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Angemacht

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20.12.2002
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Angemacht

Ich fand sie wirklich süß. Sie hatte lange braune Locken, volle Lippen und sie trug eine lässige blaue Mütze, die schief aufsaß. Alles Dinge, die mir signalisierten, dass die in Frage stehende Person weder eine graue Maus noch eine eingebildete Spießertussi war.
Sie stand am Rande der Tanzfläche und drehte sich gerade eine Zigarette, als ich von der Bar zurücklief, und da sie für den Augenblick mit niemandem beschäftigt zu sein schien, nutzte ich die Gelegenheit, sie anzusprechen.
„Hey, wer bist eigentlich du?“, fragte ich mit einem für mich sehr typischen Grinsen, das im Laufe eines solchen Abends immer häufiger auftritt und eigentlich nur vermitteln soll, dass ich lustig drauf bin, was ich auch war.
Sie sah langsam von ihrer Zigarette auf – ihre Finger arbeiteten hastig weiter – und lächelte.
Für mich schon ein Erfolg! Gemessen an all die anderen möglichen Reaktionen, die eine solche „Anmache“ hervorbringen konnte, sogar ein ziemlich großer.
„Sprichst du Frauen immer so an?“, fragte sie, noch immer am Lächeln.
„Nein“, sagte ich und ich versuchte dabei einigermaßen ernst zu bleiben. „Du bist da die ganz große Ausnahme.“
„Ja, das glaube ich!“
Ich musste schmunzeln. „Du hast ein schönes Lächeln“, sagte ich.
Im Zweifelsfall packe ich immer ein Kompliment aus. Manchmal geht das schief, aber ich bin der Meinung, dass Frauen, die nicht mit Komplimenten umgehen können, sowieso alle ein angekratztes Selbstwertgefühl und höchstwahrscheinlich einen an der Waffel haben.
„Danke schön“, sagte sie und dabei blitzten, wie zur Bestätigung, alle ihre Zähne auf.
„Jetzt hast du mir aber noch immer nicht gesagt, wer du bist“, erwiderte ich.
„Ich bin Studentin“, sagte sie und zündete sich dann ganz lässig ihre Zigarette an.
„Das denke ich mir, wir sind auch auf einer Studentenparty.“
Sie blies langsam den Rauch aus und zuckte mit den Achseln. „Tja ...“
Sehr cool, die Dame. Einfach nur „Tja“. Ging sie deswegen auf Distanz, weil sie einen Freund hatte? Fand sie mich schlichtweg unattraktiv? Oder gehörte das alles zu dem mysteriösen Spiel, das alle Frauen spielen, die was auf sich halten?
Sehr viele Variablen also, und unter anderen Umständen wäre so ein eiskaltes „Tja“ durchaus ausreichend gewesen, um mich und mein Ego in die Weite zu schicken, wo mein Freundeskreis mit Schulterklopfen, Toilettenhumor und frustriertes Kampfsaufen auf mich wartete, aber ich war, wie gesagt, recht lustig drauf, und das Fräulein gefiel mir. Ja, sie gefiel mir sogar recht gut.
„Medizinerin?“, fragte ich.
Ihre Augen wurden groß. „Sehe ich so aus?“
Nun zuckte ich mit den Achseln. „Möglich wär’s ...“
Sie schüttelte den Kopf. „Ich bin Wirtschaftswissenschaftlerin.“
„Cool.“
Sie sah mich forschend an, als kaufe sie mir diese schlichte, ironielose Antwort nicht ab.
„Und was bist du?“, fragte sie.
„Ich bin Mediziner.“
„Ach was!“
Ich grinste breit. „Sehe ich nicht so aus?“
Sie lächelte. „Überhaupt nicht!“
„Ja ... wie sehen denn Mediziner aus?“
„Irgendwie anders.“
„Ja, wie?“
Sie sah mich wieder prüfend an. „Also, ich finde ... dieses Grinsen auf deinem Gesicht passt nicht!“
