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Ausgebrannt

M-P

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30.06.2006
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Ausgebrannt

Er saß an seinem Schreibtisch und schlug schnell und brutal auf die Tasten ein. Das war seine Arbeit. Er war Schriftsteller und das war sein verdammter Job. Schreiben. Doch in den letzten Tagen gelang ihm kaum noch etwas. Ab und zu hatte er mal einen guten Satz, ein gutes Wort oder auch nur einen guten Buchstaben, der genau dahin passte. Aber das war wenig, das war beinahe nichts. Er bekam keine Geschichten mehr auf die Reihe, keine lebendinge Verbindung zwischen den Worten. Etwas fehlte. Etwas wichtiges. Wütend schob er die Tastatur beiseite und räumte damit seine leere Starbuckskaffeetasse, das Telefon und einen ganzen Haufen Notizzettel vom Tisch. Das Telefon sprang auf und machte ein dumpfes Geräusch und es war hinüber. Die Tasse tat es ihr gleich. Jedenfalls was den zweiten Teil anging, vorher macht sie ein lautes, zerspringendes Geräusch. Er fluchte noch im selben Moment laut und dabei wirbelten ihm die vielen kleinen Notizzettel um den Kopf. Es war als ob sie ihn nicht nur verhöhnten, sondern auch angriffen. Wie ein Fliegerschwadron, welches eine Festung bombardiert. Mit genervten Handbewegungen fegte er sie hinfort und ging ins Wohnzimmer. Die Zettel wirbelten immernoch fröhlich und triumphierend umher, als ob sie ihren Sieg feiern würden.
Er lies sich auf die Couch plumpsen, fuhr sich mit gespreizten Händen durch die Haare, schloss die Augen und dachte nach. Doch er dachte über nichts Bestimmtes nach. Wenn man hört, dass jemand nachdenkt, vermutet man er grübelt über etwas sehr Wichtiges. Doch dem war nicht so. Er hätte sich mit Sicherheit gefreut, wenn er jetzt in der Lage gewesen wäre über etwas Sinnvolles- etwas Bedeutsames nachzudenken. Früher konnte er daraus Stoff für seine Romane schnitzen. Irgendwelche wilden Gedanken und klugen Schlüsse. Schlaue Sprüche und Lösungen für Probleme jeder Art. Das hatte er früher mit einer kindlichen Leichtigkeit gekonnt, das hatte ihn berühmt gemacht und er konnte aufgrund dessen 7 Romane veröffentlichen. Doch jetzt saß er schon seit Wochen an den ersten Seitens seines neusten Werks. Er tippte immer irgendwas ganz gutes ein und löschte es sofort wieder. Denn das war das Problem. Er tippte nur. Nichts weiter, nur behämmertes Heruntertippen von billigen, ausgelutschten Ideen, die ihm alle nicht gefielen. Und eben diese löschte er immer sofort. Nicht dass er sie als Bruchstücke oder Fragmente abspeicherte um sie eventuell später nochmal zu verwenden. Gut genug dazu waren sie, das hätte sogar jeder ungeübte Leser- jeder Idiot gemerkt. Aber er war einfach nicht zufrieden mit seinen Worten und das setzte ihm zu. Er wollte etwas neues schaffen. Irgendwas, was noch Niemand vor ihm geschrieben hatte. Ganze neue Dinge. Spannende Dinge. Man könnte es Magie nennen. Früher besaß er diese Magie, kein Zweifel. Die Kritiker lobten ihn damals als ein Genie, wenn nicht sogar als einen Gott. Und er hatte Erfolg. Wie die Hunnen über die westliche Welt fielen die Massen über seine Bücher her, verschlungen jedes Stück lyrischen Ergusses, was von ihm kam. Das beweisen die vielen Zeitungsartikel und Interviews, welche seine Freundin alle liebevoll und geradzu pedantisch in einem Album sammelte. Das mochte er zwar nicht - Trubel und Selbstzelebrierung waren ihm schon immer zuwieder gewesen - aber trotzdem fand er es irgendwie nett von ihr, auch wenn er es nicht mochte. Und es gab auch Neider, der Erfolg des Einen reicht sich mit dem Neid des Anderen die Hand. Vor einiger Zeit hatte so ein Heini versucht bei ihm einzubrechen und seinen PC mit seinen unveröffentlichten Stories zu stehlen. Das ist ihm aber nicht gelungen, er wurde mit dem PC in seinem Wagen ein paar Straßen weiter südlich geschnappt. Ein blödes Arschloch war das, dachte er so nach.
