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auddopanne

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15.07.2001
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auddopanne

Es war eine sehr harmonische Beziehung. Geben und Nehmen hielten sich die Waage. Lang kannten wir uns noch nicht. Gerade drei Monate, aber die intensiv. Liebe auf den ersten Blick. Wir dachten, wir seien mit dem ewigen Frühling bedacht. Heute weiß ich, daß nur ich daran geglaubt hatte. Auf einer Autobahnraststätte. Ich komme gerade von der Toilette, möchte weiterfahren. Plötzlich beginnt er zu stottern. Zuerst habe ich nicht verstanden. Was soll das? Ein Scherz, er hat manchmal einen komischen Humor. Also, ich würde jetzt gerne weiterfahren, lass die Faxen. Er bleibt stur. Das ist nicht witzig. Ein anstrengender Tag bisher. In Weimar gestartet. Zähfliessender Verkehr, Baustellen, Stau, Sonnatgsfahrer - die ganze Palette. Meine Hose ist voller Joghurt. War ich selber Schuld, zugegeben. Wer bei 160 Kulturhunger bekommt, muss damit rechnen.
Jetzt kann er mich mal, ich fahre einfach los. Will einfach losfahren. Doch dann, das Kupplungspedal. Keinen Zentimeter rührt es sich. Es ist ein altes Auto. Die Gänge ließen sich immer schwer reinlegen. Mit Gewalt funktioniert es auch nicht. Gefühlvoll? Nein, da kann mein Fuß liebkosen wie er möchte: Herr Fiesta hält Siesta. Was nun? Zurück in die Raststätte. Vorbei an der giftigen Klofrau. War nicht einkalkuliert, daß ich die noch einmal treffe, sonst hätte ich ihr etwas Trinkgeld gegeben. „Entschuldigung, mein Auto...“ „Ihr Auto? Ach was, das haben wir gleich. Eine Frau, die kann das nicht.“ Nein, nein, bitte nicht. Zu spät, der dicke Tankwart hat sich bereits in mein Gefährt gezwängt. „Wieso, das Pedal lässt sich doch drücken.“ Und schon kracht es. Er zuckt mit den Schultern. Tja, da kann selbst ein Mann nichts mehr machen. Hilfe kommt nur noch von oben.
Der gelbe Engel läßt auf sich warten. Außerdem ist er gar nicht gelb, sondern dunkelblau und voller Ölschmiere. „Abschleppdienst Firma Troidl, Grüß Gott. Wo is‘ de Auddo?“ Warum sind Sie nicht gelb? Ich bin ganz mißtrauisch. Unbegründet, das ist jemand vom Fach. Ein flüchtiger Blick in Fiestas Innereien und die Diagnose steht fest: „De Übersedsungsheble is‘ gebroche.“ Ein Stich in mein Herz. Bitte Haltung bewahren. „Wie habbe Sie den das gschaffd‘. Da müssese ganz schöne Wadeln habbe.“ Ich? Wie wär‘s mit dem Fleischklops, der sich inzwischen hinter die Bockwursttheke verkrümelt hat. Gleich und gleich...
Und jetzt? Erstmal abschleppen. „Viiellaichd kan I schweisle.“ Wie bitte, vielleicht kann er schweißeln? „Schwei-ßen.“ Was ist das bloß für ein Dialekt? Ich will nach Hause.
Wir rumpeln zur Werkstatt. „Se müsse sich nicht oschnalle, so schneel farre ma nichd.“ Schnell, das ist soo relativ. Mit Neunzig im LKW, Ford auf der Ladefläche auf einer kurvigen Landstraße ohne Fahrbahnbegrenzung und Mittlestreifen durch den Harz zu mäandern- ich finde das rasant. Wir überleben.
In der Garage. Da steht er, meine große Liebe. So abstrakt, entblößt mit offener Klappe. Ich werde auch eingespannt. „Haldnse a mall de Kupplungsheble und ziihn am Sail.“ Ich verstehe kein Wort. Tapfer greife ich nach dem, was mir entgegengestreckt wird. Und wieder kracht es. Dann sagt er etwas, das wie „Scheiße“ klingt. Ein rostiger Gegenstand wird herausgerupft. Schrauben kullern zwischen die Reifen. Meine Hoffnung heute nach München zu gelangen ist so tief wie das Loch, das mir plötzlich entgegengähnt. „Ziihnse jeetzt a mall krääftig.“ Ich trau mich gar nichts mehr anzurühren. Da schwebt diese Bild in meinen Kopf: am Ende bleibt eine Blechleiche aus der eine Ölträne gluckst und ich friste in Kufladenhausen ein Leben als Kupplungseilzieherin. À propos: mein Arm wird taub. „I habbs glei, nur a bißerle feesde.“ Er läßt den Motor an, das ganze Gehäuse röhrt. Hätte er mich wenigstens warnen können. Meine Nase an den Zylindern, die Ellbogen rußig. Doch hinterher das große Hurra. Es funktioniert. Keine Garantie, wie lange, es könnte sein, daß ich nach fünfzig Kilometern auf dem Standstreifen strande. So etwas hören meine Ohren nicht, nur weg. Ach ja, die Rechnung. Nach dem ganzen Schreck, kann mich die drei mit den beiden häßlichen Nullen auch nicht mehr schocken.
Mein Auto und ich haben uns heute ausgesprochen. Ich behandle ihn ab jetzt respektvoller. Im Gegenzug hat er mir versprochen, immer brav zu kuppeln. Wenn nicht, mache ich Schluß. Da kann ich hart sein...

