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aquamarinblau ist der urknall

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17.05.2003
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aquamarinblau ist der urknall

; wild schleuderte der kristallboden ihre reflexionen durch den raum, hundertfach sahen wir sie, wie sie in ihrem blauen samtkleid sprang, vogelgleich und schwerelos, in der luft pirouettierend, unsere kristallprinzessin!, und funkelnd und strahlend landete sie sicher wieder auf den bloßen zehenspitzen, "eisvogel", rief man, "edler eisvogel"- eine elegante verbeugung, dann hob sie das engelsgesicht zum oberen; direkt in die augen des hohen herren blickte sie aus ihren funkelnden marinen, und er- nickte, langsam und bedächtigt- und erst jetzt begann ihr tanz...

-und in einer diamantensplitterexplosion geht die welt unter-

; wilde violinentöne schleudert das orchester durch den kristallraum, eine schnelle, fremdländische arie voller lusteskapaden und chromatischer triller, wiederhallend in den spiegelglänzenden wänden- und der schlanke körper fliegt & taucht durch die musikerfüllte luft, feenhaft, unwirklich fast; die beiden samtbänder, an ihre arme gebunden, lässt sie durch das zimmer tanzen, gleich zwei tödlichen wasserschlangen, die um die beute kämpfen, schleier sind es nur, aber sie reflektieren das licht millionenfach, lösen es auf, zerbrechen das prisma, und dann bricht es wieder hervor, gereinigt und tausendschön, in einem wasserfall der farben bricht es aus ihr heraus, ein regenbogensturm, von jeder kristallwand wieder und wieder wiederholt, ein farbenstrom, eine schlacht, ein optischer climax, "und aquamarin war der urknall sicherlich"...- und sie taucht unter den melodieläufen hinweg, tanzt mit den tönen, umarmt das cello, das sich in wilde extase steigert, ein kuss für die violine, die musiker werfen ihr das eigene herzblut vor, und sie nimmt es bereitwillig, verschlingt noch das herz dazu, speiht es wieder aus und übersäht uns mit kristallsplittern-.... und mit ihrer anmutigen wildheit zerfetzt sie uns den verstand, packt ihn mit den schmalen fingern, und dann dreht sie sich, tanzt wie ein taifun und reisst unsere hirne heraus, reisst uns mit in eine andere spähre, eine, in der es keine schwerkraft gibt, kein alter, keine last, nur tanz und schmerz und liebe und blauen tod- ...
.

es endete; irgendwann... noch ein letztes aufbrausen der streicher, ein letzter sprung, dann drehte sie sich in der luft wieder und wieder um sich selbst, dann breitete sie die arme aus, rechtwinkelte die beine, die töne hoch!; und der kristallene boden erzitterte leicht, als der schlussakkord und ihre zehen gleichzeitig auf den boden herniederstießen, virtuos, lebensfreudig, frei, totgeweiht auf immer... "der vogel ist gelandet-." ... der schlanke körper zitterte fast unmerklich; vor erschöpfung und erwartung. und unser aller augen richteten sich auf den herrscher... der große weise blickte mit seinen sucheraugen, den unerbittlichen richtern, auf uns (& vor allem sie) herab; blickte in jedes herz, jede seele;- und wer da nicht bereute, der war auf immerdar verloren, denn wir hatten unsere herzen geöffnet für diesen tanz, wir hatten unsere seelen geöffnet, um die musik hereinzulassen, und durch all unsere freude sah er direkt in uns, sah jeden krankschwarzen lügenflecken, schreckensflecken, verbrechensflecken, mordflecken... sie aber stand; sie verharrte noch immer im letzten takt, sie war noch garnicht gelandet in dieser welt.- (und ihre last & und ihr weltliches gewicht hatte sie in der anderswelt gelassen.)- und so schwebte sie, selbst der flammende wahrheitsblick konnte sie nicht beugen / noch brechen / noch verbrennen- -- - und schließlich
nickt
der
hohe lord
von seinem ebenholzthron herab / und schließt ein buch / in dem stehen märchen und gruselgeschichten / und spricht bedächtig & weise:

"deine kunst sagte mir tatsächlich zu, frau mirjam. danke deinen göttern: ich akzeptiere dich und deine familie"- (hierbei schweift der flammenblick wieder zu uns herüber)- "hiermit als *servi artisti*; ihr sollt leben-."

und die erlösung kommt zu spät
denn langsam sinkt sie vor ihm nieder

auf die zarten knie
auf die schlanken hände
auf die edelgewachsene stirn
denn dies ist ein göttergeschenk / und wer dies sterbliche schauen lässt / entrichtet / einen preis / oder es war nur die erschöpfung...
(jetzt sing, kleiner vogel) - und der weltuntergang hat die farbe gebrochenen glases, das sich langsam rot färbt vom blut
///

 

Hi.

