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Befristete Zuneigung

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10.05.2007
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Befristete Zuneigung

Befristete Zuneigung

Als der Verwaltungsangestellte Hermann Krawutke die LPG-Arbeiterin Editha Pilokat ehelichte, war sie schon Ende Dreißig, eine „Übriggebliebene“, maskulin gebaut, schwarzhaarig, mit deutlichem Bartflaum in einem rotwangigem, fleischigem Gesicht. Der scheue Hermann hatte zwar von einer grazilen Schönheit geträumt, aber er war bereits über vierzig, dürr, kleinwüchsig und krumm, mit einer hässlichen Hakennase. Da konnte man keine Ansprüche erheben.

Er hatte vergeblich versucht, Editha für das zu begeistern, wofür nun mal sein Herz schlug, für die Poesie und die bildende Kunst. Er verzagte, denn diesen Dingen gegenüber erwies sie sich als undurchdringliches Bollwerk, und so zog er sich mehr und mehr von ihr in sich zurück, während sie enttäuscht ihren Tagträumen von einem handfesten Kerl, den sie sich eigentlich gewünscht hatte, nachhing.

Dann kam es zur überraschenden Grenzöffnung der DDR, dem Mauerfall. Am selben Abend noch fuhren sie in ihrem Trabi nach Berlin. Hermann und Editha erreichten problemlos das Westterritorium. Erst hier, im für sie exotischem Leuchtreklame-Flair, verloren sie alle Zweifel. Ihr Volk war wirklich frei. Und stürmisch fielen sie sich in die Arme. Eine viertel Stunde hielten sie sich fest umschlungen. Es war Monate her, als sie sich zuletzt umarmt hatten, und jetzt waren sie sich nahe wie nie zuvor.

Später erinnerten sie sich häufig daran. Jedes Mal fielen sie dabei in ein ratloses Schweigen, denn sie trauerten um dies sofort wieder abhanden gekommene Gefühl ihrer damaligen Seelenverwandtschaft, um dies innige Miteinander-Einssein, um diese kurzlebige Blitzliebe im Angesicht des Brandenburger Tores. Und sie wussten, die Grenzöffnung wird sich nicht wiederholen. Aber vielleicht käme ja ein Krieg . . .

* * *

 

Hallola

Also irgendwie erkenn ich nicht die Satire.
:confused:
Für mich wirkt das alles sehr platt und gefühlskalt.
Und was ist eigentlich LPG?

lg jim

 

Hallo Betula,

und was ist an dem Plot nun satirisch oder was sollte daran von deiner Idee her satirisch sein? Es gäbe da diverse Möglichkeiten in dieser Geschichte, sie werden aber allesamt nur derartig leicht gestriffen, dass man als Leser hin und her schwankt zwischen deinen Intentionen.
Oder hast du die Geschichte nur versehentlich hier in die Satire gesetzt? Ich veschiebe sie dir gerne in Richtung Alltag oder wohin auch immer.

Lieben Gruß
lakita

 

Hallo Betula,

wahrlich, Satire sieht anders aus, satirischer. Deine Geschichte ist wirklich eher alltäglich und dabei noch sehr dünn, ein Schlaglicht, obwohl im Thema mehr drin wäre.

Dein Eingangssatz ist übrigens nicht glücklich formuliert, Du stellst ihn dar, beschreibst aber sie. Stell den um, damit die Bezüge korrekter werden.

Und was ist eigentlich LPG?

Den Titel finde ich großartig, der zeigt Potential, auch wenn die Geschichte da noch schwächelt.

Grüße,
C. Seltsem

 

Ja, ihr Lieben, ihr seid aber auch uncool drauf und empfindlich, wenns um eure Kategorien geht. Nun gut. Satirische Züge sind doch drin; aber okay, verschiebts meinetwegen. Aber ich denke, ich werde noch einen Text liefern, der vielleicht Gefallen findet. Bin unerbittlicher Optimist ;-)).

LG B.

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber Betula,

Ja, ihr Lieben, ihr seid aber auch uncool drauf und empfindlich, wenns um eure Kategorien geht.

Oh, yes, ich freue mich über deine Feinfühligkeit, denn ich bin heute sowas von uncool schlecht drauf, dass ich höchst empfindlich reagiere, wenn ein Autor mir eine Geschichte unterjubeln möchte, die keine Satire ist. Boah, ich bin in derartig angefressener Laune, dass ich nicht wenig Lust hätte, Klage zu führen. :D

Hey, jetzt mal im Ernst: Betula, wenn du so nett gewesen wärst, mir ein paar oder auch nur einen Hinweis darauf zu geben, was genau an der Story satirisch sein soll, wären wir ins Gespräch gekommen. So aber, wars das. Ich verschieb die Geschichte und zwar in den Alltag, denn du hast ja keine Wünsche geäußert.

Aber ich denke, ich werde noch einen Text liefern, der vielleicht Gefallen findet.

