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Alles was war

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12.04.2003
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Alles was war

Die Odyssee und die Lieder des Sieges und der König heißt Ödipus und Iphigenie ist bei der Taurern und unter den Wolken gibt es ein Gastmahl und Gespräche der Götter.

Und die Dinge haben eine Natur und die Hirten haben Gedichte und überall sind Metamorphosen und Bekenntnisse.

Und der Roland singt sein Lied und Die Troubadoure singen auch und die Komödie ist göttlich und der Roland ist rasend und das Jerusalem ist befreit.

Und Don Quijote hat seine Einsamkeiten. Und der Spötter von Sevilla hat einen Gast aus Stein. Und der Prinz ist auch aus Stein. Und sie alle wissen, das Leben ist ein Traum.

Und das Testament ist groß und der Durst von Pantagruel und Gargantua ist groß und die Maxime des eingebildeten Kranken ist es Feind der Menschen zu sein. Und Jakob und sein Herr legen Bekenntnisse ab über gefährliche Liebschaften.

Und Hamlet und Macbeth und König Lear, sie träumen in einer Sommernacht vom Sturm. Robinson verliert das Paradies und Gulliver macht Clarissa einen bescheidenen Vorschlag, eine sentimentale Reise zu unternehmen.

Und Simplizissimus ist abenteuerlich und Nathan ist weise und Werther ist jung und ballt die Faust in seinen Flegeljahren. Am Schluss zerbricht der Krug.

Und Moby Dick ist auf Sturmhöhe. Und Grosse Erwartungen bringen Stolz und Vorurteile und Alice wundert sich über den abenteuerlichen Huckleberry. Und die Verlobten lauschen den Gesängen der Grashalme und drehen Schrauben.

Und Der Mantel und die Nase bleiben im Kirschgarten, und es ist Krieg und es ist Frieden und Verbrechen wird bestraft.

Und Rot und Schwarz ist der Bauch von Paris, und da gehen Illusionen verloren und die Blumen des Bösen wachsen darin.

Und die Wildente spielt im Traum und hat Hunger.

Und der Mann ohne Eigenschaften und die Mutter Courage und ihre Kinder führen den Prozess der Menschheitsdämmerung.

Und der Bauer von Paris ist auf der Suche nach der verlorenen Zeit und findet den Ekel.

Und Ulysses und Finnegan sitzen im wüsten Land und schauen auf die Wellen voller Schall und Wahn und warten auf Godot.

Und der Meister und Margarita sitzen am fahlen Feuer und haben Reiterarme.

Und der Aufenthalt auf Erden sind hundert Jahre, hundert Jahre Einsamkeit.

 

Bis auf "ich studiere vergleichende Literaturwissenschaft" konnte ich dem Text nichts entnehmen. Das kann aber auch an meinem Nichtwissen oder der späten Stunde liegen.

 

Ja, den inflationären Missbrauch des armen Bindewortes würde ich ankreiden wollen.
Als Literaturliste interessant, als Text enthält er hauptsächlich leckere Formulierungen, die natürlich wieder geklaut und neu komponiert wurden. Ist mir zu sehr um die Idee herum geschichtet.

 

Hi Harkhov,

ganz schön deprimierend. Auch wenn die Positiva in den Bildern an jeder Ecke lauern, sind es die fremden Abenteuer, die erdachten großer Geister, festgehalten zwischen zwei Pappdeckeln, Leben aus der Fantasieretorte. Und das "und" macht aus diesem Instantleben, welches sich an fremden Abenteueren weidet eine Litanei der Langeweile (nicht textlich).
Am Ende bleiben 100 Jahre fremdgelebtes Leben, hundert Jahre Einsamkeit, und selbst die noch nur auf Papier.

Mir hat der Text gut gefallen

Dir einen lieben Gruß, sim

 

Hallo Harkhov,

mir hat folgender Satz am besten gefallen:

Und die Dinge haben eine Natur und die Hirten haben Gedichte und überall sind Metamorphosen und Bekenntnisse.

Dass Dinge eine Natur haben, klingt ziemlich altmodisch. Heute erscheinen uns Dinge vor allem als gegeben. Dass Hirten Gedichte haben, ist eine romantische Vorstellung. Vielleicht schon im Altertum. Heutzutage gibt es ja in Deutschland auch nur noch wenige Hirten.

Dass überall Metamorphosen sind, und Bekenntnisse, klingt ebenfalls heute seltsam. Im Imperfekt klänge es wahrscheinlicher: Griechischunterricht ist selten geworden. Die Bekenntnisse sind vielleicht die des Augustinus?

Grüße,
Stefan

 

@zaza: hmmmm.

@sim: besten dank für deine einfühlsame interpretation. hmm etwas ähnliches hatte ich sogar im kopf als ich mich zu diesem text entschloss. als der text dann fertig war hatte ich aber das gefühl dass es nur ein kleines plumpes experimentchen ist. schön wenn der text doch etwas bietet.

@leixoletti:
da hast du text gelesen, als wäre er nicht zusammengeklaut wie sau. hm natürlich dass dann die sätze etwas ungewöhnlich oder gar problematisch sind.

 

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