Was ist neu

Alles so wie immer

Mitglied
Beitritt
06.11.2004
Beiträge
8
Zuletzt bearbeitet:

Alles so wie immer

Alles so wie immer


Sie hatte keine Ahnung, was für ein Tag heute war und es interessierte sie auch nicht wirklich. Er würde ablaufen wie all die anderen Tage in der letzten Woche, im letzten Monat, im letzten Jahr und morgen würde sie sich vermutlich sowieso an nichts mehr erinnern, so wie es in der letzten Woche, im letzten Monat und im letzten Jahr gewesen war. Manchmal war sie sich nicht einmal mehr sicher, ob sie überhaupt noch lebte oder ob ihr Körper nicht irgendwo zwei Meter unter der Erde verweste, während ihr Geist in einer Art Hölle oder vielleicht auch im Himmel umherwandelte.

„Los komm schon,“ rief John ihr zu und ging die vier Stufen zum Underground Club hinunter. Mehr oder weniger Herr über ihre Beine und ihren Gleichgewichtssinn folgte sie ihm. Sie war noch nicht wirklich betrunken, aber auf dem bestem Weg dahin. Nachdem sie die schwarze Tür mit den tausenden von Flyern und die beiden Türsteher Bud und Doyle passiert hatte, umhüllte sie rauchgeschwängerte Luft, ohrenbetäubende Musik und Menschen, die sich gegenseitig anrempelten, verführten oder zu tanzen versuchten, so wie jede Nacht. Als erstes bahnte sie sich den Weg zu den Klos. Es war tatsächlich auch eins frei und während sie pinkelte, fiel ihr Blick auf den roten Turnschuh der unter der Trennwand zum Nachbarklo hervorlugte. Im gleichen Augenblick begann jemand nebenan zu würgen. Shelly war nicht daran interessiert, herauszufinden, ob der Besitzer des Turnschuhs in der Lage sein würde, das Becken zu treffen, daher verließ sie lieber so schnell wie möglich diese Kloake. Nach einem Abstecher zur Bar und der Begutachtung der Anwesenden machte sie sich auf die Suche nach John. Gelangweilt auf den Stufen zur Mansarde sitzend, fand sie ihn. Sein Gesichtsausdruck, welcher noch vor einer Stunde die pure Lebensfreude ausgedrückt hatte, war in absolutes Desinteresse und Unmut umgeschlagen. Sie fühlte sich genauso, wie er aussah.
´Warum komme ich eigentlich immer wieder hierher?´ fragte sich Shelly. ´Noch vor zwei Tagen habe ich hier gesessen und mir gesagt, daß ich das nicht brauche. Ich kann mich selbst genug hassen und beschissen fühlen, ich brauche nicht noch andere Leute dafür´.
„Los John, laß uns wieder abhauen. Was wollen wir eigentlich hier? Jede Nacht die gleiche Scheiße,“ schrie Shelly und versuchte die Musik, die der gleiche Mix aus Crossovernewmetalscheiße und Chartmucke wie jeden Abend war, zu übertönen.

Doch John hörte ihr nicht zu. Audrey, die Schlampe Nummer eins aus dem Viertel, steuerte geradewegs auf ihn zu und Shelly wußte, was jetzt abgehen würde. Angewiedert und genervt stand sie auf und überließ John seinem vorhersehbarem und unabwendbarem Schicksal. Sie grüßte ein paar Leute, tauschte ein paar Floskeln aus und langweilte sich.

