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Alles für die Katz'
Auf der sonnigen Wiese tummelten sich viele Kinder, wie an einem solchen Sommertag üblich. Das Gras war frisch geschnitten und verbreitete einen angenehmen Duft von Natur. Sie lag inmitten der spielenden Jungen und Mädchen und genoss die warmen Strahlen, den klaren Anblick des wolkenlosen Himmels. Hier hielt sie sich öfter auf, um der stressigen Umgebung der bewohnten Gebiete zu entgehen und in Ruhe ihre Zeit zu genießen. Ab und zu fuhr eine leichte Brise durch ihr Haar, welches sie daraufhin wieder sorgfältig glatt strich. Ihr unbekümmertes Wesen ließ sie alles um sie herum vergessen, es geschah nicht selten, dass sie sogar einschlief. Wenn sie dann wieder wach wurde, begab sie sich auf einen Streifzug durch die Nachbarschaft, wo es immer etwas zu erkunden gab.
Eines der ersten Häuser in einer langen Reihe bestand momentan nur aus einem Fundament und einigen Gerüsten. Vor wenigen Wochen hatte an dieser Stelle noch ein altes, verlassenes Herrenhaus gestanden, worin sie sich ebenfalls immer gern aufgehalten hatte, doch dieses hatte man abgerissen, um Platz für das junge Liebesglück zu machen, welches diesen Ort nun als gemeinsames Zuhause auserkoren hatte. Täglich versammelten sich viele Handwerker um das zukünftige Eigenheim herum, alle beschäftigt mit den verschiedensten Arbeiten. Es herrschte also ein reges Treiben, ganz im Gegensatz zu der Zeit, als das damalige Haus noch verlassen dastand. Langsam schlich sie näher an die Personen heran, um sie etwas besser beobachten zu können. Einer der Männer kümmerte sich darum, dass alles seine Ordnung hatte und bestimmte, was die anderen zu tun hatten. Selbstverständlich fügte man sich seinen Anordnungen, wie es nunmal üblich ist. Einer musste sich um die Beschaffung der Zementsäcke kümmern, während es die Aufgabe eines anderen war, die entsprechende Maschine zu betreiben. All dies wurde gleichzeitig auch von den jungen Bauherren beobachtet, beide voller Glück und Hoffnung. Wenige Meter weiter befand sich eine Person im Blaumann, welche sich an der Außenwand des Nachbarhauses zu schaffen machte. Es war der Elektriker. Er hatte anscheinend Probleme mit seiner Arbeit, welche ihm aufgrund seines sichtbar fortgeschrittenen Alters immer mehr Sorgen bereitet. Doch sobald jemand einen Defekt zu beklagen hatte, war er zur Stelle. Man war froh, ihn zu kennen und es war immer eine große Erleichterung, die Arbeit auf ihn übertragen zu können. Man selbst hatte ja nie Zeit.
Mit den angrenzenden Treppen war sie an ihrem Ziel angekommen. Sie schlenderte durch die offene Hintertür, welche vom Garten in ihr vertrautes Zuhause führte. Drinnen war die gesamte Familie mit den verschiedensten Dingen beschäftigt. Im Wohnzimmer saß Vater am Arbeitstisch, wo er sich mit seinen wichtigen Kalkulationen beschäftige. Sein Terminkalender setzte ihn schon seit Langem unter Druck, weshalb er nicht gestört werden durfte. Immerhin galt es, Geld zu verdienen, was natürlich für alle von enormer Bedeutung war. Man wollte anständig leben. Etwas weiter, an ihrem eigenen Schreibtisch, beschäftigte sich seine Tochter mit ihren Schularbeiten. Sie grübelte schon länger über einer anscheinend komplizierten Rechenaufgabe, welche ihr umso mehr Kopfzerbrechen bereitete, da sie vermutlich bald abgefragt werden würde. Eigentlich wollte sie sich noch mit ihrem Freund treffen, das war nun aber leider nicht möglich. Dass er sich darüber nicht freute, war abzusehen. Doch die Schule war wichtiger als alles andere, so die bekannte Rede der Eltern. Warum verstand sie jedoch nicht. Die Mutter hielt sich währenddessen im Nebenraum auf, wo sie ihren täglichen Hausarbeiten nachging. Waschen, Bügeln - allgemein für Ordnung sorgen. Heute musste sie dabei besonders gründlich sein, da man später noch Besuch erwartete. Arbeitskollegen. Selbstverständlich musste dafür das gesamte Haus in bestem Zustand sein, um den Gästen auch etwas bieten zu können. Immerhin will man zeigen, was man hat.
Nachdem sie sich alle diese Begebenheiten angesehen hatte, verschwand sie kurzerhand in den Keller. Dort, vor dem Eingang zur Speisekammer, standen ein Schälchen Milch sowie ein gemütlicher Strohkorb zum Schlafen bereit. Sie streckte ihre Zunge kurz in die gefüllte Schüssel, bevor sie sich auf das weiche Kissen legte, mit welchem der Korb ausgelegt war. Dann schloss sie langsam die Augen und schlief schnurrend ein. Sie war absolut zufrieden.
23. April 2004