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Als Harte Schale ewig leben wollte...

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25.08.2004
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Als Harte Schale ewig leben wollte...

„So ist das Leben“, sagte Starker Wind mit klarer Stimme. „Irgendwann muss jeder Bethu zerfließen.“ Er streichelte Harte Schale liebevoll über den zierlichen Rücken.
„Aber ich möchte nicht, das du zerfließt“, hauchte er dem alten Bethu entgegen und kuschelte sich ganz dicht in seine Brutfalte. Er kannte Starker Wind, seit er aus seinem Ei geschlüpft war. Und er mochte ihn von allen Alten im Kindergehege am liebsten.
„Auch ich möchte gern weiter leben und noch viele Sonnenläufe lang Eier ausbrüten und Kinder erziehen. Aber unsere Zeit ist begrenzt. Wir schlüpfen aus dem Ei, werden groß und gehen unserer Arbeit nach. Irgendwann sind wir alt und gehen ins Kindergehege, um uns um die Jungen des Clans zu kümmern. Am Ende zerfließen wir dann.“
Harte Schale schniefte lautstark und krümmte seinen zitternden Körper eng an den Alten, bis er irgendwann traurig einschlief. Starker Wind strich über seinen kleinen, weichen Kopf und sah hinaus zu den nahen Sümpfen. Langsam wich die Flut zurück und hinterließ schwarzen Schlick und Sand. Eine salzige Brise wehte über das flache Ufer.
Drei Diktomen später erzählte Starker Wind gerade die Geschichte, wie er als junger Bethu in die heiligen Berge gereist war, um dort die sieben Prüfungen eines Borth abzulegen. Er war gerade an der Stelle angelangt, das Felsen-Labyrinth zu durchqueren, als er zerfloss. Sein Körper zuckte unkontrolliert und seine Flüssigkeitspumpen versagten den Dienst. Die Haut spannte sich, zerriss unter dem Druck und Starker Wind verlor seinen Lebenssaft. Sein toter Körper sackte zu einem Haufen Fleisch zusammen und rührte sich nicht mehr.
Die Kinder zerstreuten sich und gingen zu einem anderen Alten, um seine Geschichten zu hören. Harte Schale aber begann lautstark zu weinen. Er kuschelte sich eng an die Überreste des toten Bethu, bis die Metzger kamen. Sie zerschnitten das Fleisch und nahmen es mit zu den Vorratsbehältern.
„Er war alt, sein Leben war zuende“, versuchte Bebende Erde den Kleinen zu trösten. „Du darfst dich nicht zu sehr an einen Alten binden. Sieh dir die anderen Kinder an. Sie haben Starker Wind bereits fast vergessen.“
Harte Schale schluckte bitter. Er würde Starker Wind niemals vergessen! Und darum hatte er für sich eine Entscheidung gefällt.
„Ich will das Kindergehege verlassen und Heiler werden!“, verkündete er Bebende Erde. Der Alte sah ihn lange an, bevor er nickte.
„Du bist noch jung. Aber wenn das wirklich dein Wunsch ist, werde ich dem obersten Heiler dein Anliegen vortragen. Damit er dich in seine Lehre aufnimmt.“
Sechs Sonnenläufe später verließ Harte Schale das Kindergehege.