Da musste ich lachen. „Okay, wenn du meinst ...“
„Also, was bist du jetzt?“
„Hab ich dir doch schon gesagt.“
Sie schüttelte ungläubig den Kopf.
„Wie heißt du?“, fragte ich.
„Carmen.“
„So wie das Lied, oder wie?“
„Welches meinst du?“
„88’ hat Katarina Witt dazu getanzt und Gold gewonnen.“
„Echt? Wusste ich gar nicht ... die meisten Leute meinen das Lied von Sido.“
Ich nickte. „Du musst es dir auf Youtube reinziehen, gib einfach Carmen und Katharina Witt ein.“
Plötzlich runzelte sie die Stirn. „Bist du Deutscher?“
Irgendwann stellen sie alle diese Frage. Hatte ich vielleicht Carmen komisch ausgesprochen? Ich setzte zur Antwort an, aber ich bekam nicht die Gelegenheit dazu, denn im selben Augenblick sprang irgendein hochgewachsener Kerl ins Bild, nahm sie an der Hand und zerrte sie wie selbstverständlich von mir weg. Er tat dies nicht auf eine aggressive Art und Weise, sondern mit einer Lässigkeit, die beinahe an Eleganz rankam. Dabei würdigte er mir keinen Blick. Auf seinem Gesicht lag ein zufriedenes Siegergrinsen.
Mein erster Gedanke war: Das ist mit Sicherheit ihr Freund. Der zweite war: Was würde jetzt Robert Deniro tun?
Ich sah Carmen für den Bruchteil einer Sekunde nach – sie sah mich etwas unentschlossen an, lief aber ohne Gegenwehr mit dem Kerl mit – und trat dann in Aktion.
„Hey, hey, hey!“, rief ich und zwei schnelle Schritte später stand der große, blonde Kerl direkt vor mir.
Aber er lief einfach weiter, verdrehte die Augen, verzog eine gestresste Miene, und schaffte es bei alldem trotzdem nicht, mich anzusehen.
Jetzt legte ich eine Hand auf seine Brust. Endlich blieb er stehen, Carmen neben ihm.
„Wer bist du?“, fragte ich.
„Das geht dich nichts an.“
„Bist du ihr Freund?“
Carmen lachte laut auf. Die Frage amüsierte sie wohl. Und warum? Warum konnte sie da lachen? Weil dieser Typ eben nicht ihr Freund war! Oder lag ich da etwa falsch? Ich meine, ganz sicher war ich mir nicht, aber wenn ich mir vorstelle, ich hätte eine Freundin, und jemand würde eine solche Frage stellen ... na ihr versteht schon.
Der Kerl fand die Frage aber nicht so lustig. Er bohrte mir einen Zeigefinger in die Brust und lehnte sich vor, ganz so, als wolle er mich einschüchtern. Seine Bierfahne haute mich fast um.
„Hör mal zu, ich kenne dich nicht und wir gehen jetzt raus, also ciao!“
Er wandte sich zum Gehen, aber ich stellte mich ihm wieder in den Weg. „Das ist ziemlich unhöflich, was du hier bringst, Mann. Wenn du schon meine Gesprächspartnerin klaust, kannst du mir zumindest eine Erklärung liefern!“
Ich war jetzt laut geworden. Carmen sah kurz aus, als wolle sie dazwischen gehen, aber der Kerl nahm schon seine Hand und stieß mich von ihm weg.
„Jetzt verpiss dich!“
Er hätte mich stärker wegschubsen sollen, denn so lag seine dämliche Bierfahnenfresse noch immer in meiner Reichweite. Ich holte weit aus und klatschte ihm eine. Aber mit der flachen Hand wohlgemerkt. Also alles recht ungefährlich eigentlich.
Der Typ stolperte nach hinten und Carmen sah mich schockiert an. „Sag mal, spinnst du!“
Aus dem Augenwinkel sah ich den zweiten Kerl gerade noch rechtzeitig auf mich zustürmen, völlig ohne Schutz, ganz wie der doofe, betrunkene Vollidiot, der er mit Sicherheit war, und auch ihm verpasste ich eine. Dieses Mal jedoch mit der geballten Faust, denn mittlerweile hatte ich richtig Angst bekommen. Die Situation geriet schnell außer Kontrolle, und ich wusste ja nicht, wie viele noch kommen würden.
