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Ausweg
Langsam kommt Simion zu sich. Wo ist er? Was ist geschehen? So sehr er sich auch zu erinnern versucht, eine plausible Antwort scheint es nicht zu geben. Er hat starke Kopfschmerzen. Sein langer Mantel, der das darunter verborgene Gewandt verdecken soll, ist klamm und von feuchter Erde überzogen. Er betastet den Untergrund, auf dem er liegt. Dieser ist hart und kalt. Es sind keine Wasserlachen zu ertasten, jedoch ist der Boden feucht und unangenehm. Simion fühlt sich erschöpft. Natürlich liegt das auch an seiner langen Reise, die er zusammen mit seinen Begleitern schon zurückgelegt hat. Aber im Moment liegt es eher daran, dass er keine Ahnung hat, wie er an diesen dunklen ungemütlichen Ort gekommen ist.
Noch einmal will er Kraft sammeln, um sich anschließend aufzurichten. Hierfür lässt er seinen Hinterkopf wieder auf den Boden sinken. Diese Entscheidung bereut er sogleich. Ein stechender Schmerz entflammt an seinem Hinterkopf. Ohne weiter darüber nachzudenken und mobilisiert durch den Schmerz, springt er auf. Der schnelle Positionswechsel bringt seinen Kreislauf ein wenig durcheinander und er hat Mühe nicht sofort wieder zu stürzen. Vorsichtig befühlt er die schmerzende Stelle an seinem Kopf. Er kann eine Beule ertasten, um die sich eine Kruste gebildet hat. Wahrscheinlich ist es Blut, das ist ihm sofort klar. Nur, wie ist diese dort hingekommen? Ist er gestürzt oder hat ihn jemand von hinten mit einem Gegenstand geschlagen? Wurde er vielleicht erkannt? Panik steigt in ihm auf, die er jedoch schnell wieder unter Kontrolle hat. Fieberhaft versucht er sich daran zu erinnern, was geschehen war. Er weiß noch, dass er mit Vic durch einen Wald schlich. Tynomi war schon in das Dörfchen, welches sie aus der Ferne von einem Berg aus gesehen hatten, vorausgegangen, damit sie nicht als eine Dreiergruppe erkannt werden. Die Ereignisse danach fehlen jedoch.
Simion erstarrt. Dreht sich erst nach links, dann nach rechts und schließlich im Kreis. Der lange schmutzige Mantel kann aufgrund seines Gewichtes diesen Bewegungen nicht folgen, sodass er sich letztendlich um seine Beine wickelt.
"Wo ist mein Stab?", krächzt er hysterisch in die Dunkelheit.
Er fällt auf die Knie und tastet den Boden weiträumig um die Position ab, wo er vor wenigen Augenblicken noch gelegen hat. Schweiß tritt ihm auf die Stirn. Die tastenden Bewegungen seiner Arme werden schneller, immer häufiger dreht er sich um seine eigne Achse. Um seinen Suchradius zu erweitern, lehnt er sich weit nach vorn. Er muss sich dabei auf einer Hand abstützen, um nicht bäuchlings in den Dreck zu fallen. Das Drehen fällt ihm in dieser Position deutlich schwerer. Er kniet bereits in einer so weit nach vorn übergebeugten Haltung, dass er fast auf dem Boden liegt. Immer weiter tastet er mit seinen Händen den Boden ab. Die Finger werden vor Kälte und Feuchtigkeit mittlerweile taub. Durch die kleinen Steine und die Erde auf dem sonst harten Steinboden sind seine Hände zudem abgeschürft. Grade als er seine Suche abbrechen will, stößt er mit den Fingern gegen einen Gegenstand. Sofort spürt er eine Welle, die wie ein Strom seinen Körper durchfährt, es kann sich nur um seinen Stab handeln. Mit letzter Kraft robbt er zu ihm herüber. Dort angekommen muss er erst einmal mit dem Bauch auf dem Stab liegend tief Luft holen. Die Panik von eben ist wie verfolgen. Ein ungutes Gefühl bleibt jedoch, er weiß noch immer nicht, wo er sich befindet, wie er sich die Beule zugezogen hat und wo Vic abgeblieben ist.