Vielleicht sollte sie einfach nach Hause gehen. Aber bei dem Gedanken an ihre leere Wohnung verwarf sie die Idee sofort wieder. Sie hatte die Schnauze dermaßen voll. Klar ging es anderen Leuten wesentlich beschissener und klar gab es auch immer mal wieder Momente, in denen sie das Leben genoß, aber wann war das das letzte Mal so gewesen? Sie war gerademal 23, aber sie hatte das Gefühl, hundert Jahre älter zu sein und das nichts neues mehr in ihr Dasein treten würde. Sie hatte ihre Hoffnungen irgendwo zwischen einem Bier und einem Tequila verloren. Wie schon so oft überkam sie der Drang, zum Bahnhof zu fahren, in irgendeinen Zug zu steigen und einfach abzuhauen. Aber wie immer fehlte ihr der Mut dazu. Sie redete sich zwar ein, daß es woanders auch nicht besser sein würde mit ihr und ihrer Einstellung zum Leben, insgeheim wußte sie jedoch, daß sie einfach nur zu feige war. Es nervte zwar, hier immer und immer wieder mit den gleichen Leuten rumzuhängen, aber es waren nun einmal ihre Leute. Und irgendwo hatte sie sie ja schließlich auch in ihr Herz geschlossen.

„Hey Shelly, na was läuft ab? Bei Danny steigt heut `ne Party. Steve und ich wollen mal rüber fahren und gucken, was da so los ist. Hast du Lust mitzukommen?“
Shelly warf ein Blick zu John und sah gerade noch, wie er mit Audrey im Arm Richtung Klos schwankte. Sie zuckte mit den Achseln und verließ mit Steve und Tom den Club.

Zwanzig Minuten später und zwei Bier weiter saß sie bei Danny auf dem Balkon und hörte gelangweilt den Gesprächen der anderen zu, die sich um die gleichen Geschichten, Themen und Typen drehten wie immer: Audrey war eine dumme Schlampe, irgendwo gab es wieder Krieg, Aaron hatte seinen Job verloren, weil er bekifft irgendeinen Mist verzapft hatte, Eik saß mal wieder im Knast und so weiter und so weiter. Ihr Handy klingelte.
„Ja?“
„Hey hier ist John. Wo steckst du?“
„Ich bin bei Dannys Party.“
„Hättest ja ruhig mal Bescheid sagen können, daß du abhaust. Naja egal, ich bin bei Audrey. Vielleicht komme ich noch nach.“
„Ich weiß nicht, wie lange ich noch bleibe. Irgendwie bin ich heute nicht so gut drauf. Falls wir uns nicht mehr sehen sollten, dann spätestens übermorgen bei dem Konzert, okay?“ Eigentlich verspürte sie wenig Lust, auf dieses Konzert zu gehen. Die meisten ihrer Freunde spielten in irgendwelchen Bands und hatten ab und zu auch mal Gigs. Am Anfang war das ja noch spannend gewesen. Man stellte sich vor, daß man die Jungs eines Tages auf MTV sehen würde oder so. Aber jetzt war es nur eine weitere Wiederholung in ihrem Leben. Sie kam sich schon wie ein Scheißgroupie vor, weil sie bei jedem Scheißkonzert dabei war und sich die gleichen Scheißlieder immer wieder anhörte.
„Ja, in Ordnung. Was ist denn bei Danny los? Wer ist da?“
„Die üblichen. Alles so wie immer.“
„Na gut, also dann sehen wir uns spätestens zum Konz.“
„Ja, alles klar. Mach`s gut John.“
„Shelly?“
„Ja?“
„Ist alles in Ordnung mir dir? Du klingst irgendwie deprimiert.“
„Mach dir keine Gedanken, mir geht es gut.“
„Okay, also dann Ciao.“
„Ciao.“

Eigentlich war gar nichts gut. Schon seit einigen Tagen, vielleicht schon immer, fühlte sich Shelly einfach nur noch ausgebrannt und leer. Sie lief herum wie ein Gespenst, mit sich und der Welt unzufrieden. Aber wenn sie jemand gefragt hätte, was denn eigentlich nicht in Ordnung war, wäre sie um eine Antwort verlegen gewesen.
Ihr Bier war alle und sie beschloß zu gehen, was gar nicht so einfach war, da Chris sie entdeckt hatte und nun versuchte, sie in ein Gespräch zu verwickeln.
„Shelly, Shelly, allerliebste Shelly. Ist das nicht eine tolle Nacht? Ich könnte die ganze Welt umarmen. Hast du das schon von Aaron gehört? Echt krasse Geschichte. Du willst doch nicht schon abhauen, oder? Der Spaß geht doch jetzt erst los.“
Wahrscheinlich war er auf Koks oder irgendwas. Sie überlegte kurz, ihn nach einer Line oder einer Pille zu fragen, überlegte es sich dann aber doch. Sie wollte hier weg. Sie lächelte wenig überzeugend und schob sich an Chris vorbei.
„Sorry Chris, aber ich habe noch etwas zu erledigen. Vielleicht komme ich nochmal wieder.“