Aber mich anzugreifen traute sich danach niemand mehr. Es versammelte sich eine schaulustige Menge, die von mir Abstand hielt. Was aber nicht heißen soll, dass sie mich in Ruhe ließen. Während die einen sich um meine Opfer kümmerten – einer blutete aus der Nase – wurde ich von den anderen beschimpft. Kanake! Assi! Mongofresse! Wichser! Ich kann mich nicht an alle Ausdrücke erinnern, aber es waren auf jeden Fall eine ganze Menge dabei. Augen traten hervor, Fäuste wurden geballt, sogar mit den Füßen wurde gestampft. Ich hatte selten eine Gruppe gesehen – vor allem eine Gruppe Studenten – , die sich so schnell gegen einen gemeinsamen Feind vereinen ließ. Freilich war es keine willkürlich zusammengesetzte Gruppe, es werden vor allem Kollegen der Opfer dabei gewesen sein, aber nichtsdestotrotz fand ich ihre Solidarität beeindruckend. Sie ließen ihren Hass monsunartig auf mich niederprasseln, und der Effekt war so stark, dass ich nichts anderes tun konnte, als stehen zu bleiben und es hinzunehmen. Ich nahm einen Schluck Bier, ließ meine Arme locker zur Seite hängen und saugte einfach alles in mich auf.
Man soll jetzt aber nicht denken, dass ich mich schuldig fühlte und ich mich deswegen der Menge aussetzte. Im Gegenteil, dass die beiden Typen genau das bekommen hatten, was sie verdienten, stand außer Zweifel. Sie hatten sich mir gegenüber nicht nur äußerst respektlos verhalten, sondern – und das war fast schlimmer – äußerst doof. So wie ich das sah, hatte ich ihnen eine Lektion erteilt, die sie dringend nötig hatten und ihnen in Zukunft einiges ersparen könnte. Ich blieb im Grunde nur deswegen stehen, weil ich Mittelpunkt des Geschehens war, und meine einzige Alternative, nämlich wegzulaufen, mir im Vergleich dazu langweilig erschien.
Mit einem Türsteher hatte ich aber nicht gerechnet. Aus dem Nichts tauchte er auf, packte mich unter beiden Armen, zerrte mich unter lautem Jubel aus dem Club und warf mich dann auf die Strasse, wo es – natürlich – regnete.
„Meine Jacke ist noch drin“, erklärte ich ihm.
„Die kannst du morgen holen“, sagte er.
„Aber es regnet!“
„Du kannst sie morgen holen.“
Ich versuchte noch von draußen meine Kumpels zu erreichen, aber im Club war der Empfang zu schlecht. Mein Studentenwohnheim war aber nicht so weit entfernt, ungefähr fünfzehn Minuten zu Fuß, und so lief ich einfach los. Dort angekommen, zog ich meine komplette Kleidung aus und setzte einen Tee auf. Ich war noch zu aufgedreht, um schlafen zu können. Als mein Mitbewohner ein paar Stunden später nach Hause kam, war ich noch wach.
„Ach, da bist du!“, sagte er, als er mich im Bademantel am Küchentisch sitzen sah. „Wir haben dich überall gesucht!“
„Ja ... hatte keine Lust mehr ...“
„Aber da war echt voll viel los. Sogar eine Schlägerei!“
„Echt?“
„Ja, ja ... irgendein Mongo hat einfach angefangen, um sich zu schlagen. Voll verrückt!“
Ich nickte. „Kennst du eigentlich eine Carmen?“
„Carmen ... mit braunen Locken?“
„Ja, genau die meine ich. Hat sie einen Freund?“
„Keine Ahnung, habe nur ein paar Vorlesungen mit ihr. Wieso, geht da was?“
Ich zuckte mit den Achseln. „Mal schauen ...“