*​

Harte Schale betrachtete den dampfenden Fleischhaufen. Es war noch nicht lange her, das dieser alte Bethu zerflossen war. Die Metzger waren gerade fort und hatten ihm das Fleisch nur überlassen, weil er ihnen den Lohn von fünf Diktomen dafür bezahlt hatte.
Niemand befand sich um diese späte Zeit sonst noch in der Halle der Heiler, ideale Vorraussetzungen also für das Vorhaben von Harte Schale. Er bildete mehrere Manipulatoren und zog den Fleischsack auseinander. Der Alte war kaum noch als Lebewesen zu erkennen, zu verzerrt waren seine Körpermerkmale durch die ausgelaufene Flüssigkeit. Aber Harte Schale wollte wissen, wie der Körper eines Bethu aufgebaut war. Welche Organe es gab und wozu sie dienten. Und vor allem – wieso ein Aussetzen der verschiedenen Flüssigkeitspumpen zum Tode führte, und ob das nicht auf irgendeine Art und Weise verhindert werden konnte.
Der Heiler-Lehrling sah sich um. Gut - niemand war hier, der ihn beobachtete und der ihn seines bevorstehenden Frevels wegen anklagen konnte. Natürlich wusste Harte Schale, das es unrecht war, einen Bethu zu untersuchen, ihn gar auseinander zu schneiden, um seine Organe näher zu betrachten. Das war einzig und alleine den ausgebildeten Metzger vorbehalten, und selbst die schnitten die toten Körper nur in gleich große Stücke und trockneten sie zum allgemeinen Verzehr. Sogar Heilern war es nicht gestattet innerhalb eines Körpers einzugreifen. Ihre Heilkunst beschränkte sich ausschließlich auf die Herstellung und äußere Anwendung verschiedener Tinkturen und Salben.
Harte Schale zerschnitt die schlaffe Außenhaut und öffnete den noch warmen Körper. Der Alte hatte Rauchiger Tag geheißen, er kannte ihn noch aus seiner Zeit im Kindergehege.
Zunächst öffnete der Heiler-Lehrling den Kopf des toten Bethu. Eine dicke Gewebeschicht schützte die empfindliche Hirnblase. Ein sackähnliches, transparentes Organ, in dem sich eine Vielzahl kleiner Fäden befand.
Als Harte Schale in die Blase stach, spritzte die unter Druck stehende Flüssigkeit heraus und verteilte sich über den Fleischberg. Ärgerlich schleckte er seine Manipulatoren ab und legte die schlaffe Haut beiseite.
Er zerteilte den restlichen Körper und legte nach und nach verschiedene Organe und Flüssigkeitspumpen frei. Auf den ersten Blick sah alles intakt und unversehrt aus. Dann entdeckte Harte Schale ein tiefliegendes und sehr großes Pumpenorgan. Es war der Länge nach aufgerissen und offensichtlich nicht mehr funktionstüchtig.
„Diese Flüssigkeitspumpe muss versagt und so den Tod ausgelöst haben.“, murmelte er nachdenklich. Nur, warum war das geschehen?
Harte Schale legte eine Reihe feiner Muskeln frei, die um das Pumpenorgan herum verteilt waren. Auch diese sahen unversehrt aus. Er öffnete die aufgerissene Pumpe und entdeckte eine Art Stift, der sich im Inneren befand und dort hin und her rutschte. Er sah nicht so aus, als ob er dorthin gehörte und schließlich fand Harte Schale am oberen Teil der Pumpe ein kleines Loch, in dem der Stift gesessen haben musste. Die dahinter sitzende Verankerung war losgerissen. Hatte sich der knorpelige Stift von der Verankerung gelöst und war ins Innere der Pumpe gelangt, wo er deren Funktion behinderte, bis sie schließlich versagte? War es das, was den Tod eines Bethu auslöste? Harte Schale war sich fast sicher. Nur konnte er sich nicht erklären, aus welchem Grund sich der seltsame Stift löste. Ob sich das Gewebe mit zunehmendem Alter zersetzte? Nein, dachte er. Nirgendwo hatte er zersetztes Gewebe gefunden. Das konnte es nicht sein...
Nachdem er ausgiebig gegessen und aufgeräumt hatte, begab sich Harte Schale in die nahen Sümpfe und grub sich im Schlamm ein. Nur wenige Bethu waren um diese späte Zeit noch hier und genossen die Schwerelosigkeit des schlickreichen Wassers. Seine empfindliche Haut prickelte, als das salzige Nass sie sacht umspülte. Erst spät in der Nacht kam er zuhause an.
