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Askaron - eine fast wahre Geschichte

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26.11.2007
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Askaron - eine fast wahre Geschichte

Mit Tränen in den Augen legte sie den Telefonhörer auf. Obwohl sie schon vorher wusste, dass es wieder eine Absage war, schien es ihr unerträglich, diese Antwort zu ertragen. Sie ging in die Küche, um sich einen Kaffee zu kochen. Jetzt half nur eins – nachdenken. Wie kann es weiter gehen? Irgendwie muss es weitergehen.
Sprudelnd und röchelnd lief der Kaffee durch die Maschine, als plötzlich das Telefon klingelte. Hoffnungsvoll ging sie zum Apparat.
„Seilert?“
„Hay Gundy, hier ist Marion, na wie geht´s Dir?“

Einen Augenblick Schweigen, denn mit diesem Anruf hatte sie nicht gerechnet.
„Ja, den Umständen entsprechend.“
„Was ist bei Dir los?“
„Ich sage nur eins – Askaron, na klingelts?“
„Oh man, immer noch?“
Die Stimme klang ernsthaft betrübt, aber auch genervt.
„Ja, immer noch, was soll ich auch machen, das Tier ist gesund, niemand will es einschläfern, aber haben will es auch niemand. Jetzt bin ich wieder ohne Unterkunft, ich weiß nicht, was ich noch tun soll. Zumal ich jetzt auch noch arbeitslos bin.“
„Du ärmste, soll ich mich für Dich mal umhören?“
„Vielen Dank, aber ich habe alles durch, was es hier an Unterstellungsmöglichkeiten gibt, das ist sinnlos.“
„Du musst ihn legen lassen, dann sind die Besitzer zwar sauer wenn Dein Hengst auf ´ne Stute geht, brauchen aber Dir nicht ständig drohen, dass Du die Kosten eines Abbruchs tragen musst.“
„Ja, das habe ich ja auch schon mit dem Tierarzt besprochen, doch der sagte mir, dass der Hengst so massive Hengstallüren hat, dass eine Legung ein Tropfen auf den heißen Stein wäre, er verträgt sich ja nicht mit anderen, das ist das Problem.“
„Bleibt Paddockhaltung.“
„Haben die meisten nicht, wollen die meisten, die einen haben nicht, der Paddock ist kein Stall, nur eine kurzfristige Unterbringung, mehr nicht.“
„Dann kauf Dir einen eigenen.“
Ein Lachen entrang ihrer Kehle.
„Und wo soll ich den hinstellen? Mitten in den Wald hinein? Ich brauche Land, das habe ich nicht, also ...?“
„Aber irgendwo wird sich doch ein Fleckchen Erde ...“
„Hör zu Marion, sei mir nicht böse, aber ich erwarte einen Anruf vom Tierschutzverein, ich muss also aufhören, ich ruf heute Abend zurück.“
Sie legte schnell auf, rannte ins Badezimmer und weinte hemmungslos. Diese ganzen Ideen hatte sie doch auch schon gehabt, also was sollte es denn? Die Tränen liefen durch ihr zierliches Gesicht und sie schnauzte kräftig in ein Taschentuch. „Kopf hoch Gundy, wird schon irgendwie werden, irgendeine Lösung muss sich doch finden lassen!“ Mit diesen Worten ging sie ins Wohnzimmer, als es plötzlich an der Tür schellte. Überrascht öffnete sie die Tür und dort stand ein junger, nach Hunden riechender Mann, der sie freundlich anlächelte. „Frau Seilert? Mein Name ist Borrisch, ich komme vom Tierschutzverein, ich hatte sie eigentlich anrufen wollen, aber da ich gerade in der Nähe war, dachte ich, ich komme mal eben vorbei. Es ist Ihnen doch recht, oder?“
Völlig überrascht über diese freundliche Geste, ließ sie den jungen Mann eintreten. Sie bat ihn, Platz zu nehmen, bot ihm ein Kaffee an und er nahm an. „Also um der Wahrheit die Ehre zu geben, meine Kollegen haben mich ein wenig ins kalte Wasser geworfen, denn ich arbeite heute den ersten Tag und habe keine Ahnung, um was es geht, wenn sie mich bitte erstmal in Kenntnis setzen würden, um was es geht, dann kann ich Ihnen vielleicht besser helfen.“
„Die Geschichte dauert, das kann ich Ihnen hier schon mal sagen.“
„Das macht nichts, ich habe heute meinen ersten Arbeitstag und meine Kollegen möchten nur, dass ich mit einer Lösung zurückkomme, mehr nicht, das ist, egal wie lange es dauert.“
Erleichterung leuchtete in Gundys Gesicht auf, als sie diese Worte hörte.
„Ich fange am besten vorne an, dann können Sie vielleicht auch meine Beweggründe verstehen, warum ich das alles getan habe, was Sie gleich hören werden.

