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Altes Pflaster

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07.01.2007
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Altes Pflaster

„Er wurde von Gott mit offenen Armen empfangen. Amen.“
Das Mikrofon knisterte, während der Pfarrer sprach. Seine Stimme vervielfachte sich in dem kahlen, dunklen Raum.
Schniefen. Räuspern. Raschelnde Taschentücher.
Alle Stühle waren belegt. Vor dem Gebäude stand eine große Traube.
„Mir fehlen die Worte“, sagte der Pfarrer. „Er war ein junger Mann voller Visionen und Träume und Hoffnungen.“
Kaum jemand hörte ihm zu.
Auch Dieter nicht. Aber er verpasste keinen Toten in diesem Dorf, das er seit Jahren verlassen wollte, aber nie den richtigen Grund dafür fand. Er mochte seine Nachbarn und Nachbarsnachbarn nicht.
Er traf sich mit ihnen regelmäßig im „alten Bären“. Man unterhielt sich über Renten, junge Frauen und Jagderfolge, trank Bier und zu besonderen Anlässen Korn.
Er ist hier alt geworden.
Und trotzdem wollte er hier weg.
Und trotzdem mochte er sie alle nicht.
Die Traube löste sich unförmig auf, wurde vom Sarg zerschnitten. Falsches Blut floss an den stumpfen Berührungspunkten. Die Totenbarre kam nur zäh auf dem alten Kopfsteinpflaster vorwärts. Vier Männer schoben die Leiche zum Grab, mit einer Hand die Führungsstange haltend, mit der anderen die hin und her rutschenden Kränze.
Auf einem anliegenden Grundstück, etwa zehn Grabsteine entfernt, lachte ein Kind, dass mit einer Wasserpistole einen Hund verfolgte.
Es war bereits Oktober, aber die Sonne presste Dieter reichlich Schweiß aus den Poren. Er streifte sich sein schwarzes Jackett ab und stellte sich etwas abseits unter einen Baum.
Im Schatten war es nicht kühler, aber seine Glatze entspannte sich etwas.
Als Kind ist er oft mit seinem Vater auf Jagd gegangen, half ihm beim Ausnehmen und Häuten.
Er war auch dabei als sein Vater sich den Kopf aushöhlte. „Ich werde nur den Kummer rausholen“, sagte er.
Und: „Tut mir leid, Kleiner.“
Damals stand er auch unter diesem Baum und hörte die selben Worte, nur der Pfarrer war ein anderer.

Ein dumpfes Grollen kroch aus seinen Ohren.

Den Angehörigen wurden die Hände geschüttelt, hin und wieder eine kurze Umarmung.
„Wer möchte, kann jetzt mit in den ‚alten Bären’. Dort stehen etwas Kaffee und Kuchen.“
Der Schwarm löste sich langsam auf. Die ersten Motoren wurden gestartet.
„Dieter“, rief jemand vom Grab aus. „Was liegst Du da unterm Baum herum? Los, wir wollen rüber!“ Ein dickbäuchiger alter Mann kam näher, lockerte seine Krawatte. Er beugte sich vorn über und betrachtete das Gesicht des Kahlköpfigen.
„Hey, kommt mal her! Ich glaube, der alte Dieter ist tot.“
Die Totenbarre kam nur zäh auf dem alten Kopfsteinpflaster vorwärts.
Der Kühlraum wurde wieder gefüllt.

 

Hi Isaak
und willkommen auf kg.de

Muss schon sagen, deine Schreibe gefällt mir. Deine Sätze bestechen durch ihre Geradlinigkeit und kürze. Die trostlose Situation wird dadurch gut transportiert.
Soweit zum Lob, gehen wir weiter...

Er ist hier alt geworden.
Und trotzdem wollte er hier weg.
Und trotzdem mochte er sie alle nicht.
Das zweite Trotzdem erscheint mir unsinnig, da es sich beim lesen auf den Satz zuvor bezieht, und da ist ja kein Trotzdem mehr angebracht. Er will weg, WEIL er die Leute ja nicht mag.
Bin mir schon im klaren darüer, wie du es eigentlich meintest, mit Bezug auf den ersten Satz, aber das liest sich nicht so.

Ich find egut, dass du die Kg. nicht unnötig in die Länge gezogen hast, aber so ist sie mr doch ein bisschen arg geschröpft. Vielleicht solltest du doch noch den einen oder anderen Satz investieren, um die Gefühlswelt deines Prot eindringlicher zu beschreiben. So geschieht das alles sehr schnell...

