Aktaion
Sein Atem ging stoßweise. Kleine Zweige brachen unter seinen eilenden Füßen. Die Muskeln begannen zu schmerzen und Schweiß rann glitzernd über seine Haut. Aktaion war eins mit dem das er tat. War eins mit sich selbst und mit der Natur die ihn umgab. Sein Blick durchbrach das Unterholz und sein geschulter Geist sah bereits Dinge, die seinen Augen noch verborgen blieben. Wichtiger waren jedoch die Ohren, die den Wind, der ihm im vollen Lauf entgegenschlug, ausblendete und sich nur auf sein Opfer richteten. Vor ihm hörte er den Hirsch, wie seine Hufen das feuchte Erdreich aufwühlten und der Dreck wieder in Klumpen zu Boden fiel. Er hörte den dumpfen, rasselnden Atem des verängstigten Tieres, nicht zu vergleichen mit seinem eigenen, der kontrolliert und gleichmäßig, aber dennoch voller Lust, über seine Lippen ging. Der Atem eines Liebesspiels. Die Jagd war seine Geliebte. Kein Weib konnte ihm dieses Gefühl geben. Kein Weib konnte die selbe Extase in ihm wecken. Diese unbändige Gier, bis der Körper schmerzend an sein Ende kam, aber die unersättliche Seele noch immer nach mehr verlangte. Nur die Jagd und eine Göttin mochten seine Triebe stillen.
Rechts von ihm wurde ein dorniger Busch zur Seite gedrückt und ein grauer, schlanker Hund sprengte mit hechelnder Zunge und anliegenden Ohren an dem Jäger vorbei.
„Los, Eis! Hol ihn dir!“, schrie Aktaion dem ersten seiner Hunde zu und wie zur Antwort beschleunigte das Tier noch einmal seinen Lauf und verschwand wieder im Unterholz. Nur die Geräusche seiner Pfoten zeugten noch von seiner Existenz.
Links kam nun Duo heran und hinter ihm folgten zwei weitere Hunde. Allesamt schwarz, aber ebenso drahtig wie der erste. Auch sie durchquerten zusammen mit ihrem Herren im vollen Lauf den dichten Wald.
Duo ließ sich langsam zurückfallen und passte sich Aktaions Schritt an. Die anderen beiden, Treis und Tessares, liefen voraus und bildeten das lebendige Gegenstück zu dem, was bedrohlich und lauernd in den Händen des griechischen Jägers ruhte. Ein Speer, von der Länge eines halben Mannes wartete begierig darauf in rotes Fleisch zu tauchen. Seine bronzene Spitze funkelte fast golden in der Abendsonne, die in zarten Strahlen durch die Kronen der Bäume fielen. Und diese Bäume hatten es wahrlich verdient solch große Kronen zu tragen, denn sie wuchsen den Höhen des Olymp unaufhörlich entgegen. Aktaion warf seinen Kopf in den Nacken und starrte zu ihnen hinauf. Er sah die grünen Blätter, wie sie den Willen des Windes gehorchten und er sah die dicken und starken Äste, wie sie sich stolz gegen dieses Spiel verwehrten.
Hoch oben in den Zweigen richtete sich ein Vogel auf, plusterte sein Gefieder und stieß einen hellen Schrei aus. Laut und reißend legte er sich über das Geräusch des Hirsches. Dann flatterten seine Flügel und der Vogel stob mit dem Wind davon.
Aktaion hielt inne. Keine Geräusche mehr, kein Wind. Selbst seine Hunde waren nicht zu hören. Auch sie mussten im Verborgenen der plötzlichen Stille lauschen. Aktaion kniete sich zu Boden. Seine nackten Füße versanken leicht und der Duft von altem und frischen Laub stieg ihm in die Nase. Wie eine Katze kauerte der Grieche im dichten Unterholz; bereit zum Sprung. Seine Gedanken waren bei seiner Beute und seinem Meister. Chiron hätte Gefallen an dieser Hatz gefunden. Vor allem hätte er von der Beute nur in höchsten Tönen gesprochen, denn sie floh nun bereits seit den ersten Strahlen der Mittagssonne. Es war ein außergewöhnliches Tier, dass in einem außergewöhnlichem Teil des Waldes lebte und diese Besonderheit machte das Erlegen des Hirsches noch weitaus attraktiver.