Es war im Sommer vor drei Jahren. Ich ritt damals auf einer Stutenmilchfarm zum Spaß regelmäßig, mal einmal pro Woche, mal drei Mal, je nachdem was anlag, Ausritt oder Unterricht, es war mir egal. Dort waren fast nur Haflingerstuten und auch Askaron. Denn ohne Fohlen kann keine Milch zustande kommen, ist ja klar. Ein traumhaftes Pferd, hell, wie ein Haflinger eben sein muss, die blonde Mähne, die fast zu den Schultern reicht, einfach nur schön. Jedoch habe ich mich immer davor gescheut, ihn zu reiten, da er ein Hengst mit Allüren ist, sehr starken Allüren. So, wenn man ihn bürstet, ihn pflegt, ist er der Liebste auf der Welt, doch kaum will man ihn satteln, geht es schon ein wenig los. Aber das hat ja fast jedes Pferd, Sattelängste gehören ja heutzutage fast zur Tagesordnung. Meistens habe ich eben dort nur die Stuten geritten, nur einmal kam es dazu, das ich Askaron reiten sollte, es war keiner da und er musste unbedingt bewegt werden. Also machte ich ihn soweit schon mal fertig, mit Angst im Nacken, ohne Scherz. Die ganze Zeit hatte ich Angst, er könnte irgendwie durchdrehen. Aber er war lieb, die ganze Zeit über. In der Halle hingegen machte er jedoch ein wenig seine Allüren, er ging rückwärts, sprang plötzlich weg, all solche Sachen. Doch ich blieb im Sattel und fühlte mich auf ihm auch wohl. Dann als der Unterricht begann, verflog die Angst und ich wurde immer sicherer. Die anderen Mädchen hinter mir nahmen auf mich auch Rücksicht und so konnte mir auch gar nichts zustoßen. Von Kindern kann man heute im Reitbuissnes bald mehr lernen als von den Erwachsenen, das sage ich Ihnen.
Die Stunde neigte sich ihrem Ende und ich sollte angaloppieren, wieder brach Angst aus, aber es klappte wunderbar. Das Pferd reagierte unglaublich willig auf die Hilfen, die ich ihm gab, und machte mir keine Schwierigkeiten, im Gegensatz zu der nächsten Stunde, seit dem wusste ich auch, das dieses Pferd was besonderes war. In der nächsten Stunde machte er nämlich wieder seine Späßchen, wie Steigen und den Versuch, von der Hand loszukommen, dass die nächste Reiterin voll die Probleme hatte und erst das Einschreiten der Lehrerin Hilfe bringen konnte, sie longierte ihn nämlich einige Minuten lang, dann war gut.
Das ist sein größtes Manko: Sobald er in die Halle kommt, flippt er aus, um zu beweisen, dass er der King ist, eine Hengstmanier. Das ist ja nicht so wild, wenn man alleine ist, aber wenn man mit mehreren Pferden in der Halle ist und so was geschieht, kann es passieren, das man ein heiloses Durcheinander hat und das hatte ich häufig hervorgerufen. Es kam sogar mal so schlimm, das ich fast von einem anderen Pferd erschlagen wurde, weil es ebenfalls meinte, steigen zu müssen, ganz in meiner Nähe.
Aber ich weiche ab, zurück zu der Stutenmilchfarm. Dort sah ich dann also, wie ein erst völlig friedliches Tier unter mir plötzlich zeigte, was es denn alles an Unarten so kann, auch unter dem Sattel. Da äppelte eine Stute direkt vor seine Nase und Askaron macht nichts besseres, als sich mit seinen Nüstern voll in den Haufen zu werfen und zu schnuppern, was die Reiterin fast aus dem Sattel geworfen hatte. Erst wieder die Reitlehrerin konnte dieses Pferd davon überzeugen, weiter zu laufen. Überhaubt war die Stunde um einiges nervöser, als die Stunde, die ich mitgemacht hatte, ich weiß bis heute nicht warum.
Es war überhaupt interessant zu sehen, wie ruhig dieses Pferd in meiner Nähe war und völlig ausflippte bei anderen.
Das ging so einige Monate so weiter, dann erfuhr ich, dass die Stutenmilchfarm verkauft werden müsse, da die Finanzen nicht mehr stimmen würden. Das bedeutete für mich innerlich Abschied nehmen von allen Pferden, es tat weh. Aber es kam anders, denn als die Leute erfuhren, dass alle Pferde auch verkauft werden würden, hatte ich Hoffnung, das Askaron vielleicht nicht genommen werden würde. Und so war es auch, die Hengstmanieren, die er sich im Laufe der Jahre dort angewöhnt hatte, schreckten die meisten Menschen ab, selbst ein ziemlich bekannter Reitlehrer von irgendeinem bekannten Dressurreiter lehnte ab, als er Askaron tanzen sah. Der Preis fiel, erst 8000, dann 7500, später auf 6000, und als dann immer noch keiner zugriff, wollte die Besitzerin ihn mitnehmen, doch es kam wieder anders, denn ich fragte sie, ob ich ihn haben könnte. Sie schüttelte nur lachend den Kopf, ich solle erst mal vernünftig reiten lernen, dann könne ich noch mal wieder kommen. Und diese Aussage wurmte mich so sehr, dass ich Askaron kurzerhand sattelte und mit ihm in die Halle ging, mich auf ihn setzte und ihn ritt, als wäre es nichts besonderes. Das sah Karin, so hieß die damalige Besitzerin und ihr fiel die Kinnlade runter. Denn als sie es versuchte, so mir nichts dir nichts aufzusteigen, klappte es nicht. Sie musste ihn wieder longieren, bevor es mit dem Reiten losgehen konnte.
Ich sagte ihr daraufhin, dass es wohl keinen besseren Reiter für Askaron geben könnte, wie mich und das sie doch bitte mit dem Preis runtergehen sollte, bis ich es auch bezahlen könnte. Bei 2000 sind wir dann uns einig geworden und sie war innerlich zwar traurig, das sie ein so gutes Pferd verkauft hatte, aber auch irgendwo heilfroh, diesen Teufel aus dem Stall zu haben. Ich hatte bis dahin keine Ahnung, wo ich das Pferd unterstellen sollte, doch da machte mir meine Freundin gute Hoffnungen, sie kannte da einen Bauern.

