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Aufregender Tag im Pflegeheim

Seniors
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03.07.2004
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Aufregender Tag im Pflegeheim

Ich lebe in einem kleinen Pflegeheim am Rande der Kleinstadt. Alle Tage Ruhe und Frieden. Als ich mit meinem Rollstuhl den Gang entlangfuhr, überholten mich plötzlich zwei Schwestern im Laufschritt. Vor Schreck wäre ich beinahe aus dem Rollstuhl gefallen. Dann öffneten sie die Tür zu Frau Mülders Zimmer und jetzt war ihr Geschrei über den ganzen Flur zu hören. Aber ich bezwang meine Neugier und fuhr in die andere Richtung zu den Fenstern auf den Innenhof. Ich brauchte nicht lange zu warten. Ein RTW fuhr rückwärts auf den Hof bis zu der Seitentür, durch die Patienten transportiert wurden. Da kamen auch schon die Sanitäter mit ihrer Trage auf der ein großer Metallkoffer lag.

Gut zwanzig Minuten vergingen, bis die Sanitäter wieder erschienen. Auf der Trage lag jetzt Frau Mülders mit einem großen weißen Verband um den Kopf. Den Metallkoffer trug einer der Sanitäter in der Hand. Einladen, Blaulicht einschalten und abfahren. Das lief sehr schnell und im Pflegeheim trat wieder Ruhe ein.

Eine Stunde später gingen wir zum Mittagessen. Schwester Christiane informierte uns, dass Frau Mülder böse gestürzt sei und mit einer stark blutenden Wunde ins Krankenhaus gefahren worden sei.

Nach dem Essen fuhr ich wieder in mein Zimmer. Als ich an der Fensterfront vorbeifuhr, sah ich einen RTW in den Hof fahren. Ich drehte sofort um und informierte Schwester Christiane: "Frau Mülder kommt schon wieder zurück."

"Oh nein, " entgegnete sie, "Wir haben noch eine Patientin."

Und da kamen die Sanitäter schon mit ihrer Trage, auf der Frau Richard lag. Sie kamen dicht an mir vorbei und ich konnte sehen, dass Frau Richard kalkweiß im Gesicht war. Ich vergaß meine gewohnte Zurückhaltung und platzte heraus: "Was ist denn geschehen?"

"Frau Richard saß noch nach dem Mittagessen am Tisch."

"Sie ist doch immer die erste, die vom Essen aufsteht."

"Ja, das ist mir auch aufgefallen und ich bin im Speisesaal geblieben. Dann stand sie auf und brach zusammen. Ich habe sie aufgefangen und auf den Boden gelegt. Dann habe ich den Krankenwagen gerufen."

Beim Abendessen teilte uns dann Schwester Ulrike mit, dass beide Bewohnerinnen für vierundzwanzig Stunden im Krankenhaus bleiben mussten, also morgen Nachmittag wieder in ihr Heim zurückkehren würden.

Am folgenden Nachmittag kamen dann Frau Mülder auf der Trage mit einem großen Pflaster auf der Stirn und Frau Richard im Tragestuhl. Beide lächelten schon. Zum Abendessen kamen dann beide in einem Rollstuhl. Das erregte Aufsehen, denn Frau Mülder war bisher mit einem Rollator unterwegs und Frau Richard hatte allerhöchstens mal einen Stock beim Gehen benutzt. Es herrschte einige Unruhe am Abendbrottisch, aber als beide zu erzählen begannen, wurde es schnell still.

Frau Mülder sagte: "Ich bin gestürzt und auf meinen Nachttisch aufgeschlagen. Meine Wunde ist nicht schlimm, aber Kopfwunden bluten sehr stark. Die Ärzte meinten dann, ich sollte künftig einen Rollstuhl benutzen, denn mein Gang wäre zu unsicher, um mit einem Rollator unterwegs zu sein."

"Die Ärzte befürchten, dass mir häufiger schwindelig werden könne. Sie versuchen, die Ursache zu finden, aber zunächst haben sie mir geraten, einen Rollstuhl zu benutzen." Frau Richard schaute nicht sehr glücklich, hatte sich aber wohl mit den Veränderungen abgefunden.

Zum Abschluss des Abendessens sprach Schwester Ulrike ein kurzes Gebet: "Wir danken Gott für unser Leben, für alle guten Worte und Gedanken, für das Essen und für die Betreuung. Geleite uns in diese Nacht und schenke uns einen schönen Sonnenaufgang. Amen."

 

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