Alles in allem gern gelesen
grüßlichst
weltenläufer

- ach ja

Gruß

Isaak

sowas bitte immer in einem sonderposting unter die Geschichte

 

Hallo

Danke für deine Meinung.

Ja, das "...trotzdem ...trotzdem" ist mir im Nachhinein auch aufgefallen. Eigentlich schade, rein optisch macht es sich ganz gut, finde ich :D Aber da werde ich mir wohl was anderes überlegen müssen.

Zur Gefühlswelt:

Eigentlich finde ich es ganz spannend, wenn dem Leser nicht alles diktiert wird - daher auch nur die Andeutung bzw. der Einschub des Vaters. Aber:

ch find egut, dass du die Kg. nicht unnötig in die Länge gezogen hast, aber so ist sie mr doch ein bisschen arg geschröpft. Vielleicht solltest du doch noch den einen oder anderen Satz investieren, um die Gefühlswelt deines Prot eindringlicher zu beschreiben. So geschieht das alles sehr schnell...
Dieser Eindruck soll natürlich auch nicht entstehen. Immerhin ist das eine Friedhofsszene. Da brauche ich wohl noch ein paar Stellen, die einigermaßen Ruhe ausstrahlen und die Figur vorstellen. Mal sehen, wie sich das dezent unterschmuggeln lässt. :D

Danke und Gruß

Isaak

 

Hallo!

Ich persönlich sehe deine Geschichte haarscharf an der Grenze zur Langeweile, vielleicht sogar schon drüber hinweg. Besonders gut fand ich sie jedenfalls nicht.

Der Einstieg ist noch recht gelungen. Der weitere Verlauf ist eindeutig zu knapp. Dieters Charakter wird aufgezeigt (in Ansätzen; aber komplex soll es ja auch nicht sein), dann stirbt er. Ein bisschen enttäuschend, v.a. weil das Ende unfreiwillig komisch daherkommt.

„Hey, kommt mal her! Ich glaube, der alte Dieter ist tot.“
Die Totenbarre kam nur zäh auf dem alten Kopfsteinpflaster vorwärts.
Der Kühlraum wurde wieder gefüllt.

Fehlt mir ein bissl die Ernsthaftigkeit, wenn ich das lese. Vielleicht liegt das aber auch nur an meinem schlechten Humor. :)

Beste Grüße

Nothlia

 

Hi

ch persönlich sehe deine Geschichte haarscharf an der Grenze zur Langeweile, vielleicht sogar schon drüber hinweg.

Gut, Geschmackssache.

Der weitere Verlauf ist eindeutig zu knapp. Dieters Charakter wird aufgezeigt (in Ansätzen; aber komplex soll es ja auch nicht sein), dann stirbt er. Ein bisschen enttäuschend, v.a. weil das Ende unfreiwillig komisch daherkommt.

Das wiederum kann ich nicht nachvollziehen. Der Schluss bezieht sich wörtlich auf die Mitte des Textes
Die Totenbarre kam nur zäh auf dem alten Kopfsteinpflaster vorwärts.
Außerdem wird ein lockerer Kreis zum Anfang geschlossen
„Er wurde von Gott mit offenen Armen empfangen. Amen.“
Das Mikrofon knisterte, während der Pfarrer sprach. Seine Stimme vervielfachte sich in dem kahlen, dunklen Raum.
Pfarrer/Tod - Kind - Alter/Tod... so könnte es alternierend weitergehen. Gut, das Kind ist nur kurz eingeschoben - aber die Kindheit ist ja auch verdammt kurz ;)

Nochmal zum nur knapp dargestellten Prot:
Es geht nicht um ein Einzelschicksal irgendeines besonderen Menschen. Er ist wie alle dort - und die Beerdigung mehr eine Massenversammlung, bei der man anschließend etwas Trinken geht etc. Es spiegelt sich hier, oder sollte zumindest, das Dorfleben wider.

Alle Stühle waren belegt. ...
Kaum jemand hörte ihm zu...
Er mochte seine Nachbarn und Nachbarsnachbarn nicht.
Er traf sich mit ihnen regelmäßig...
Man unterhielt sich über Renten, junge Frauen und Jagderfolge, trank Bier...
Das ist natürlich keine Charakterisierung einer Person, wohl aber die Beschreibung einer Gemeinschaft dessen Teil er ist.

Danke fürs Lesen - hat mich dazu gebracht, mich wieder konkreter damit auseinanderzusetzen.