Ich kam dort an, stellte das Pferd dort unter und war froh, denn für 50 Euro kann man fast nirgends sein Pferd unterstellen. Aber es war kein langer Aufenthalt, denn eines Tages bekam ich einen Anruf von dem Bauern, ich müsse sofort zum Stall kommen. Ich fuhr hin und wurde Zeuge eines Hengstes, der eine rossige Stute gewittert hatte. Askaron wieherte sich die Stimmbänder wund, trat ununterbrochen an die Stalltür und gebärte sich wie wild. „Holen Sie diesen Teufel da raus, ich hab gleich keine Tür mehr!“, rief er mir zu und ich versuchte mein bestes. Es schlug fehl, er riss sich los, schliff mich noch einige Meter mit und sprang ohne große Mühe über die Wiesenabsperrung, um an die Stute zu kommen. Verzweifelt versuchte ich, seinem Trieb zu stoppen, doch wenn die Triebe da sind, macht man als Mensch nichts mehr. Es war eine Araberstute, eine schneeweiße, die seine Nase gewittert hatte und die auch willig war. Ich konnte nur noch warten, bis er fertig war, und nahm ihn dann wieder mit. Innerlich hoffte ich, dass die Stute nicht aufgenommen hatte. Doch ich hoffte vergebens, der Besitzer rief mich abends entrüstet an, was denn so eine kleine Promenadenmischung auf seiner 15.000 € teuren Stute zu tun hätte, ich könne mich schon mal warm anziehen, die Tierarztkosten würde ich übernehmen. Auf meine Bitte hin, mir das Fohlen eventuell zu überlassen, legte er entrüstet auf. Mir tat die Stute so unendlich leid, das arme Fohlen genauso. Es war schrecklich und ich beschloss, den Tierarzt um eine Legung zu bitten.
Doch leider war dieser Tierarzt ein absoluter Freund von „normalen“ Tieren, die nicht um ihre Männlichkeit gebracht wurden und es dauerte etliche Minuten, bis ich ihn überzeugen konnte, den Schritt vorzunehmen. Er meinte, bei einem Hengst, der weiß, wozu er fähig ist, würde eine Legung nichts bringen und so weiter und so fort. Ich erklärte ihm dann zum x – ten Mal, das ich wahrscheinlich demnächst eine ziemlich hohe Rechnung bekommen würde, vielleicht auch eine Anzeige, denn Askaron hatte eine sehr wertvolle Stute gedeckt. Das geht natürlich irgendwie nicht, wenn man mit ihr züchten will ...