Uff, muss ersteinmal verschnaufen nach diesem Marathon.
Die geschichte ist sehr interessant, aber der letzte Abschnitt nimmt mir die Illusion, von dir zu erfahren, worum es geht.

Die Interpunktion etc. sind wahrlich ein Experiment, aber sie passen dazu, vermitteln dem ganzen Tempo.

Gruß Mike

 

hm. Danke ersteinmal für das durchstehen des Marathons- meinst du, ich soll den letzten Absatz löschen? Der ist zueggebenermaßen auch nur so eine Art Notbehelf... Was, meinst du, stört?

 

Folgenden Text von all-apologies unter seiner Story habe ich entfernt:

Ein Experiment ist diese (schon ältere) Geschichte vor allem dadurch, dass ich keine Ahnung habe, was ihr Sinn ist und hoffe, das irgendjemand hier vielleicht einen tieferen Einblick in diesen Text gewinnen kann als ich... Geschrieben habe ich sie zur Überschrift, einem Satz, der mir irgendwann einmal zugeflogen ist und der mich irgendwie inspiriert haben muss. Sie ist vielleicht ein wenig abeeinflusst von *Nachtcafe* von G. Benn.
Ich hoffe, niemand stößt sich an meiner eigenwilligen, durchaus BEWUSST GEWÄHLTEN Grammatik, Interpunktion, Wortwahl. Kritik an ungeschickten, unschönen Formulierungen (und natürlich nicht nur daran!) ist selbstverständlicherweise trotzdem erwünscht.

 

Ich glaube, Leif ist dir so eben zu vor gekommen. Das erledigt das ganze und beschehrt dir mehr anfragen auf sinn und unsinn des textes. Ich fand das anhängsel nicht gerade störend, aber er nahm alle illusionen. Ich glaube fast ein kleines Posting unter dem Text wäre angebrachter dafür.

Gruß Mike

 

:dope: :silly: :stoned: :messer: :dozey:

so fühle ich mich jetzt :D

 

Hallo all- apologies,

so schön manche Ausdrücke auch sind, läßt mich der Text etwas unzufrieden zurück: Das Experiment kann mich veranlassen, zu testen, ob ich mir etwas zusammenreimen kann. Dazu brauche ich aber eigentlich keinen Autoren, Zeitungsschnipsel oder ein Telephonbuch wären auch geeignet.Erinnert mich an einen Rohrschach- Test ohne Therapeuten.

(Das hört sich jetzt wahrscheinlich ablehnender an, als ich es meine.)

Alles Gute,

tschüß... Woltochinon

 

@woltochinon:

so schön manche Ausdrücke auch sind,
Nun, ich muss zugeben, die Schönheit mancher Ausdrücke war mir tatsächlich um einiges wichtiger als ein möglicher Sinn hinter dem ganzen.
Trotzdem danke.

@yva, ibanac-
klasse!
freut mich, diese antworten.

nacht
all-apologies

 

Hi all-apologies,

Nach dem ersten Lesen ging es mit ähnlich wie Yva.
Also verwirrt, durcheinander und geplättet von dem
Tempo, der Interpunktion und besonders den wechselnden
Bildern.
Wie du die Bilder des Tanzes gestaltet hast, ist einfach
genial: ständig auf einander aufbauend und dennoch immer
anders. Die verwendeten Ausdrücke sind farbenfroh,
lebendig und auch etwas schleierhaft und ermöglichen so
die Vorstellung dieses diffusen Treibens.
Beim nachfolgenden Lesen wollte ich dann den Sinn
entdecken, doch immer wieder war ich nur verwirrt.
(wobei verwirrt im positiv-nachdenklich Sinn zu sehen ist)

Aber ich denke, dass es bei einem Text der so stark auf
den Leser wirkt, unwichtig ist dass ein Sinn leicht
erkennbar dahinter steht. Versteckte Bedeutung
(wer weiß vielleicht auch keine) regt an zum Nochmallesen.