In diesem Sinne, beste Grüße

Isaak

 
Zuletzt bearbeitet:

Herzlich willkommen kg.de,!

Mal ein paar Details:

Vor dem Gebäude stand eine große Traube.
Sind wir schon beim Leichenschmaus - oder war das eine Traube aus Menschen?

Visionen und Träume und Hoffnungen
ich nehme Mal an der Pfarrer sagte: Visionen, Träume und Hoffnungen

Das wiederholte trotzdem wurde ja schon mal erwaehnt. Ich erwaehns trotzdem nochmal :D

Bei dieser Stelle habe ich etwas Vorstellungsprobleme:

Die Traube löste sich unförmig auf

Falsches Blut - meinst Du Traenen? Dieser Ausdruck ist mir so nicht gelaeufig.

Die

Totenbarre
ist vermutlich eine Totenbahre, was allerdings ein ungewoehnlicher Ausdruck ist, weil fuer den Weg zum Friedhof normalerweise nur der Sarg verwendet wird. Uebrigens: Eine Bahre traegt man, eine Karre faehrt man ...

Was klingt besser: langsam vorwaerts kommen oder zaeh vorwaerts kommen?

lachte ein Kind, das mit einer Wasserpistole einen Hund verfolgte.

die Sonne presste Dieter reichlich Schweiß aus den Poren.
klingt weder rund noch lyrisch ... daher vielleicht eine bessere Formulierung suchen.

Im Schatten war es nicht kühler, aber seine Glatze entspannte sich etwas.
Nicht unbedingt der beste Ausdruck dafuer, dass ihm da die Sonne nicht mehr aufs Hirn brennt. Solltest'd vielleicht noch bisserl umschreiben.

Als Kind ist er oft mit seinem Vater auf Jagd gegangen, half ihm beim Ausnehmen und Häuten.
Vorvergangenheit einer Erzaehlung im Imperfekt sollte eigentlich Plusquamperfekt und nicht Perfekt sein, aehem.

Er war auch dabei als sein Vater
... dabei KOMMA als ...

Ich bin mir nicht sicher ob in der bildhaften Erinnerung die Richtung des Grollens richtig gewaehlt ist, da Geraeusche eigentlich immer ins Ohr gehen:

Ein dumpfes Grollen kroch aus seinen Ohren.
... aber wenn Du meinst ...

Der Schwarm löste sich langsam auf.
Siehe Traube; das ist immer noch eine Menschentraube oder ein Menschenschwarm, erst in Wiederholung wird das normalerweise reduziert -

Dieser Satz wird vermutlich nie so ausgesprochen:

„Was liegst Du da unterm Baum herum? Los, wir wollen rüber!“
Wenn da einer liegt auf dem Friedhof, dann denkt man (zumindest ich) sofort, dass der Kerl umgekippt ist. Da fragt man nicht so - ist ja kein Badeweiher ...

Die Totenbarre kam nur zäh auf dem alten Kopfsteinpflaster vorwärts.
War schon mal - nicht?
Sprache zeichnet sich durch Vielfalt aus - ich weiss, dass die Wiederholung bewusst gewaehlt ist, allerdings wird diesen Transport nicht die Totenbahre uebernehmen (wenn die das wirklich macht), zu diesem Anlass kommt der Leichenwagen.


So und jetzt der Kommentar zur Geschichte:
Leider hab' ich schlechte Nachrichten, das ist keine Geschichte.
Ich habe einen Protagonisten, der rein gar nix tut wie auf eine Beerdignung zu gehen und dort zu sterben. Ich erfahre gar nix ueber die Person, ausser, dass er es fertiggebracht hat, von dem Ort wegzuziehen, an dem es ihm nicht gefaellt (was auch keine Leistung ist). Der Titel "altes Pflaster" ist in diesem Fall verschenkt, da er mit dem Thema der Geschichte (Tod auf dem Friedhof) nix zu tun hat. (allerdings verwendet man "Pflaster" auch uebertragen manchmal fuer Orte, die man gut kennt. Wenn Dieter an dem Ort bleibt, dann ist der Ort ein wohbekanntes Pflaster fuer ihn. In dieser Hinsicht koenntest Du Titel und Geschichte eventuell ausbauen, siehe unten ... )
Um eine Geschichte zu erzaehlen, benoetigst Du eine Handlung, in der eine Hauptperson in einen Konflikt getrieben wird und vor einer Entscheidung steht. Die einzige Entscheidung, die hier eine Rolle gespielt haben koennte ist die von Dieter wegzugehen, aber das tat er nicht, auch wird nicht klar, inwiefern ihn das wirklich tangiert hat. Ich weiss nicht, welches Thema Dir vorschwebt, auch was Du mit der Erinnerung an den Selbstmord seines Vaters bezweckst, der in dieser Kuerze nichts als eine leere Huelle ist. Entweder Du konzentrierst Dich darauf, wie Dieter sich entscheiden wollte und webst das als Hauptteil in die Geschichte ein, oder Du nimmst Dir die Passage mit dem Vater vor und beschreibst das en Detail, die Momentane Geschichte waere dann dazu nur der Rahmen.
Eines von beidem solltest Du mindestens herausarbeiten, sonst sehe ich hier keinen Sinn hinter der Geschichte, keine Spannung, keine Lehre, nur Leere. Sorry.

