild bin ich unsicher, ob sie zu störend sind, um noch zu funktionieren. Rein technisch muss ich dir auf jeden Fall Recht geben, allein, weil ichs nicht wirklich besser weiß.


Hallo stephy,

danke fürs überschwängliche Lob, auch wenn ich selbst an einigen Stellen unschlüssig bzgl. der Geschichte bin, gefällt sie mir vom Grunde her auch immer noch.

Ich verstehe, warum die psychologische Erklärung schwierig ist, es ist für mich einer der Gründe, warum die Geschichte möglicherweise überfrachtet ist. Eine Alternative wäre, das Malerbildnis bis zum Schluss durch zu ziehen. Mal sehen. Aber auch Dir danke für den Hinweis.

Und Du hast Recht: ich habe das Ganze bewusst nüchtern geschrieben, auch um den Emotionen der beiden aus der Distanz beobachten zu können.

Euch beiden liebe Grüße,
Juschi

 

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