„Duo, komm hierher“, flüsterte Aktaion leise und der Hund hinter ihm gehorchte aufs Wort. In gebeugter, fast demütiger Haltung kroch er neben seinen Herren und blickte ihn aus braunen, treuen Augen an.
„Sag mir mein Junge. Wo ist er?“
Aber der Hund blieb still. Nicht weil er den halbnackten Jäger nicht verstand, sondern weil er die Witterung im umgeschlagenen Wind verloren hatte.
Nachdenklich wippte Aktaions Kopf auf und nieder, um dann jäh wie ein Pfeil nach vorne zu schießen. Sein Körper folgte ohne Zögern. Die Spur war wieder da, denn Eis´ Bellen hatte die ungestellte Frage beantwortet. Aktaion sprang mitten durch einen Dornenbusch und die spitzen Auswüchse hinterließen rote Spuren auf dem bloßen Oberkörper. Aktaion empfand keinen Schmerz, vielmehr war dieses Gefühl für ihn wie ein bestätigendes Zeichen, dass er eins mit der Natur war. Sie und er waren verbunden, denn man verletzte sich nur aus Hass oder Liebe, und der Jäger liebte.
Braun, groß, wunderschön, den horngekrönten Kopf hoch erhoben, stand der kapitale Zwölfender plötzlich direkt vor ihm. Sein Fell glänzte von Schweiß und seine Augen glitzerten voller Stolz. Unter der Haut zeichneten sich die kräftigen Muskeln ab und aus der Kehle des Tieres entrang sich ein röhrender Laut. Aktaion spürte das Gewicht des Speeres in seiner Hand, spürte das Rasen seines Herzens und fühlte wie die Zeit einen Moment lang inne hielt, so als seien alle Gesetze der Welt für diesen Augenblick aufgehoben.
Der Speer hob sich, die Muskeln des Hirsches spannten sich, über Aktaions Lippen rollte langsam ein siegessicherer Schrei und aus dem Unterholz hinter der Beute schoss Eis mit gefletschten Zähnen hervor.
Aber der Hirsch war schneller. Die tödliche, bronzene Spitze stieß ins Leere und der Hund prallte an der mächtigen Flanke des göttlichen Geschöpfes ab. Aktaion fluchte, aber alle Verwünschungen die er ausstieß waren so erfolglos wie sein Angriff, bis ein lautes Lefzen alle Geräusche des Waldes wie eine Lawine unter sich begrub. Treis und Tessares wurden zu weiteren Figuren des Aktes. Die Bühne, auf der sich das Schauspiel der Jagd abspielte wurde voller und der Höhepunkt nahte. Die beiden grauen Hunde verbissen sich in die stämmigen Beine des Hirsches, der einen klagenden Ton ausstieß. Spitze Zähne durchdrangen braune Haut und rissen tiefe Wunden in rotes Fleisch. Von hinten kam Duo heran, machte einen mächtigen Satz und landete, begleitet vom Lichterspiel der Blätter, auf dem Rücken des Hirsches, dessen Hufen tiefe Löcher in den weichen Boden stampften. Ein Nackenbiss besiegelte sein Schicksal. Er ging in die Knie und als seine Kehle dem Boden nahe war, hatte Eis sich bereits wieder aufgerichtet und brauchte nur noch zuzuschnappen. Zwischen Schnauze und Beute sickerte tiefrotes Blut in Strömen hervor. Das Röhren des Hirsches verkam zu einem mitleidigen Gluckern und aus seinen schwarzen Augen verschwand der Stolz, wie eine langsam erlöschende Flamme. Doch Aktaion war es, der sie vollends erstickte, indem er den Speer wieder zur Hand nahm und sein neu entfachtes Hochgefühl seinen Arm führen ließ. Die Waffe drang ein, riss und zerschnitt und brachte den Tod.
Alles an dem Tier erschlaffte und sein majestätischer Kopf sank zu Boden, wobei die Enden des Geweihs im Erdreich versanken.