Er knackte mit den Fingern - eine Angewohnheit, die seine Freundin hasste - renkte seinen Kopf nach rechts und nach links - eine Angewohnheit, die seine Freundin noch viel mehr hasste - stand auf und ging zum Regal. Er holte eins seiner Bücher - Busbahnhofsmassaker - hervor und klappte es auf. Es war von innen ausgeschnitten und in dem Hohlraum befanden sich 3 zerknautschte Päckchen Zigaretten. Auch das Rauchen war eine Angewohnheit, die seine Freundin hasste. Aber Liebe ist bekanntlich stärker als Qualm. Er entnahm einem der zerknautschten Päckchen eine ebenso zerknautschte Zigarette, steckte sie in seinen Mundwinkel und lies das Buch zuklappen. Eine Weile stand er nur so im Wohnzimmer, Zigarette im Mund, und betrachtete das Rückcover. Dort stand ein bescheuerter Text, der die Geschichte nicht richtig zur Geltung brachte und ein Zitat von einem großen Kulturmagazin. Spannend bis zum letzten Wort! Alles klar, ihr Penner. Ihr habt doch keine Ahnung von der Geschichte. Ihr habt sie nicht begriffen. So eine Scheisse. Er murmelte leise weiter Flüche vor sich hin bis er das Buch seufzend ins Regal zurücksteckte und sich auf die Suche nach einem Feuerzeug oder einem Streichholz machte. Aber er fand keins, er rauchte zu selten um sich ein Feuerzeug irgendwo bereitzulegen. Er suchte überall, unter den Möbeln, in allen Schränken, wirklich überall. Niente, Kumpel. Er stieß wieder einen leichten Seufzer aus und wollte schon zum Regal zurückgehen, da sah er aus dem Wohnzimmer zufällig in die Küche. Auf dem Küchentisch lag ein Kerzenanzünder. Er zuckte mit den Schultern, holte sich das Teil, prüfte ob es funktionierte und schlenderte zurück auf die Couch.
Der Rauch schmeckte einfach nur gut. Es war entspannend. Er spürte richtig wie es ihn für sich einnahm. Er liebte es, Raucher zu sein. Vielleicht noch mehr als Schriftsteller zu sein. Rauchen war kompromisslos. Rauchen war ohne Umschweife. Rauchen war nicht langweilig. Rauchen gefiel ihm einfach. Man musste kein Genie zum Rauchen sein. Jeder Penner konnte rauchen und jeder Penner rauchte auch. Beim Rauchen sind wird doch alle Menschen. Jeder raucht gleich, egal was er raucht. Ob nun Zigarette, Zigarre, Pfeife, Maisschoten, Crack oder Marihuana. Rauchen verbindet. Es ist ein kommunikatives Mittel. Sicher, es macht süchtig. Sicher, es ist tödlich. Irgendwann. Aber darum geht es nicht beim Rauchen. Rauchen ist der Moment. Den Moment auszukosten und einfach nur zu genießen. Das war Rauchen. Keine verkorkste Gesundheitskacke, die irgendeine schlecht gebumste Politikerin von sich gab. Nein, es war einfach befreiend. Und trotz alle dem wollte er das nicht mit seiner Freundin ausdiskutieren. Er war halt ein Feigling und rauchte halt nur ab und zu, aber dafür genoss er es auch viel mehr. Nicht nur weil eine Zigarette nach längerer Pause gut und besser schmeckte, sondern weil es sein kleines Geheimnis war. Keiner wusste davon, nur er. Das war feige, natürlich, aber ihm gefiel es eigentlich so wie es war, sogar das nachziehende Durchlüften und wegräumen der Asche. Spurenbeseitigung und so. Das perfekte Verbrechen.