Auf der Straße fragte sie einen Typ nach einer Kippe und blieb unschlüssig stehen. Wo wollte sie eigentlich hin? Carrie kam ihr in den Sinn und sie beschloß, bei ihr vorbeizugehen. Ihre Stimmung war am Tiefpunkt angelangt und Carrie hatte immer so eine Art, einen wieder aufzubauen. Carrie. Die hatte ihr Leben im Griff. Sie hatte einen Job, einen Freund, der nicht bloß so ein saufendes, kiffendes Arschloch war und ein Kind war auch schon in Planung. Sie hatte gewußt, wann es Zeit gewesen war, ihr Leben in die Hand zu nehmen, sie hatte den Absprung noch rechtzeitig geschafft. Früher hatte Shelly sie dafür bemitleidet, daß sie sich für ein angepaßtes Leben entschieden hatte, aber heute war sie sich nicht mehr so sicher, wer bemitleidet werden sollte und wer nicht. Auf jeden Fall hatte Carrie ihre alten Freunde nicht vergessen.

Bewaffnet mit einer Flasche Wein von der Tanke um die Ecke klingelte sie bei Carrie.
„Shelly, na gibt`s dich auch noch? Du warst schon lange nicht mehr hier. Los komm rein.“
Shelly folgte ihr durch den ungefähr zehn Meter langen Flur in das geräumige und modern eingerichtete Wohnzimmer und mußte unwillkürlich an ihre eigene Bruchbude denken.
„Ben ist nicht da. Er besucht seinen Bruder. Ich wär ja auch mitgefahren, aber auf der Arbeit ist gerade die Hölle los und ich hab nicht frei bekommen. Und wie geht `s dir so?“
Am liebsten wäre Shelly in Tränen ausgebrochen, aber sie riß sich zusammen. Sie wußte selbst nicht warum.
„Das Übliche. Mal hier, mal da. Feste feiern. Du weißt schon.“
„Ja, ich weiß schon,“ sagte Carrie und Shelly hatte das Gefühl, als würde sie einen mißbilligenden oder zumindest enttäuschten Unterton heraushören. Auf einmal fühlte sie sich nicht mehr wohl in ihrer Haut. Warum war sie hergekommen? Carrie lebte schon längst ihr eigenes Leben, sie schien glücklich zu sein. Was erhoffte sie sich, hier zu finden? Sie hatte so viele Gespräche mit Carrie geführt, aber war sie wirklich verstanden worden oder hatte ihr auch nur ein Gespräch etwas gebracht? Wenn sie genauer darüber nachdachte, konnte sie sich eigentlich kaum an die Inhalte dieser Gespräche erinnern. Sie hatte sich schon immer unverstanden gefühlt, sie verstand sich ja noch nicht einmal selbst. Und immer nur von dem Glück anderer zu leben, war auf die Dauer keine wirkliche Befriedigung. Konnte überhaupt irgendein Mensch auf der Welt wirklich glücklich sein oder einen anderen Menschen verstehen? War sich letztendlich nicht immer jeder selbst der nächste? Die meisten Menschen lebten doch einfach nur und versuchten eben das beste für sich herauszuholen und die Gedanken, die sie möglicherweise quälten, stellten sie ab oder ignorierten sie. Aber machte man sich damit nicht nur selbst etwas vor? Sollte der Sinn des Lebens darin bestehen, daß man sich immer nur davon ablenkte? Shelly hatte das auch versucht. Früher hatte sie den Scheiß geglaubt, daß man alles erreichen konnte, wenn man nur hart genug dafür kämpfte. Mag sogar sein, daß das wirklich stimmte, wenn man aber nicht weiß, wofür man eigentlich kämpfen soll und wenn man sieht, daß letztendlich eh alles für die Katz ist und Glück und Frustration sehr dicht beeinander liegen, dann resigniert man schnell. Sie hatte sich in das Leben anderer geflüchtet, in Bücher und Filme. Sie war gereist, hatte versucht sich weiterzubilden. Später kamen die Drogen, alles was es da so gab, aber nichts hatte ihr wirkliche Befriedigung verschafft, nichts hatte die fragenden Stimmen in ihrem Kopf zum verstummen gebracht. Und irgendwann hatte sie es einfach aufgegeben.
Das alles hätte sie Carrie gern erzählt. Aber sie hatte das Gefühl, daß es nichts bringen würde. Carrie würde verständnisvoll nicken, ein paar philosophische Weisheiten vom Stapel lassen und das Thema wechseln.
Es war ungerecht, so von Carrie zu denken, aber was soll`s. Sie mußte hier weg.
„Carrie, es tut mir leid, aber mir ist gerade eingefallen, daß ich mit Ryan verabredet bin. Du kennst doch Ryan, oder? Tut mir leid. Hier, ich laß dir den Wein da. Ich meld mich mal wieder, okay?“
Carrie hatte einen traurigen Ausdruck in den Augen, als sie die Tür hinter Shelly schloß.