 
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Moi Juju,

guck doch nochmal kurz über Deinen Text:

Der Den zweiten Kerl sah ich gerade noch rechtzeitig aus dem Augenwinkel auf mich zustürmen, völlig ohne Schutz, ganz wie der doofe, betrunkene Vollidiot, den der er mit Sicherheit war, und auch ihm verpasste ich einen eine. Dieses Mal jedoch mit der geballten Faust, denn mittlerweile hatte ich richtig Angst bekommen. Die Situation geriet schleunigst außer Kontrolle(KOMMA) und ich wusste ja nicht, wie viele noch kommen würden.


Schleunigst sagt man eigentlich nur, wenn etwas möglichst schnell gehen soll, und nicht, wenn das ungewollt oder gar unerwünscht und zufällig passiert.

Ach ja, und stell den ersten Satz vllt um? Aus dem Augenwinkel sah ich ... sonst steht der Bezug so, als würde der Typ aus seinem Augenwinkel rausstürmen.

Das nur in Kürze,
moi moi
Katla

 

Hallo Katia,

Vielen Dank für die Hinweise! Ich hoffe jetzt geht's...

mfg,

JuJu

 

moin JuJu, also ich finde, dass es noch nicht geht. Das liegt aber eher an der Geschichte als an Einzelheiten, hier fehlt kein Feinschliff, sondern ein brauchbarer Kern. Ich erinnere mich an andere Geschichten von dir, an bessere, amüsantere. Da war doch bspw diese letzte Story mit der Außerirdischen, da gabs witzige Dialoge, ne herrlich überdrehte Handlung.
Das hier ist... ich weiß nicht: ein längliches Klischeeding vielleicht.
Dein Prot wirkt auf eine nichtssagende Weise unsympathisch und wie einer, der seine eigenen Probleme projeziert. Er fühlt sich auf seine Nationalität reduziert, sagt dann aber, dass die Deutschen bekamen was sie verdienten. Meint, dass Frauen, die nicht mit Komplimenten umgehen können einen an der Waffel haben, ist selbst aber derjenige, der aus keinem nachvollziehbarem Anlass um sich schlägt.
Es bleibt rätselhaft was dein Prot erreichen will. Mal ordentlich auf die Pauke hauen, den Deutschen endlich mal geben was sie verdienen oder Carmen beeindrucken? Und genauso schleierhaft ist mir die ganze Geschichte. Da passt nichts zusammen.
Grüße
Kubus

 

Hi Juju,

Zu Anfang fand ich deine Geschichte recht gut und ich es war leicht in das Thema reinzukommen, aber das Ende war mir zu plötzlich und irgendwie nicht volkommen. Du hast das, was du aussagen wolltest leider nicht auf den Punkt gebracht bekommen.

Trotzdem fand ich sie interessant und flüssig.

Liebe Grüße

PPasing

 

Hallo Kubus,

Vielen Dank für dein Feedback!
Wie ich sehe, bist du nocht nicht so recht mit dieser Geschichte einverstanden.

Dein Prot wirkt auf eine nichtssagende Weise unsympathisch

Ich denke, das wird vor allem dein Problem gewesen sein...

Ich kann nicht genau sagen, warum ich mich dazu genötigt fühle, solche Charaktere auf Papier zu bannen, aber vielleicht mache ich es gereade deswegen, weil sie unsympathisch sind, bzw. weil sie "anders" sind, und ich dieses Anderssein interessant finde.

Ich erinnere mich an andere Geschichten von dir, an bessere, amüsantere. Da war doch bspw diese letzte Story mit der Außerirdischen, da gabs witzige Dialoge, ne herrlich überdrehte Handlung.

In Porno habe ich bewusst versucht mit den Chrakteren die Sympathien meiner Leser zu gewinnen... hier wollte ich einen Ich-Erzähler erschaffen mit dem ihr (oder sagen wir es so, die meisten von euch) nicht einverstanden sein würdet.


Ich hatte gehofft, dass mein Prot reizen würde... und dass man sich dadurch eventuell Gedanken gemacht, warum er euch eigentlich reizt (oder auch nicht reizt?)... Da läuft man als Autor natürlich die Gefahr, dass manch einer die komplette Geschichte scheiße findet, und überhaupt gar keinen Bezug zum Ich-Erzähler findet...


Es bleibt rätselhaft was dein Prot erreichen will. Mal ordentlich auf die Pauke hauen, den Deutschen endlich mal geben was sie verdienen oder Carmen beeindrucken?

Zu Beginn will er eigentlich nur mit der schönen Frau sprechen, hinterher fühlt er sich angegriffen und wehrt sich deswegen. Da steckt kein Rocketscience dahinter.

Gefreut hätte es mich, wenn du sein Denken zumindest im Ansatz "verstanden" hättest...


Das hier ist... ich weiß nicht: ein längliches Klischeeding vielleicht.

Da bin ich nicht so recht damit einverstanden.


Wie sehr ich jetzt an euch vorbeigeschlittert bin, wird sich hoffentlich aus den folgenden Kommentaren ergeben....


Hallo palle,

Das Ende war mir zu plötzlich und irgendwie nicht volkommen.

schade

Trotzdem fand ich sie interessant und flüssig.

das freut mich.

Auch dir vielen Dank!

mfg,

JuJu

 

Hallo JuJu,

leider konnte ich mit deiner Geschichte nicht so viel anfangen. Insgesamt finde ich sie sehr hölzern geschrieben.
Die Dialoge ... also eine abgedroschenere Anmache hättest du dir kaum einfallen lassen können.
Was ich aber insbesondere vermisse, ist die Motivation für irgendwas iim Text. Einfach nur zu schreiben, ihm gefällt das Mädel, das reicht nich, um seine Tat glaubhaft zu machen. Das kommt aus dem Nichts. Auch deswegen, weil dein Prot nicht richtig existiert. Kein Bild, keine Vorstellung von ihm. Da musst du noch mal ordentlich nachlegen.

grßlichst
weltenläufer

 