 

Ähm... wer von euch hat 70D??? <IMG SRC="smilies/eek2.gif" border="0">

Aber mal zur Geschichte... gefällt mir. Wenn auch nicht ganz so lustig wie die letzte. Liegt vermutlich dran, dass ich mal ein Auto hatte, dass alle paar Wochen mitten im Fahren meinte, einige Stunden Pause machen zu müssen. Das Seltsam war, dass es am nächsten Tag tatsächlich wieder fuhr. Die Werkstatt konnte deshalb natürlich nie was finden. Passenderweise ist's natürlich immer Sonntags ausgefallen, z.B. im strömenden Regen auf halber Strecke nach Leipzig. juchhu

Aber trotzdem ne schöne Geschichte.

Viele Grüße, Daniel

 

Jepp, wirklich gut geschrieben!!!! :D Und lustig ist die Story allemal - ich hab nämlich auch ein altes Auddole... :cool: :rolleyes: :D

Griasle
stephy

 

Harhar,

sehr lustig, das ... mit ein paar blümeranten Wortwundern. Nur eines verstehe ich nicht. Von Weimar nach München und Du landest im Harz?

Heiko

 

@morphin
Wie heissts so schön? Alle Wege führen nach Bayern!
aber jetzt mal im Ernst. Das ist die beste eschichte die ich im Humor-Forum bisher gelesen habe! Respekt.
Und vor allem auch so realistisch. Ausser das mit dem Fahrtweg, aber das kann ja mal passieren.
Wer hatte denn noch nicht Probleme mit dem Auddo, ausser Anna natürlich, und wer hätte es nicht schon am liebsten in die Fahrzeughölle gewunschen?
Also ich könnte auch ein Lied davon singen!
Zum Schluss das Fazit:
Auddopanne hat für mich das Prädikat "empfehlenswert" verdient!

 

Wirklich klasse geschrieben, gelungene Arbeit! :)

Schreibweise erinnert mich ein bisschen an Hera Lind ( "Das Superweib", "Die Zauberfrau"...)
Wirklich super, dickes Lob <IMG SRC="smilies/thumbs.gif" border="0">

Viele liebe Grüße, Lucie :-)

 

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