So saß er da nun eine Weile stillschweigend da und rauchte. Er dachte nach. Der Rauch stieß vor in sein Gehirn und kurbelte es regelrecht an. Er hatte plötzlich eine neue Geschichte im Sinn. Etwas gutes. Sogar etwas sehr gutes. Er lächelte. War das die Lösung? Eine Zigarette und -schwupps- ist man wieder kreativ? Vielleicht ist das erschreckend. Wenn man die Wahl gewinnen will. Für ihn war es einfach nur erleuchtend. Er wollte die Kippe gerade ausdrücken, obwohl die Hälfte noch dran war, und wieder an den Rechner gehen... als er plötzlich innehielt. Er starrte zuerst verwundert und dann ein wenig unsicher auf seinen ausgestreckten Arm mit der brennenden Zigarette in der Hand. Die Glut glühte fleißig den Tabak ganz langsam herunter. Aber das war es nicht, was ihn erschreckt hatte. Es war der Rauch der Zigarette, welcher sich jetzt unaufhaltsam im ganzen Raum verteilte. Zuerst dachte er daran, dass er vor dem Heimkehren seiner Freundin unbedingt die Fenster aufmachen sollte, aber dann verwarf er diesen Gedanken und tauschte ihn prompt durch eine Frage aus. Was ging hier vor? Die Glut veränderte sich nicht oder nur kaum, aber der Rauch wurde immer dichter, immer mehr. Es war wie ein nebliger Tag in London, schlimmer sogar. Er sah die Zigarette in seiner Hand nicht mehr, nichteinmal die heiße, helle Glut konnte er sehen. Der ganze Raum war grau. Und trotzdem musste er nicht husten oder wenigstens röcheln. Er atmete ein, er atmete aus. Nichts. Er konnte normal atmen. Er war wie in einer Wolke gefangen. Er konnte es nicht begreifen und wollte zum Fenster gehen um den Rauch rauszulassen. Da geschah es. Nichts hatte daraufhin gedeutet, aber es geschah dennoch. Der Rauch zog sich blitzschnell zu einem wabbernden Klops zusammen. Es war, als ob der Rauch von einem mächtig starken Vakuum angezogen werden würde. Er hatte nichtmal die Zeit irgendwie vor Schreck aufzuschreien. Es war genauso schnell vorbei, wie es angefangen hatte und er sagte nur »Äh.« - Äh? Toll, wirklich wunderbar ausgedrückt, du Genie. Du sollst mit Worten jonglieren können und drückst dich bei merkwürdigen Phänomenen aus wie der letzte... Er konnte den Gedanken nicht vollenden, dazu blieb ihm nicht genügend Vernunft. Wie erstarrt blickte er in den Mitte seines Wohnzimmers. Dort hatte sich aus dem rauchenden Klops ein Körper gebildet. Ein fetter Klopskörper, doch immerhin ein Körper. Er hatte einen Kopf, Arme und Beine und alles was dazugehörte. Er schwebte direkt über dem Couchtisch und das Gesicht, welches eigentlich kein Gesicht war - es war nur so eine Kugel aus Rauch - blickte genau in seine Richtung. Er wäre fast hinten übergekippt und wäre wie versteinert liegen geblieben. Doch dazu war keine Zeit. Ohne weitere Worte schwebte der Rauchmann zu seiner Rechten und zog an der Glut der Zigarette. Und jetzt geschah etwas wirklich Unfassbares. Der Filter vergrößerte sich enorm und fraß regelrecht seine Hand auf und zog seinen rechten Arm wie eine übrig gebliebene Spaghettinudel hinterher. Er versuchte zu schreien und zu zappeln, doch es nützte nichts. In den Bruchteilen einer Sekunden wurde er von dem Filter eingesogen. Der Filter schrumpfte wieder auf seine normale Größe und die Zigarette blieb ausgemacht im Aschenbecher liegen. Der Rauchmann löste sich in Rauch auf. Es war vorbei. Er machte die Augen auf und sah sich um. Da war die Couch. Doch sie war irgendwie größer als vorhin. Viel größer. Was war los? Er spürte seinen Körper auf einmal irgendwie raschelig. und seine Haut war pappig. Er blickte an sich hinunter und wurde kreideweiß. Weißer noch als sowieso schon. Der Schriftsteller, welcher eben noch Herr über die Zigarette war, war nun ihr Gefangener.