Es war kein direkter Tod. Der Tod brauchte immer ein wenig Zeit und so legte Aktaion unter den gierigen Blicken seiner Hunde dem sterbenden Hirsch seine Hand auf den Hals. Der Pulsschlag, den er spürte, verriet ein zitterndes Herz, das seinen Rhythmus verloren hatte und schließlich verriet er dem Jäger auch, dass das Leben nun zu Ende ging. Noch zweimal zog sich der Muskel zusammen und schickte die letzten mohnroten Flüsse durch die Adern, dann war es aus.
Der Wald war still, die Hunde winselten leise und Aktaion durchfuhr ein Gefühl von Stolz, das einem gewaltigem Sturm glich. Sein Meister hat ihm immer gesagt, dass er ein guter Jäger sei, aber er würde niemals solch ein erhabenes Tier erlegen, wie es nun tot zu seinen nackten Füßen ruhte. Aktaion konnte es Chiron endlich beweisen, dass der Schüler seinem Lehrer nicht nachstand, dass der Schüler vielleicht sogar einmal die Fußstapfen des Zentauren mehr als ausfüllen würde.
Aktaion hatte sich mit dieser Beute von allem gelöst. Von seinen Eltern, denn er war nun ein Mann, von seinem Lehrer, denn er hatte seine Prophezeiung nicht erfüllt und seinen Göttern, denn ihre erhabene Schöpfung hatte ihm nicht entkommen können.
Er griff zu einem langen Dolch, den er mit Lederschnüren an der rechten Wade befestigt hatte und begann den Kopf des Hirsches abzutrennen. Jeder Schnitt ließ Blut fließen und bald kniete er in einem kleinen, roten See aus Blut, das langsam kalt wurde.
Als er den Kopf schließlich am Geweih packte, ihn sich über den Rücken schwang und das Gewicht des mächtigen Hauptes spürte, war die Welt um ihn herum geschwängert von Harmonie und Schönheit. Der Wald roch noch herrlicher als zuvor, noch würziger, noch süßer zugleich. Die Sonne schien noch heller und noch wärmer. Und seine Hunde standen ihm näher als jemals zuvor. Er liebte seine Tiere, die ihn unterwürfig und dankbar mit ihren großen Augen anstarrten. Aber in all dieser Erfüllung war immer noch ein kleines Loch zu finden und dieses gebar sich aus seinem Herzen, aus seiner Seele, die nun, da seine Ziele erfüllt waren, nach mehr schrieen. Die Worte waren noch nicht fassbar, aber Aktaion hatte das unbestimmte Gefühl, dass die Jagd weitergehen würde, doch für den Augenblick war dieser Gedanke eben nur jenes Gefühl und er machte sich mit seiner Trophäe auf den Weg zurück.
Die Sonne zog ihre Bahn und näherte sich in ihrer Ruhe dem nachtbringendem Horizont. Aktaion musste sich beeilen, wenn er vor Anbruch der Dunkelheit den Wald verlassen wollte, aber er war sich im klaren darüber, dass selbst die größte Eile ihm nicht helfen konnte. Er hatte sich verirrt. Aktaion, der große Jäger, der eins mit der Natur war und der seinen Meister schon in seinem Schatten sah, hatte den Weg nach Hause verloren. Es war dieser Wald, der die Schuld daran trug. Aktaion hegte keinerlei Zweifel daran, dass sich hinter der Schönheit der Bäume etwas verbarg. Zu groß, zu herrlich war alles um ihn herum und selbst das Wasser, das der kleine Fluss, durch den er in diesem Augenblick watete, mit sich führte, war klarer als der Himmel.
Er hielt inne, lauschte und beobachtete, um seinen Gedanken die Ruhe zu gönnen, die sie brauchten um den Weg heimwärts zu finden. Und als seine Ohren tief hinein in die Stille des Waldes griffen, hörte er plötzlich eine helle Stimme. Sie klang fröhlich und glockenhell.
Erst dachte der Jäger, dass seine Sinne ihn getäuscht hatten, doch als er ein deutliches Lachen vernahm wichen alle Zweifel. Langsam, seine Hunde treu an seiner Seite, folgte er der Quelle des Geräuschs. Bald mischte sich weiteres Lachen hinzu, getragen von Stimmen voller Weiblichkeit. Auch Wasser war zu hören.