Er hat keine Wahl, er muss wieder aufstehen und die Lage erkunden. Mittlerweile haben sich seine Augen auch an die Dunkelheit gewöhnt, wäre er vor hin nicht in Panik verfallen, hätte er wahrscheinlich den Stab auch so finden können. Es wäre nicht notwendig gewesen, im Dreck herumzukriechen. Aber logisches Denken war nie so sein Ding, er war eher ein Mann von Taten. Gut, in diesem Fall haben die Taten abgeschürfte Hände und einen schmutzigen Mantel als Folge, aber er ist hart im Nehmen.
Er befindet sich in einer Höhle, nachdem er sich nun Zeit genommen hat, seine Umgebung wahrzunehmen, besteht daran kein Zweifel. Kurz hinter der Stelle, an der er gelegen hat, endet jedoch der Stollen. Nur in die entgegengesetzte Richtung scheint es ein Weiterkommen zu geben. Die Höhle hat eine Stollenhöhe von ungefähr drei Metern. Über seinem Liegeplatz ist ein Loch in der Decke zu erkennen, durch dies muss er gestürzt sein. Er wurde also nicht geschlagen. Bleibt somit noch die Frage, wo ist Victorya? Er kann sich an den Sturz nicht mehr erinnern. Laut zu rufen traut er sich nicht. Wenn Vic dort oben ist, wird sie ihn wahrscheinlich beobachten. Er beschließt, noch einige Zeit an der Stelle zu bleiben und das Loch im Auge zu behalten. Man kann von hier unten den dunkel grauen Himmel erkennen. Es ist Nacht, der Mond scheint jedoch hell. "So von unten betrachtet", denkt Simion sich, "kann ich froh sein, dass mir nichts weiter passiert ist, ich hätte mir auch sämtlich Knochen brechen können."
Als aus Simions Sicht, nach einer Ewigkeit, noch immer niemand am Loch zu sehen ist, beschließt er allein nach einem Ausweg zu suchen. Noch etwas unschlüssig steht er unter dem Loch. Nur langsam setzt er sich in Richtung des offenen Stollens in Bewegung. Der Gang hat eine Breite, sodass ungefähr fünf Personen ohne Probleme nebeneinander stehen könnten. Er muss auf jeden Fall den Weg hierher zurückfinden, damit er, falls es keinen anderen Ausweg gibt, notfalls über dieses Loch Hilfe bekommt, sofern jemals jemand in Selbiges schaut.
Er nimmt seinen Stab. In der Mitte befindet sich ein weißer Griff, der jedoch, falls man sich während des Gehens auf den Stab stützen möchte, zu tief angebracht ist. Kurz vor den Enden des Stabes, ist auf jeder Seite ein roter Kristall eingelassen. Simion kratzt mit dem Stab auf dem Höhlenfußboden, sodass ein Pfeil in die Richtung entstehen müsste, in die er schaut. Seine Mühen bleiben jedoch ohne Erfolg. Der Boden ist viel zu hart und die Schmutzschicht zu dünn, um als Untergrund für ein Zeichen zu dienen. Daher versucht Simion mit einigen größeren Steinen, die er auf dem Boden findet, ein Zeichen an die Wand zu malen. Auch dieser Versuch bleibt fruchtlos. Der Abrieb hinterlässt ein kaum sichtbares Zeichen. Was soll er nun machen? Wenn er sich von dieser Stelle entfernt, ohne die Möglichkeit hierher zurückzufinden, kann er sich für immer in dieser Höhle verlaufen. Es kann sein, dass die Höhle an der nächsten Biegung endet, dann würde er mit dem ganzen Aufwand ziemlich dumm da stehen. Es kann aber auch sein, dass es ein weitläufiges Höhlensystem ist und wenn er sich in einem solchen verläuft, hat er ein ernsthaftes Problem.