Ich hab längere Zeit überlegt woran der Text mich
irgendwie erinnert: an "Auf der Galerie".
(von Kafka glaub ich)

Gruss,
CmT

 

- Aquamarinblau ist der Urknall -

zweite Version; diesmal inkl. (ein wenig) Sinn und Großschreibung!
Referenz: Mk 6, 14-29, Leseweise aus Tiefenpsychologie und Exegese (zweiter Band) von Eugen Drewermann - beides übrigens sehr lesenswerte Bücher.


; wild schleuderte der Kristallboden ihre Reflexionen durch den Raum, hundertfach sahen wir sie, wie sie in ihrem blauen Samtkleid sprang, vogelgleich und schwerelos, in der Luft pirouettierend, unsere Kristallprinzessin!, und funkelnd und strahlend landete sie sicher wieder auf den bloßen Zehenspitzen, "Eisvogel", rief man, "edler Eisvogel"- eine elegante Verbeugung, dann hob sie das Engelsgesicht zum Oberen; direkt in die Augen des hohen Herren blickte sie aus ihren funkelnden Marinen, und er- nickte, langsam und bedächtigt, gebannt und verzaubert; und erst jetzt begann ihr Tanz...

-und in einer Diamantensplitterexplosion geht die Welt unter

; wilde Violintöne schleudert das Orchester durch den Kristallraum, eine schnelle, fremdländische Aarie voll von Lusteskapaden und chromatischen Trillern, wiederhallend in den spiegelglänzenden Wänden- und der schlanke Körper fliegt & taucht durch die musikerfüllte Luft, feenhaft, unwirklich fast; die beiden Samtbänder, an ihre Arme gebunden, lässt sie durch das Zimmer tanzen, gleich zwei tödlichen Wasserschlangen, die um die Beute kämpfen, Schleier sind es nur, aber sie reflektieren das Licht millionenfach, lösen es auf, zerbrechen das Prisma, und dann bricht es wieder hervor, gereinigt und tausendschön, in einem Wasserfall der Farben bricht es aus ihr heraus, ein Regenbogensturm, von jeder Kristallwand wieder und wieder wiederholt, ein Farbenstrom, eine schlacht, ein optischer Climax, "und aquamarin war der Urknall sicherlich"...- und sie taucht unter den Melodieläufen hinweg, tanzt mit den Tönen, umarmt das Cello, das sich in wilde Extase steigert, ein gehauchter Kuss für die Violine, die Musiker werfen ihr das eigene Blut vor, und sie nimmt es bereitwillig, verschlingt noch das Herz dazu, speiht es wieder aus und übersäht uns mit Kristallsplittern-.... und mit ihrer anmutigen Wildheit zerfetzt sie uns den Verstand, packt ihn mit den schmalen Fingern, und dann dreht sie sich, tanzt wie ein Taifun und reisst unsere Hirne heraus, reisst uns mit in eine andere Spähre, eine, in der es keine Schwerkraft gibt, kein Alter, keine Last, nur Tanz und Schmerz und Liebe und blauen Tod- ... .

es endete; irgendwann... noch ein letztes aufbrausen der Streicher, ein letzter Sprung, dann drehte sie sich in der Luft wieder und wieder um sich selbst, dann breitete sie die Arme aus, rechtwinkelte die Beine, die Töne hoch!; und der kristallene Boden erzitterte leicht, als der Schlussakkord und ihre Zehen gleichtzeitig auf den Boden herniederstießen, virtuos, lebensfreudig, frei, eigentlich zu schön, um nicht tot zu sein... "der Vogel ist gelandet-." ... Der schlanke Körper zitterte fast unmerklich; vor Erschöpfung und Erwartung. und unser aller Augen richteten sich auf den Herrscher... Der große Fürst sitzt da, eingefallene Wangen, schmelzende Augen, und flüstert: "Tochter, sag einen Wunsch, irgendeinen, ich werde ihn dir erfüllen. Bitte mich um die Hälfte meines Reiches, es soll dein sein."; und wir nicken, denn für solch einen Tanz wurden Kriege geführt und Völker endlos gemartert.

Die letzten edlen Menschen sind rar geworden, sie haben sich in die Berge geflüchtet.

"Bring mir", singt Salome, "Bring mir den Kopf des Mannes, den ich liebe!"
"Wehe!", rufen wir.

Im ersten Moment will ein jeder von uns zum Schafott rennen, sich selbst auf die Opferbank legen und mit den eigenen Händen den Stahl hinabfahren lassen. Doch dann kehren die Soldaten, die der Herrscher ausgesandt hat, um die furchtbare Schönheit zu befriedigen, zurück, sie waren im Bergland, und nun halten sie einen Mann in ihren Händen; einen großen, dürren Einsiedler, wirr und ungepflegt, bärtig, er redet dunkle Worte.