* * *​

Sie war grad vom Einkaufen auf dem Nachhauseweg. Frische Tomaten, Mozarella, Rucosalat, Penne Rigate, ein Gläschen Pesto und eine Flasche Portwein. Sie lächelte vergnügt und schwang ihre Einkaufstasche wie ein kleines Schulmädchen umher. Sie freute sich. Sie und ihr Freund - er war Schrifsteller und irgendwie mies gelaunt in letzter Zeit - würden endlich mal wieder einen schönen Abend verbringen können. Sie würde kochen, sie würden zusammen essen, den Wein lehren, er würde ihr Komplimente für das Essen und natürlich ihre neue Frisur machen, sie würden sich mal wieder näherkommen, er würde sie küssen und dann... wer weiß. Sie quiekte regelrecht vor Vorfreude. Sie ging auf hochhackigen Schuhen die Straße entlang, in dem ihr kleines Häuschen stand. Sie winkte freundlich jedem vorbeikommenden Nachbarn bis sie schließlich an dem Haus ankam. Sie ging die Einfahrt hinauf, schloss die Tür auf und betrat die Diele. Sofort kroch ihr ein Geruch von Rauch in die Nase. Ein ekelhafter Geruch. Sie erschrak und lies die Einkaufstüte fallen. Der Wein blieb ganz. Sie ging in raschen Schritten ins Wohnzimmer und blickte sich um. Brannte es? Der Aschenbecher auf dem Couchtisch und die darin liegende angerauchte Zigarette fielen ihr ins Auge und ihre Anflüge von Panik wichen einem Nicht schon wieder Gesicht. Sie verzog die Augenbraue wie nur sie es konnte. Sie ging zurück, hob die Einkaufstüte wieder auf, streifte den Mantel ab und ging durchs Wohnzimmer in die Küche, wo sie die Tüte erstmal abstellte. Das wäre geschafft, dachte sie beiläufig und ging sich umschauend in den Flur zurück. Sie ging in sein Arbeitszimmer, wo sie ihn erwartete, mit dem Vorsatz ihm erstmal einen kleinen Vortrag über das Rauchen zu halten, es dann aber zu vergessen und doch noch einen perfekten Abend zu haben. Aber am Schreibtisch saß Niemand. Da war nur ein zur Seite gedrehter Stuhl, eine zerbrochene Tasse und ein kaputtes Telefon. Sie erschrak wieder sofort. Ein Kampf? Doch sie betrachtete das Bild genauer und wusste, dass es nur Frustreaktionen seinerseits gewesen sein mussten. Sie drehte sich um, ging durch das ganze Haus und rief seinen Namen. Wo steckte er? War er ausgegangen? Nein, er war ein Stubenhocker. Zwar ein liebenswerter Stubenhocker, aber trotzdem ein Stubenhocker, welcher sein Haus nicht verlässt, wenn es nicht unbedingt sein musste. Sie verzog ihren kleinen Mund zu einem Hmm und beschloss das Essen zu machen und abzuwarten. Er wird schon wieder auftauchen.
Sie machte das Essen, doch er tauchte nicht auf. Auch keine halbe Stunde später, auch keine Stunde später. Sie verzweifelte immer mehr, malte sich die verrücktesten Hirngespinnste und schrecklichsten Visionen aus und griff zum Telefon. Ihm musste was passiert sein. Sie wählte die Nummer der Polizei, doch die konnten ihr nur sagen, dass ein Mensch erst nach 24 Stunden als vermisst gezählt wird und sie bis dahin nichts für sie tun können. Ihr Schweine, ihr kennt ihn nicht. Da ist etwas passiert, da war sie sicher. Da musste etwas passiert sein.
2 Stunden später saß sie in alten Jeans und einem Wollpullover in der Küche und weinte. Sie hatte alles versucht, war das Addressbuch durchgegangen, hatte alle Freunde und Familienmitglieder angerufen. Doch nichts. Niente, Baby. Was sollte sie nur tun? Sie wusste nicht wohin. Sie wusste nicht was zu tun war. Sie hoffte er würde jede Sekunden hier hereinschneien und sich wundern warum sie wie das letzte Wrack hier rumhockt und heult. Er würde sie nicht verlassen, niemals. Sie liebten sich. Das nahm sie jedenfalls stark an. Doch sie zweifelte, war er wirklich abgehauen? Nein! Er wäre sowieso nicht ohne seinen PC abgehauen, versucht sie sich zu beruhigen. Sie blickte auf, blickte flehend zur Tür, doch nichts. Sie stand auf und schlenderte ins Wohnzimmer, wo sie sich auf die Couch legte. Die Tränen rannen ihr noch immer das Gesicht herunter. Sie musste sich ablenken, schlafen. Doch sie konnte nicht schlafen, das wusste sie. Nicht ehe sie wusste, was Sache war. Sie setzte sich wieder auf und schaute durch ihre nassen Augen auf den Couchtisch. Der Aschenbecher. Die Zigarette. Ach was solls, dachte sie sich. Sie nahm die Zigarette und steckte sie sich schluchzend in den Mund.

