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Augenblick

Beitritt
04.04.2006
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Augenblick

Neulich passierte mir etwas Merkwürdiges. Eigentlich von der Grundsituation nichts, dass irgendwie großartig oder sonderlich interessant wäre, und doch lässt mich dieser kurze Augenblick in dem es geschah, seitdem nicht mehr los. Verfolgt mich. Lässt mich erschaudern und macht mich traurig.
Aber ich wollte ja davon erzählen.
Also, neulich, es mag ungefähr eine Woche her sein, ging ich über die Einkaufsstraße in der kleinen Stadt, in der der ich wohne. Da kam mir jemand entgegen. Jemand, zu dem ich vor ein paar Jahren engen Kontakt hatte. Nein, keine alte Liebschaft, einfach nur eine alte Freundin. Heute weiß ich, dass es ungefähr drei Jahre waren, die zwischen dieser und unserer letzten Begegnung lagen. Beinahe hätte ich sie auch nicht erkannt, sie hatte sich verändert. War größer geworden. Älter eben. Sogar geschminkt war sie. Aber wenn man jung ist, verändert man sich eben stark.
Dennoch, auch wenn sich unsere Körper nur für einen kurzen Augenblick auf der gleichen Höhe befanden und auch sie wohl kurz überlegen musste, sah ich, dass sie mich anlächelte und ihre Lippen ein stummes „Hallo“ formten. Ich grüßte auf ebenso stumme Weise zurück und erwiderte ihr Lächeln. Ich glaube, weiter wäre auch nichts passiert, hätte ich nicht mit meinem Blick ihre Augen gesucht. Eigentlich finde ich die Vergleiche zum Ozean bei blauen Augen sehr albern und vor allem auch schrecklich kitschig, aber für das Blau ihrer Augen fällt mir auch nichts Besseres ein. Wahrscheinlich hätte ich, wie im Meer, darin versinken können, doch das, was ich in ihren Augen sah, hielt mich zurück. Wenn auch ihr Mund im genau selben Moment lächelte, ihre Augen taten es nicht. Traurigkeit lag in ihnen, gepaart mit Angst.
Heute grüble ich ständig darüber nach, ob es nicht besser gewesen wäre, wenn ich meine Augen in diesem Augenblick abgewandt hätte. Aber ich habe es nicht getan, und jetzt kann ich auch nicht mehr ändern, was dann passierte.
Mit einem Mal wurde ich in ihre Augen gezogen. Natürlich nicht wirklich, selbstverständlich verließ mein Körper den Bürgersteig nicht, und doch kam es mir so vor. Für den Bruchteil eines Atemzugs, nicht länger als für die Dauer eines Wimpernschlages, blickte ich auf eine völlig fremde Welt, eine bizarre, dunkle und beängstigende Welt hinab. So, als wäre ich ein Teil des Himmels. Was ich in diesem kurzen Moment sah, erschreckte mich sehr. Fassungslos starrte ich auf die Einöde unter mir, die Überreste einer Welt, die einmal wunderbar gewesen sein musste. Fragmente dieser Schönheit ließen sich noch erkennen, ein buntes Karussell, eine weite Wiese. Doch das Karussell drehte sich nicht mehr, es hatte dies wohl auch schon lange nicht mehr getan. Und die Wiese – nur noch wenige Stellen des Grases sahen wie solches aus. Unter einer Gruppe von blattlosen Bäumen, den weißen Stämmen nach mussten es Birken sein, hatten einige weiße Pferde Schutz gesucht. Irgendwo sah ich einen Teddybären, der verloren wirkte. All dies sah im dunklen, noch mit Nebel verschleierten, Licht sehr geisterhaft aus. Auch bemerkte ich, dass es keine Lichtquelle gab. Alles schien von sich aus zu leuchten, aber das Licht war nicht hell und freundlich, sondern strahlte eine matte Kälte aus.
Mein Blickwinkel änderte sich, und ich sah eine Reihe von merkwürdigen Wesen, die wie ein Rudel Wölfe um etwas herumschlichen. Ich konnte nicht sofort ausmachen, was sie sich als Beute auserkoren hatten. Aber es musste sich um Beute handeln, denn die Wesen sahen nicht so aus, als wären sie je mit etwas anderem beschäftigt als der Jagd. ‚Als ob sich alle Dämonen der Hölle, alle bösen Gestalten aus den Geschichten, die wir uns immer erzählt hatten, hier versammelt hatten’, dachte ich. Sie machten mir Angst und ich war froh, so weit weg zu sein. Dann löste sich die Schar ein wenig, vergrößerte die Bahn ihres Kreises und ich konnte sehen, wer in ihrer Mitte stand. Sie. Blass, in ein weißes Kleid gekleidet, hatte sie die Arme um sich geschlungen. An ihrem Rücken sah ich ihre Flügel – doch es waren nicht mehr die, die ich früher an ihr gesehen hatte. Nicht mehr schillernd bunt und leuchtend, bereit sie überall hinzutragen. Nur noch grau, mit vielen Rissen und fehlenden Stücken, die wie klaffende Wunden wirkten. Diese Flügel trugen nicht mehr.
Sie sah hinauf. Ob zu mir, weiß ich nicht. Vielleicht sah sie mich sogar. Aber der Ausdruck der Angst in ihrem Gesicht, den ich sah, ließ mich ihren Namen schreien. Verzweifelt streckte ich die Arme aus und mühte mich, zu ihr zu gelangen, ihren Arm zu nehmen und sie weg zu ziehen, sie zu retten, doch statt dessen wurde ich hinfort gezogen und fand mich wieder auf der Straße im Sonnenschein.
Sie hatte ihre Schritte fortgesetzt und ich die meinen. Ich drehte mich um, aber sie tat es nicht. Unsere Blicke hatten sich getrennt. Ich ging nach Hause und dachte darüber nach. War alles Einbildung gewesen? Mein Gefühl schrie laut: „Nein, du hast gesehen, dass sie traurig war, du hast es gespürt!“ Und mein Gefühl hat Recht. Und doch, ich habe ihr nicht helfen können. Der Augenblick war zu kurz.
Ich versuche nun, Nacht für Nacht, sie zu finden, breite allabendlich auf der Suche nach ihr meine Flügel aus. Ich habe keine Telefonnummer, keine Emailadresse, nichts, mit dem ich sie sonst erreichen könnte. Aber jeder Mensch hat seine Flügel. Sie sind nicht immer und für jeden sichtbar. Da sind sie. Und vielleicht sucht sie mich auch.