Nur zu !!! Ich bin, wenn ich ausgeschlafen bin, immer von ätzender Streitlust und finde höchst erfüllendes Vergnügen daran, andren Leuten zu bescheinigen, dass ihre Texte unsatirisch sind. *schonmalfedernanspitz*

Bin unerbittlicher Optimist ;-)).
Gut so ! *lob* Wenn die Sonne scheint, die Luft lau, das Bier kühl und das Bankkonto üppig, ist es keine Kunst, optimistisch zu sein, das kann jeder. Wahrer Optimismus fängt genau da an, wo man tief im Sumpf der Depression hängt und kein Schwein weit und breit die Hilferufe hört. Wer da unerbittlich positiv denken kann und nicht aufgibt, der darf sich meiner Bewunderung gewiss sein. ;)

Lieben Gruß
lakita

P.S. Geschichte von Satire nach Alltag verschoben.

 

hallo betula,

so nun ist sie im alltag angekommen.
inhaltlich erfährt man von den beiden sogut wie gar nichts. das ist schade. nun gut, er hat einen hang zur poesie und der kunst, was sie offensichtlich nicht im entferntesten interessiert. aber was macht sie eigentlich? wie sind diese sich so unterschiedlichen gestalten überhaupt nahe gekommen? in der LPG? hat sie eine zeitungsannonce aufgegeben "dicke wohlriechende seife sucht alten waschlappen" oder was? es ist nicht viel deiner geschichte zu entnehmen, was einer zuneigung entspricht. mir fehlt hier einiges. äußere umstände können einander näher bringen, allerdings tut eine umarmung das so noch lange nicht. vielleicht kannst du der geschichte noch einiges zufügen.

nix für ungut.

germane

 

Hallo Betula!

Ich denke, bei deinem Text handelt es sich um eine Anekdote. "Die Anekdote ist eine literarische Gattung, die eine bemerkenswerte oder charakteristische Begebenheit, meist im Leben einer Person, zur Grundlage hat." (Wikipedia)

Ich finde die Knappheit deiner Geschichte sehr angebracht, denn das, was du eigentlich sagen willst, wird dadurch sehr pointiert. Man könnte sagen, der Mauerfall bewirkt kurz auch einen Einsturz des "Bollwerks" zwischen den beiden, vielleicht auch deswegen, weil es ein derart befreiendes Ereignis war, dass es überhaupt die Grenzen zwischen den Menschen allgemein niedergerissen hat. Die beiden bekommen deswegen eine Ahnung davon, was Liebe sein könnte.

Gerade bei einem derart knappen, reduzierten Text darf man sich allerdings keine sprachlichen Mängel erlauben. Und da sind noch ein paar drinnen:

und so zog er sich mehr und mehr von ihr in sich zurück
entweder "vor ihr in sich zurück" oder noch besser einfach: " so zog er sich mehr und mehr in sich zurück"
Es war Monate her, als sie sich zuletzt umarmt hatten
"dass" statt "als"
um dies innige Miteinander-Einssein
Das is zuviel des Guten: entweder nur "inniges Miteinander" oder "inniges Einssein"
Und sie wussten, die Grenzöffnung wird sich nicht wiederholen.
würde

Aber vielleicht käme ja ein Krieg . . .
Mit diesem Schlusssatz hebst du den Sinn der Geschichte auf eine allgemeinere Ebene - Nämlich dass umstürzende historische Ereignisse, egal ob positiver oder negativer Art, die Gefühle in Aufruhr versetzen, die Leidenschaft fördern.

Mir hat gerade die Lakonie und die kühle Distanz gegenüber den Figuren sehr gut gefallen.

Gruß
Andrea

 

Liebe Andrea,

dein Textverständnis geht in meine Richtung. Ich wollte hier an dem Schicksal dieser Zweierbeziehung zum Ausdruck bringen, der äußeren gewonnenen Freiheit konnte die innere nicht folgen – alles blieb wie eh und je. Der Endsatz ist natürlich spöttisch gemeint und bildet die (hinausweisende) Pointe. Die reduzierte Charakterzeichnung genügt. LPG heißt Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft. Danke dir auch für deine sprachlichen Korrekturen.

LG B.

 

Hallo Betula,

im Prinzip gefällt mir die Aussage deines Textes schon. Aber ich stimme Andrea H. insofern zu, dass es sich hierbei mehr um eine Anekdote, als um eine Kurzgeshcichte handelt. Und das ist doch ziemlich schade, wo wir uns hier auf einer Kg-Plattform befinden ;)
Nein, im Ernst, für eine Geshcichte bietest du hier etwas wenig. Mir ist dein Ansatz schon klar, aber auch der benötigt für ein wirkliches "Lesevergnügen" noch einiges an Ausstaffierung.
Du erzählst das triste Leben der beiden einfach so runter, zeigst dem Leser aber nichts davon.
Wenn du nur einige wenige (knappe) Dialoge einflechten würdest, bekäme dein Text etwas mehr Lebendigkeit. Wenn du die Dialoge entsprechend knapp und banal hältst könntest du dir das Erklären sparen, und dem Leser zeigen, wie es um deine beiden Protagopnisten bestellt ist.
Nur so als Idee

grüßlichst
weltenläufer

 

Oh, sorry, da muss dies wohl zu "Sonstiges" verschoben werden. Und ich habe mich schon gewundert, warum man nun unbedingt den Figuren mehr Fleisch wünschte. Unter "Sonstiges" darf ich denn wohl auch Aphorismen stellen und sonstigen Kleinkram.