Hallo JuJu,

Alles Dinge, die mir signalisierten, dass die in Frage stehende Person weder eine graue Maus noch eine eingebildete Spießertussi war.
„die in Frage stehende Person“, puh, das ist mMn wirklich schlimmstes Beamtendeutsch. Ich würde überdenken, ob nicht der ganze Satz gestrichen werden kann. Für mich ist das so eine eingeschobene Erklärung, die es nicht braucht. Die schief sitzende Mütze und die Tatsache, dass die Figur sich eine Zigarette selbst dreht, charakterisiert sie doch schon.
Sie stand am Rande der Tanzfläche und drehte sich gerade eine Zigarette, als ich von der Bar zurücklief, und da sie für den Augenblick mit niemandem beschäftigt zu sein schien, nutzte ich die Gelegenheit, sie anzusprechen.
Vielleicht besser: Das Mädchen stand am Rande der Tanzfläche ...
„Hey, wer bist eigentlich du?“, fragte ich mit einem für mich sehr typischen Grinsen, das im Laufe eines solchen Abends immer häufiger auftritt und eigentlich nur vermitteln soll, dass ich lustig drauf bin, was ich auch war.
Vielleicht auch hier kürzen.
Sie sah langsam von ihrer Zigarette auf – ihre Finger arbeiteten hastig weiter – und lächelte.
Für mich schon ein Erfolg! Gemessen an all die anderen möglichen Reaktionen, die eine solche „Anmache“ hervorbringen konnte, sogar ein ziemlich großer.
Dass es sich um eine Anmache handelt, ist klar. Auch hier könntest du kürzen.
„Nein“, sagte ich und ich versuchte dabei einigermaßen ernst zu bleiben. „Du bist da die ganz große Ausnahme.“
Fehlendes Komma.
„Ja, das glaube ich!“
Ich musste schmunzeln. „Du hast ein schönes Lächeln“, sagte ich. Im Zweifelsfall packe ich immer ein Kompliment aus. Manchmal geht das schief, aber ich bin der Meinung, dass Frauen, die nicht mit Komplimenten umgehen können, sowieso alle ein angekratztes Selbstwertgefühl und höchstwahrscheinlich einen an der Waffel haben.
Vorschlag, um ein „dass“ loszuwerden. Davon hast du nämlich ganz schön viele im Text:
Ich musste schmunzeln. „Mir gefällt dein Lächeln“, sagte ich.
Im Zweifelsfall hilft ein Kompliment. Geht manchmal schief, aber Frauen, die nicht damit umgehen können, haben sowieso ein angekratztes Selbstwertgefühl und höchstwahrscheinlich einen an der Waffel.

Was die Dialoge betrifft, sage ich es mal frei heraus, denn der erste Eindruck, den man von einer Geschichte bekommt, ist meist auch der treffende: Mir sind sie, besonders am Anfang deiner Geschichte, zu holzig. Was da fehlt, ist einfach mehr Konflikt. Natürlich kann so ein erstes Gespräch – so eine Anmache – zunächst etwas stockend sein, und vielleicht wolltest du genau das zeigen, aber trotzdem ist mir das zu seicht, zu trivial. Hier mal ein Beispiel (Zitat aus einem B-Movie), um zu verdeutlichen, was ich meine:

Der Protagonist sieht eine Frau, die ihm zuvor schon einmal aufgefallen ist, in einer Bar wieder und geht ihr nach.
Sie stellt ihn zur Rede: „Was willst du?“
„Keine Angst. Ich wollte nur mit Ihnen reden.“
„Komm mir nicht zu nah!“
„Tut mir leid. Ich wollte Ihnen keine Angst einjagen.“
„Ich hab keine Angst vor dir. Also verpiss dich endlich!“
Sie steckt sich eine Zigarette an. „Hab ich dich schon mal gesehen?“
„Ja, im Pub. Ich fand Sie atemberaubend. Ich heiße Alan.“
„Und was willst du von mir, Alan?“
„Ich meine, vielleicht wäre es ja möglich, dass wir irgendwann mal was zusammen trinken.“
„Du hast wohl nen Knall.“
„Ja, vermutlich.“
„Okay, los, gehen wir.“
„Wohin?“
„In die Pazific Bar?“
„Also, ich kann jetzt nicht. Ich arbeite nachts als DJ im St. Joseph Hospital. Wie wär´s mit morgen Abend um acht?“
„Bis morgen kann viel passieren. Vielleicht hab ich dich bis dahin längst vergessen.“
„Also acht Uhr, morgen Abend. Ich bin da.“
„Dann verschwind ich jetzt. Und folg mir ja nicht, kapiert?“
Also, eine ähnliche Situation wie in deiner Geschichte, nur in diesem Dialog steckt Konflikt, und es steckt auch eine überraschende Wendung drin in dem Moment, als sie sagt: „Okay, los, gehen wir.“ Am Ende deiner Geschichte gefallen mir die Dialoge besser, weil da einfach mehr Konflikt drinsteckt.
Sehr viele Variablen also, und unter anderen Umständen wäre so ein eiskaltes „Tja“ durchaus ausreichend gewesen, um mich und mein Ego in die Weite zu schicken, wo mein Freundeskreis mit Schulterklopfen, Toilettenhumor und frustriertes Kampfsaufen auf mich wartete, aber ich war, wie gesagt, recht lustig drauf, und das Fräulein gefiel mir. Ja, sie gefiel mir sogar recht gut.
Frustriertem Kampfsaufen. Fräulein? Gibt es diese Bezeichnung noch? Ich glaube, die ist vor geschätzten hundert Jahren ausgestorben.
„88’ hat Katarina Witt dazu getanzt und Gold gewonnen.“
„Echt? Wusste ich gar nicht ... die meisten Leute meinen das Lied von Sido.“
Okay, dein Protagonist scheint ja Student zu sein. Trotzdem weiß er, dass Katarina Witt im Jahr 88 zu dem Lied getanzt hat. Wie alt war er da? Geschätzte drei Jahre?
Plötzlich runzelte sie die Stirn. „Bist du Deutscher?“
Irgendwann stellen sie alle diese Frage. Hatte ich vielleicht Carmen komisch ausgesprochen?
Entweder dein Protagonist ist Deutscher, sieht aber ausländisch aus (dann solltest du das deutlicher machen), oder er ist kein Deutscher (aber dann sollte ihn die Frage nicht wundern).
Dabei würdigte er mir keinen Blick. Auf seinem Gesicht lag ein zufriedenes Siegergrinsen.
Vorschlag: Dabei würdigte er mich keines Blickes. Der zweite Satz: Na ja, ich finde, das steht schon wieder zwischen den Zeilen, kann also eigentlich auch gestrichen werden.
Mein erster Gedanke war: Das ist mit Sicherheit ihr Freund.
Auch das kann ich mir denken.
Der zweite war: Was würde jetzt Robert Deniro tun?
Robert de Niro
„Hey, hey, hey!“, rief ich und zwei schnelle Schritte später stand der große, blonde Kerl direkt vor mir.
Aber er lief einfach weiter, verdrehte die Augen, verzog eine gestresste Miene, und schaffte es bei alldem trotzdem nicht, mich anzusehen.
Lies dir die Sätze mal mit und mal ohne die gestrichenen Wörter vor. Ich finde ja immer, weniger ist mehr.
Die Frage amüsierte sie wohl. Und warum? Warum konnte sie da lachen? Weil dieser Typ eben nicht ihr Freund war! Oder lag ich da etwa falsch? Ich meine, ganz sicher war ich mir nicht, aber wenn ich mir vorstelle, ich hätte eine Freundin, und jemand würde eine solche Frage stellen ... na ihr versteht schon.
Mmn kannst du auch diese Sätze herausstreichen, denn: Ich verstehe schon ...
Er hätte mich stärker wegschubsen sollen, denn so lag seine dämliche Bierfahnenfresse noch immer in meiner Reichweite. Ich holte weit aus und klatschte ihm eine. Aber mit der flachen Hand wohlgemerkt. Also alles recht ungefährlich eigentlich.
Der Typ stolperte nach hinten und Carmen sah mich schockiert an. „Sag mal, spinnst du!“
Wenn etwas aus dem Kontext (hier: aus dem Dialog) klar wird, kannst du dir die Adjektive sparen. Dass Carmen schockiert ist, wird doch durch ihren Ausruf deutlich. Ich würde hier allerdings eher ein Fragezeichen setzen.
Man soll jetzt aber nicht denken, dass ich mich schuldig fühlte und ich mich deswegen der Menge aussetzte. Im Gegenteil, dass die beiden Deutschen genau das bekommen hatten, was sie verdienten, stand außer Zweifel.
Richtig müsste es mMn heißen: ..., was sie verdient hatten, ... Ich würde den Satz aber umformulieren, da du hier zwei „dass“ Nebensätze hintereinander hast. Vielleicht so: Im Gegenteil, die beiden Deutschen hatten genau das richtige bekommen.
„Die kannst du morgen holen“, sagte er.
Kann weg, weil klar ist, wer spricht.