* * *​

Der pure Entsetzen machte sich in ihm breit. Horror stieg in ihm auf. Was ist das für eine Scheisse? Er konnte es nicht begreifen. Wie ihm Wahn versuchte er sich rumzudrehen, sich zu schütteln, sich irgendwie zu bewegen. Doch es half nichts, nichts passierte. Er glühte vor kranker Angst. Er konnte nicht kapieren, wie er zur Zigarette geworden war und wieso. Wie ein Fisch im Netz versuchte er sich vergebens zu drehen. Er lag sehr unbequem und konnte weder Arme noch Beine bewegen. Hatte er überhaupt noch Arme und Beine? Er versank im Chaos seiner eigenen Unfähigkeit.
So lag er nun da für einige Zeit. Er hatte genug geschrien und genug geplärrt in der letzten Zeit und doch nichts gehört. Er hatte genug gewackelt und gestrampelt und es hatte sich nichts bewegt. Er hatte es aufgegeben und dachte jetzt schon wieder ein wenig logischer. War er zur Zigarette geworden? Wie? Das ist nicht möglich, da war er sich sicher. Und doch spürte er es am eigenen Leibe. Der wahre Horror war in ihn gefahren. Oder viel mehr- Er war in den wahren Horror gefahren. Wäre diese eine seiner Geschichten hätte er wahrscheinlich über so einen Satz gelacht. Es war ein guter Satz, ohne Frage. Doch der nütze ihm jetzt nichts. All seine schrifstellerischen Fähigkeiten nützten ihm jetzt nichts. Er dachte darüber nach. Andere Fähigkeiten, die er nicht besaß, hätten ihm wahrscheinlich auch nicht helfen können. Er dachte noch eine Weile darüber nach was ihm jetzt nicht half als er es klicken hörte. Die Tür? Ja, das war die Tür. Dieses Geräusch kannte er. Er hörte ein dumpfes Pochen, als ob man etwas auf den Boden fallen lässt und ein darauffolgendes Tapsen durch das ganze Haus. Er konnte nichts sehen, nur die Decke und wenn er nach unten blickte die Couch. Das war's. Das war für die letzten Stunden seine Welt gewesen. Er konnte schließlich nichts daran ändern und konzentrierte sich nun auf die einzigen Geräusche, die durch die Stille hallten, welche bis jetzt angeherrscht hatte. Er dachte wieder darüber nach. Was konnte es gewesen sein? Natürlich, das konnte nur seine Freundin gewesen sein. Scheisse, sie würde ihn suchen, dachte er bei sich.
Er hörte wieder eine Zeit lang nichts, dann wieder ein Tapsen und einige andere Geräusche über einen längeren Zeitraum verteilt. Das Zeitgefühl hatte er schnell und als erste Fähigkeit einbüßen müssen. Mist, was machte sie da? Hatte sie die Zigarette nicht gesehen? Normalerweise hätte sie sie weggeräumt und ganz sicher bemerkt, dass hier etwas nicht stimmte. Dass hier etwas ganz und gar nicht stimmte. Hier war irgendeine unheimliche, unwirkliche und absolut unverständliche Sache zugange.
Er hörte wieder nichts und dann ein Weinen. Seine Freundin weinte. Nein, das war das falsche Wort. Sie heulte wie eins von diesen Heuldingern zu Silvester. Heulte sie weil er nicht da war? Diese Tatsache bewegte ihn und war doch von einer grausamen Ironie geprägt. Erst in Form einer Zigarette, die sie so hasst, wird ihm bewusst, dass sie ihn liebt und dass er sie liebt. Irgendwo war das merkwürdig... zum wiederholten Male an diesem Schreckenstag wurde er aus seinen Gedanken gerissen. Er spürte etwas in der gelähmten Starre seines Körpers. Er wusste erst nicht wie er dieses Gefühl zuordnen sollte. Er kannte es nicht. Bis er es erkannte. Jemand hob die Zigarette an. Er wollte vor Jubel aufschreien. Irgendwie konnte sie erkennen was... was? Ein weiteres, vorher ungekanntes Gefühl machte sich bemerkbar. Es war als würde man seinen Kopf mit einem Schraubstock maltretieren. Und dann sah er ihre Nasenlöcher in einer grausamen Vergrößerung. Sie hatte ihn in den Mund gesteckt. Er wollte schreien, sich bermerkbar machen. Doch alle Versuche sich bemerkbar zu machen halfen nichts. Absolut nichts geschah. Jedenfalls nichts positives. Das grauenvolle rad des Schicksals wurde selbstredend weitergedreht und der Schrecken nahm kein Ende. Sie machte also offenbar weiter. Zu seinen Füßen war ein aufflammendes Geräusch zu vernehmen und Warme drang zu seinen Zehen. Ach du... Sie wollte ihn wirklich rauchen. Nein, bitte nicht. Das geht nicht. Das darfst du nicht. Und dann brannten seinen Füße. Doch die Zeit für Schmerz blieb ihm verwehrt, denn er war gefolgt von einem noch viel größerem Schmerz. Dem größten Schmerz, den man sich vorstelle konnte. Geraucht zu werden. Sie zog ihn durch. Es tat höllisch weh. Es tata wirklich scheiss höllisch weh. Es war wie eine Achterbahnfahrt durch einen brodelnden Vulkan. Als ob er als Stück morbides Fleisch mitten im Barbecue der Hölle gelandet war. Unmenschlich heiß und unmenschlich stickig. Er wollte husten, doch der Rauch presste sich wie Bleib in seinen Lungen. Oder in das, was mal seine Lungen gewesen waren.