Da sich keine Materialien finden lassen, mit denen sich ein Zeichen in irgendeiner Form an die Wand oder auf den Boden bringen lässt, muss er versuchen, sich den Weg zu merken. Obwohl er halbwegs den Stollen in der Dunkelheit erkennen kann, tastet er sich langsam voran. Zuerst verläuft der Tunnel ohne irgendwelche Biegungen. Nach einiger Zeit jedoch steht Simion vor dem ersten Problem. Der Tunnel gabelt sich. Er entscheidet sich für den rechten Weg. Wenige Meter später gelangt er an eine neue Abzweigung. Auch hier nimmt er spontan den rechten Stollen. Immer wieder teilt sich der Tunnel oder endet nach einigen Metern, sodass er Stücke zurückgehen muss, um einen anderen Gang zu benutzten. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis er sich den Weg zurück nicht mehr merken kann. Mittlerweile erreicht er Kreuzungen, von denen er überzeugt ist, dass er diese schon einmal passiert hat, sicher ist er sich jedoch nicht.
Plötzlich hält Simion in seiner Bewegung inne.
"War da nicht ein Geräusch?", flüstert er zu sich selbst.
Ohne, dass er es selbst wahrnimmt, hält er den Atem an. Tatsächlich es ist etwas zu hören. Es könnten Laute sein, die entstehen, wenn viele Stiefel über den Höhlenfußboden laufen. Vereinzelt könnten sich auch Stimmfetzen dazu mengen. Genau kann er es nicht bestimmen, da das Geräusch sehr leise ist. Sein Verstand arbeitet auf Hochtouren, was soll er tun? Auf die Gefahr erkannt zu werden, in Richtung des Geräusches gehen oder lieber in Sicherheit auf Abstand bleiben. So sehr er auch überlegt, er hat keine Wahl, er muss in diese Richtung weiter gehen, sein einziger Anhaltspunkt in diesem verworrenen Höhlensystem ist das Geräusch.
Simion bewegt sich nun langsamer durch die Höhle. Kontinuierlich steigt die Lautstärke des Geräusches an.
Wieder einmal steht Simion vor einer Abzweigung. Er wendet sich nach rechts und schaut in den Stollen. Dieser macht unmittelbar hinter der Gabelung eine starke Biegung. Er entscheidet sich für diese Richtung. Nach wenigen Schritten trifft der Stollen auf einen neuen Gang. Doch was ist das? An der Wand ist deutlich ein weißer Strich zu erkennen. Simion erstarrt. Es ist eindeutig ein Zeichen. Hier hat jemand einen Weg markiert. Hoffentlich in Richtung des Ausgangs denkt Simion sich. Ein Funken Hoffnung flammt in ihm auf. In seinen Überlegungen versunken, bemerkt er die sich nähernden Schritte erst im letzten Moment. Schnell hechtet er hinter die letzte Abbiegung zurück. Die Schritte verstummen, sie müssen direkt an der Gabelung angehalten haben. Simions Herz schlägt im Sekundentakt. Schweiß steht ihm auf der Stirn. Jetzt endlich sind Stimmen zu hören, die sich wirklich direkt an der Abzweigung mit der weißen Linie befinden müssen. Die Stimmen lassen ihm das Blut in den Adern erfrieren. Es sind die typischen dunklen Stimmen der Dankoneien, die Sprache kann er nicht verstehen. Er kann jedoch hören, dass dort mehrere von ihnen stehen müssen, die über irgendetwas diskutieren. Sollte sie ihn entdecken, wäre das nicht gut für ihn. Er ist sich nicht sicher, ob sie ihn nicht vielleicht gehört haben, als er sich grade so hinter die nächste Verwinkelung hatte retten können. Unfähig sich auch nur einen Millimeter zu bewegen, versucht Simion jeden Geräuschsfetzen in sich aufzusaugen. Er muss wissen, was dort im Stollen vor sich geht. Die Stimmen haben sich nicht von der Stelle bewegt, es scheint eine größere Debatte zu geben.
"Zu dumm, dass ich nichts verstehen kann", denkt sich Simion, "ich muss nachsehen, was dort vor sich geht".