Salome, ihn sehend, stürzt auf ihn zu, und nun ist die Welt wie zähflüssig und langsam, Salome, auf Knien bettelnd, fordert: "Sag mir, Wilder, sag mir, dass ich ein guter Mensch bin!" - Der Wilde schweigt. "Sag mir, sag mir, dass ich voll Güte bin, und du sollst reich sein und glücklich!", ruft sie wieder, dabei ihre Hand verführerisch und vernichtend über seine Wange streichend. "Mein Tanz macht alle Sterblichen schauen und staunen! Sieh, ich bin hier!" - Der Wilde, nach einer Pause: "Dein Tanz ist schön, doch deine Augen sind traurig." Dabei den Armen etwas von seiner geringen Habe gebend. Dabei dunkle Worte sprechend.

"Den Kopf", sagt Salome.

Der Wilde zittert nicht.

Das eigentlich beängstigende ist nicht gewesen, wie der Kopf des Täufers in den Sand fiel und kein Tropfen Blut floß und die Leute flohen und Salome im Wahn starb und der Obere starb und das Volk starb; das eigentlich beängstigende ist gewesen, das der Wilde eim letzten Moment doch fast gezittert hat.

So sagen manche.

 

Diese Geschichte ist wie ein Trip.... ich war beim Lesen gar nicht mehr "hier" sondern "dort" (äääh *gg*)! Also - genial ge- und umschrieben, jedes Detail wird hier ausgearbeitet, alles kann ich vor mir sehen, kann sogar die Stimmung spüren und war traurig, als Text zuende...

Weiter so, WEITER SO!!!!

 

So, nachdem ich immer um den Text rum geschlichen bin, jetzt noch meine Meinung.
Als ich den Text das erste Mal gelesen hab, tauchte die Vorstellung einer Ballettänzerin vor meinem inneren Auge auf. Eine Tänzerin, die mit ihrem Tanz die Zuschauer gänzlich in den Bann zieht...
die zweite Textversion löst das Ganze dann wohl ein wenig auf. Wenn ich mich nicht irre geht es hier um die Oper "Salomè"...oder? Hab sie selbst nicht gesehen, kenn aber ganz grob den Inhalt.
Deine Formulierungen finde ich teilweise sehr genial, was schade ist, ist dass du den letzten Absatz in der zweiten Version gestrichen hast, der hatte es mir besonders angetan.
Das wars auch schon, zusammgefasst also: der Text hat mir gefallen (schon des Tanzens wegen:))

 

Tag,

hab mir gerade die zweite Version deines Textes durchgelesen und muss sagen : Die erste gefiel mir um Längen besser.

Im Gegensatz zu meinen Vorrednern bin ich nicht der Ansicht, dass ein Sinn hier notwendig ist, schließlich hast du den Text ja unter der Rubrik Experimente und nicht unter Philosophie veröffentlicht.
Die Überarbeitung hat gegenüber dem Original meiner Meinung nach sehr viel an Tempo verloren und außerdem erklärst du jetzt einfach zuviel.
Gerade durch die äußerst eigenwillige Grammatik, die sonderbare Zeichensetzung und diese unglaublich detaillierte, rasend schnelle Erzählung einer Situation, die so viel Interpretation offen lässt, dass sie sich wohl vor dem geistigen Auge eines jeden Lesers anders abspielt, hatte die Urfassung einen wahnsinnigen Gänsehaut Effekt auf mich. Stellenweise spürte ich ein richtiges Kribbeln im Kopf, so gepackt war ich von deiner melodramatischen Erzählkunst.
Also, du merkst, ich bin ein Fan des Originals, die Überarbeitung hingegen ist mir zu rational und schwunglos geworden. Dann lieber weiterhin sinnfrei.

Beste Grüße

Cerberus

 

Diese Geschichte war vor knapp acht Jahren eine jener, die mich hier auf KG.de geprägt haben.
Ich las die Worte, und war sprachlos darüber, welche Magie von Geschriebenem ausgehen kann.
Ich habe keine Ahnung, ob der Autor hier gelegentlich noch reinschaut, aber dieser Text hat definitiv dazu beigetragen, wie ich heute schreibe.
Mag diese bildgewaltige Explosion der Buchstaben noch immer.

Danke dafür!

 

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