- Zuletzt bearbeitet:
- Kommentare: 4
Bernardelli trägt schwer an seiner Eitelkeit
Ich schlendere gedankenverloren durch eine Buchhandlung.
Ich kann später, ach, was sag ich, schon nach fünf Sekunden nicht mehr sagen, was mir gerade eben durch den Kopf ging.
Ich schaue mir dieses und jenes Buch an.
Ich bin zum ersten mal seit vielen Jahren tief enttäuscht vom Angebot.
Ich finde nichts, was mein Interesse irgendwie fesseln könnte.
Ich vermute, dass Thriller und Fantasystorys wohl zur Zeit ganz hip sind, jedenfalls liegen sie bergeweise und zum schnellen Zugreifen aufgeschichtet.
Ich finde keine Neuerscheinungen alter Vertrauter, dabei hätte mich ein druckfrischer Rilke durchaus berühren können.
Ich will schon das Geschäft verlassen, als mich ein fischiger Blick dieser ganz und gar nicht mehr jungen Buchhändlerin streift, eine Bücher-Verkaufs-ABM wohl.
Ich folge einem inneren Reflex, trete an die Kassentheke und frage: „Haben Sie etwas von Bernardelli, Luigi Bernardelli?“
Ich begeistere mich am Rattern in ihren Augen.
Ich ahne, was dahinter vorgeht.
Ich höre ihre Antwort: „Oh, da ist gerade nichts vorrätig, aber wir können alles bestellen!“
Ich finde, es klingt wie „Oh, da habe ich gerade das letzte verkauft!“
Ich sage darauf nichts, sondern gehe, zögernd lächelnd.
Ich glaube nämlich nicht, dass ihr Computer einen Bernardelli kennt.
Ich verrate ihr auch nicht, dass ich eigentlich einen Spaß gemacht habe, einen völlig witzlosen Spaß, wie ich finde.
Ich wäre nämlich in Wahrheit ein paar Tage lang wahnsinnig stolz, wenn es in irgendeiner Buchhandlung etwas von Bernardelli gäbe.
Ich wäre sogar wahnsinnig stolz, wenn es in irgendeiner Buchhandlung zumindest die Möglichkeit gäbe, ein Buch von Bernardelli zu bestellen.
Ich weigere mich aber, Thriller niederzuschreiben.
Ich kann das nicht, auch keine Diätpläne.
Ich verlasse die Buchhandlung und betrinke mich nicht am nächstbesten Bierstand.
Ich spüre eine schwarze Kiste um mich herum wachsen.
Ich hoffe, dass ein paar Gucklöcher darin sein werden.