***​

Unter seinen Todesquahlen rauchte sie ohne Hast die Zigarette auf, die einst ihr Freund gewesen war. Zog, pustete den Rauch in den Raum und zog weiter. Irgendwie erinnerte sie sich gerade jetzt an seine Küsse. Sie vermisste sie. Sie stand schließlich auf, drückte die Zigarette in den Aschenbecher und ging aus dem Zimmer. Langsam- ganz langsam brannte sie- brannte er aus.

 

Hallo M-P und herzlich willkommen!

So so, dein erster Versuch hier auf kg. Ich hatte gestern Nacht schon angefangen, und da mich dein Schreibstil beeindruckte, machte ich gerade weiter.
Ausnahmsweise mal ein Fazit zu Anfang: Bitte unbedingt kürzen!!!

Ich weiß nicht, wielange du schon schreibst, ich denke, das ist nicht dein erstes Werk; zumindest wirkt dein Stil recht professionell. Allerdings steckt noch ein typischer "Anfängerfehler" in deiner Geschichte: Diese Wortverliebtheit, die sich in einem endlosen Aufenthalt in Nebensächlichkeiten widerspiegelt.
Und, lieber M-P, so leid es mir tut, aber sowas langweilt einen Leser.
Ich geh mal ins Detail: 1. die umherfliegenden Notizzettel. Wirklich schön beschrieben, ohne Frage, aber wozu?? Eine kurze Erwähnung hätte genügt, um den Schriftsteller zu charakterisieren (er macht sich Notizen). Für die Geschichte selbst ist es überhaupt nicht wichtig.
2. das Nachdenken. Unendlich viele Sätze darüber, dass er nicht nachdenkt. Warum nicht einfach: "Er ließ sich in den Sessel fallen, wollte nachdenken, doch schwirrten seine Gedanken orientierungslos durch seinen Kopf, so dass er sie nicht fassen konnte." Klingt jetzt auch nicht besonders, aber sowas würde doch reichen, oder?
3. das Anzünden der Zigarette!!! Ahhhh... ich dachte die ganze Zeit: Mensch, Kumpel, jetzt finde endlich dieses scheiß Feuerzeug und mach weiter!!!:D
4. die "Einkaufsliste" der Freundin. Wozu?

Zum "Freundinabschnitt" selbst: Sie bleibt mir zu leblos. Du beschreibst lediglich ihr Handeln (was mMn mal wieder viel zu ausführlich ist).
Hier als Tipp: benutze doch ruhig wörtliche Rede; nicht "sie rief nach ihm", lass sie wirklich rufen. Das macht schon lebendig!

Die eigentlichen Horrorszenen handelst du dagegen relativ schnell ab (das Verwandeln und das Aufrauchen). Hier würde ich mehr ins Detail gehen. Lass den Leser den Schmerz spüren, den der Protagonist empfindet; beschreibe ihn nicht bloß.

Einen Satz möchte ich hier aber nochmal stellvertretend für deinen tollen Stil nennen:

Er versank im Chaos seiner eigenen Unfähigkeit.
:thumbsup:

Ein Schlussfazit: Eine nette Idee, die aber an den falschen Stellen ausgearbeitet ist. Unwichtiges streichen, Wichtiges hervorheben!

Hoffe trotzdem, noch viel von dir lesen zu können. Immer weiter machen!

Gruß! Salem

 

das ding ist, ich wollte sehr subtilen horror machen. das hab ich dann vermurkst. :D aber trotzdem fand ich die idee dass eine kippe den raucher einsaugt ziemlich abgefahren und cool. darum hab ichs auch gepostet.

Salem schrieb:
Hallo M-P und herzlich willkommen!

yo.

Ich weiß nicht, wielange du schon schreibst, ich denke, das ist nicht dein erstes Werk; zumindest wirkt dein Stil recht professionell.

seit etwas weniger als nem halben jahr schreib ich jetzt kurzgeschichten. und ich schreib eigentlich nur horror geschichten und so'n zeugs. dass mein stil professionell ist hör ich auch grad zum ersten mal. ich denke ich schreibe noch zuviel und zulang ohne wirkliches ziel. aber ich arbeite dran. :p

Allerdings steckt noch ein typischer "Anfängerfehler" in deiner Geschichte: Diese Wortverliebtheit, die sich in einem endlosen Aufenthalt in Nebensächlichkeiten widerspiegelt.
Und, lieber M-P, so leid es mir tut, aber sowas langweilt einen Leser.

