- Zuletzt bearbeitet:
- Kommentare: 5
Blind
-1-
Ihre Füße standen auf dem kalten Boden. Die Waden und Arme an das Holz gebunden und die Schultern gegen die harte Lehne des Stuhls gedrückt. Ein Geruch von Moder und abgestandenem Wasser erfüllte den Ort, den sie für einen Keller hielt.
Sie tastete mit den Füßen über den Boden. Rau. Kein Teppich oder Parkett. Sie fühlte kalten Stein. An einigen Stellen klebrig. Sie befürchtete, dass es ihr eigenes Blut war, in dem sie stand.
Sie spürte keinen Schmerz. War sie verletzt? Blutete sie noch immer? Sie versuchte sich zu bewegen. Die Fesseln schnitten ihr in die Haut. Ihre Bewegungen wurden drängender. Ihr Atem schneller. Mit jedem Zucken ihrer Muskeln wurde ihr Körper schwächer. Tränen stiegen ihr in die Augen. Sammelten sich unter den Augenliedern, die man ihr zugeklebt hatte.
Ruhe. Du musst dich beruhigen, sagte sie sich. Fühle, rieche, höre. Finde heraus wo du bist. Mit wem du bist. Warum du bist. Sie spürte wie das Klopfen ihres Herzens nach lies. Ihre Gedanken wurden klarer.
Es war kalt. Nicht nur der Boden, alles war kalt. Und unter allen anderen Gerüchen kam jetzt noch ein anderer hervor. Es roch nach Alkohol. Starker Alkohol. Wodka, oder auch Rum. Es drehte ihre den Magen um. Einmal wahrgenommen, konnte sie ihn nicht mehr verdrängen.
Sie hatte einen eisernen Geschmack auf der Zunge. Blut. Mit der Zunge tastete sie nach ihren Zähnen. Alle waren da. Sie tastet über ihre Lippe. Die untere war aufgeplatzt. Sie spürte einen brennenden Schmerz, als sie mit der Zunge darüber fuhr.
Was noch? Mädchen, was noch? Kälte, Alkohol, Blut. Da muss mehr sein. Ein Zeichen, wo sie ist. Aber nichts. Ihre Gedanken drehten sich im Kreis. Panik stieg in ihr auf.
Hören, du hast das Hören vergessen. Sei still. Hör hin.
Ein Luftzug. Nur ein paar Meter entfernt von ihr. War da ein Fenster? Ein Fenster durch das man sie sehen konnte? Die Menschen die sie hier eingesperrt hatten?
Pssst, hör weiter hin.
Da waren sie. Schritte. Sie war nicht allein. Da waren Leute. Oder nur einer? Beobachtete er sie? Wie sie da saß. Ohne eine Möglichkeit sich zu bewegen, sich zu wehren.
Sie begann am Stuhl zu rucken, zu schreien, ohne dass auch nur ein Laut aus ihrer Kehle hervor kam.
Hörte sie ihn lachen? Ja, er lachte. Auf der anderen Seite. Der realen Seite, die, auf der man frei war.
Sie ruckte heftiger. Der Stuhl begann zu wackeln. Sie ignorierte es. Schaltete ihre Gedanken aus, überlies ihren Trieben die Hand. Ihre Fuß- und Handgelenke brannten an den Stellen, an denen sich die Fesseln ins Fleisch schnitten. Keuchen drang aus ihrem Mund. Rotz lief ihre Nase herunter. Lief ihr in den Mund, wo sie ihn schmecken konnte, ohne es wirklich zu bemerken. Der Überlebenstrieb hatte Besitz von ihr ergriffen, machte es ihr unmöglich, einen klaren Gedanken zu fassen.
Du wirst hier verrecken. Du wirst an diesem schrecklichen Ort verrecken. Die Stimmen waren laut. So laut in ihrem Kopf.
Nein! Schrie sie. Und unter einem letzten heftigen Rucken kippte der Stuhl zur Seite. Sie spürte ein lautes Knacken oberhalb ihres Ellenbogens, als sie auf dem harten Boden aufschlug. Erst danach kam der Schmerz. Alles in ihrem Kopf wurde zu einem einzigen Nebelschleier.
Nicht ohnmächtig werden, du darfst nicht…
Dann wurde es dunkel. Die Dunkelheit ihrer Umgebung wurde eins mit der Dunkelheit in ihrem Kopf.
-2-
Ja er beobachtete sie. Und es gefiel ihm. Sah zu wie sie versuchte sich zu wehren. Er ließ sie. Hatte sie doch keine Chance. Zwei Tage war sie jetzt hier. Die meiste Zeit hatte die Schlampe dagesessen und geschlafen. Erst hatte er sich Sorgen gemacht. Hatte er zu fest zugeschlagen? Ihre Organe verletzt, oder was für Scheiß man mit ein paar guten Tritten noch so anrichten konnte.