In den nächsten Diktomen grübelte er immer wieder über dem Problem des plötzlichen Todes. Ach könnte er doch nur an einem lebenden Bethu nachprüfen, ob seine Gedankengänge richtig waren. Eine Zeitlang hatte er sogar über einen Selbstversuch nachgedacht, musste aber einsehen, dass das nicht funktionieren würde. Sobald die empfindliche Haut eines Bethu durchstoßen wurde, riss sie der Länge nach auf und gab den Lebenssaft frei. Der Körper zerfloss. Immer wieder passierten solche Unfälle. Aber doch nicht so häufig, das Harte Schale Gelegenheit bekommen hätte, so einen verunglückten Körper zu kaufen und zu untersuchen.
Kurz nach Ende seiner Lehrzeit - er war jetzt ein ausgelernter Heiler – ereignete sich ein Unfall in der Halle der Heiler. Scharfer Wind experimentierte mit einer ätzenden Flüssigkeiten, wobei er ins Stolpern geriet. Dabei gelangte ein Schwall Säure auf seine Haut und verbrannte sie. Schreiend vor Schmerz zerfloss er.
Die Gelegenheit war günstig, viele Heiler waren am frühen Abend schon in ihre Häuser zurück gekehrt und nur er hatte den Unfall bemerkt. Harte Schale wartete, bis alle fort waren, dann drehte er Scharfer Wind herum. Diesmal wollte er den toten Körper von hinten aufschneiden. Dabei musste er darauf achten, den Bethu so vorsichtig zu zerlegen, das die Metzger am nächsten Tag nicht merkten, das jemand sich an dem Körper zu schaffen gemacht hatte.
Harte Schale durchtrennte die Haut und legte vorsichtig die große Flüssigkeitspumpe frei. Sofort bemerkte er den Stift, der fest mit der Verankerung verbunden war. Ja! Er hatte Recht gehabt!
Er zog langsam an dem harten Knorpel, aber der löste sich nicht ab. Der Heiler beschloss, den ganzen Mechanismus zu entfernen und in den nächsten Diktomen näher zu untersuchen. Er schloss den Körper sorgfältig und goss zum Schuss etwas Säure in die Wunde, um seine Tat zu vertuschen. Dann drehte er den Zerflossenen wieder herum und ging nach Hause.
Niemand bemerkte seine Manipulation des Toten und als am nächsten Sonnenaufgang die Metzger mit ihren Vorratsbehältern abgezogen waren, experimentierte Harte Schale mit dem seltsamen Todesorgan.
Er fand heraus, das der Stift mit vielen feinen Fasern an der Verankerung festgeheftet war. Scharfer Wind war mittleren Alters gewesen und tatsächlich waren schon die Hälfte der Fasern abgelöst. Ihre Reste waren noch deutlich zu erkennen. Die andere Hälfe aber war fest mit der Verankerung verwachsen. Harte Schale folgerte daraus, das sich im Laufe des Lebens immer mehr Fasern ablösen. Zum Lebensende hin mussten sich alle abgelöst haben. Der Stift konnte haltlos in die Flüssigkeitspumpe rutschen und dort den Tod hervorrufen.
„Ja, so muss es sein!“, rief er triumphierend durch den Raum.
„Was denn? Hast du etwas Wichtiges heraus gefunden? Woran arbeitest du?“, fragte der oberste Heiler, der sich ihm von hinten genähert hatte und nun sehen wollte, was sein Untergebener vor ihm zu versteckten versuchte.
In seiner Panik stopfte Harte Schale sich die Fleischbrocken in den Nährschlund und begann lautstark, die Nahrung zu zerdrücken. „Entschuldigung,...das ich...bei der Arbeit...esse“, stieß er hervor. „Ich war spät dran...und bin noch nicht zum Frühstücken...gekommen...“
Misstrauisch begutachtete Glatte Schale den Untergebenen.
„Dein Gehalt scheint mir zu hoch zu sein, wenn du dir morgens schon frisches Fleisch leisten kannst“, tadelte er Harte Schale und rauschte davon.
Nur langsam beruhigte dieser sich und schließlich ärgerte er sich darüber, sein Forschungsobjekt gegessen zu haben. Er versuchte, es wieder hervor zu würgen. Aber die Verdauungssäfte hatten schon ganze Arbeit geleistet. Missmutig schluckte er die Reste herunter.
Wieder kreisten seine Gedanken um das seltsame Todesorgan und wie er diesen Mechanismus austricksen könnte.