Er legt sich auf den Boden und robbt ohne ein Geräusch zu machen langsam wieder zur Biegung zurück. Vorsichtig lugt er um die Ecke. Sein Herz, welches ihm grad noch bis zum Hals schlug, dröhnt mittlerweile in seinem Kopf. Im Gang, den er nur wenig einsehen kann, steht eine Gruppe von ungefähr zehn Dankoneien, mehr ist leider nicht zu erkennen, da er es nicht riskieren will, weiter aus der Deckung zu kriechen. So wie es aussieht, scheinen einige seinen Fluchtversuch von grade mitbekommen zu haben, sie deuten immer wieder auf den Gang, in dem er momentan auf dem Boden liegt und sie beobachtet. Ihre Augen scheinen im Dunkeln besser sehen zu können, zumindest führen sie keine Fackeln mit sich. Während Simion noch immer versucht abzuschätzen, mit wie vielen er es hier zu tun hat, haben sich die Verantwortlichen anscheind geeinigt. Zumindest kommt Bewegung in die Gruppe. Offensichtlich wollen sie sich aufteilen. Schlagartig wird Simion bewusst, dass hierbei ein Teil der Gruppe mit großer Sicherheit den Gang abgehen wird, in dem er sich befindet. Ihm bleibt keine Zeit, er muss so schnell wie möglich von hier weg. Er robbt geräuschlos zurück hinter die schützende Gabelung. Hier angekommen kann er sich wieder aufrichten, jedoch nicht lange verschnaufen. Es bleiben ihm womöglich nur wenige Minuten, bis die Gruppe aufbricht und ihn hier entdeckt. Er kann nicht schnell rennen, das würde zu viel Krach erzeugen. Er sieht sich um, der Gang aus dem Er ursprünglich gekommen war, ist sehr lang. Die nächste Abzweigung einige Meter entfernt. Es wird nicht möglich sein, diese rechtzeitig zu erreichen. Bleibt nur noch die Möglichkeit, den Stollen an dieser Verzweigung in die andere, bisher nicht erforschte, Richtung zu folgen. Glücklicherweise kann Simion von seiner Position aus erkennen, dass auch dieser in wenigen Metern ebenfalls abbiegt, sodass er schnell wieder Sichtschutz bietet. Schleunigst macht er sich auf den Weg. Grade noch rechtzeitig, da bereits sich nähernde Schritte zu hören sind. Die Gruppe muss also jeden Augenblick hinter der Ecke erscheinen.
Wenige Sekunden bevor die Dankoneien die Stelle erreichen, an der Simion grad noch nach einer Lösung für sein Problem gesucht hat, erreicht dieser die rettende Biegung. Er wagt es nicht eine Pause einzulegen, obwohl ihm die Knie schlottern. Langsam, möglichst ohne ein Geräusch zu machen, bewegt er sich weiter in den Stollen hinein. Es ist ruhig geworden hinter ihm. Die Gruppe scheint erneut angehalten zu haben. Fieberhaft versucht Simion den Grund des Rastens seiner Verfolger zu erahnen, während er sich weiter vorarbeitet.
„Warum gehen sie nicht weiter?“, arbeitet es in seinem Kopf.
Wie angewurzelt bleibt er stehen.
„Die Kriech-Spuren! Sie haben die Spuren auf dem Fußboden gesehen! Wie konnte ich nur so dumm sein. Der Boden ist zwar hart, jedoch reichen der Schmutz und die wenige Erde aus, um mich zu verraten“, schießt ihm die Gewissheit durch den Kopf.
Er ist nun ungefähr fünfzig Meter von der Biegung entfernt. Die Stimmen hinter ihm haben wieder eingesetzt und sie scheinen sich zu nähern, der Tunnel vor ihm verläuft weiter grade. Unter der größten Anstrengung, keine verratenen Geräusche zu machen, steigert er sein Tempo. Immer wieder dreht er sich um, achtet eigentlich kaum noch auf den Weg nach vorn. Mit großen Augen bleibt er schlagartig stehen. Sein Atem überschlägt sich, kalter Schweiß rinnt ihm von der Stirn. Es ist eine Sackgasse. Maximal zwanzig Meter sind noch bis zur Wand. Dann ist Schluss. Simion sitzt in der Falle, der Weg nach vorn ist versperrt und von hinten nähern sich seine Verfolger.