Draußen mußte sie kotzen.
Der Typ in der Tanke sah sie herablassend an, als sie sich erneut mit einer Flasche Wein und einigen Flachmännern versorgte. Das Geld, das sie heute morgen geklaut hatte, war so gut wie aufgebraucht, dabei hatte es sie doch über die nächsten Tage bringen sollen.

Sie stand auf der Langen Brücke, von der man die Aussicht über die ganze Stadt genießen konnte. Sie blickte auf die vielen Lichter und versuchte sich vorzustellen, was die ganzen Menschen dort unten wohl gerade taten, dachten, sagten. Die Stille um sie herum machte ein Geräusch wie tausend leise Stimmen, die niemand hören kann außer sie selbst, so daß sie zum Übersetzer für die ganze Menschheit wird. Nur das es niemanden interessierte. Mit jeder Minute fühlte Shelly sich verwirrter. Sie befand sich zwischen allen Stühlen sitzend im Jetzt, welches unerträglich war, dem bittersüßen Erinnern an das, was einmal gewesen war und der traurigen Erkenntnis, daß das was die Zukunft bereithielt, ebenso unerträglich sein würde, wie das was gerade war. Endlich ließ sie ihren Tränen freien Lauf.
„Warum heulst`n?“
Shelly fuhr erschrocken zusammen. Auf der anderen Straßenseite entdeckte sie einen zusammengekauerten Penner mit einer Flasche des billigsten Fusels in der Hand. Er prostete ihr zu. Sie bildete sich ein, selbst auf diese Entfernung die Dunstglocke aus Alkohol, Pisse und Schweiß die ihn umgab, riechen zu können. Unwillkürlich dachte sie, egal was auch passiert, so werde ich nicht enden.
„Was hast`n für`nen Grund zu heulen, he? Wahrscheinlich hat dein Freund dich versetzt oder wie?“ Sein Lachen ging in einen trockenen Husten über.
„Ihr jungen Leute rennt alle rum wie kopflose Hühner. Alles liegt euch zu Füßen, aber anstatt`s euch zu nehmen, trampelt ihr drauf rum und heult dann drüber. Imma sind die andern Schuld, wie? Nimm`n Kopf aus´m Arsch und leb dein Leben als rumzuheuln. Siehst de mich velleicht rumflenn`?“ Der Penner unterbrach seinen Redeschwall, als einer seiner Saufkumpane auf ihn zugesteuert kam.
„Da bist`de ja wieda. Ich dacht` schon, kommst gar nicht mehr wieda. Ich unterhalt` mich grad mit der Heulsuse da drübn.“
„Hast de schon wieder Hallus oder wie?“
„Sie war grad noch da. Genau da drübn. Auch egal. Hast de Kippen?“