LG B.

 

Hallo Betula nochmal,

schade, dass du nur auf lobende Kritik eingehst. So wirst du dir hier nicht allzuviele Freunde machen, fürchte ich.
In jedem Fall solltest du dir die Regeln des Forums einmal durchlesen. Dein letztes Post zeigt nämlich, dass du sie noch nicht so ganz begriffen hast.

grüßlichst
weltenläufer

 

Hallo Betula,

ich finde den Titel etwas ungünstig, auch wenn er den Inhalt ein bisschen trifft. Von deiner Intention lenkt er mAn ab.
Eine Zweckgemeinschaft, weniger aus Liebe geboren, sondern aus der Not, findet keine Öffnung. Zumindest einer möchte den Anderen dem eigenen Wusche gemäß anpassen. Nichts ist so, wie man es sich mal erträumt hat.
Nur kurzzeitig die Illusion. Sie hoffen, es wird alles besser. Und als sich sogar Wildfremde in den Armen liegen, schaffen es auch deine beiden Prots, sich zu umarmen. Mehr aus dem Gefühl der Freiheit, der Hoffnung auf eine bessere Zukunft heraus, weniger aus Liebe.
Aber solche Gefühle haben nicht Bestand. Freiheit muss genutzt werden, zugelassen werden, einen durchdringen, sonst kommen schnell neue Fesseln. Der Freiheit folgt die Desillusion.
Die Frage ist, ob es dabei um die Zuneigung geht oder um die innere Freiheit, welche die gewonnene äußeren Bedingungen zu nutzen weiß. So wie ich den Text lese, eher um zweiteres. Die Beiden wären auch nach einer Trennung nicht frei. Sie mögen das Glück in den fünfzehn Minuten der Erkenntnis auf die Zuneigung schieben, liegen tut es darin nicht. Denn wenn sie ein Stück weiter denken würden, hätten sie dieses Gefühl der Verbundenheit sonst auch während der Fußball WM spüren müssen oder während er großen Solidarität während der Hochwasserkatatstrophe 2002.
Den Hinweis auf Krieg finde ich in diesem eher stillen Kontext zu plakativ. Die Kriegseuphorie als einigendes Element spielte 1914 eine Rolle, 1939 auch (wenn auch nicht so enthusiastisch wie zum ersten Weltkrieg). Sie spielte während ders ersten Irakkriegs unter den Gegnern eine kleine Rolle, aber selbst in den USA funktioniert diese Massenmobilisierung für Krieg nicht mehr so reibungslos an den Skeptikern vorbei. Mir gefällt daran zwar der Kern, dass Masseneuphorie frei von Inhalten ist, wenn die richtigen Demagogen am Werke sind, aber ich bin schon zuversichtlich, dass dies über Krieg nicht mehr funktioniert.
Es steckt also einges in deinem kurzen Text.
So, jetzt habe ich die Kommentare gelesen und möchte auch dazu etwas sagen: Für eine Satire wäre mir Text auch zu wenig bissig, zu wenig übertrieben. Ich kann mir diese traurige Geschichte zu gut in der Realität vorstellen, auch wenn du versucht hast, deine beiden Protagonisten durch Namen und Aussehen komisch zu malen, aber dazu bedarf es schon einer gewissen Portion Menschenverachtung, um das auch komisch zu finden.

Wenn eine Anekdote in der Aussage Tiefe besitzt, hat sie durchaus ihre Berechtigung. Deine schaut ja eindeutig über den Tellerrand der beiden hinaus, erzählt anhand ihres Beispiels etwas über die Welt. Mir reicht es als Geschichte also aus.

Unter "Sonstiges" darf ich denn wohl auch Aphorismen stellen und sonstigen Kleinkram.
Nein. Auch unter Sonstige dürfen nur Geschichten stehen.

Lieben Gruß, sim

 

Lieber sim, hier geht es um eine Begegnung am Brandenburger Tor während des Mauerfalls. Die Mauer zwischen den Beiden verschwand nur kurz. Wenn ich Blitzliebe schreibe, ist klar, es ist keine echte. Eine Liebe ist beständiger. Ob Fussballweltmeisterschaften dergleichen bewirken zu vermögen, ist mir nicht bekannt. Aber wir müssen hart am Text bleiben. Tausche ich Mauerfall gegen Weltmeisterschaft und am Ende der Geschichte gegen Krieg, funktioniert es nicht.

LG B.

 

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