 

Hallo Zusammen,

an dieser Geschichte bastle ich schon eine Weile, denn ich persönlich finde, dass ihr noch irgendwas fehlt.
Vielleicht gibt es hier ja Anregungen und Kritik, was es sein könnte...


Danke schon mal im Voraus,

beste Grüße,

Sternenschmetterling

 

Hallo,

danke für die Kritik.
Werde schon mal versuchen, die Einführung ein wenig umzugestalten. An meinem Stil will ich in dieser Geschichte noch nichts großes ändern, denn ich habe ihn bewusst so gewählt. Tatsächlich kann ich auch anders ;)

Die Bindestriche kommen wohl noch vom Kopiern aus Word, ich überarbeite das bei nächster Gelegenheit.

Bis bald,

Sternenschmetterling

 

Hi Sternenschmetterling!

Der Anfang erschien mir ebenfalls ziemlich holprig. Er ist vielleicht schlicht zu umständlich. Eine Möglichkeit vielleicht, den ersten Absatz streichen und den zweiten ein wenig kürzen? Dafür das Erlebnis "in den Augen" ein bisschen ausführen?

Hängt sicherlich auch davon ab, wohin du mit deiner Geschichte willst:
Willst du mehr die Traurigkeit über das Erlebnis "in den Augen" oder über die anschließenden Gedanken (und Handlungen) des Hauptcharakters ausdrücken?

Zu schwafelig fand ich die Geschichte nicht - gerade so. Du benutzt schöne Bilder für deine Beschreibungen.

Sicherlich eine Geschichte, aus der man noch mehr gewinnen kann. ;)

Beste Grüße

Nothlia

 

Hallo Sternenschmetterling,
ich finde, Zerbrösel-Pistole hat das, was an deiner Geschichte krankt, schon auf den Kopf getroffen. Dein Protagonist hat ein "besonderes" Erlebnis, disqualifiziert es von vorneherein als langweilig und zieht dann eine Lehre daraus, die aus dem Text nicht wirklich hervorgeht. Vielleicht sorgst du für eine größere Homogenitaet, indem du dich entscheidest, wie er jetzt zu den Geschehnissen steht?
gruß
vita
:bounce:

 

Tag Sternenschmetterling,

so richtig überzeugt hat mich deine Geschichte nicht, auch wenn ich finde, dass die Grundidee Potential hat.

Problem 1) ist der Anfang, wie meine Vorkritiker bereits angemerkt haben. Der ist zu schwafelig, definitiv, eine Tendenz, die sich im Rest der Geschichte übrigens fortsetzt - statt uns zum Beispiel mit einer aufregenden Metapher für die Augen zu konfrontieren, benutzt du die langweilige Ozean-Bildlichkeit, gibst aber im gleichen Moment zu, dass sie langweilig ist. Zuviel Blablah, finde ich. Glaub mir, dass passiert mir auch oft.