Und als all diese Geräusche immer mehr an Volumen gewannen, konnte der Jäger durch ein weit offen stehendes Buschwerk vier Frauen erblicken, die lachend und spielend durch einen klaren See tobten. Der Fluss, dem er zuvor gefolgt war, mündete plätschernd in dem kristallenen Gewässer, auf dem sich weiße Wolken schillernd spiegelten. Sein Blick durchfuhr die wässerige Oberfläche und zeigte die Frauen in voller Gestalt. Aktaion konnte seinen Blick nicht lösen, denn was er vor sich sah, waren die schönsten Frauen, die je ein Auge entdeckt hatte. Ihr helles Haar schlängelte sich tropfend um die weißen, reinen Schultern und ihre Augen leuchteten, als trügen sie darin einen prachtvollen Sternenhimmel.
Es waren Nymphen. Die Erkenntnis durchfuhr ihn wie ein heißer Wind.
Kaum einem Menschen war das Glück gegeben eines dieser reinen Geschöpfe zu erblicken. Fortunas Lächeln musste an diesem Tag groß und in voller Herrlichkeit über Aktaion zu erblicken sein, denn die Nymphen waren unverhüllt und auch das schützende Wasser war nicht in der Lage seine lüsternen Blicke abzuwenden.
Er wusste, dass es ihm eigentlich nicht vergönnt war und er wusste auch, dass er diesen einen, schnellen Blick tief in sich vergraben sollte, um im Alter noch davon zu zehren, denn diese Schönheit war unvergänglich, selbst in der Erinnerung.
Aber in Aktaion erwachte etwas. Er fühlte sich, als sei der Hirsch noch nicht erlegt, als sei er wieder auf der Jagd und so starrte er weiter mit den Augen eines gierigen Mannes auf die nackten Leiber. Seine Lust war nicht mehr zu verbergen. Sie ergriff so sehr Besitz von ihm, dass ihm ein leiser und seidener Ton entfuhr.
Die Nymphen schreckten auf, verschränkten die Arme und stoben ängstlich auseinander. Eine sechste Frau kam zum Vorschein und Aktaion hatte Mühe seinen Atem zu kontrollieren. Er verlor den Rhythmus.
Er kannte die Frau, die hinter den anderen gebadet hatte und nun wusste er auch, warum der Wald und der Hirsch solche Pracht besaßen.
Er stand mitten im Hain einer Göttin, die ihn nun starr anblickte, ohne eine Regung zu zeigen. Sie verhüllte sich nicht vor seinen Blicken, sie versuchte nicht ängstlich davonzuschwimmen.
Artemis, die Göttin der Tiere, glitt wie ein zierlicher Fisch durch das Wasser und kam auf ihn zu. Langsam, in fesselnder Schönheit, erhob sich ihr Körper aus dem mit Wasserlilien geschmückten See. Das Wasser brachte ihre Haut zum Schimmern und die winzigen, perlenden Tropfen beschrieben kleine, runde Muster, als sie wie selbstverständlich über ihren Busen liefen. Der lichte Busch, das Versteck Aktaions, schien sich zu spalten und Artemis trat hindurch. Sie legte eine Hand auf die Wange des Jägers und sprach in aller Ruhe, wie nur die Götter sie ihr Eigen nennen konnten.
„Aktaion.“ Ihre Stimme besaß den gleichen Liebreiz wie ihr Körper. „Sohn der Autonoe. Nachfahre des Kadmos. Du weißt, dass der Anblick meiner Nymphen den Menschen nicht gestattet ist.“
Sie sprach nachdrücklich und ließ ihren Finger dabei über die Rinnsaale aus Blut streichen, die der abgetrennte Hirschkopf über den Körper des Jägers geschickt hatte.
„Mehr noch. Unverholen blicktest du selbst dann noch, als eine Göttin vor dir erschien. Mit Wolllust hast du meine Gefährtinnen und mich betrachtet. Was wolltest du tun, junger Jäger? Wolltest du auch uns erlegen und dich später über deine Beute beugen?“
Aktaion wich zurück.