Es war mittlerweile fast ein neuer Tag angebrochen. Shelly irrte immer noch ziellos durch die Straßen. Hin und wieder warf sie einen unbehaglichen Blick zu den dunklen Fenstern, die wie tote Augen auf sie herunter zu starren schienen. Sie war diese Straße schon tausendmal entlang gegangen und doch konnte sie sich im Moment an kein einziges Mal erinnern. Sie war mittlerweile ziemlich betrunken und es fiel ihr schwer, das Gleichgewicht zu halten. Irgendwo hörte sie jemanden ein Lied lallen und dieses hoffnungslose Geräusch ließ sie ihre Einsamkeit noch stärker empfinden. Wie konnte man auf einem Planeten, auf dem über 10 Milliarden Menschen oder wieviel auch immer lebten, eigentlich einsam sein?
In diesem Moment legte sich eine Hand auf ihren Mund und sie wurde unsanft in einen Toreingang gezogen.
„Halt ja die Klappe, verstanden?“ sagte der Typ mit der Pistole zu ihr. Shelly nickte. Ein Teil ihres Verstandes registrierte am Rande, daß sich ihre Blase entleerte. Der Typ drängte sie in die Ecke, preßte die Pistole in ihren Bauch und nahm die Hand von ihrem Mund.
„Los, gib mir alles, was du hast. Mach schon.“
Mit zitternden Händen begann Shelly ihre Taschen auszuleeren. Von einer Sekunde auf die andere war sie nüchtern und ihre Sinne schienen geschärft zu sein wie die eines Raubtiers. Sie hörte die lallende Stimme des Betrunkenen, die sich langsam entfernte und das Zwitschern der Vögel, die sich daran machten, den neuen Tag zu besingen. Es war noch nicht wirklich hell, aber auch nicht mehr dunkel. Der Wechsel zwischen Nacht und Tag nahm langsam aber sicher seinen Lauf. Es war die Stunde der Schatten. Sie sah in die Augen des Angreifers und erkannte in ihnen mindestens genausoviel Angst wie sie in sich selbst verspürte. Sie wollte nicht sterben. Nicht jetzt, nicht hier und nicht so. Oft hatte sie sich vorgestellt, ja sogar gewünscht, daß so etwas passieren würde. Zum Selbstmord hatte sie nie den Mut gehabt. Aber jetzt wollte sie leben. Es war, als hätte ihr jemand eine sehr dunkle Sonnenbrille von den Augen genommen. Klar, sie war in die Traurigkeit verliebt und oft unzufrieden, wahrscheinlich jedoch nur, weil sie einfach zu feige zum Leben war. Sie hatte immer die Starke gespielt, die Nachdenkliche, die Hinterfragende. Aber das war alles nur Fassade gewesen, hinter der sich ein kleines Mädchen versteckte, das an die Hand genommen werden wollte, um die Achterbahn zu fahren, weil sie allein sich nie getraut hätte.
„Das ist alles? Verdammte Scheiße. Nichts klappt in dieser beschissenen Stadt und auf dieser beschissenen Welt. Hast du `ne Kreditkarte oder sowas?“
Shelly schüttelte den Kopf. „Es tut mir leid. Mehr habe ich nicht. Bitte tu mir nichts. Kann ich nicht einfach gehen?“
Der Angreifer schien nachzudenken.
„Also gut. Ist dein Glückstag heute. Mach das du verschwindest.“ Er machte eine richtungsweisende Bewegung mit der Pistole die Straße hinunter, als sich der Schuß löste.
„Scheiße, verdammte Scheiße.“ Er beugte sich zu dem Mädchen hinunter. Er hatte ihr bestimmt nichts tun wollen. Sie lehnte in der Toreinfahrt an der Wand und sah völlig zufrieden aus, als würde sie schlafen und etwas schönes träumen. Das friedliche Bild wurde jedoch durch die sich ausbreitende Blutlache Lügen gestraft.
„Scheiße.“ Er stand noch einen Moment unschlüssig herum, dann drehte er sich um und verschwand in der Dämmerung des neuen Tages.

