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Aus den Fugen gerissen
Es war dunkel. Jeff stand vor einem dunklen Park.
Tagsüber konnte man hier fröhlichen Stimmen der Kinder auf dem Spielplatz schon von weitem hören, aber nachts war dies ein bedrückender Ort, der zwielichtigen Gestalten für ihre schmutzigen Geschäfte diente.
Nun war er hier und sein Blick verlor sich in der Schwärze der Nacht. Jeff konnte immer noch nicht ganz begreifen, was gerade passiert ist. Bis vor wenigen Minuten befand er sich noch in seiner kleinen, aber gemütlichen Wohnung. Diese gemütliche Atmosphäre war aber schon seit geraumer Zeit der von Streit und Wut gewichen, denn Jeff hatte Fehler gemacht.
Fehler, die unverzeihlich waren, besonders für seine Frau, mit der seit drei Jahren eine glückliche Ehe geführt hatte. Diese Beziehung war nun beendet. Jetzt bereute er seine Taten, aber er konnte sie nicht mehr rückgängig machen. Seine Frau hatte ihn rausgeschmissen. Nun stand er vor dem nichts.
Das Leben meinte es offensichtlich nicht mehr gut mit ihm.
Erst vor wenigen Monaten hatte er seinen Job verloren. Von diesem Zeitpunkt an war sein treuester Gefährte das Pech. Seine Pläne damals waren groß. Er wollte sich selbstständig machen und eine kleine Firma gründen. Seine Pläne hatte er aber nie umgesetzt und verfiel allmählich in eine gewisse Lethargie.
Die Tage zogen an ihm vorbei und immer häufiger stritten sich Jeff und seine Frau. Zuletzt brach er schon wegen jeder Kleinigkeit einen Streit vom Zaun und ließ sich solange nicht vom Thema abbringen, bis seine Frau nachgab.
Als ob das alles nicht schon schlimm genug gewesen wäre, musste er auch noch eine unverzeihliche Dummheit begehen. Da er ohne Arbeit zu viel Zeit und seine Frau durch ihre Arbeit zu wenig hatte, fing er eine Affäre mit einer Nachbarin Vanessa an.
Er, Ende 30, sie, Anfang 20. Für ihn war es der Beweis, dass er immer noch seinen Charme überzeugend nutzen konnte um Frauen den Kopf zu verdrehen. Es gab ihm ein gutes Gefühl, aber nun, wo er vor dem Nichts stand, musste er sich fragen, wie er so naiv sein konnte.
Dann kam ihn eine Idee, ein kleiner Funke Hoffnung, der wieder die Kraft in ihm weckte. Er griff sich seine Koffer und ging zielstrebig Richtung eines kleinen Hauses. Das Haus gehörte Vanessa. Er blickte kurz auf seine Uhr und konnte in der Dunkelheit nur schwer die Zeit ablesen. Es war 23 Uhr.
Jeff war sich sicher, dass sie noch wach sein würde, auch wenn kein Licht brannte. Sie hatte sich dem Klimaschutz verschrieben und versuchte geradezu fanatisch möglichst viel Energie zu sparen. Irgendwie ließ sie das in seinen Augen süß erscheinen. Als er vor ihrer Tür stand überlegte er noch einmal kurz, ob er das Richtige tun würde. Seine Zweifel verflogen aber schnell wieder und er betätigte die Klingel.
Durch das Milchglas der Tür konnte er sehen, wie sich eine zarte Gestalt der Tür näherte und als sich die Tür öffnete, blickte er in Vanessas klaren, blauen Augen. Ihr Blick zeugte von einer gewissen Überraschung, aber als sie die Koffer in Jeff Hand sah, wusste sie, was geschehen war. Und sie wusste auch, was er wollte.
"Vanessa", sagte Jeff, "ich brauche dich. Meine Frau hat mich rausgeschmissen und ich wollte dich fragen, ob ich..." - "Nein!", unterbrach ihn Vanessa, "Ich will dich hier nicht mehr sehen! Erst machst du mit mir Schluss und jetzt kommst du hier angekrochen. Verschwinde!"
Die Tür knallte in einem lauten Ton zu und Jeff wusste nicht, wie ihm geschah. "Schluss gemacht?", dachte er sich und erst jetzt wurden seine Gedanken wieder klar. Nun fiel ihm wieder ein, was für ein Spiel hier gespielt wurde.
Um seiner Frau zu zeigen, dass er sie doch noch lieben würde, hatte er seine Affäre mit Vanessa beendet. Damit hatte er sich nun seine letzte Hoffnung zunichte gemacht.
Sein Gang war nun träge und er fühlte sich müde. Er hatte alles verloren. Kein Geld. Kein Dach über dem Kopf. Nur ein paar wertlose Kleidungsstücke. Er war allein. Sein Weg führte ihn in den dunklen Park.
Er setzte sich auf eine Bank, versuchte noch einmal, seine Gedanken wieder zu sammeln, aber in seinem Kopf blieb nach wie vor ein wirres Chaos.
Es war kalt und er suchte eine Decke aus dem Koffer. Diese Nacht müsste er wohl auf einer schmutzigen Parkbank verbringen. Die Müdigkeit überkam ihn schnell und nach wenigen Minuten schlief er tief und fest.