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Ad bestias
Modernes Büro, leblos stickig und verstunken. Schreibtisch noch vom Schlangengift des Vortages verklebt. War denn kein Putztrupp da? Zugriff verweigert. Warten und Kaffee trinken, bis der Techniker kommt. Kaffe trinken und Zigaretten pofeln in der Gerüchteküche. Nein, nicht jeder Mensch meint es gut mit Dir. Der Auftrag muß heute fertig werden. Der Techniker ist da. Endlich kommt er mit verschwollen Triefaugen durch den Gang getorkelt. Draußen ist es noch dunkel.
Neonlicht strahlt grell und weiß, wie künstlicher Heiligenschein. Zugriff geht wieder. Auftrag wird sicher fertig. Keine Lust mehr. Wozu das ganze? Nicht mehr arbeiten müssen, ein frommer Wunsch. Der Text sei inkonsistent, werde von einer Natter überarbeitet. Mir egal, Geld her, sonst interessiert mich nichts!
Regnen tut’s und kalt ist es. Die Straßenbahn quillt über. Ich kann kaum atmen. Glove Intensivdeo und Schweiß überall. Markendüfte. Umsteigen in die U-Bahn. Gumpendorferstraße und Drogentote gehören zusammen. Polizei überall. Es hängt mir zum Halse heraus. Hinaus auf die Straße, Bus nehmen. Der Bus platzt vor leeren Augenpaaren. Unerträglich. Endlich zu Hause. Meine geliebten Pflanzen gießen. Aufs Sofa knallen und Augen zu.
Alle jene in eine Zeitmaschine locken, ja in eine Zeitmaschine, und ab zweitausend Jahre rückwärts. So sehe ich sie. Laufen aus der Zeitmaschine, mir nach, folgen mir, weil sie sich nicht auskennen. Die Schadenfreude ist groß. Ich renne zum Prätor, erzähle, was jene mit mir getan haben und sie, ha, sie stehen nur herum und verstehen kein Wort. Wunderbar. Der Prätor runzelt die Stirne, wägt ab. Auf dem Forum sammeln sich Menschen, betrachten die Verdutzten. Der Prätor berät sich mit den Geschworenen und dann sein Spruch: „damnati ad bestias"! Soldaten kommen, packen sie, stoßen sie. Sie bekommen Angst, schreien, blicken angstvoll um sich.
Ich setze mich in eine Taverne. Warte. Gehe zur Arena, in die Keller. Dort wimmern und winseln sie schon tränend in den Kerkern. Morgen, ja morgen hab ich dann Ruhe!
Nachmittag, die Sonne brennt vom Himmel. Die Arena. Geschrei von den Tribünen. Aus den Kerkern werden sie in die glühende Arena gepeitscht. Schreie um Gnade, doch keiner versteht sie! Jubel auf den Rängen. Sie laufen wie scheues Wild durch den heißen Sand. Dann die Bestien. Löwen, Tiger, Wölfe, ausgehungert, gierig nach Fleisch! Die Räuber greifen an, mit scharfen Klauen reißen sie einen nach dem anderen. Reißen ihnen die Brust auf, zerfetzen schmatzend die Muskeln, zermalmen mit ihren Fängen grummelnd die Knochen. Schmerzensschreie, Blut sickert in den Sand. Ihre Eingeweide quellen aus den zerrissenen Bäuchen, dampfen sich windend faulig nach oben. Die Bestien verzehren alles, nur ein paar Knochen mit Fetzen Fleisch bleiben liegen. Blutgetränkter Sand, dunkelrot. Es ist vorbei. Sie sind gefressen. Sitze in der Zeitmaschine. Öffne die Augen. Sitze am Sofa. Alles ist wie vorher.