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Bärenspuren
Bärenspuren
Vor ihm lag das hügelige leicht bewaldete Land im Schein der Nachmittagssonne. Und während Geldar den kleinen grünen Hügel auf dem das Kloster lag hinunterschritt, dachte er sich es gäbe keinen schöneren Moment diese Reise zu beginnen. Voller Zuversicht die ihm anvertraute Aufgabe zu erfüllen, schritt er an den kleinen Fachwerkhäusern mit rauchendem Kamin vorbei durch das Dorf. Bevor er es verließ, warf er noch einen kurzen Blick zurück auf das Dorf und das Kloster das auf dem Hügel thronte, um schnellen Schrittes nach Westen zu marschieren. Er hatte vom Klostermeister den Auftrag bekommen einen Brief zu dessen Bruder zu bringen. Der Bruder lebte in einem Kloster kurz vor der Stadt Grunheim, etwa sieben Tagesmärsche westlich von Geldars Heimat. Geldar war froh endlich mal die Welt zu sehen, bis jetzt hatten ihm seine Pflichten als Schmied im Kloster niemals Zeit gelassen weiter als ein oder zwei Tagesmärsche zu reisen. Doch nun lag die lange, schmale, sandige Straße direkt vor und unter ihm, er musste ihr nur noch folgen und das rief eine große Freude in ihm wach, sodass er fast rannte statt zu gehen. ?Zügle dich Geldar, oder du wirst nach zehn Meilen keuchen wie ein alter Ackergaul unter der Mittagssonne.?, sprach Geldar zu sich selbst, als er seinen mehr als schnellen Gang bemerkte. Er plante die ersten paar Nächte unter freiem Himmel zu verbringen, da es wirklich allerschönstes Sommerwetter war und er sich sein Geld für Unterkünfte lieber für schlechtes Wetter aufheben wollte. Für die ersten drei Tage hatte er auch genug Proviant mit, so er dass er unbeschwert ins Blaue wandern konnte. Bis zum Abend kam Geldar noch durch zwei weitere kleine Dörfer und nun erfüllte ihn ein Gefühl der Freiheit wie er es sich in seinen kühnsten Träumen vom Abenteurerleben nicht vorzustellen vermochte. Gleichzeitig jedoch überkam ihn noch ein zweites Gefühl in starkem Maße: Müdigkeit. Er fühlte sich schwer wie ein Stein und so machte er sich in einem kleinen Laubwäldchen auf die Such nach einem geeigneten Schlafplatz. Bald wurde er fündig, eine kleine von Moos überwucherte Erdkuhle zwischen zwei dicken Wurzeln einer Eiche luden zu scheinbar direkt zu einer Übernachtung ein und so folgte Geldar diesem Ruf und legte sich unter seine Decke in die Erdkuhle. Er hatte kaum beide Augen zugetan, da war er auch schon eingeschlafen, tief versunken in den molligen Wogen des Träumens. Als er aufwachte schien bereits die Sonne, Geldar blinzelte ihr verschlafen entgegen. Doch mit einem Ruck riss er sie auf. Und mit einem gewaltigen Schreck fragte er sich ?Wo bin ich ?!?. Er sprang auf und blickte sich um. Der Baum unter dem er geschlafen hatte war der selbe, doch seine weitere Umgebung schien sich komplett gewandelt zu haben: Statt auf die vereinzelten Bäume vom Vortag blickte Geldar nun auf ein schier undurchdringliches Dickicht aus Sträuchern und Büschen, aus denen riesige, turmhohe Eichen ragten. Voller Angst wich Geldar mit dem Rücken an die Eiche unter der er geschlafen hatte und schaute ängstlich und ungläubig umher. Er hörte ein leises surren in der Luft, eine Art Melodie. Er lauschte angestrengt. Es war ein wunderschönes Geräusch, es hörte sich als ob der Wind seine Stimme erhebt um ein Lied zu singen und obgleich seiner Angst fühlte Geldar sich zu diesen Klängen hingezogen. Er lauschte noch eine Weile wie verzaubert auf den singenden Wind, als ein rascheln vor ihm ihn aus der Bewunderung riss. Verschreckt führte er seine Hand zu dem Beil an seinem Gürtel, doch das Beil war verschwunden. Noch bevor er sich darüber wundern konnte, spazierte gemächlich ein Bär vor ihm aus den Tiefen des Urwaldes. ?Hallo mein kleiner Freund. Hab keine Angst, ich werde dir nichts tun, ich bin der Bär.?, sprach der Bär zu Geldar, der dachte er würde jeden Moment komplett den Verstand verlieren. ? Du hast dich verlaufen Geldar, du gehörst hier nicht her, jedenfalls nicht auf diese Art. Ich werde dich zurück bringen.?, brummte der Bär weiter. ? Woher kennst du meinen Namen ??, fragte Geldar den Bären nur um sich einen Augenblick später zu wundern, warum er sich selbst fragte woher der sprechende Bär seinen Namen kannte. Der Bär antwortete brummend : ? Ich kannte deinen Namen, seit deine Eltern sich entschlossen dich so zu nennen. Und dich kenne ich seit deiner Geburt, seitdem folge ich dir und versuche dir so weit es in meiner Macht steht dir zu helfen und dich zu schützen. Und jetzt komme mit mir, ich bringe dich zurück.?
Der Bär ging langsam und behäbig rechts an Geldar vorbei und dieser folgte dem braunen Riesen. Er hatte nun keine Angst mehr. Er wusste nicht warum, aber er wusste dass der Bär die Wahrheit sagte, in jedem Punkt. Nach einiger Zeit konnte Geldar dem Bären einfach nicht mehr schnell genug folgen, er blieb hinter ihm zurück. Als der Bär das bemerkte, fragte er ihn ob er auf ihm reiten wolle. Er stimmte zu und steig auf den breiten, weichen Rücken des Bären, der daraufhin weitertrottete. Geldar wusste nicht warum, aber er war niemals vorher in seinem Leben so glücklich und fröhlich gewesen, als in der Zeit die er mit Bären dahintrottete. Sie kamen aus dem Wald raus, auf eine große Lichtung. In der Mitte der Lichtung stand der größte Baum den Geldar je gesehen hatte. Er war viel größer als das Kloster und auch als die anderen Bäume, Geldar kam es vor als stände er vor einem kolossalen Berg aus Holz. Sie kamen zum Stamm des Baumes, der so dick war wie ein Haus und Geldar stieg von dem Bären ab. ? Dort in dem Baum ist ein Eingang, gehe in den Baum und dann immer weiter nach oben, dann kommst nach hause. Ich werde dir weiterhin folgen und dir helfen so gut ich kann, aber jetzt musst du gehen.? Geldar wollte gerade protestiere, denn es war kein Eingang in dem Baum und er wollte auch nicht gehen, da sah er deutlich einen Torbogen aus dem Holz des Baumes, eine Tür die in den Baum führte. Er verabschiedete sich von dem Bären und betrat den Baum. Er schaute nach oben und sah, dass er eine dicke Wurzel, die immer weiter nach oben führte einfach hochgehen konnte. Er folgte ihr bis zum Ende.
Schlagartig öffnete er seine Augen. Wieder blendete ihn die Sonne, doch diesmal war jeder auf seinem rechten Platz. Erleichtert und doch enttäuscht brach Geldar sein Lager ab und zog weiter.