Voller Panik gehen ihm verschieden Gedanken durch den Kopf: "Was soll ich jetzt tun?"
"Ich kann mich hier nicht verstecken, mit ihren guten Augen werde sie mich sofort sehen."
"Ich habe eigentlich nur eine Möglichkeit."
"Soll ich es wagen?"
"Darf ich es wagen?"
"Nein, ich darf es nicht!"
"Aber was bleibt mir anderes übrig? Wenn ich sterbe, hat es denselben Effekt, ich bin ein Hüter!"
Simion ist stehen geblieben, sein Blick noch immer auf die Wand gerichtet. Die Geräusche seiner Verfolger nehmen zu, langsam dreht er sich um. Im selben Augenblick erscheinen die Ersten hinter der Biegung. Sie scheinen überrascht zu sein, ihn hier so schnell zu finden. Für einen kurzen Moment halten sie in ihrer Fortbewegung inne. Simion streift seinen Mantel ab, damit ihn dieser nicht in seinen Bewegungen stört. Er steht nun in seinem edlen roten Gewand deutlich zu sehen in der Mitte des Ganges. Seine Verfolger setzten zum Spurt an. Simion greift nach dem weißen Griff in der Mitte seines Stabes und hebt diesen am ausgestreckten Arm vor sich. Einer der Dankoneien hat sich von der Gruppe abgesetzt und führt das Rudel von ungefähr acht Gegnern an.
Simion steht noch immer in der Mitte des Ganges, zuerst ohne jegliche Regung. Ohne den heranstürmenden Gegner aus dem Auge zu verlieren, greift er mit der zweiten Hand in Richtung des Stabes. Der Dankoneien an der Spitze zieht sein Kurzschwert aus dem Schaft mit der anderen Hand eine Axt, die an seinem Gürtel befestigt war. Simion formt mit Zeige- und Mittelfinger seiner freien Hand einen Haken. Kurz bevor er den Stab erreicht, zieht er die Hand wieder zurück. Die Gruppe, die ihrem Anführer folgt, zieht ebenfalls ihre Waffen. Hinter den zwei Fingern verläuft nun eine rote Sehne, die ihren Ursprung jeweils in den beiden Kristallen hat. Die Heranstürmenden erhöhen ihr Tempo. Simion öffnet die Finger, ein roter Pfeil schnellt auf den heranstürmenden Dankonei. Der Pfeil trifft diesen mitten in das Herz. Sofort bricht der getroffene zusammen, der Pfeil ist verschwunden. Die restliche Gruppe bleibt erschrocken stehen. Es ist jedoch zu spät, der nächste Pfeil trifft einen der vorderen Dankoneien, auch dieser bricht zusammen und der Pfeil ist verschwunden. Nach wenigen Augenblicken liegt die Verfolgergruppe tot am Boden. Simions Körper bebt, ihm ist schwindelig und er kann sich nicht länger auf den Füßen halten. Er kippt nach vorn und schlägt hart auf den Höhlenboden. Deutlich kann er die schwindende Kraft aus seinem Körper spüren. Ihm ist sofort klar, dass dies am Stab liegt, die Kristalle haben nicht die Kraft, er darf den Stab nicht benutzten, bevor er sein Ziel erreicht und seine Aufgabe erfüllt hat. Wenn er ein weiteres Mal den Stab benutzt, wäre dies sein sicherer Tod, da sein Leben unmittelbar an die Kristalle gebunden ist.