Geblutet hatte sie. Den ganzen verdammten Boden voll. Eine Stunde lang musste er seine Schuhe schrubben, um den Dreck wieder weg zu kriegen.
Die Blutung am Kopf hatte er stoppen können. Nur bei der Sache mit den inneren Verletzungen war er sich nicht sicher gewesen. Aber dann war sie aufgewacht. Vor zwei Stunden ungefähr.
Er geilte sich daran auf, wie versuchte sich zu befreien. Versuchte zu schreien. Ja es war die reinste Freude. Nie hatte er gedacht, dass es so verdammt gut werden würde.
Fast ein Jahr hatte er alles geplant. Den Ort für die Entführung, den Keller, in dem er sie festhalten würde, die Sache mit den Augen. Ja, darauf war besonders stolz gewesen. Erst wollte er sie zunähen, hatte aber Angst, mit der Nadel anstatt des Liedes den Augapfel zu treffen. Nein, er wollte auf Nummer sicher gehen und hatte sie zugeklebt. Zwar musste er den Klebstoff alle paar Stunden erneuern, da er ständig zu reißen drohte, aber an sich war das eine gute Sache.
Oh wie sie sich quälte. Blind, keine Ahnung wo sie war, und vor allem, keine Ahnung bei wem sie war.
Er hatte den Tag der Entführung auf einen Wochentag gelegt. Er hielt das für eine gute Idee. Nur wenige würden unter der Woche nachts im Park unterwegs sein. Keine Betrunkenen, die von einer Party auf dem Nachhauseweg oder auf dem Weg zur nächsten waren. Natürlich hatte er sich vorher versichert, dass es keine Zeugen geben würde, als er gegen ein Uhr Morgens diese Frau durch den Park laufen sah. Kein anderer Mensch weit und breit. Hatte man ihr nie gesagt, wie gefährlich es ist, um diese Uhrzeit alleine durch dunkle Parks zu laufen, mit vielen Büschen und Bäumen hinter denen man sich so gut verstecken konnte?
Nicht einmal versucht zu wehren hatte sie sich. Ein gezielter Schlag auf den Kopf und sie fiel ihm sofort zu Füßen. So einfach war es gewesen. Aber er hatte sich nicht zügeln können. Hatte weiter auf sie eingetreten und geschlagen, bis das Miststück angefangen hatte, ihn voll zu bluten. Er zog sie in sein Auto, was ein dutzend Meter entfernt stand. Den Kofferraum hatte er vorsorglich mit Folie ausgelegt. Wenigstens hier musste er die Scheiße nicht sauber machen.
Dann fuhr er mit ihr raus aus der Stadt. Zu dem Keller, den er schon für alles vorbereitet hatte. Setzte sie auf den Stuhl und begann sie zu fesseln. Die Fesseln waren gut. Knoten machen konnte er. Keine Chance, dass sie sie lösen konnte. Schade, dass die Stricke ihre schönen Gelenke mit hässlichen Wunden versehen würden. Aber so passten sie nun zum Rest ihres Körpers. Zwei große Platzwunden auf der Stirn. Links und Rechts. Symmetrisch, so als hätte er es geplant. Die Scheinbeine waren offen an den Stellen, an denen er mit seinen Stallkappenschuhen zugetreten hatte. Das T-Shirt blutüberströmt, die Shorts dreckig und zerrissen.
Lange brauchte er, bis die Stirn aufhörte zu bluten. Großzügig kippte er eine Flasche Wodka darüber. Zur Desinfektion. Wäre doch schade, wenn sie gar nicht erst aufwacht, weil sie vorher an einer Blutvergiftung krepiert. Ein fester Druckverband stoppte letzten Endes die Blutung. Er machte sich keine Mühe, ihr blutverschmiertes Gesicht zu reinigen. Oh nein, die Schlampe würde noch genug bluten müssen.
Außerdem war er von dem Gestank nach geronnenen, kalten Blut angewidert. Nie zuvor hatte er bemerkt, wie eklig so etwas roch.
Er hatte sich geschworen, den Raum nicht mehr zu betreten. Nur um ihre scheiß Augen zuzukleben. Er wollte nur hier an seinem Fenster sitzen, und der Frau beim Sterben zu sehen. Wie sie langsam und qualvoll an diesen Stuhl gefesselt und in ihren eigenen Exkrementen sitzend, verreckte.
Aber nein, dieses Stück wollte nicht mitspielen. Als sie den Stuhl umriss, konnte er das Brechen ihres Arms bis hierher hören.