Das offene Ende hat mich hier etwas enttäuscht zurückgelassen. Ich kann nur versuchen, zu erklären, woran das liegt: Dass dein Protagonist offensichtlich Ausländer ist, spielt für die Handlung im Grunde keine Rolle. Trotzdem betonst du es. Vielleicht ist er ja auch Deutscher, sieht aber ausländisch aus. Das Thema „Ausländer“ bzw. „Ausländerfeindlichkeit“ greift hier mMn aber nicht, da der Plot zu beliebig ist. Das, was du beschreibst, könnte auch jeden Deutschen passieren. Auch dass es Studenten sind, spielt keine Rolle, denn die Szene könnte sich in jeder Disco so abspielen. Insofern bleibt für mich die Frage offen, was du eigentlich erzählen willst.

Gruß, Stefan

 

Hallo Stefan S, Weltenläufer! Ich gehe einfach auf euren beiden Kommentare gemeinsam ein.

Vielen Dank für deine Anmerkungen zum Text, Stefan! Bin nicht mit allem einverstanden, was du gern gestrichen hättest, ein paar Dinge helfen auch bei der Charaktrisierung des Prots, aber das meiste ist doch recht einleuchtend.

Zum Text an sich: Ja, ich sehe der kommt nicht an.

Das Thema „Ausländer“ bzw. „Ausländerfeindlichkeit“ greift hier mMn aber nicht, da der Plot zu beliebig ist. Das, was du beschreibst, könnte auch jeden Deutschen passieren.

da gebe ich dir vollkommen recht, darum gehts im Grunde auch nicht, er soll einfach ganz allgemein etwas anders sein

Natürlich kann so ein erstes Gespräch – so eine Anmache – zunächst etwas stockend sein, und vielleicht wolltest du genau das zeigen,

stimmt

Insofern bleibt für mich die Frage offen, was du eigentlich erzählen willst.

Ich wollte ein Konflikt erschaffen, die Würfel fallen lassen und das Ganze zu seinem logischen Abschluß bringen.

Einfach nur zu schreiben, ihm gefällt das Mädel, das reicht nich, um seine Tat glaubhaft zu machen.

doch, ich finde schon, jedenfalls in meiner Welt.

Das offene Ende hat mich hier etwas enttäuscht zurückgelassen. Ich kann nur versuchen, zu erklären, woran das liegt

Mein Prot ist nicht so leicht zu durchschauen, bzw. vielleicht ist er auch zu einfach zu durchschauen. Hier geht es nicht darum, irgendeine Aussage zu treffen. Mein Prot lebt einfach.

Ich blieb im Grunde nur deswegen stehen, weil ich Mittelpunkt des Geschehens war, und meine einzige Alternative, nämlich wegzulaufen, mir im Vergleich dazu langweilig erschien.

ich denke, die Stelle charakterisiert sein Verhalten ganz gut...


Aber ich sehe, der Text kommt nicht an, er ist relativ kurz, man checkt nicht was der Prot will, bzw. was der Autor will, und selbst wenn ... wen juckt's? Kann man eure Kommentare so zusammenfassen?

Vielen Dank!

mfg,

JuJu

 

Hi JuJu!

Gefreut hätte es mich, wenn du sein Denken zumindest im Ansatz "verstanden" hättest...
Versuchte ich ja, ernsthaft.
Aber auch nach nochmaligem Lesen passen die Teile nicht zusammen. Zuerst wirkt er nicht unsympathisch, sondern eher wie jemand, den Frauen süß finden könnten.
Das ändert sich radikal an der Stelle, wo er demjenigen, der ihn wegschubst, eine runterhaut. Das ist doch gar nicht mehr der Prot! Vorher ist alles Zucker, er findet sich cool - wie ein netter, leicht trotteliger Held, der sich innerlich schon mit Toilettenhumor und Frustsaufen anfreundet und trotzdem seine Sprüche macht. Und dann dreht er sich um hundertachtzig Grad weil er denkt was de Niro an der Stelle machen würde?
Ich sehe da nicht mal den Ansatz zur Nachvollziehbarkeit, ich weiß nicht wo ich ansetzen könnte... Sorry. :)
Viele Grüße

 

Hallo Kubus,

Will mich für deinen ehrlichen Kommentar bedanken.

mfg,

JuJu

 