Simion muss noch einige Minuten auf dem Boden liegen bleiben, bevor er genügend Kraft hat, um sich erneut aufzurichten. In der Luft hängt der Gestank von verbranntem Fleisch. Nachdem er sein Gewand unter dem Mantel verborgen hat, macht sich Simion wieder auf den Weg zurück zur Gabelung. In dem Tunnel ist es ruhig, es scheint niemand seinen Kampf bemerkt zu haben. Als er um die Kurve auf die nächste Gabelung trifft, erkennt er die weiße Markierung an der Wand, die er nach seinem Zeitgefühl vor Stunden gesehen hatte. Geduckt und auf jedes Geräusch achtend, schleicht sich Simion in die entgegengesetzte Richtung, in die die Markierung weißt. Im Nachhinein ist er froh, dass er selbst keine Mittel gefunden hat, um eine Markierung anzubringen.
Es dauert nicht lange und er kann einen kühlen Luftzug spüren, er scheint dem Ausgang sehr nahe zu sein. Nach einigen weiteren Windungen des Stollens ist der Luftzug schon deutlich spürbar, außerdem ist die Luft frischer, nicht so trocken, wie sie tief in der Höhle war. Mit Unbehagen stellt Simion jedoch fest, dass auch wieder Stimmen zu hören sind. Er beschließt daher, den weiteren Weg kriechend zurückzulegen. Ganz an der rechten Wand kriecht er weiter, bis er nach wenigen Minuten den Ausgang der Höhle erblicken kann. Auf der rechten Seite liegt ein größerer Felsbrocken, der den Eingang zu einem Viertel verdeckt, die linke Seite ist frei. Simion geht hinter dem Fels in Deckung und späht nach draußen. In einiger Entfernung vor dem Eingang hat sich eine Gruppe von Dankoneien am Lagerfeuer niedergelassen. Auf der rechten Seite vor der Höhle befindet sich eine hohe Felswand. Links ist das Gelände eben und mit Büschen und Sträuchern übersät. Wenige Meter dahinter beginnt der Wald, in dem Simion in einem anderen Leben einmal, in ein Erdloch gefallen war.
Während er noch überlegt, wie er ohne gesehen zu werden die Seite wechseln kann, um sich anschließend durch die Sträucher davonzuschleichen, ertönen hinter ihm erneut Stimmen aus der Höhle. Sie sind noch nicht sehr laut, aber deutlich lauter als die, die er erstmals gehört hatte. Und noch etwas Weiteres ist aus den Stimmen zu hören, Wut.
Die andere Gruppe, die sich von seinen Verfolgern getrennt hat, muss die Leichen entdeckt haben. Es wird nicht mehr lange dauern und die Wartenden am Lagerfeuer werden auch die Laute hören. Sollte er dann noch immer an dieser Position hocken, hat er keine Chance mehr zu fliehen.
Simion hält den Atem an, legt sich wieder auf den Boden und robbt so schnell er kann auf die linke Seite des Höhleneingangs. Er ist sich bewusst, dass er wahrscheinlich deutlich zu sehen ist. An der linken Wand angekommen, schlängelt er sich sofort ins angrenzende Gebüsch. Nun muss er erst mal Luft holen, er hat sich nicht getraut, auf dem Weg hierher auch nur ein einziges Mal zu atmen. Vorsichtig späht er in Richtung Lagerfeuer, es scheint ihn niemand bemerkt zu haben. Schnell huscht er einige Meter weiter von einem Busch zum nächsten, um möglichst bald den Wald zu erreichen. Als er einiges an Abstand zwischen sich und dem Eingang gebracht hat, stürmt eine Gruppe von Dankoneien heraus. Es kommt zu einigen Tumulten mit den Wartenden. Eine große Anzahl von ihnen stürmt mit den grad Gekommenen wieder in die Höhle, der Rest bezieht mit gezogenen Waffen vor der Höhle Position.
Simion hat jedoch die Aufregung genutzt, um den Waldrand zu erreichen. Er taucht in schützende Dunkelheit ein. Obwohl er am Ende seiner Kräfte ist, wird er noch heute Nacht möglichst viel Distanz zwischen sich und die Dankoneien bringen. Anschließend muss er herausfinden, was aus seinen Begleitern geworden ist und warum Vic nicht am Loch gewacht hat. Ihm ist auch noch nicht klar, woher die Dankoneien wussten, dass er sich in der Höhle befindet, doch dies sind andere Sorgen, die müssen erst einmal warten.