mh, ich find sowas eigentlich immer ganz witzig. :D

Ich geh mal ins Detail: 1. die umherfliegenden Notizzettel. Wirklich schön beschrieben, ohne Frage, aber wozu?? Eine kurze Erwähnung hätte genügt, um den Schriftsteller zu charakterisieren (er macht sich Notizen). Für die Geschichte selbst ist es überhaupt nicht wichtig.
2. das Nachdenken. Unendlich viele Sätze darüber, dass er nicht nachdenkt. Warum nicht einfach: "Er ließ sich in den Sessel fallen, wollte nachdenken, doch schwirrten seine Gedanken orientierungslos durch seinen Kopf, so dass er sie nicht fassen konnte." Klingt jetzt auch nicht besonders, aber sowas würde doch reichen, oder?
3. das Anzünden der Zigarette!!! Ahhhh... ich dachte die ganze Zeit: Mensch, Kumpel, jetzt finde endlich dieses scheiß Feuerzeug und mach weiter!!!:D
4. die "Einkaufsliste" der Freundin. Wozu?

ja, das sind alles dinge, bei denen ich versucht habe der geschichte leben zu verpassen. der leser soll sich eine welt um das bild in seinem kopf herum schaffen. so wirkt es vielleicht realistischer. vielleicht aber auch nicht. testläufe, nichts als testläufe.

Zum "Freundinabschnitt" selbst: Sie bleibt mir zu leblos. Du beschreibst lediglich ihr Handeln (was mMn mal wieder viel zu ausführlich ist).
Hier als Tipp: benutze doch ruhig wörtliche Rede; nicht "sie rief nach ihm", lass sie wirklich rufen. Das macht schon lebendig!

ich wollte der freundin nicht zuviel leben geben. sie ist nebensächlich.

Die eigentlichen Horrorszenen handelst du dagegen relativ schnell ab (das Verwandeln und das Aufrauchen). Hier würde ich mehr ins Detail gehen. Lass den Leser den Schmerz spüren, den der Protagonist empfindet; beschreibe ihn nicht bloß.

hier wollte ich dass der schauer nur bruchteile von sekunden anhält und man keine zeit hat sich zu fürchten. mehr so schock effekte in form von kugelblitzen.

aber schön, dass es dir gefällt.

 

Hallo M-P und auch von mir ein herzliches Willkommen hier.


Ich sags gleich mal vorab: Richtig gefallen wollte mir deine Geschichte nicht.

Die Geschichte liest sich für mich etwas unmotiviert. Ein Rauchmonster? Die Verwandlung in eine Zigarette? Der Tod, indem der Prot von der eigenen Freundin geraucht wird?
Die Frage, die sich mir stellt: Warum das Ganze?
Natürlich, weitschweifende Erklärungen sind im Horrorgenre unüblich, doch hier fehlt irgendetwas. Er ist verzweifelter Schriftsteller, scheint jedoch seine Freundin zB nie verletzt zu haben. Weshalb ich das Rauchmonster als übernatürliches Hilfsmittel für Rache ausschließe.
Warum auch ausgerechnet, als er die Idee für eine Geschichte bekommt?
Mir ist das alles zu wenig. Das, was hier passiert, ist ja nicht unbedingt alltäglich. Es schon wirklich sehr, sehr phantastisch und damit der Leser dir das abnimmt, fehlt es der Geschichte vor allem bei der Verwandlung noch an Amtosphäre.
Ich merke zwar, wie du versuchst sie zu erzeugen, jedoch wirken die unglaublich vielen, viel zu genauen Beschreibungen eher langweilig als atmosphärisch.

Er fluchte noch im selben Moment laut und dabei wirbelten ihm die vielen kleinen Notizzettel um den Kopf. Es war als ob sie ihn nicht nur verhöhnten, sondern auch angriffen. Wie ein Fliegerschwadron, welches eine Festung bombardiert. Mit genervten Handbewegungen fegte er sie hinfort und ging ins Wohnzimmer. Die Zettel wirbelten immernoch fröhlich und triumphierend umher, als ob sie ihren Sieg feiern würden.
Zuviel der Beschreibung
Ich würde schreiben:
Er fluchte, während dutzende kleine Notizzettel wie ein Fliegerschwadron um seinen Kopf wirbelten.