Hi JuJu,

der Charakter ist schon interessant, weil dessen Selbstbild nicht mit der Realität übereinstimmt. Er ist im positiven Sinne unglaubwürdig, nicht, weil deine Charakterisierung unglaubwürdig ist, sondern der dargestellte Typ.
Er ist weder cool noch ein Schläger, auch, wenn er sich vielleicht so sieht (zumindest cool).Wäre er cool, würde er sich nicht nach der Schlägerei und dem Rauswurf im Bademantel ins Studentenwohnheim setzen und Tee trinken. Schon zu Beginn ist er zu kontrolliert, grinst bewusst, um ein Signal zu senden (Ich bin gut drauf) und erst hinterher schnell nachzuschieben, er sei auch wirklich gut drauf. Wer nimmt ihm das so noch ab?
Die Einlassungen nach der Schlägerei lesen sich wie Rechtfertigungen, auch wenn sie wie Überzeugungen geschrieben sind, aus der Hip-Hop-Szene leiht er sich dafür das Wort Respekt und benutzt es im ganz konventionellen Sinne. Ein Mädchen aus einem Gespräch zu ziehen ist sowohl dem Mädchen als auhc dem Gesprächspartner gegenüber in der Tat respektlos. Er schlägt, weil er sich ungerecht behandelt und gedemütigt fühlt, selbst, wenn er "Dummheit" des Kontrahenten dafür angibt. Dein Erzähler erscheint mir also wie ein verunsicherter Mensch, der Selbstsicherheit auszustrahlen versucht und darum ringt, nur fehlen ihm im Eskalationsfall die Mittel dazu, läuft alles ruhig, kann er die Fassade bauen.
Interessant auch die durchaus passende Halbbildung, mit der er glänzt, wenn Carmen nur an dem Lied festgemacht wird, zu Kati Witt 88 getanzt hat, nicht etwa an der Oper von Bizet, aus der dies nur ein Ausschnitt war.

Ich finde schade, dass ausgerechnet die Action, also die Schlägerei, so langweilig ist, dass ich sie im schnellen Vorlauf gelesen habe. Auch fehlte es mir in einigen Passagen an Genauigkeit in Formulierungen. Manche Tempi sind falsch.

Manche Formulierungen sind sehr indirekt (Man sollte jetzt nicht denken, dass ich mich schuldig fühlte), normalerweise würde ich das monieren, in diesem Fall passt es sehr gut, weil es den "unglaubwürdigen" Charakter betont, dessen zu geringer Authentizität Authentizität verleiht.

Lieben Gruß
sim

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Sim,

Vielen Dank für deine Gedanken zum Text! Freut mich, dass mein Prot bei dir mehr als nur verwirren konnte und du seine Charakterisierung glaubwürdig fandest. Deine Interpretation finde ich schon beeindruckend muss ich sagen.

Die Einlassungen nach der Schlägerei lesen sich wie Rechtfertigungen, auch wenn sie wie Überzeugungen geschrieben sind

Er schlägt, weil er sich ungerecht behandelt und gedemütigt fühlt, selbst, wenn er "Dummheit" des Kontrahenten dafür angibt.

Dein Erzähler erscheint mir also wie ein verunsicherter Mensch, der Selbstsicherheit auszustrahlen versucht und darum ringt, nur fehlen ihm im Eskalationsfall die Mittel dazu, läuft alles ruhig, kann er die Fassade bauen.

Das ist schon ziemlich genau beobachtet.

Auch fehlte es mir in einigen Passagen an Genauigkeit in Formulierungen

da muss ich noch dran arbeiten

Manche Tempi sind falsch.

scheiße


Vielen Dank nochmal,

JuJu

 

Deine Interpretation finde ich schon beeindruckend muss ich sagen.
Mensch JuJu, hat sich nach all dem Unverständnis doch noch jemand gefunden, der die Geschichte aus ner anderen Perspektive zu lesen versteht. Mit sims Interpretiation machts auf einmal viel mehr Sinn. Danke fürs Augen öffnen, ich hatte wohl Scheuklappen auf.
Kubus

 

Hallo JuJu,

gleich vorweg ein echter "Aua"-Satz:

Dabei würdigte er mir keinen Blick.

Und nun zur Geschichte:

den ersten Teil, also das Zugehen auf Carmen fand ich gut und angenehm lesbar. Eine Geschichte, die gut anfang sozusagen.

Aber ab der Stelle , wo es dann als Schlägerei weiterging, ist für mich schlicht die Luft aus dem Text rausgewesen.

Klar gehört vermutlich das eine zum anderen, weil du darstellen wolltest, wie sich Situationen völlig unverständlich in die falsche Richtung entwickeln, aber so wirkt das alles nur wie eine Bestandsaufnahme. Typ versucht Kontakt mit einer Frau aufzunehmen und als diese dann von einem anderen Typen weggeholt wird, gerät das alles zur Schlägerei. Punkt.
Das ist, um eine gute spannende Geschichte zu sein, mir zu flach. Schade.

Lieben Gruß
lakita

 

Hallo Lakita,

auch dir vielen Dank für deine Gedanken zum Text! Freut mich, dass du den ersten Teil angenhem fandest.

mfg,


JuJu

 

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