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Angestarrt

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11.09.2006
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Angestarrt

Der Bus hat Verspätung, schon wieder. Er muss den Weg zur Schule hoch rennen, schwitzt. Wer ihm entgegen kommt, mustert ihn genau. Blicke bohren sich in seine Brust. Eine alte Frau mit ihrem Dackel an der Leine grinst verstohlen, als sie ihn sieht. »Spät dran?« Er läuft weiter, keine Luft zum sprechen. In die Schule, die Treppen hoch. Sein Kopf ist puterot.
Endlich. Er lehnt sich an die Wand, pünktlich ist er da, vor dem Klingeln. Die dürren Mädchen mit den pinkfarbenen T-Shirts auf der anderen Seite des Gangs kichern, grinsen hämisch vor sich hin, betreten das Klassenzimmer. Endlich. Er atmet aus, schließt die Augen. Jemand rempelt ihn an, er öffnet die Augen, sieht den Jungen, der es war. »Tschuldigung, hab dich ganz übersehen«, jappst er mit gespielter Freundlichkeit, stellt sich neben ihn an die Wand, sieht ihn an, aus den Augenwinkeln, schmunzelt. Die Lehrerin kommt, öffnet die Tür.
Chemie vergeht, wie im Flug. Es klingelt wieder, er geht hinaus. Setzt sich in seine Ecke im Flur, wenige Leute. Isst still sein Knäckebrot, blickt leer geradeaus. Wieder die Treppen hoch, auf den Lehrer warten.
Die Pausen sind Zeitverschwendung. Sie sind lästig, viel zu lästig. Und zu lang. Das Lästigste an der ganzen Schule. Die Pausen sollten wegfallen, der Tag wäre schneller vorbei. Die Augen würden ihn nicht so oft finden.

Er setzt sich auf seinen Platz, erste Reihe, am Fenster. Der Stuhl knarrt leicht unter seinem Gewicht. Er nimmt sein Heft heraus. Mathe, sein Lieblingsfach. Einfache Zahlen, Formeln, Gleichungen. Nichts davon denkt und fühlt. Er sitzt allein.
Die Doppelstunde ist vorbei, die Schule ist vorbei. Endlich. Er geht aus dem Raum, die Mädchen aus der anderen Klasse kichern, wieder und wieder. Auf dem Weg die Treppen hinab starrt ihn ein magerer Junge an, unentwegt, penetrant. Ein Lehrer gluckst leicht, sieht wie er vorbei geht. Er spürt den Blick in seinem Nacken. Wie der Lehrer ihm nachsieht. Wie der Junge ihn anstarrt. Wie die Mädchen kichern. Sie kichern in seinem Kopf, zeigen mit den Fingern auf ihn, immerzu.

Er rennt nun aus dem Gebäude, den Hügel hinab, auf dem die Schule steht. Hinab bis zu dem Fluss im Tal, setzt sich auf einen kalten Stein, sieht zornig ins Wasser.
Wut kocht in ihm, blanke Wut. Können die ihn nicht in Ruhe lassen, einfach alle in Ruhe lassen? Meinen die denn, er wäre gern so? Die haben es gut. Die haben es gut, haben keine Probleme mit dem Gewicht. Müssen nicht Kalorien zählen, müssen nicht schnaufen, wenn sie eine Treppe hochgehen. Finden überall Kleider, die passen. Müssen nicht in Geschäfte gehen, wo nur Dicke hingehen. Können essen, was sie wollen. Die werden nicht angestarrt, immer wieder angestarrt.

 

Hallo!

Ich habe mich neu hier angemeldet, weil ich gerne schreibe und auch Kritik dazu bekommen möchte. Lang genug hab ich gesagt „Irgendwann schreibe ich mal eine Geschichte“, jetzt hab ich einfach mal angefangen, wenn auch nur klein. Ich freue mich jetzt schon auf eure Tipps, denn ich bin ein blutiger Anfänger im Schreiben. :D

LG Andrea

PS: Ich hoffe, die Geschichte ist in „Alltag“ richtig aufgehoben. War mir jetzt nicht ganz sicher, ob es nicht doch in „Gesellschaft“ gehört.

 

Hi Deryn!

Die Geschichte passt gut in diese Rubrik, da du ja vom Alltag des Protagonisten schreibst. Die Aussage des Textes kommt klar rüber und du hast Spannung aufgebaut, um was für eine person es sich nun handelt.

Da das hier aber ein Forum für KurzGESCHICHTEN ist, wäre es schön gewesen, noch mehr Handlung in die Sache zu bringen, etwas, dass der Person nur an diesem Tag passiert, denn bisher bericht die Person vom normalen Alltag.

Dein chreibstil ist kurz und knapp und du arbeitest viel mit Aufzählungen. An manchen Stellen gefällt mir das und manchmal wird es zu viel und stört. Zum Beispiel, als die Person zur Schule hetzt oder die Gefühle überschäumen. aber im matheunterricht ist es ja eher ruhig, doch als Leser wird man durch die Aufzählungen weiter durch die KG gehetzt. Zumindest ist das mein Eindruck.

Alles in allem ein guter Anfang, wenn auch durchaus ausbaufähig. Lies sich aber wegen der Länge und der gut gesetzten Absätze gut lesen.

MFG Steeerie

 

guten morgen andrea und herzlich willkommen bei uns!

dein stil sagt ganz klar: "tempo, tempo!" - aber das leider über die ganze strecke der kurzgeschichte. da wird auch der leser langsam kurzatmig - auch wenn er nicht schwergewichtig ist. ich finde dieses "durchpeitschen" gut am anfang und von mir aus auch noch am schluß der geschichte. dazwischen liegen aber UNTERRICHT und PAUSEN - alles nach einem genau festgesetzten stundenplan - also ohne hetze.