„Deine Jagd war doch schon von Erfolg gekrönt. Nach dem Hirsch ein Weib?
Schade um dich Aktaion. Chiron hatte viel in dir gesehen. Ein Junge, getrieben von Ehrgeiz und der Liebe zur Natur, voller Ehrfurcht vor all den Dingen, die du als erhaben betrachtest hast.
Die Götter schenkten dir dafür zahlreiche Gaben. Du hast gelernt die Welt um dich herum zu verstehen. Du konntest mit ihr sprechen. Du hast gelernt wie ein Tier zu denken und man gab dir auch desgleichen Geschick. Doch dein Ehrgeiz fand keine Ruhe und aus ihm wurde unstillbare Gier. Du hast meinen Hirsch erlegt Aktaion. Du wusstest doch, dass es ein göttliches Geschöpf war, aber du warst blind und selbst bei den reinen Nymphen gelang es dir nicht Abstand zu wahren. Aus Stark wird Schwach, Aktaion.“
Die Hunde wichen kläffend zurück. Eis hatte seine Ohren angriffslustig angelegt.
„Es tut mir Leid, Aktaion.“
Artemis lächelte reumütig, als sie den einen Finger und schließlich die ganze Hand zurückzog. Sie drehte sich um und ging wieder zurück in den See. Der Jäger blickte sie immer noch an, als habe er ihre Worte nicht gehört, als hätte sich der Anblick ihrer Nacktheit wie ein lauterstickender Schleier über ihn gelegt.
Erst, als ein erstes Ziehen seine Muskeln zusammenzucken ließ, konnte er seinen Augen von der Göttin losreißen. Verwirrt blickte er sich um, dann durchfuhr ihn ein zweiter Muskelkrampf und bevor er weiter darüber sinnen konnte, was mit ihm geschah, zogen sich die Muskeln derart krampfartig zusammen, dass sich sein Körper in der Mitte beugte und er wie ein Tier auf allen Vieren über den Waldboden taumelte. Treis und Duo begannen zu bellen, als die Haut ihres Herren die Färbung wechselte und überall feine, braune Haare sprossen. Aktaions Kopf verformte sich und seine Füße und Hände wandelten sich zu grauen Hufen. Der Mensch, der er einmal war, schien nur noch eine weit entfernte Erinnerung zu sein, als ein stechender Schmerz seinen Kopf durchfuhr. Zu beiden Seiten wuchsen Hörner aus seinem Schädel, die sich immer weiter verzweigten, bis sie zwölf Enden bildeten, auf denen die Blicke der Hunde wie magisch hafteten. Die Augen des abgetrennten Hirschkopfes blickten höhnisch auf die Szenerie, die sich ihnen darbot. Aktaion verwandelte sich in das, was er gejagt hatte. Nach wenigen Sekunden hatten sich die letzten menschlichen Formen aufgelöst und sich neu zusammengefunden.
Dann, plötzlich, verschwanden alle Schmerzen und die Muskeln entspannten sich, als sei nichts gewesen.
Aktaion schwenkte seinen Kopf hin und her, um zu sehen was um ihn herum geschehen war. Unheimlich schwerfällig kam ihm jede Bewegung vor, denn das Tragen eines mächtigen Geweihs war ihm bis zu diesem Zeitpunkt und auf diese Weise noch nicht vergönnt gewesen.
Aktaion erkannte nicht, zu was er geworden war, bis er die gierigen Blicke seiner eigenen Jagdhunde sah, die sich unverwandt auf ihn richteten.
Er folgte ihnen und sah seine Füße, die nun Hufen waren. Er spürte einen Schwanz, dort wo zuvor sein Rücken endete. Arme hatte er keine mehr, aber Beine zwei zuviel.
Dann sprang Eis als erster auf ihn zu. Duo folgte. Diese Reihenfolge kannte Aktaion zu gut und er wusste, wie das Schauspiel enden würde. Die Katharsis erfolgte in seinem Stück am Ende der Aufführung, als Treis und Tessares auf seinen Rücken sprangen und ihre Zähne tief in das Hirschfleisch trieben.