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Bekehrung eines Gesellschaftschristen

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01.05.2002
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Bekehrung eines Gesellschaftschristen

Familienvater Theodor Rottel war ein getaufter und leidsam christlich erzogener Mann. Einmal pro Jahr besuchte er die Kirche, stets zum 24. Dezember. Dieses Jahr jedoch hinderte ihn ein Passant am schnellen Gang nach Hause, der die Szenerie der sich rasant leerenden Kirche beobachtet hatte. „Guter Mann“, sprach er: „Sie sind nur einmal im Jahr in der Kirche?“ Herr T. Rottel antwortet ungestüm: „Ja, Mann, nur zu Weihnachten. Ich möchte nun schnell mit meiner Familie nach Hause, um mich an den Geschenken und dem Festessen zu laben. Was wollen sie von mir?“
„Ihnen die Frage stellen: Weshalb gehen Sie überhaupt in die Kirche, wenn sie nicht zu glauben scheinen?“
„Ich glaube doch!“, verwehrte sich Herr Rottel dieser Anschuldigung. Sein Gegenüber blieb ruhig:
„Sie glauben also an Gottes Allmacht?“
„Freilich!“
„Und auch daran, dass Gott die reine, grenzenlose Liebe ist?“
„Sowieso!“
Der Passant verschmitzte seine Gesichtszüge und sprach: „Das tun Sie nicht.“
Theodor Rottel erboste dies, doch er fragte den Passanten, nun stehen bleibend, was ihn zu dieser Ferndiagnose trieb.
Dieser hob an und versuchte aufgrund der gebotenen Eile einen schnellen Abriss dessen zu zeichnen, was ihn zu dieser Aussage verleitet hatte: Die allumfassende Macht des Glaubens, deren Inhalte sich auf ein Buch beschränkend derart komplex zu verstehen seien, dass ein ernst gemeintes Studium mehr bedürfte, als einen halbgaren Besuch der Kirche einmal pro Jahr. Theodor Rottel konnte dies nicht von der Hand weisen, gab jedoch zweierlei zu verstehen:
„Erstens weiß ich nicht, warum halbes Wissen mir den Kirchenbesuch amoralisch machen sollte. Zweitens möchte ich sie erinnern: Ich kenne die Schrift so gut, wie wir all sie kennen: Und sind diese Grundkenntnisse von Liebe und Alledem nicht die Hauptsache?“
Auf den ersten Einwand sprach der Passant: „Nein, Mann, schauen sie sich den Einfluss des Glaubens an. Wer diese Mauern nur betritt“, er deutete dabei auf die Kirche, „der sollte sich dieses Einflusses gewahr sein. Kurzum: Ganz oder gar nicht!“
„Aber die Bibelkenntnis, auf die Sie sich hier schützen: Ich habe Sie doch, rudimentär.“
Der Passant sah in die Augen des nun aufrichtig verwirrten Mannes, legte seine Hand auf dessen Schulter und versprach, die Wirrnis der Bibelkunde in ein Gleichnis fassen zu wollen, sich en passant entschuldigend, damit schon den Kern der Kritik gestreift zu haben:

„Da war einst ein Vater mit seinen Kindern auf einem Schiff. Er war unachtsam und so gingen alle, mit Ausnahme des Ältesten, über Bord. Liebevoll wie er war, schrieb er den restlichen zügig eine Nachricht an die Seite des Schiffes, wie sie schnellstens aus dieser Misslage zu befreien seien: In Spiegelschrift sowie in kyrillischen Zeichen.
Daraufhin warf er seinen letzten Sohn ins Wasser, den anderen rasch zu schildern, wie die Schrift zu lesen sei, wobei auch dieser schließlich ertrank.
Die Schrift besagte, dass der Vater die Rettungsringe auf die andere Seite des Schiffes warf.“

Theodor Rottel verstand und erwiderte: „Ich brauche kyrillischer Zeichen in Spiegelschrift nicht mächtig zu sein, weil mir jene Schrift übersetzt wurde.“ Daraufhin begab er sich noch schnelleren Schrittes, um die verlorene Zeit aufzuholen, auf den Weg zu Familie, Haus und Geschenken.

 

Hallo hoEyo,

Gern gebe ich zu, dass auch ich das Gleichnis mit der kyrillischen Schrift noch nicht ganz verstanden habe. Insofern kann ich mit dem Trottel in deiner Geschichte also durchaus mitfühlen.
Ich habe allerdings auch nicht besonders gründlich darüber nachgedacht, da ich die Geschichte leider recht uninteressant fand. Sie liest sich eben nicht wie ein literarischer Text mit ausgestalteten Figuren, ansprechender Sprache und Spannungskurve, sondern wie ein leidlich in die Form einer Geschichte gebrachter Kommentar.
Der Aussage, man solle entweder richtig glauben oder es eben lassen, mag man zustimmen - dennoch hätte es, um eben diese Feststellung zu treffen, des Textes nicht bedurft.
Das Unliterarische des Textes wird auch in der Sprache der Figuren deutlich, die vollkommen unnatürlich ist. Und der Name des Protagonisten ist schlicht platt gewählt.


Gruß,
Abdul

 

Hallo Hoeyo,

also ich muss Abdulalhazred komplett zustimmen. Dein Text hat leider nichts mit einer Kurzgeschichte gemein. Ich für meinen Teil habe das Bild deines Prots und auch des anderen Sprechers überhaupt nicht vor Augen. Die frage mit dem Glauben kann man sich durchaus stellen, aber dass ein Fremder einen ihm Fremden auf der Straße anspricht und ihm diese Fragen stellt, halte ich für unglaubwürdig.

Kurz einige Textstellen, die mir auch nicht gefallen haben und die auf der anderen Seite zu verstehen geben, dass der Text nicht sehr gut ist.

1. Einmal pro Jahr besuchte er die Kirche, stets zum 24. Dezember.

Warum schreibst du nicht gleich, dass er immer an Weihnachten in die Kirche geht. Aber es bleibt bei diesem Datum. Du lässt ihn nicht gehen und auch sonst bekommt man keine Bilder deines Prots vor Augen.

2. Dieses Jahr jedoch hinderte ihn ein Passant am schnellen Gang nach Hause, der die Szenerie der sich rasant leerenden Kirche beobachtet hatte.

In diesem Zusammenhang frage ich mich zwei Sachen. Was hat die Leerende Kirche mit dem Hindern zu tun? Woher weiß diese Person, dass er immer nur an Weihnachten in die Kirche geht? Hat er ihn verfolgt und das schon seit JAhren?

3. Herr T. Rottel antwortet ungestüm: „Ja,

Immer wieder nennst du deinen Prot Herr Rottel. Ob du nun das T. davor stellst oder nicht, ist eigentlich nicht wichtig. Viel wichtiger ist, dass du eine Distanz zu deinem Prot schaffst, die du vermeiden solltest.

Leider hat mich dein Text nicht überzeugt. Auch hatte ich das Gefühl, dass du ihn sehr schnell herunter geschrieben hast. Aber hier kann ich mich täuschen.

Gruß Kyrios

 

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