Die Pausen sind Zeitverschwendung. Sie sind lästig, viel zu lästig. Und zu lang. Das Lästigste an der ganzen Schule. Die Pausen sollten wegfallen, der Tag wäre schneller vorbei.
- ich denke, es ist nicht die ZEITVERSCHWENDUNG, die deinen protagonisten stört, sonder die tatsache, dass die mitschüler in den pausen zeit finden, sich über seine fettleibigkeit lustig zu machen. während des unterrichts ist das ja kaum möglich.

Er rennt nun, rennt aus dem Gebäude. Rennt den Hügel hinab,
- hier RENNST du nach meinem gefühl zu oft

setzt sich auf einen kalten Stein, sieht zornig ins Wasser.
/QUOTE] - ist das gefühl wirklich ZORN? oder viel mehr TRAURIGKEIT? - ich bin mir da nicht ganz im klaren darüber


herzliche grüße
ernst

 

Hallo andrea,

herzlich willkommen.

Zu deiner Geschichte: Wenn das deine erste Geschichte ist: Hut ab! Ich persönlich brauche immer eine Wendung oder eine Überraschung, daher wurde ich nach dem Lesen mit der schon ziemlich am Anfang feststehenden Botschaft "Dicke habens schwer" zurück gelassen. Ein wenig Spannung hätte vielleicht noch mehr Würze gebracht.

Aber deinen Stil finde ich wirklich gut. Und wenn du bis auf Kleinigkeiten so weiter machst, wirst du wohl noch viel Spaß am Schreiben entwickeln.

Gruß

Magnus

 

Hi Andrea

herzlich willkommen auch von mir

Ist doch gut, deine kleine Geschichte. Wie jemand vor mir schon sagt, fehlt noch etwas Spezielles, das dem Prot nur an diesem Tag geschieht, eine Handlung, wenn man so will.

Aber die Grundsteine hast du schon mal gut gelegt, es ist eindeutig alltag. Nicht von vornherein, sondern erst gegen Ende der Geschichte weiß man, warum der Prot so angestarrt wird.

Ein stilistisches Problem am Anfang:

Der Bus hat Verspätung, schon wieder. Er muss den Weg zur Schule hoch rennen, schwitzt.
Erst dachte ich, hier rennt und schwitzt der Bus. Wenig später ist es dann klar, aber das erste er ist eine gute Stelle, um dem Prot einen Namen zu geben.

besten Gruß

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo! Vielen Dank erstmal euch Vieren für die Antworten. :)

Dein chreibstil ist kurz und knapp und du arbeitest viel mit Aufzählungen. An manchen Stellen gefällt mir das und manchmal wird es zu viel und stört. Zum Beispiel, als die Person zur Schule hetzt oder die Gefühle überschäumen. aber im matheunterricht ist es ja eher ruhig, doch als Leser wird man durch die Aufzählungen weiter durch die KG gehetzt. Zumindest ist das mein Eindruck.
dazwischen liegen aber UNTERRICHT und PAUSEN - alles nach einem genau festgesetzten stundenplan - also ohne hetze.
Das erkenne ich nun, im Nachhinein. Danke für die Hinweise.

Da das hier aber ein Forum für KurzGESCHICHTEN ist, wäre es schön gewesen, noch mehr Handlung in die Sache zu bringen,
Auch das verstehe ich. Ich werde die Geschichte überarbeiten und mir etwas überlegen. Warscheinlich führe ich sie am Ende noch weiter.

- ich denke, es ist nicht die ZEITVERSCHWENDUNG, die deinen protagonisten stört, sonder die tatsache, dass die mitschüler in den pausen zeit finden, sich über seine fettleibigkeit lustig zu machen. während des unterrichts ist das ja kaum möglich.
Ich glaube, ich habe das etwas vermischt. Dass er es als Zeitverschwendung sieht, sollte eher eine Art Ausrede für sich ihn sein. Er will in der Schule keine Traurigkeit zeigen, weshalb er sich selbst etwas vor macht, in diesem Moment. Hmm.. muss ich nur überlegen, wie ich das besser rüber bringen kann.

- ist das gefühl wirklich ZORN? oder viel mehr TRAURIGKEIT? - ich bin mir da nicht ganz im klaren darüber
Es ist Zorn, ja. Ich denke, ich werde die Geschichte am Ende weiter führen, wobei dann auch seine Traurigkeit ins Spiel kommt.

- hier RENNST du nach meinem gefühl zu oft
Ist geändert, dankeschön.

Zu deiner Geschichte: Wenn das deine erste Geschichte ist: Hut ab!
Vielen Dank! Ich habe zwar schonmal etwas rumgekritzelt, jedoch ist nie was Ganzes daraus geworden. Dass hier ist meine erste fertige (wenn auch kurze) Geschichte.

Erst dachte ich, hier rennt und schwitzt der Bus. Wenig später ist es dann klar, aber das erste er ist eine gute Stelle, um dem Prot einen Namen zu geben.
Hmm, eigentlich wollte ich ihm keinen Namen geben. Wäre es besser, wenn ich das mache? Ansonsten würde ich "Der Junge" oder sowas schreiben.

LG

 

Hi

Menschen haben Namen. Auch Menschen in Geschichten. Gerade, wenn man in der dritten Person schreibt, finde ich es immer ganz gut, wenn sie Namen haben. Aber notwendig ist es nicht, nein.

 

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