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Ausgeflatscht
Es war ein schrecklicher Unfall gewesen, für Salin sowieso, dem die Eisenstange mit dem Mauerstück aus dem Hinterkopf ragte und für seine Kollegen auf der Baustelle ebenfalls, die wie aufgescheuchte Hühner um den Verletzten herumgackerten und sich alle insgeheim fragten, wieso er nicht einfach tot war.
Bei der Sprengung des Gebäudes war nichts schief gegangen, eine perfekte Implosion des 18 Stock hohen Gebäudes, eine langsame, anmutige Symphonie der kontrollierten Vernichtung. Trotzdem hatte sich ein einsames Stück des todgeweihten Hauses gerächt und den gelben Helm des Sprengmeisters Salin an dessen Schädel genagelt. Mit einem dicken, rostigen Nagel.
Salin hatte nur einen Schlag gespürt, dann war er schon im Dreck gelegen, unfähig aufzustehen, aber eigentlich ohne Schmerzen, abgesehen von einem nicht unangenehmen Druck auf dem Hinterkopf.
Seine Kollegen wuselten um ihn herum, betatschten ihn grob und schafften es schließlich einen Krankenwagen zu rufen.
Salin sickerte ein wenig Schlamm durch den geöffneten Mund, doch er nahm das kaum wahr, weil er vom gewaltigsten Orgasmus seines Lebens erschüttert wurde. Er wurde am ganzen Körper steif, in seinem Schädel wirbelten kaleidoskopartig erotische Erinnerungsfetzen.
Sein Stöhnen und seine Zuckungen wurde glücklicherweise falsch interpretiert.
„Oh mein Gott, er stirbt, er stirbt!“
„Lasst ihm doch Luft zum atmen! Jeder einen Schritt zurück!“
„In die stabile Seitenlage, er erstickt an seiner Zunge!“
„Keiner fasst ihn an, bei Schädelverletzungen kann jede Bewegung tödlich sein!“
Der Krankenwagen kam und Salin, der Sprengmeister, wurde mitsamt seinem angenagelten Helm und dem Mauerstück abtransportiert.
Er bekam beruhigende Mittel, wurde an einen Tropf gehängt, ihm wurde gut zugesprochen und die Hand gehalten.
Ehe er es sich versah war er im Krankenhaus. Die Spritzen trübten ihn ein, doch was er auf jeden Fall mitbekommen hatte, war das halbe Dutzend Höhepunkte, das er durchlebt hatte.
Salin fühlte sich angetörnt durch die Drogen und angenehm geschwächt wie nach gutem Sex.
Im Operationssaal wurde ihm das Licht abgedreht, das hieß, er wurde narkotisiert, anschließend mit äußerster Vorsicht zuerst das Mauerstück, dann der Helm entfernt.
Schließlich ragte nur mehr der rostige Stahlstift aus seinem Kopf, das Haar rings um diese Stelle wurde rasiert.
Bis jetzt lief alles in hektischem Tempo ab, ein gut koordinierter Formel 1 Boxenstopp, jeder Handgriff saß.
Nun standen Anästhesist, Neurologe, Radiologe, jeder Arzt, der noch einen Funken Interesse an seinem Beruf aufbrachte um Salins Liege und berieten was zu tun war. Oder standen einfach herum und staunten über dieses medizinische Wunder.
Salins Blutdruck und Puls waren normal, die Atmung ebenfalls, nichts deutete auf einen Hirnschaden hin. Der Mann blutete nicht einmal übermäßig. Der Radiologe machte sein Röntgenbild und schob ihn in die CT Röhre. Der Stab schien sich genau zwischen die beiden Hirnhälften gegraben zu haben, in einem (für den Stab und Salin) optimalen Winkel.
„Wir sollten das Ding einfach stecken lassen. Jeder Versuch es herauszuoperieren muss starke Schäden verursachen“, meinte ein Chirurg.