Wenn Sie meine Meinung wissen wollen, es ist alles nur pure Show. Mag sein, dass diese Stute einen sehr wertvollen Stammbaum hat, aber deswegen gleich durch einen Unfall ein wehrloses Wesen zu töten, nur weil es nicht reinrassig ist, um Gottes willen!
Aber die Sache ging gut aus, es kam nie eine Rechnung, ich habe nie wieder was von dem Besitzer gehört. Alles nur heiße Luft, große Klappe und nichts dahinter.
Der Bauer war dadurch ein wenig aufgeregt und meinte zu mir, ich solle mich doch ein wenig mehr um mein Pferd kümmern. Nun, ich tat alles, was meine Zeit rausließ, allerdings war das bei Weitem nicht so viel, wie ich es gerne gehabt hätte. Ich versprach nun jeden Tag zu kommen, egal ob bei Sonnenschein oder Regen.
Der Tierarzt hatte mich versetzt, was sehr blöd war, aber das ganze Prozedere einem anderen nochmal zu erzählen, dazu hatte ich keine Lust. Doch durch eine sichere Quelle hatte ich erfahren, dass er seine Praxis dichtmachen musste, da er mal einen Menschen behandelt hatte, das wohl wiederholt. Der war weg und ich beschloss, das Pferd so zu lassen, wie er war, zumal er auch recht hatte, ein Hengst, der viele Jahre Fohlen zeugen durfte, wird seine Macken nicht mehr los. Also beschloss ich, alles so zu lassen, doch die Macken wollten nicht abreißen, im gegenteil, sie wurden schlimmer.
Er bekam einige Tage nach diesem Vorfall einen Stallnachbarn, ein gelegter, drei Jahre alter Wallach, der jedoch auch sehr spät seine Männlichkeit losgeworden ist, nämlich erst drei Tage zuvor. Zuerst passierte nichts, Askaron benahm sich wie immer, doch dann lag wieder Liebe in der Luft und die Zwei bekamen sich in die Köpfe, aber nicht zu knapp. Ich band Askaron in der Box an, doch war er wie verrückt, er zertrat die Boxenwand, er riss sich ständig los, es war furchtbar. Ihn zu bändigen erschien mir fast nicht mehr möglich. Dann bekam ich den Tipp, dass ich dem Pferd Hormonspritzen geben lassen könnte, die würden die Triebe ein wenig zügeln. Sofort rief ich den mir vorgeschlagenen Tierarzt an, der auch kam, sich Askaron ansah und wieder fuhr, nachdem der Bursche ihn ebenfalls fast erschlagen hatte. Mir war das alles superpeinlich, ich wurde von dem Bauern angeguckt, als hätte ich einen Dämon in Pferdegestalt und die anderen Pferdebesitzer zerrissen sich das Maul über mich. Dabei hätte ich Hilfe nötig gehabt, keine Vorhaltungen!! Aber wenn einmal so eine enge Bekanntschaft von Pferdebesitzern sich gegen einen verschworen hat, dann kann man bei diesen arroganten Menschen nicht mehr viel machen. Und der Stall war noch human, man sagte mir freundlich, ich solle doch bitte irgendeine Lösung finden, mehr nicht.
Das geschah beim nächsten Stall nicht.

