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Beobachterposten

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24.04.2003
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Beobachterposten

Wenn viele Menschen auf engem Raum sprechen, schmilzt das Gesagte für mich immer zu einer Kugel zusammen, aus der gelegentliche Blitze von verstandenen Fragmenten geschleudert werden.
Outlet Center haben es an sich, überfüllt zu sein. Gefallen tut mir das nicht.
Die Sachen sind nicht besonders ansprechend, zumindest nicht für meinen Geschmack.
Ich gebe Sandra einen Kuss und will am Eingang warten. Sie nickt und Sekunden später ist sie untergetaucht zwischen Kleiderständern und hunderten Menschen. Wie schnell man jemanden aus den Augen verlieren kann.
Das Klimpern der Kasse neben mir nervt, noch mehr die knappen Ansagen einer Verkäuferin. - "Strich eins, Bluse. Rock, Strich zwei. Jacke, Strich ..."
Eine Preiscodierung, mit der nur die hier Angestellten etwas anfangen können.
Ein älterer Mann rempelt mich an, ein Mädchen starrt auf meine Schuhe und wird von der Mutter fortgezogen. Leute mit vollgestopften Plastiksäcken drängen sich an mir vorbei. Für Körbe, oder gar Einkaufswagen gibt es zu wenig Platz. Die Halle ist sehr klein.
Eine faltige Blondine, die ich von hinten gesehen auf mitte zwanzig geschätzt hätte, gibt Anweisung das Tor zu öffnen. Ein junger Türke huscht durch die Menge und zieht einen Hubwagen hinter sich her.
Neue Ware wird angeliefert. Die hereinströmende Frischluft tut mir gut.
Ich lehne mich an das Geländer hinter mir und beobachtete die Anlieferung. Eine Massenabfertigung. Leere Kartons werden von der höher gelegenen Ebene heruntergereicht und sofort mit neuen Sachen vollgestopft. Sortiert wird nicht. Die Preise sind ohnehin gestaffelt.
Das Ganze dauert eine Minute, dann schließt sich das Tor wieder.
Ich versuche Sandra in der Menge auszumachen, kann sie aber nicht entdecken.
Eine Frau mit roten Haaren eilt an mir vorbei. Es kommt zu einem kurzen Blickkontakt. Ich kenne sie.
Sie deutet ein Lächeln an und sagt: "Hallo."
Noch ehe ich den Gruß erwidern kann, ist sie nach draußen verschwunden.
Ja, ich kenne sie ... aber woher?
Verschiedene Alternativen laufen vor mir ab. Nicht von der Arbeit, auch nicht privat. Woher kenne ich sie?
Sie hat mich gegrüßt. Ich hätte sie auch gegrüßt.
Ich bin mir sicher, sie vor Kurzem noch gesehen zu haben, aber wo und in welchem Zusammenhang?
Sandra dringt aus der murmelnden Stimmenkugel, schält sich als einzelner Mensch heraus, lässt den Blick wandern und entdeckt mich. Sie trägt einige Sachen bei sich. Die Jeans sehe ich zuerst. Die hat sie sicher noch nicht anprobiert. Innerlich stelle ich mich auf weitere, lange Wartezeit am Eingang ein.
"Wie gefällt die dir?"
"Sie ist okay." - Ist sie wirklich. Sieht sexy aus.
"Hältst du kurz?"
Sie gibt mir ihre Tasche.
"Ich geh´ kurz in die Kabine."
"Sicher."
Ich nicke, und sie ist schon wieder verschwunden.
Das Treiben um mich herum geht weiter, endet nie.
Ich zermartere mir indess das Gehirn. Das Bild von gerade eben kann ich nicht mehr abrufen. Das gesehene Gesicht ist längst zu einem Schatten mit roten Haaren geworden. So sehr ich mich auch anstrenge, es will nicht gelingen.

Ich kenne diese Frau. Aber woher bloß?

 

Eine nachdenkliche Story. Gefallen mir gut, die Beobachtungen. Ein Topf voller Menschen, in dem sich Gesichter, Körper und Details vermischen. Schwer, einzelne auseinander zu halten. Da passiert es schnell mal, dass eine Person vorbeieilt, die man eigentlich kennt, aber wegen dieser totalen Reizüberflutung nicht erkennen kann. Bei solchen Aufläufen verliert der einzelne an Gesicht und die Menge gewinnt an Kontur. Nett eingefangen.

Die letzte Zeile stört mich aber. Würde ich weglassen. Man weiß ja, dass er sie irgendwoher kennt und drüber nachdenkt. Das muss nicht extra wiederholt werden. In diesem Fall finde ich also dieses Stilmitteln nicht so wirkungsvoll. Einfach streichen.

 

Hallo Zaza.

Danke für deinen Kommentar.
Den Schlussatz würde ich gern so stehen lassen. Ich mag es, wenn Geschichten mit einer kurzen Zeile abschließen.
Ansonsten vielen Dank fürs lesen.

Grüße

Cerberus

 

Hallo Cerberus81,

so seltsam finde ich die Geschichte eigentlich gar nicht. Dein Stil ist wie immer solide, an die älteren Geschichten von dir, die ich gelesen habe, kommt diese aber um Längen nicht ran.

Beste Grüße
krilliam Bolderson

 

Tach Cerberus,
ich finde an dieser Geschichte am seltsamsten, was sie wohl aussagen soll. Die ganze Handlung besteht aus einer Beobachtung. Ich kann hiermit nicht viel anfangen.
Der erste Satz ist sehr gut, du scheinst nur noch darauf aufgebaut zu haben.

Grüße
Starsailor

 

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