*​

Harte Schale war alt geworden. Beruflich lief sein Leben in geordneten Bahnen, mittlererweile war er zum zweiter Heiler seines Clans aufgestiegen. Aber nach wie vor drehten sich seine Gedanken immer noch darum, die Lebensspanne eines Bethu zu verlängern. Und immer noch war das ein absolutes Tabuthema in seinem Volk. Er konnte mit niemandem über seine Gedanken sprechen, konnte seine Erfahrungen nicht austauschen.
Harte Schale dachte an Starker Wind. Langsam verblasste sein Bild vor seinem geistigen Auge. Er konnte sich kaum noch an Details seines Körpers erinnern, aber seine Worte und Erzählungen klangen noch immer in seinem Hinterkopf.
„Irgendwann muss jeder Bethu zerfließen“, hatte Starker Wind noch kurz vor seinem Tod zu ihm gesagt. Wie immer überkam ihn Traurigkeit bei diesem Gedanken. Traurigkeit und Wut! Harte Schale war wütend auf die Natur, die das Todesorgan erfunden hatte und die Lebewesen in seinem Umfeld damit bestrafte. Verdammt, es musste doch möglich sein, die Natur auszutricksen...
Als ein Bethu mit einer seltsamen Krankheit in die Halle der Heiler gebracht wurde, sah Harte Schale seine Chance, um weitere Tests bezüglich seiner Mutmaßungen durchzuführen. Und diesmal am lebenden Objekt...
Kalter Regen hockte regungslos auf dem Boden. Er schien tot zu sein, aber trotzdem war er nicht zerflossen. Der Körper blieb absolut unbeweglich, jetzt schon seit über vier Diktomen.
Harte Schale vermutete, dass seine Hirnblase durch irgendeinen Grund geplatzt war und somit das bewusste Denken geendet hatte. Aber die Flüssigkeitspumpen arbeiteten weiterhin, und hielten den Körper somit am Leben.
Er war alleine mit dem kranken Bethu, als er seine lange gehegten Vermutungen in die Tat umsetzte. Irgendwann hatte Harte Schale überlegt, die Haut stellenweise zu verbrennen, um sie dann durchstoßen zu können, ohne das sie auseinander riss und die Flüssigkeit den Körper verließ.
Er erhitzte ein altes Brandeisen, das für gewöhnlich von den auswärtigen Sikuszüchtern benutzt wurde, um ihre ausgemergelten Tiere zu markieren. Das rot glühende, runde Eisen drückte er Kalter Regen von hinten auf den ruhenden Körper. Es zischte und dampfend begann die Haut Blasen zu werfen. Erschrocken zog Harte Schale das Brandeisen zurück. Aber die Haut war nicht durchstoßen worden, sondern hatte an der verbrannten Stelle jetzt eine Verkrustung gebildet. Genau richtig dosiert, freute sich der zweite Heiler, nachdem sein erster Schreck verflogen war.
Dann begann der wirklich schwierige Teil der Operation. Aus einem Staufach zog er sein selbst entworfenes Instrument. Er hatte das Ding im Laufe der Zeit entwickelt und immer weiter verfeinert. Jetzt würde es sich zeigen, ob seine Theorie sich in die Praxis umsetzen ließ!
Langsam durchstieß er die Haut des Hirntoten. Ohne das er zerfloss! Seine Idee schien tatsächlich aufzugehen. Mutig geworden versuchte er, das Instrument von innen an den Stift und seine Verankerung zu führen. Blubbernde Geräusche drangen dumpf in seine Höröffnungen. Tröpfchenweise sickerte Flüssigkeit durch die Wunde. Das war leider nicht zu vermeiden. Aber auch nicht weiter schlimm, solange es nur dieser wenige Lebenssaft war, der austrat.
Mit dem Instrument war Harte Schale in der Lage, eine strapazierfähige Schlinge aus Sikushaut um den knorpeligen Stift zu legen. Nach ein paar erfolglosen Versuchen schaffte er es auch tatsächlich. Aber er hatte keine Zeit sich zu freuen. Denn jetzt wurde es richtig kriminell.
Harte Schale zog an der Schlinge und versuchte den Stift heraus zu brechen. Dazu musste er ein paar kräftige Manipulatoren ausbilden, mit denen er es schließlich schaffte, den Stift so zu entfernen, das er nicht in der Flüssigkeitspumpe landete. Ihn kam dabei zugute, das Kalter Regen schon an der Grenze zum Alter stand und der Stift sich größtenteils von selbst abgelöst hatte.