Ich hatte den Stall verlassen, da ich hörte, dass sehr viele Stuten in der Nähe untergebracht waren, das war für den Hengst auf Dauer nur eine Belastung, also bin ich 23 km weit geritten und habe für einiges mehr mein Pferd unterstellen können.
Dort konnte ich auch einigen Unterricht genießen, Springunterricht ebenfalls, an dem ich mein Herz verlor. Es dauerte nicht lange und ich sprang mit Askaron, der ein unglaubliches Springpferd ist, über alles, was sich uns in den Weg stellte. Bis zu 1.65 Meter waren gar kein Problem, dabei ist das Pferd nur 1.60Meter. Es kommt selten vor, das ein kleines Pferd so gut springen kann. Ich konnte an Turnieren mitmachen, gewann zwar nie, aber wir waren dabei und hatten so manches Gesprächsthema bei den Leuten erweckt. Ich glaubte, nun wäre ich in der richtigen Umgebung, doch dann kam das, was kommen musste. Die rossige Zeit. Und wieder hatte ich einen Teufel auf vier Beinen im Stall stehen. Diesmal zerlegte er jedoch nicht die Stallwände, sondern bekam sich mit den anderen Pferden in die Mähne. Und das nicht gerade sanft, dicke Fleischwunden waren jeden Tag an der Tagesordnung und so bekam er eine andere Box, die unglaublich dunkel und abgelegen war. Gefiel mir zwar nicht, aber immer wieder zu hören, dass er sich wieder mit einem anderen Pferd angelegt hatte, gefiel mir erst recht nicht. Der Stall war dort offen, müssen Sie wissen, also die Pferde konnten ihre Hälse frei bewegen und auch mal zum Nachbarn schnuppern, sogar sich beknabbern, wenn sie wollten, es war ein toller Stall, doch Askaron hatte nur Streit im Kopf.
„Packen Sie diesen Wildfang in einen Paddock, da kann er dann wenigstens keinen Blödsinn bauen!“ Diese Aussage kam von einem Besitzer, der sein Pferd fast drei Wochen nicht bewegen konnte, da Askaron ihm so Derbe zugesetzt hatte, das er erstmal ausfiel. Die Idee war nicht schlecht, dachte ich und ich beriet mich mit den Besitzern, die sagten, ein Paddock wäre ja normalerweise keine Unterbringung für ein Pferd auf Dauer, aber da Askaron ja scheinbar große Hormonprobleme hätte (war nett ausgedrückt) würde er in diesem Fall eine Ausnahme machen. Nun stand er draußen, die dunkle Zelle, Box konnte man das wirklich nicht mehr nennen, war Vergangenheit. Dort machte er zwar auch noch seine Spirenzken, aber er verletzte sich nicht mehr und andere. Es waren fast alles nur Fleischwunden, nichts schlimmes, aber es musste ständig der Tierarzt kommen und es sich angucken, denn einfach nur eine Wundsalbe draufpacken... das ist bei Pferden zu unsicher.