Doch er dachte über nichts Bestimmtes nach. Wenn man hört, dass jemand nachdenkt, vermutet man er grübelt über etwas sehr Wichtiges. Doch dem war nicht so. Er hätte sich mit Sicherheit gefreut, wenn er jetzt in der Lage gewesen wäre über etwas Sinnvolles- etwas Bedeutsames nachzudenken.
*Gähn*
Wiederholung und Wiederholung.
Alles schwarz markierte kann gestrichen werden, ohne dass die Story etwas verliert

Das mochte er zwar nicht - Trubel und Selbstzelebrierung waren ihm schon immer zuwieder gewesen - aber trotzdem fand er es irgendwie nett von ihr, auch wenn er es nicht mochte.
Warum musst das zweimal sagen? Hast du Angst, der Leser hört dir nicht zu? ;)

Zwar ein liebenswerter Stubenhocker, aber trotzdem ein Stubenhocker, welcher sein Haus nicht verlässt, wenn es nicht unbedingt sein musste.
auch hier: das sagst du bereits mit dem Wort Stubenhocker.Man muss nicht alles zweimal sagen.


Ebenfalls ist der Absatz, in dem der Prot übers Rauchen philosophiert, viel zu langezogen.
Man hat das Gefühl, er will einem das Universum erklären. Aber selbst dafür bräuchte er nicht so viele Sätze. :D

Auch beschreibst du oftmals etwas ungenau oder unpassend.

Dem größten Schmerz, den man sich vorstelle konnte. Geraucht zu werden. Sie zog ihn durch. Es tat höllisch weh. Es tata wirklich scheiss höllisch weh. Es war wie eine Achterbahnfahrt durch einen brodelnden Vulkan.
Keine gute Beschreibung. Unter höllisch weh kann ich mir nichts vorstellen.
Außerdem: warum wie eine Achterbahnfahrt? er bewegt sich ja nicht

Das Telefon sprang auf und machte ein dumpfes Geräusch und es war hinüber.
Unschön formuliert.
1. macht es beim Kaputtgehen kein dumpfes Geräusch (irgendetwas muss ja splittern oder zerbrechen)
2. klingt hinüber schrecklich.
Das Telefon fiel auf den Boden und brach auseinander.
Auch nicht das Gelbe vom Ei.


Du bist stilistisch mit Sicherheit nicht schlecht, nur neigst du zum "labern". Du erzählst da viel zu viel, wo es nicht nötig wäre. Meistens lesen sich kurze und knappe Sätze besser als seitenlange Erklärungen. ;)

So, damit nicht der falsche Eindruck entsteht: Das hier soll kein Verriss sein. Mir hätte die Geschichte eigentlich gefallen können, vor allem aber, weil ich weiß, dass hier Potential vorhanden ist. Aufgrund der langgezogenen Absätze kann sich jedoch keine Spannung aufbauen.
Überarbeite die Story, streiche die vielen Wiederholungen (und vor allem die vielen RS-Fehler, die sich noch in der Geschichte befinden!) und die Geschichte wird gleich um einiges besser. Da bin ich mir sicher.


So, das wars von mir. Ich wünsche dir hier noch viel Spaß. :)

Liebe Grüße
Tamira

Überreste:

Das Telefon sprang auf und machte ein dumpfes Geräusch und es war hinüber. Die Tasse tat es ihr gleich.
Die Tasse tat es ihr (der Telefon) gleich? ;)
ihm

Jedenfalls was den zweiten Teil anging, vorher macht sie ein lautes, zerspringendes Geräusch.
Das interessiert den Leser nicht, nachdem es passiert ist.

Er lies sich auf die Couch plumpsen, fuhr sich mit gespreizten Händen durch die Haare, schloss die Augen und dachte nach.
ließ

Und trotzdem musste er nicht husten oder wenigstens röcheln.
Meines Erachtens röchelt man erst bei sehr wenig Luft, wogegen man bereits bei schlechter Luft hustet. Deshalb passt das wenigstens überhaupt nicht.


Wo steckte er? War er ausgegangen? Nein, er war ein Stubenhocker. Zwar ein liebenswerter Stubenhocker, aber trotzdem ein Stubenhocker, welcher sein Haus nicht verlässt, wenn es nicht unbedingt sein musste. Sie verzog ihren kleinen Mund zu einem Hmm und beschloss das Essen zu machen und abzuwarten. Er wird schon wieder auftauchen.
Ich dachte, sie glaubt nicht, dass er ausgegangen ist?

2 Stunden später saß sie in alten Jeans und einem Wollpullover in der Küche und weinte. Sie hatte alles versucht, war das Addressbuch durchgegangen, hatte alle Freunde und Familienmitglieder angerufen. Doch nichts. Niente, Baby. Was sollte sie nur tun?
Stimmungstöter

er wahre Horror war in ihn gefahren. Oder viel mehr- Er war in den wahren Horror gefahren. Wäre diese eine seiner Geschichten hätte er wahrscheinlich über so einen Satz gelacht. Es war ein guter Satz, ohne Frage.
Die Hobbyschreiberin würde sagen: Kein guter Satz. Das Wort Horror in einer Horrorstory zu verwenden ist nicht gut. :D

 

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