sarpenta

 

Deine Geschichte ist gut, Isaak, auch die Länge stimmt, ich würde sogar den letzten Satz streichen, damit der Bezug zur Mitte des Textes noch deutlicher wird, dann das mit dem Kühlraum, das stört nur, gehört einfach nicht mehr dazu.

Und natürlich ist der Text eine Geschichte, nicht nur, weil sie Handlung hat, sie ist auch in sich abgeschlossen, so wie sie sein soll: Einer will weg aus dem Dorf, schafft das aber nicht, wird dort also alt und Zeuge von Begräbnissen, bis auch er stirbt.

Was will man mehr?

Kleinigkeiten:

- Aber er verpasste keinen Toten in diesem Dorf, das er seit Jahren verlassen wollte, aber nie den richtigen Grund dafür fand.
- Er mochte seine Nachbarn und Nachbarsnachbarn nicht. – der Satz ist zwar korrekt, doch bessere wäre wahrscheinlich eine Weder-noch-konstruktion.
- Falsches Blut – ist mir auch nicht geläufig
- Vier Männer schoben die Leiche zum Grab – eher die Bahre mit dem Sarg drauf, oder?
- die selben Worte - die gleichen Worte
- Er beugte sich vorn über – besser wäre vielleicht: Er beugte sich nach vorn - oder einfach: er beugte sich vor

Dion

PS: Hätte mir denken können: Wo ein Pfarrer auftaucht, ist sarpenta nicht weit. :D

 

Hallo
Danke für die Meinungen und Korrekturen.

ich nehme Mal an der Pfarrer sagte: Visionen, Träume und Hoffnungen

Sagte er bestimmt nicht ;) Mit dem Komma ist es nur eine einfache Aufzählung. Das UND schafft Pausen und Betonungen, steigert es und unterstreicht die eigentliche Belanglosikgeit der Äußerung eines Menschen, der eigentlich keine Ahnung vom Toten haben kann...

st vermutlich eine Totenbahre, was allerdings ein ungewoehnlicher Ausdruck ist, weil fuer den Weg zum Friedhof normalerweise nur der Sarg verwendet wird. Uebrigens: Eine Bahre traegt man, eine Karre faehrt man ...

Also, einen Sarg habe ich noch niemanden über den Friedhof schieben sehen, oder haben die bei euch Räder dran montiert? Vielleicht gibt es ja regionale Unterschiede :D Aber wenn es keine Bahre ist, worauf die Toten hin und her geschoben werden, wie heißt es dann? Totenkarre wohl kaum. Vielleicht weiß hier ja jemand Bescheid

Ich bin mir nicht sicher ob in der bildhaften Erinnerung die Richtung des Grollens richtig gewaehlt ist, da Geraeusche eigentlich immer ins Ohr gehen:
Zitat:
Ein dumpfes Grollen kroch aus seinen Ohren.
Wenn es von Innen kommt, kann es eigentlich nur nach außen dringen. Ist es ein Geräusch, das ins Ohr eindringen kann, müssten es auch die anderen hören können. Ein Pfiepen in den Ohren (Streß, Bluthochdruck etc.) kann doch auch nicht eindringen, oder?
Der Schwarm löste sich langsam auf.
Ja, da sollte ich konsequent bei der Traube bleiben. Ist mir nicht aufgefallen.

„Was liegst Du da unterm Baum herum? Los, wir wollen rüber!“
Wenn da einer liegt auf dem Friedhof, dann denkt man (zumindest ich) sofort, dass der Kerl umgekippt ist. Da fragt man nicht so - ist ja kein Badeweiher ...
Für mich unterstreicht es den Eindruck, die Beerdigung eher als gesellschaftliches Treffen aufzufassen. Ich denke mal drüber nach...