Die rossige Zeit ging vorbei, er war wieder friedlich, bis dann ein Jungpferd kam. Das Pferd, ein gelegter Hengst seit fast seiner Geburt war dort in dem Stall, um seine Ausbildung zu machen, alles gar kein Problem. Doch als sich eines Tages Askaron und Belgur in der Bahn trafen ... Dass die Pferde voneinander ließen, hatte man mir zu verdanken, denn ich drosch auch den Hengst so derbe ein mit der Gerte, das ich schon Angst hatte ich könnte ihn ernst verletzen. Er ließ ab von dem Kleinen, der an für sich 15 cm größer war als Askaron und humpelnd verließ das junge Tier die Bahn und zwei Stunden später stürmte eine völlig aufgelöste Frau auf mich los, von wegen ich hätte ihr Pferd umgebracht und das würde ich auch mit dem Leben bezahlen, es war schrecklich. Askaron hatte so derbe getreten, das Belgur einen Knochenbruch davongetragen hatte. Ich war wie gelähmt und wurde nach diesem Vorfall gebeten, doch bitte einen anderen Stall zu suchen, denn das wäre auf Dauer doch zu gefährlich. Für mich und die anderen. Die wahren Worte waren: „Sieh zu, dass Du mit der hormonverseuchten Bestie das Weite suchst, bevor ich den Schrotschießer hole!“
Nun war ich an einem Punkt angekommen, wo ich nervlich sehr angeknackt war und irgendwie Pause brauchte, aber das Tier gönnte mir keine. So beschloss ich sehr schweren Herzens, ihn zu verkaufen.
Ich schaltete eine Anzeige, gab seine Hengstallüren zwar an, aber mehr auch nicht, man will ja schließlich sein Pferd irgendwie loswerden. Doch es rief keiner an. Ich setzte die Anzeige bundesweit ein, dennoch kam keiner auf die Idee, mal anzurufen, der Markt, was Pferde betrifft, ist so satt, satter geht es gar nicht mehr. Das klappte also nicht. Einen Tierarzt anzurufen, dazu hatte ich keinen Nerv, denn die Spritzen, die Hormone unterdrücken sollten, kosteten nicht gerade wenig und außerdem waren Fellausfall und Kreislaufbeschwerden die Nebenwirkungen – nein danke. Aber eventuell einschläfern ... Machte kein Tierarzt, das Pferd war gesund. Also, Sie merken, ich war mit meinem Latein am Ende, dazu hatte ich an dem Abend, wo ich den Rausschmiss aus dem Stall bekam, einen Rausschmiss aus meinem Job bekommen. Man hatte mir meinen Job gekündigt. Nun war ich völlig fertig, das Pferd war da, mein Job nicht, die Kosten sollten weiterlaufen, es geht nicht mehr. Ich rief eine Bekannte an, die in der Nähe von Schockemöhles Stall wohnt, und bat sie, für mich doch mal ein gutes Wort für mich einzulegen, vielleicht konnte das Pferd dort unterkommen, er sprang ja über seine Widerristhöhe. Kommt bei Haflingern ganz selten vor, das sind ja normal nur Reitpferde, Springen liegt den ja normal nicht.
Sie tat es, und tatsächlich: Einer der Manager zeigte Interesse und kam zu mir. Ich stellte ihm das Pferd vor, doch glauben Sie, der Bursche wollte springen? Weder mit mir, noch mit ihm, keine Chance, er weigerte sich strickt. Nicht mal über ein Cavaletti wollte er sich führen lassen. Das war nicht nur peinlich, sondern auch traurig, er spürte, dass ich Schritte gegen ihn unternahm, das wusste ich. Seine Augen, wenn ich daran denke, wie sehnsüchtig die mich angesehen hatten an dem Tag ...Ich fing an zu heulen, denn ich liebe dieses Pferd, aber ich kann ihn mir nicht mehr leisten! Und Hilfe ist nicht zu bekommen, die Menschen, die ebenfalls Pferde haben, sind so mit sich selbst beschäftigt. Ich meine, es ist ja auch nicht einfach, die Stallmiete beträgt bis 230 Euro, das ist bald eine kleine zwei Zimmer Wohnung, mit Stallpflege zwar, aber das Geld muss auch erstmal irgendwie reinkommen. Ich werde eine Diskussion mit einer Besitzerin nicht vergessen, die meinte, ihr Pferd wäre eine Art Symbol des Reichtums. Sie putzte das Pferd nur, sie ritt es nicht, bewegte es nicht, kein Stück. Als ich daraufhin fragte, was sie denn hätte, ob sie vielleicht Angst hätte oder so was, meinte sie nur schnippisch zu mir, ich solle mich nicht einmischen, ich solle nur lieber zusehen, dass ich mit meiner Schindmähre wegkäme, ich würde das Klima vergiften. Ich sagte daraufhin nur, dass das Klima von ihr schon vergiftet worden wäre und das sie mal wieder die Nase aus der Höhenluft nehmen sollte, ihr würde die nicht bekommen. Sie darauf wörtlich: „Kommen Sie doch erstmal in meine Finanzklasse, dann können wir eventuell weiterreden.“ Die Frau habe ich bei ihrem Verein gemeldet, keine Ahnung, wie es ausgegangen ist. Sehen Sie, so was habe ich fast nur um mich herumgehabt. Arroganz, Hochnäsigkeit.. Nur einige Ausnahmen waren dabei. Haben Sie einen Menschen, der einen schwierigen Hund hat, kann man um Hilfe bitten, doch wenn ein Pferd schwierig ist, kommt kein Mensch auf die Idee zu sagen, Du den kenne ich, der kann Dir helfen. Da schauen alle nur weg und zeigen noch mit dem Finger auf einen. Pferde bedeuten heutzutage – ich bin reich.
Dabei ist das ein Trugschluss, viele Pferde laufen auf Kredit und nicht auf ihren Beinen. Wissen Sie wie viele Besitzer Schulden haben, weil sie sich ein Pferd gekauft haben?? Wenn Sie einen Stall mit vierzig Pferden haben, sind davon meistens 35 hoch verschuldet!
Aber dann so zu tun, als wären sie was besseres! Statussymbol Pferd... Wenn jemand sich ein Pferd holen will, geht er auf eine Wiese und dann hat er ein Pferd. So einfach geht das und diePolizei tut kaum was.
Na ja, ich habe genug erzählt, in Kurzform: Ich bin pleite, habe ein Pferd, das sehr schwierig ist und keinen Unterstellplatz. Können Sie mir helfen?“