2.) Ein weiteres stilistisches Problem ist eine gewise Affinität zu Erklärungen. Jaja, "show-don't-tell" hat als Regel einen Bart, aber irgendwie ist doch was dran. Z.B.:

merkwürdigen Wesen

--> Beschreib die Viecher doch gleich so, dass sie dem Leser merkwürdig erscheinen, sodass du sie nicht darauf hinweisen musst.

3.) Inhaltlich fand ich etwas seltsam, dass uns die beiden Protagonistinnen zunächst als eher oberflächliche Bekannte erscheinen, die, obwohl sie sich erkennen, keine weiteren Worte wechseln. Später implizierst du mit den GEschichten, die sie sich früher erzählt haben, eine tiefere Bindung. Passt irgendwie nicht zusammen.

Insgesamt: Nette Grundidee, wenig mitreißende Umsetzung.

Gruß und so,

Specktäitor

 

Hallo Zusammen,

danke für die Anregungen und die Kritik bislang.
Ich habe gestern schon mal langsam angefangen, der Geschichte zu Leibe zu rücken, habe mich aber bislang erstmal um den ersten Abschnitt gekümmert.

Das mit dem näheren Beschreiben der Wesen nehme ich mir zu Herzen, leider neige ich oft dazu dem Leser nur durch ein Wort etwas zu zeigen, statt ihn sich die Meinung selber bilden zu lassen.

Ich hoffe, ich bekomms hin. Und ich freu mich auf weitere Anregungen.

Beste Grüße,

Sternenschmetterling

 

Also ehrlich gesagt finde ich die KG aus den schon genannten Gründen nicht sooo absolut toll.

ABER: Die Idee, welche dahintersteckt, wäre eines Romanes Wert. Die Idee ist meiner Meinung nach ein echter Eyecatcher.

Mann begegnet alter Bekannten und blickt für einen Moment durch ihre Augen auf eine grauenhafte Welt. Doch trennen sie sich sofort wieder. Er aber kommt nicht mehr von dieser Situation weg und macht sich auf die Suche, dieses Rätsel der Frau zu lösen, welche einerseits in seiner Welt existiert und auf der anderen Seite in dieser "Hölle" existiert. Ich glaub, das würde ich mir kaufen. Finde die Idee so gut, dass ich sie dir fast klauen würde;).

Gleichzeitig ists damit halt viel zuviel Stoff für ne KG. Und ich würde diese Flügelsache irgendwie rauspacken. Ich finde, das ist zu viel. Erst denkt man, der Prot würde in der normalen Realität leben und dann plötzlich haben beide Fügel. Das stört irgendwie.

Naja, wie gesagt Story eher weniger gut, aber Idee spitze!! Mach was draus, ich kauf dich dann auch - also das Buch:).

 

Hallo Sternenschmetterling!

Grundsätzlich kann ich mich auch meinen Vorkritikern anschliessen, die Idee ist ganz nett, aber an der Umsetzung habe ich noch einiges zu bemängeln. :)

Mit dem erzählenden Anfang machst du schon ziemlich viel kaputt, ich würde eher direkt in das Geschehen einsteigen und gar nichts erklären. Bei einer so kurzen Geschichte darf sich der Leser selber etwas zusammenreimen, es muss nicht alles sofort klar sein. Ein bisschen Geheimniskrämerei würde ganz gut zum Thema passen, finde ich.

Das kurze Bild, dass du von dieser Welt zeigst, kommt mir noch zu klischeehaft rüber. Du arbeitest mit abgegriffenen Symbolen wie dem verlorenen Teddybär oder toten Bäumen. Ist mir zu wenig innovativ, weil du nichts Neues daraus machst.

Ich hoffe, du bleibst dran und machst noch was aus dem interessanten Grundgerüst!

Liebe Grüsse,
sirwen

 

hallo,

tatsächlich hatte ich die Grundidee mit der Welt, die in der Protagonistin steckt, für eine Romanidee ausgearbeitet - @Tommy. Leider finde ich hier aber nicht den perfekten Einstieg, vielmehr bekomme zwar die Charakteren und die Welt aufgebaut, jedoch nicht das Erzählgerüst.
Aber ich arbeite daran. Also, die Idee bitte nicht klauen.;)

@Sirwen. Stimmt, ich habe abgegriffene Klischees benutzt, allerdings auch recht bewusst, da ich ja alles kurz und knapp in den Augenblick reinsetzen wollte. Im Nachhinein gebe ich dir aber recht, das dies vielleicht nicht der beste Weg war. Aber um sowas zu erkennen, stelle ich die Geschichte ein...

Ich werde mir die Anregungen aber alle zu Herzen nehmen, das ergebnis präsentiere ich dann wieder hier - es sei denn es wird tatsächlich ein Roman...:D
Ich freu mich aber über weitere Meinungen und Anregungen...

LGr
Sternenschmetterling

 

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