Was klingt besser: langsam vorwaerts kommen oder zaeh vorwaerts kommen?
Langsam ist eben nur langsam, nicht mehr. Zäh impliziert etwas schwieriges, etwas, das überwunden werden muss.

Die Totenbarre kam nur zäh auf dem alten Kopfsteinpflaster vorwärts.
War schon mal - nicht?
Sprache zeichnet sich durch Vielfalt aus - ich weiss, dass die Wiederholung bewusst gewaehlt ist, allerdings wird diesen Transport nicht die Totenbahre uebernehmen (wenn die das wirklich macht), zu diesem Anlass kommt der Leichenwagen.
Ähem, Du würdest ihn also in der Hitze liegen lassen bis der Leichenwagen kommt? Ich würde ihn erstmal vom Feld räumen. Ist ja auch kein schöner Anblick, so ein zweiter Toter, ohne Grab, ohne Sarg, mitten auf dem Friedhof ;)

Leider hab' ich schlechte Nachrichten, das ist keine Geschichte.
Ich habe einen Protagonisten, der rein gar nix tut wie auf eine Beerdignung zu gehen und dort zu sterben. Ich erfahre gar nix ueber die Person

Zur Handlung habe ich bereits weiter oben sehr ausführlich etwas geschrieben. Daher hier nur der Verweis.

Um eine Geschichte zu erzaehlen, benoetigst Du eine Handlung, in der eine Hauptperson in einen Konflikt getrieben wird und vor einer Entscheidung steht. Die einzige Entscheidung, die hier eine Rolle gespielt haben koennte ist die von Dieter wegzugehen, aber das tat er nicht, auch wird nicht klar, inwiefern ihn das wirklich tangiert hat. Ich weiss nicht, welches Thema Dir vorschwebt, auch was Du mit der Erinnerung an den Selbstmord seines Vaters bezweckst, der in dieser Kuerze nichts als eine leere Huelle ist.
Tut mir Leid das so schreiben zu müssen, aber das ist totaler Unsinn! Eine Kurzgeschichte braucht keine offensichtliche Exposition, Steigerung, Klimax... Das sind Standardvorstellungen. Ich bevorzuge Geschichten, bei denen der Leser aktiv mitdenken MUSS. Vielleicht kennst Du ja Raymond Carvers Kurzgeschichte "Die Frau des Studenten". Oberflächlich gesehen hat die Geschichte nichts von dem, was Du hier verlangst: Keine Exposition, kein wirklicher Konflikt, keine Lösung. Nach deiner Definition keine Geschichte - und gehört trotzdem zu den besten, der amerikansichen Literatur. Nur so als Beispiel...
Die Grammatikfehler werde ich beheben.

@ Dion

ich würde sogar den letzten Satz streichen
Darüber habe ich auch schon nachgedacht, fande die Vorstellung aber ganz nett. Ich werde es aber wohl streichen. Danke für den Tipp.

Und natürlich ist der Text eine Geschichte, nicht nur, weil sie Handlung hat, sie ist auch in sich abgeschlossen, so wie sie sein soll: Einer will weg aus dem Dorf, schafft das aber nicht, wird dort also alt und Zeuge von Begräbnissen, bis auch er stirbt.
Da wird mir warm ums Herz und gibt mir Hoffnung.

Nochmals einen herzlichen Dank euch beiden.

Gruß

Isaak

 
Zuletzt bearbeitet:

Nur ganz kurz:

Langsam ist eben nur langsam, nicht mehr. Zäh impliziert etwas schwieriges, etwas, das überwunden werden muss.
Was denn? Wenn Du das im uebertragenen Sinne siehst, dann sollte das auch so deutlich werden.

Ich dachte du verwendest "Grollen" als dumpfe ferne Erinnerung fuer den Schuss, das gleichzeitig sein Verhaeltnis zum Vater beschreibt. Daher die Frage mit der Richtung.

Ähem, Du würdest ihn also in der Hitze liegen lassen bis der Leichenwagen kommt?
Ja, weil zunaechst der Tote eigentlich nicht bewegt werden darf, vor allem, wenn die Todesursache noch unklar ist. Da kommt als erstes der Notarzt, der den Totenschein ausstellt und offiziell Tod und eine erste Ursache (wenn er denn kann) feststellt. Auch ist da normalerweise die Polizei vor Ort, insbesondere, wenn das in der Oeffentlichkeit passiert. Anschliessend hohlt ihn ein Bestattungsinstitut ab oder er kommt zunaechst noch zur Obduktion. Erst anschliessend geht's dann wieder auf die Totenbahre.
(nach einer halben Stunde im Freien, noch dazu im Oktober, gammelt der noch lange nicht ... )

Hinsichtlich des letzten Kommentars, lieber Isaak, da hast Du mich falsch verstanden.

Ich erwarte keine Exposition, keine Loesung, keine Steigerung und auch keinen Klimax (diese Worte schrieb ich nicht mal, daher unterstell mir das auch bitte nicht - ok? Ich sagte: "sonst sehe ich hier keinen Sinn hinter der Geschichte, keine Spannung, keine Lehre, nur Leere." um meinen Eindruck deutlich zu machen - daher noch einmal etwas genauer).
Ich erwarte dafuer aber eine Geschichte, die es wert ist, erzaehlt zu werden. Bleibe ich nach Lesen sitzen und frage ich mich: Was willst Du damit sagen? Oder: Es ist doch voellig belanglos, was hier beschrieben wird. Dann muss ich mich fragen, warum mir diese Geschichte nichts gab. Es kann nun einfach sein, dass ich der falsche Leser dafuer bin, oder dass mit der Geschichte etwas nicht stimmt.

Ich habe das Wort Konflikt aus Aufhaenger dafuer gewaehlt zu sagen, was mir fehlt: Die Geschichte wirkt auf mich belanglos, plaetschert unmotiviert vor sich hin.
Deine Hauptperson stirbt einfach so, zufaellig, tut nichts, ist auch niemand besonderes oder interessantes fuer mich als Leser. Das mag fuer Dich oder Dion eine abgeschlossene Handlung sein, meiner Ansicht nach ist es nichts, das erzaehlt werden muesste. Es wuerde aber dazu werden, wenn Du die interessanten Momente im Leben dieser Person herausgreifst und mit dessen Tod verbindest, weil ich dann vielleicht endlich die Person erkennen oder begreifen kann, ueber deren Tod Du schreibst. Genau die beiden interessanten Momente (soweit das beschrieben wird) sind die beiden Konflikte, die Du erwaehnst. Deswegen mein Tip, diese Passagen als Hauptteil der Geschichte zu verwenden und den bisherigen Teil als Rahmen.

Ich kenne die Geschichte von Carver nicht, bin mir aber sicher, dass zumindest die Personen als Charaktere so deutlich gezeichnet waren, dass sie auch als greifbare Personen wirken und dass es etwas in der Geschichte gibt, die diese besonders, zu etwas Erzaehlenswertem macht. Ich kann das bei Deiner Geschichte noch nicht sehen (leider).

Vielleicht ueberlegst Du Dir noch einmal genau, was Du mit dieser Geschichte sagen willst und versuchst das besser auf den Punkt zu bringen. Auch waere es gut, mehr Zeit mit Deiner Hauptperson zu verbringen. Vielleicht sehe ich dann auch, wieso Du diese Geschichte erzaehlen willst.

Gruss,

sarpenta

 

Hallo Sarpenta,

bezüglich Exposition, Steigerung etc.: Nein, das ist richtig. Du hast diese Worte so nicht benutzt. Aber:

Um eine Geschichte zu erzaehlen, benoetigst Du eine Handlung, in der eine Hauptperson in einen Konflikt getrieben wird und vor einer Entscheidung steht.
Das klingt für mich doch ziemlich danach. Gut, wenn Du es so nicht gemeint hast, brauche ich darauf auch nicht näher einzugehen.

Bleibe ich nach Lesen sitzen und frage ich mich: Was willst Du damit sagen? Oder: Es ist doch voellig belanglos, was hier beschrieben wird. Dann muss ich mich fragen, warum mir diese Geschichte nichts gab... Deine Hauptperson stirbt einfach so, zufaellig, tut nichts, ist auch niemand besonderes oder interessantes fuer mich als Leser.

Richtig, genau darum geht es in der Geschichte. Er ist irgendjemand, niemand besonderes, kein Held, kein Verlierer, kein Krimineller... eben ein ganz gewöhnlicher, banaler Mensch. Keiner Beachtung wert, keiner Geschichte wert ;) Darauf wollte ich hinaus - hat demnach vielleicht doch nicht ganz sein Ziel verfehlt (auch wenn sie dir nicht gefallen hat). :D

Gruß

Isaak

 

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