Eine Weile sagte der Mann vor ihr nichts. Er trank ruhig seinen Kaffee aus, stellte die Tasse wieder auf die Untertasse und schaute sie an, der Tränen durch ihre Erzählung in den Augen hatte.
„Ich glaube, ich kann Ihnen helfen. Mein Bekannter hat nicht weit von hier eine Wiese, auf der steht eine alte Baracke, wo einst mal seine Kühe drin standen. Er musste die Tiere verkaufen und auf Schweine umsteigen, weil mit Kühen nichts zu verdienen war. Ich werde ihn mal fragen, ob Sie dort ihr Pferd reinstellen dürfen. Darf ich von Ihnen mal telefonieren?“
Nun war sie es, die schwieg. Mit dieser Art der Hilfe hatte sie jetzt nicht gerechnet. Sie dachte eher an viele Gespräche und Telefongespräche, doch das man ihr so schnell aus der Patsche helfen würde...
„Ja, ab..er sicher!“ stotterte sie und reichte ihm den Hörer. Herr Borrisch wählte eine Nummer.

„Markus, hay Thomas hier, Du ich habe eine Frage. Ich sitze hier einer verzweifelten Pferdebesitzerin gegenüber..... ja, genau woher weißt Du das? ... Aha, ja das hatte mir Frau Seilert auch schon erzählt, leider. Also... das ginge wirklich? Ja hey... das Problem ist jedoch, die Besitzerin ist vor kurzem arbeitslos geworden und muss arg sparen, könntest Du das Stoh und Futter über unsere Zweigstelle abrechnen? Ja natürlich braucht sie Futter, es ist ja nicht ewig Sommer und ausserdem springt der Askaron gerne über Zäune.... es ist ein Hengst, der decken durfte.... okay, super, ich gebe ihr Deine Nummer, dann ruft sie Dich heute abend an, alles klar, Markus. Also bis Donnerstag dann!
Er legte auf und schaute sie strahlend an. „Das klappt, machen Sie sich keine Sorgen, es wird schon alles wieder gut. Sollten Sie Arztkosten haben, oder anderes, wenden Sie sich an mich, hier ist meine Karte, ich werde dafür sorgen, das der Tierschutz Ihnen finanziell etwas unter die Arme greift. Viel wird es zwar nicht sein, aber immerhin etwas.“ Dankbar lächelte sie den jungen Mann, der irgendwie nun nach Katze roch an. „Sagen Sie, nun bin ich aber neugierig geworden, wenn es nicht zu weit weg ist, würde ich den Teufel auf vier Beinen gerne mal sehen.“ „Ja, sicherlich, er steht unten an der Hauptstrasse, dort ist ein Wiesenstück, dort habe ich ihn erstmal hingestellt, anders ging es nicht, aber interessiert hat es auch keinen, von daher?...“
Sie stand auf und gemeinsam verließen sie die Wohnung. Einige Minuten später standen sie vor der Wiese, wo ein sehr schlanker, dennoch gut durchtrainierter Hengst stand, angebunden an einem sehr starken Seil, das an einem sehr gut verankerten Pflock endete.
Also er seinen Namen hörte, blickte er auf und schaute erwartungsvoll die Person, die gerufen hatte, an.