Der hirntote Körper zitterte zuerst leicht, beruhigte sich aber nach einer Weile wieder. Die Atmung erfolgte wieder regelmäßig.
Harte Schale zog den Stift an der Schlinge zur Wunde und verstopfte diese damit. Die Schlinge selber entfernte er. Der Stift saß jetzt fest in der verbrannten Haut und er hoffte, das die Haut beim Heilungsprozess zusammen wachsen würde. Bis es soweit war, durchstach er den Stift seitlich mit einer spitzen Nadel und sicherte ihn mit einem Splint.
Die nächsten Diktomen schottete Harte Schale den Kranken von der Außenwelt ab und kümmerte sich eigenständig um ihn. Regelmäßig kontrollierte er die Wunde und war erstaunt, wie schnell die Haut wieder zusammen wuchs. Nach drei Diktomen war der Stift mit seinem Splint von neuer Haut überwuchert worden und nur noch eine helle Narbe zierte das Hinterteil des hirntoten Bethu. Aber würde der fehlende Stift seinen Tod verhindern, oder zumindest verzögern können?
Wie fast jeden Tag ging Harte Schale zu den nahegelegenen Sümpfen. Ein Bad im salzigen Schlick war noch immer der beste Schutz für die empfindliche Haut eines Bethu. Gerade nach einem arbeitsreichen Tag.
„Am Ende des Lebens fließen wir wieder zurück ins Wasser“, kam ihm ein bekannter Spruch in den Sinn. War das wirklich der Sinn des Lebens? Wieder in sein Ursprungselement zurück zu kehren? Das konnte er einfach nicht glauben.
Die Zeit verging und Harte Schale wurde erster Heiler. Langsam kam er an seine Altersgrenze, ab der bei alten Bethus der Drang immer stärker wurde, seinen Platz zu räumen und sich um die Brutpflege und Aufzucht der Jungen zu kümmern.
Kalter Regen war inzwischen ein Greis geworden. Obwohl er hirntot war, hatte man ihn ins Kindergehege gebracht. Dort würde er zumindest noch einige Eier ausbrüten können. Und Harte Schale hatte veranlasst, das ihm sofort Bescheid gegeben wurde, sollte dieser zerflossen sein.
Der erste Heiler dachte oft und lange über eine Operation an sich selber nach. Aber seine Zweifel siegten. Er konnte selber nicht an seine hinteren Körperpartien gelangen. Aber die Zeit drängte! Lange konnte er dem inneren Wunsch nach Brutpflege nicht mehr wiederstehen. Und so entschloss er sich letztendlich, einen vielversprechenden Heiler-Lehrling - Nasser Schlamm - einzuweihen. Dieser reagierte zuerst mit offener Ablehnung, freundete sich aber dann mit dem für ihn fremden Gedanken des ewigen Lebens an. Harte Schale zeigte ihm den Hirntoten, der inzwischen der Älteste im Kindergehege war. Er brachte ihm die Operationstechnik bei, und schilderte alle Tricks und Kniffe.
Irgendwann war Nasser Schlamm soweit. Er traute sich zu, die Operation vorzunehmen. Alles war soweit vorbereitet, als der Lehrling ihm das glühende Eisen auf das Hinterteil drückte.
Schmerzerfüllt bäumte sich Harte Schale auf. Niemals hätte er mit einem solch intensiven Schmerz gerechnet! Aber schließlich verging auch der wieder.
Nasser Schlamm bohrte das Instrument in seinen Körper. Harte Schale spürte das Eisen, wie es unbarmherzig durch sein Gewebe glitt. Der Lehrling fummelte die Schlaufe umständlich um den Stift. Das dauerte sehr lange und immer wieder jagten neue, fürchterliche Schmerzwellen durch Harte Schales alten Körper. Er begann unkontrolliert zu zittern. Trotzdem wollte er die Operation nicht abbrechen. Nicht jetzt, wo sie schon so weit gekommen waren! Beim Versuch, den Stift aus ihm heraus zu brechen, verletzte Nasser Schlamm die Brandwunde mit dem Instrument. Harte Schale schrie laut vor Schmerzen und seine Haut riss auf. Der erste Heiler erschauderte und zerfloss.
Erschrocken entfernte der Lehrling alle verräterischen Spuren und als die Metzger bei Sonnenaufgang gerufen wurden, zerteilten sie seinen Körper und nahmen ihm mit zu den Vorratsbehältern.
„Er wäre besser früher ins Kindergehege gegangen, anstatt bis ins hohe Alter zu arbeiten“, murmelten die andere Heiler und gingen zum normalen Tagesgeschehen über.