„Außerdem wäre er so als Kleiderständer verwendbar“, ätzte der Radiologe.
„Man könnte ihn auch umschulen zum mobilen Blitzableiter“, ergänzte der Anästhesist, riss die Augen auf und schüttelte sich, als stünde er unter Strom.
„Vielleicht kann er ein paar Radioprogramme empfangen?“
„Wir wollen nur unser Entsetzen durch Humor sublimieren“, antwortete der Radiologe und zwinkerte mit dem einen Auge, während sein Nacken spastisch zuckte.
Schlussendlich wurde der Stahlstift entfernt und die Operation gelang. Zurück blieb nur eine kreisförmige kahle Stelle, wo sich ein Hautlappen über das ausgefräste Loch im Schädel spannte.
Salin verbrachte noch einige Wochen im Krankenhaus und wurde nach umfassenden Untersuchungen entlassen. Er schien keine bleibenden Schäden davongetragen zu haben.
Das war aber nicht die ganze Wahrheit: Salin konnte das Gefühl nicht vergessen, das er gehabt hatte, als er den Eisenstab im Schädel hatte.
Wenn er sich unbeobachtet fühlte, fingerte er an dem Loch im Schädel herum und dehnte so das Hautstück immer weiter, was er aber durch geschickt gekämmte Haare kaschierte.
Es erregte ihn, an dem Loch herumzuhantieren, je tiefer er den Finger hineinstecken konnte, umso fantastischer wurden seine Höhepunkte.
Darunter litt leider sein normales Bedürfnis nach Geschlechtsverkehr, was seine Frau anfangs als Nachwirkung des Unfalls abtat, nach einiger Zeit jedoch zu einer ernsten Aussprache führte.
Salin, der sich inzwischen den Mittelfinger bis zum Anschlag in die Birne stecken konnte, brach zusammen und gestand.
Seine Frau war entsetzt, akzeptierte jedoch schließlich die veränderte Situation, da Salin außerstande war von seinem Schädel zu lassen.
Ihr Sexualleben erreichte in kurzer Zeit eine düstere, sadomasochistische Qualität, Salins Frau fickte ihn inzwischen mit einem umgeschnallten Dildo wild in den Schädel, was ihr überraschenderweise genau so viel Spaß machte wie ihm.
Doch kein Glück ist ungetrübt: Mit jedem Schädelfick wurde Salin ein Stück dümmer. Es fing harmlos an, er vergaß unwichtige Sachen, wie etwa Katzenfutter zu kaufen. Dann schlug sich die Hirnbumserei auf seine Arbeit nieder, vorher war er ein hochangesehener Sprengstoffspezialist, nun genügte ein Blick in seine trüben Augen und auf seine zitternden Hände um ihm den Zugriff auf einen Sylvesterkracher zu verwehren.
Er begriff, was mit ihm geschah, wollte aufhören, doch die Beziehung zu seiner Frau hatte sich in etwas Bösartiges, Fremdes verwandelt.
Sie vergewaltigte ihn brutal, die überstrapazierte Haut riss und Salins Frau rammte ihm den Dildo in den Schädel, durchs ganze Gehirn, bis er an den Stirnknochen knallte. Selbst als er bereits reglos da lag, konnte sie nicht aufhören, bis sie ihren ersten Orgasmus überhaupt durchs ganze Miethaus schrie.
Nun, die anderen Mieter holten die Polizei, sie fanden Salin, und seine Frau hatte einige Probleme den Umstand zu erklären, dass ihr Mann mit einem Loch im Hinterkopf im Schlafzimmer lag, daneben ein blutiger Dildo verziert mit Hirnsubstanz.
Der Inspektor bückte sich, steckte einen Finger in das Loch, zog ihn heraus und betrachtete ihn nachdenklich. Er sah zu seinem Kollegen auf, einem jungen Mann, der sehr blass geworden war.
Er schüttelte den Kopf und murmelte: „Das ganze Gehirn rausgeflatscht.“