 

Hi Maiceena,

für mich selber ist es immer sehr wichtig, wie es den Lesern nach oder bei der Geschichte gegangen ist.
Ich will Dir also kurz schildern, wie das bei mir war:

Es geht in einem recht normalen Absatz mit einer verheulten Frau noch normal los aber dann verläßt Du den Leser.

Exemplarisch:

„Du musst ihn legen lassen, dann sind die Besitzer zwar sauer wenn Dein Hengst auf ´ne Stute geht, brauchen aber Dir nicht ständig drohen, dass Du die Kosten eines Abbruchs tragen musst.“

Dieser Satz beinhaltet tatsächlich das Kernproblem Deiner Protagonistin, aber die meisten ohne Pferdezeitschrift unterm Kopfkissen kommen da nicht mehr mit.

Die Kombination aus "fast eine wahre Geschichte" und diesem "Jägerlatein" ist fast immer tödlich.

Auch Du gleitest an Stellen in Details ab, die Dir wichtig sind. Nicht einmal mehr der Protagonistin, weil es nicht zur Geschichte beträgt, sondern Dir als mitteilungsbedürftige Autorin.

...
Die anderen Mädchen hinter mir nahmen auf mich auch Rücksicht und so konnte mir auch gar nichts zustoßen. Von Kindern kann man heute im Reitbuissnes bald mehr lernen als von den Erwachsenen, das sage ich Ihnen.
Die Stunde neigte sich ihrem Ende und ich sollte angaloppieren, wieder brach Angst aus, aber es klappte wunderbar...

Insofern mußt Du Dich entscheiden.

Schreibst Du eine Pferdegeschichte, wo der sehr viele Dinge, die Dir lieb und wichtig wegläßt und den Leser behutsam mitnimmst auf einer noch immer sehr ungewöhnlichen Reise.

Oder schreibst über sehr persönliche Erlebnise in Geschichtenform, die außer Dir und anderen Reitern fast niemand versteht.

Wenn Du das geklärt hast, kannst Du überlegen, was in der Geschichte eigentlich gezeigt werden soll, welcher Konflikt.

Ist es die Frau/Mädchen, die dringend eine Lösung für das Pferd finden muß, dann liegt hier mehr der Fokus und nicht so sehr auf den Rückblenden und dann überraschst Du den Leser (und auch dich) nicht damit, daß Deine Protagonistin am Anfang offensichtlich telefoniert und zu Hause Kaffee kocht, später aber mit dem "Retter" offensichtlich in einer Bar/Kneipe Kaffee trinkt, wobei nicht klar ist, wer nun eigentlich weinen muß

Eine Weile sagte der Mann vor ihr nichts. Er trank ruhig seinen Kaffee aus, stellte die Tasse wieder auf die Untertasse und schaute sie an, der Tränen durch ihre Erzählung in den Augen hatte.

Aber das sind dann die nächsten Schritte, der Aufbau der Geschichte mit einem durchgängigen und verfolgbaren Handlungsstrang.

Wichtig ist erst aber mal zu wissen, wo Du mit der Geschichte hinwillst. Was und wen Du erreichen willst.

Denn neben der Möglichkeit, hieraus eine ganz gute Kurzgeschichte zu machen, bestünde auch die Chance, es noch mehr auszuschmücken, chronologisch zu ordnen und eine längere Erzählung zu packen, die dann in Fortsetzungen in Pferdezeitschriften abgedruckt wird oder so ähnlich.

Denn jedes Erlebnis ist eine Kurzgeschichte für sich:
- das erste Treffen
- der erste Ausritt
- jedes Erlebnis mit den anderen Pferden und deren Besitzern
als Rahmen die sich steigernden Probleme der Protagonistin, denn so sehr der Zusammenhalt zwischen den beiden wächst, desto auswegloser wird die Situation.

Sorry, wenn ich nicht auf Rechtschreib-, Perspektiv- und Zeitfehler hinweise, aus meiner Sicht ist es hierfür mit der vorliegenden Geschichte noch etwas zu früh.

Grüße
mac

 

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