*​

Der hirntote Greis saß im Kindergehege und rührte sich nicht - wie immer. Einige der Alten konnten sich daran erinnern, ihn hier früher schon gesehen zu haben, als sie selber noch Kind waren. Aber es konnte sich wohl nicht um ein und denselben Bethu handeln. Diese Krankheit schien doch nicht so selten zu sein, wie alle glaubten...

Ende​

 

Hi Nordwind,

Ich denke, man sollte solche Geschichten nicht nur aus der starren Sicht eines kleinen Menschleins betrachten.
Doch, man MUSS das sogar, weil ein "kleines Menschlein" diese Geschichte fuer "kleine Menschlein" geschrieben hat. Wenn Du ein Ausserirdischer waerst, haette ich Dir das eher durchgehen lassen.
Wer kann schon wissen, wie unterschiedlich Ausserirdische zu unseren irdischen Formen sein können?
Hier wird wieder einmal Form und Funktion gleichgesetzt. Das ist ein Grunduebel der SF. Denn im Text ist eine grundsaetzlich andere "Biologie" nicht auszumachen.
Dieser Vorgang wird bei den Bethu ja nur auf das "Todesorgan" reduziert.
Eben! Fuer die Herausbildung eines Todesorgans bedarf es einen Grund, denn vorher waren die Wesen dann unsterblich! Den Widerspruch musst Du aufklaeren!!!
Nimm eine Qualle und einen Eichenbaum. Du wirst mir recht geben müssen, dass beide Lebensformen auf völlig verschiedene Art und Weise sterben, und dieser Unterschied wird sich bei verschiedenen Gattungen zweier Universen um ein Vielfaches potentieren.
Nein, ich gebe Dir nicht recht, da Du Dich hier leider irrst.
Die Sterben auf die voellig gleiche Weise: Durch aeussere Einwirkungen, an Krankheit oder Altersschwaeche (was auch nur eine Krankheit ist).

Proxi

PS: Nichts gegen Phantasie, aber dann schreibt man keine SF, weil die zumindest einen logisch schluessigen Gesamtaufbau (Handlung und wissenschaftliche Umgebung) beinhalten sollte.

 

Nett dass du nicht locker lässt, Proxi. :)

Nein, ich gebe Dir nicht recht, da Du Dich hier leider irrst.
Die Sterben auf die voellig gleiche Weise: Durch aeussere Einwirkungen, an Krankheit oder Altersschwaeche (was auch nur eine Krankheit ist).

Der Tod durch das Alter funktioniert bei Tieren und Pflanzen völlig unterschiedlich. Bei Tieren versagen bestimmte Mechanismen auf Zellebene, die zum Kollaps lebenswichtiger Organe führen. Bei Pflanzen funktionieren die Mechanismen zur Wasser- und Nährstoffversorgung nicht mehr aufgrund ihres Wachstums, bzw. erschweren sie durch ihre eigene Grösse den Zufuhr von Wasser und Nährstoffen zu weit. Der Alterstod bei Pflanzen ist jedoch selten, weil sie extrem langlebig sind.
Die Fargisia murielae http://images.google.de/images?hl=de&q=Fargesia+murielae z.B. stirbt nach der Blüte ab, weil er alle Energien in die Erhaltung seiner Art legt und dann selber zu kurz kommt und eingeht.
Pilze beispielsweise sind extrem langlebig und es sollen einige existieren, die mehrere Tausend Jahre alt sind.
Ich kann deine Ansicht einfach nicht gelten lassen, Proxi. Warum sollte eine Evotution nicht ein Organ "erfinden", dass ursprünglich für einen "schnelleren Tod" bestimmt war (siehe Bambus) und dann entartet ist?

PS: Nichts gegen Phantasie, aber dann schreibt man keine SF, weil die zumindest einen logisch schluessigen Gesamtaufbau (Handlung und wissenschaftliche Umgebung) beinhalten sollte.

Ach komm! SF ist nicht nur Wissenschaft, sondern auch Fiktion. Du willst doch z.B. Captain Kirk und Co nicht als logisch schluessig ansehen? :lol:

Gruß, Nordi

 

Hallo Nordwind,
mir gefällt deine kleine Geschichte einer fremden Welt, mit ihrer fremden Zivilisation.
Schöne Schreibe. Einziger Kritikpunkt meinerseits:
Du schreitest mir zu schnell voran, und auch die Wortwahl finde ich für diese fremde Welt nicht immer ganz passend. Zum Beispiel Organe. Wenn noch keiner der Bethu einen anderen Untersucht hat und das beschädigen der Körper tabu ist, warum nennen sie die Innereien dann Organe? Organe sind Werkzeuge des Körpers, spezialisierte Teile eines Organismus. Wenn auf dieser Welt der Bethu bis jetzt aber keine weiterreichenden medizinischen Forschungen unternommen wurden, ist die Idee und der Gebrauch einer Vokabel wie Organ an sich schon ziemlich revolutionär, mich würde auch interessieren ob die anderen Bethu vlt. eine ganz andere Vorstellung davon haben, wie der Körper eines Bethu funktioniert. (Bietet sich bei der Geschichte geradezu an, diesen Gedanken weiterzuverfolgen)
Auch die Geschwindigkeit, mit welcher harte Schale dem Geheimnis des Todesorganes auf die Spur kommt, klingt nicht richtig schlüssig. Er hatte eine ganze Lebensspanne Zeit, und ergründet das Rätsel noch während seiner Ausbildung?
Ein weiterer Punkt sind die "Pumpen" zum einen müssen selbst wenn das Prinzip einer Pumpe bekannt ist erst einmal die Innereien als Pumpen erkannt werden, dass dies einfach nur durch das betrachten der Organe möglich sein soll, hallt ich für nicht sehr wahrscheinlich. Zum anderen Liest sich Pumpen auch irgendwie stark ... mechanisch und will nicht so recht in diese Organische Welt passen.
Ansonsten schon sehr schön, würd' mich freuen, wenn du dich noch einmal beisetzt und die zeitliche Abfolge etwas auseinander ziehst um der Geschichte eine höhere Glaubwürdigkeit zu ermöglichen.

les' dich
Nice

 

Hallo Nice,

danke fürs Lesen!
Deine Kritikpunkte scheinen mir alle berechtigt zu sein, ist eben nicht so leicht eine völlig fremde Zivilisation zu erschaffen und dann noch alles in eine Kurzgeschichte zu packen. ;)
Jetzt zur kalten Jahreszeit hin finde ich sicher nochmal Zeit, das Eine oder Andere zu überarbeiten und zu verbessern. Schreibe allerdings nebenbei noch an einem Roman.

See U,
Nordwind

 

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