Es war gar nicht so schlimm, wie sie immer gedacht hatte. In dem Moment als sie den Schuß hörte, spürte sie eine Ruhe über sich kommen, nach der sie sich die ganze kurze Zeit ihres Lebens gesehnt hatte. Sie hatte nicht einmal wirklich Schmerzen. Es war schade, daß es so enden mußte. Sie blickte zurück auf ihr Leben, und sie war sich bewußt, daß sie vieles hätte anders machen sollen oder können. Hinterher war man immer schlauer. Sie hatte aber auch viele schöne Erinnerungen vor Augen. Alles in allem war es doch gar nicht so schlecht gewesen. Und vielleicht bekam sie ja noch eine Chance?

 

hi elmci und herzlich willkommen! :)

Deine Geschichte hat mir eigentlich gut gefallen. Du hast großteils eine sehr flüssige Art zu schreiben, die sich angenehm liest. Die Geschichte erscheint durchdacht.
Inhaltlich ähnelt sie vielen Geschichten hier, die das Thema saufen, Drogen haben - Stilistisch ist sie am oberen Ende angesiedelt, meiner Meinung nach.
Auch der Schluss hebt sie hervor. Die Gedanken der Prot fügen sich mE gut in den Text ein. Warum haben die Leute grundsätzlich englische Namen?

Gelangweilt auf den Stufen zur Mansarde sitzend, fand sie ihn.
diese Satzkonstruktion gefällt mir weniger und erscheint mit auch missverständlich.

die Musik, die der gleiche Mix aus Crossovernewmetalscheiße und Chartmucke wie jeden Abend war, zu übertönen.
dass es dasselbe ist wie jeden Abend betonst Du anfangs so oft, ein paarmal könnte man darauf verzichten. ;) Hier kommt dabei noch dazu ein recht langer Einschub dabei heraus, der mE den Satz unübersichtlich und holprig werden lässt.

Sie hatte gewußt, wann es Zeit gewesen war, sein Leben in die Hand zu nehmen,
ihr Leben
„Scheiße, verdammte Scheiße.“ Er beugte sich zu dem Mädchen hinunter. Er hatte ihr bestimmt nichts tun wollen.
Empfinde ich als unangebrachten Wechsel der Perspektive, zudem wirkt es etwas umgangssprachlich (den 2. Satz meine ich)

schöne Grüße
Anne

 

Hallo Anne,
ich danke für die erste Kritik. Ich wähle i. d. R. englische Namen für meine Figuren aus, da sie mir sprachlich einfach besser gefallen. Dabei muss ich gestehen, dass ich sie oftmals Filmen entnehme. Für Figuren die wichtig für die Handlung und mir sympathisch sind, verwende ich Namen aus Filmen, die ich mag. Umgekehrt verwende ich oft für Nebenfiguren oder unsympathische Protagonisten Namen aus Filmen, die ich schlecht finde. Ist so eine Tradition bei mir. Einige Namen basieren auch auf Freunden, die deshalb nicht unbedingt als Vorlage für die Geschichte dienen müssen.
Zu dem letzten Zitat möchte ich anmerken, dass es mir wichtig erschien, zu zeigen, dass es dem "Angreifer" nicht darum ging, einen Mord zu begehen. Er ist genauso unzufrieden und verloren wie Shelly und dieses Erlebnis wird seinen Seelenzustand nicht unbedingt verbessern, aber vielleicht zu einem Überdenken seiner Lage führen.
Die anderen Hinweise werde ich überdenken u. ggf. Änderungen vornehmen.

Gruß Cindy

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom