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Aneinander gepresst
Jetzt war sie eingeschlafen.
Die sanfte, gleichmäßige Atmung wirkte wie die Ruhe inmitten des Sturms, der in ihm tobte.
Vor langer Zeit hatte er ihr einmal gesagt, dass es keine Stifte, sondern Pinsel waren, mit denen sie Bilder aus reinem Text direkt in seinen Verstand hinein zeichnete.
Gedichte, Verse; mächtige, aus Buchstaben errichtete Tempel, die sie ihm lächelnd vorlas.
Manche Dinge änderten sich nie.
Was übrig blieb, wurde einem nicht vorgelesen, und Worte war es erst recht keine mehr wert.
Er sah zu dem zerbrochenen Glas. Eine klebrige, mit Scherben durchtränkte Pfütze auf dem Parkett. Tief atmete er die vielen Splitter ein, die sich nicht einfach mit einem Kehrblech wegwischen ließen.
Sie murmelte etwas in ihrem Traum, und er dachte: Es ist, als hielte ich einen zerschmetterten Engel in den Armen.
Wie gerne hätte er gesehen, was sie gerade sah.
Irgendwann schlief auch er ein. Zuvor drängte sich noch ein letzter Gedanke in sein Bewusstsein.
Wir sind uns gerade so nah, und doch werden wir beide jetzt gleich an völlig unterschiedlichen Orten verweilen.
Dann begann sein Traum.