Nein, so schnell geht das nicht. So stirbst du nicht. So endet die Sache nicht.
-3-
Als sie erwachte, kam die Erinnerung schnell zurück. Das kurze Glück der Desorientierung war ihr nicht vergönnt. Aber etwas hatte sich verändert. Sie spürte die Schwere ihres rechten Arms. Jemand musste ihn geschient haben. Und das nicht gut. Jede kleinste Bewegung jagte schmerzende Blitze durch ihren Körper, die sie fast wieder ohnmächtig werden ließen. Verdammt, warum ist sie wieder aufgewacht. Warum ist sie wieder hier aufgewacht, und nicht in ihrem Bett, schweißgebadet nach einem grauenhaften Albtraum.
Ihr war schwindelig, in ihrem Kopf hämmerte es. Ihre Kehle war trocken und sie fragte sich, wann sie das letzte Mal etwas getrunken hatte. Wann hatte sie das letzte Mal etwas gegessen, wann geschlafen, wann frische Luft eingeatmet hatte, die nicht nach Moder, Alkohol und Blut stank. Wie lange war sie schon hier? Sie hatte keine Ahnung. Es hätte genauso gut eine Stunde wie ein Monat sein können.
Der Schmerz in ihrem Arm hielt sie wach. Und er hielt ihren Kopf klar. Sie begann auf ihre Umgebung zu achten. Lauschte, was sich hinter der Wand befand. Ihrem Empfinden nach war der Raum klein. Vielleicht zwölf, fünfzehn Quadratmeter groß. Und es gab mindestens ein Fenster, das nicht dicht war. Sie konnte immer wieder Schritte hören, und wenn sie ganz still war und den Atem anhielt, meinte sie das laute Atmen des Mannes auf der anderen Seite hören zu können. Ein gleichmäßiges, zufriedenes Atmen. Sie stellte ihn sich groß vor. Kräftig, vielleicht auch dick. Ja, sie stellte sich ihn als fettes, selbstzufriedenes Arschloch vor.
Und von Zeit zu Zeit hörte sie sein leises Lachen. Als würde er es unterdrücken wollen, so dass sie ihn nicht hörte. Du Arschloch, ich kann dich sehr wohl hören. Jeden Atemzug den du machst, jede Bewegung, das Knarren deines Stuhles. Ja ich kann dich hören. Du verficktes Arschloch, ich kann dich hören.
-4-
Er hatte doch keine Ahnung, wie man Brüche schient. Aber nein, dieses Miststück musste sich doch gleich den Arm brechen.
Gleich nachdem er den Raum betreten hatte, sah er das Stück Knochen das aus ihrem Oberarm ragte. Verdammte Scheiße. Du kannst sie doch nicht so hier liegen lassen. Sie wird drauf gehen, wenn du nicht gleich was tust. Scheiße. Scheiße, scheiße, scheiße! Er trat ihr mit aller Wucht in den Bauch. Die kleine Schlampe regte sich kein Stück. Er trat noch mal zu. Und nochmal. Solange bis sein Kopf wieder klar war, sein Herz aufgehört hatte, wie verrückt zu schlagen.
Ok, du musst dir Stöcke besorgen, und einen Verband. Und dann musst du den Arm einfach irgendwie darein kriegen. Der Bruch ist nicht offen. Alles ist in Ordnung. Stöcke die einigermaßen passten, fand er im Garten neben dem Haus. Nur Verbandsmaterial hatte er keines mehr. Aber er hatte noch etwas von dem Seil übrig, womit er sie gefesselt hatte.
Sie war bewusstlos und machte nicht den Anschein, als würde sie bald aufwachen. Also entschied er sich, sie los zu binden. Er legte sie auf den Rücken, die Arme an der Seite ihres Körpers. Ihr rechtes Handgelenk nahm er in beide Hände, seinen rechten Fuß stellte er auf ihre Schulter.
Du musst das richtig machen, wenn du ihr den Arm noch einmal brichst, dann hast du verloren. Eine Bewegung, und der Knochen muss sich richten. Nur eine schnelle Bewegung.
Eins... Zwei…… Drei.
Er zog einmal kräftig. Das Knacken klang in seinem Kopf ohrenbetäubend laut, als der Knochen wieder an Ort und Stelle rückte. Für einen kurzen Moment bedauerte er, dass sie nicht wach war, und er ihr schmerzverzehrtes Gesicht nicht sehen konnte.
Er hielt den Arm gerade, immer darauf bedacht, den Knochen nicht zu bewegen. Dann legte er an jede Seite des Oberarmes einen Stock, und wickelte so fest er konnte das Stück Seil darum. Bevor er sie wieder auf den Stuhl setzte, betrachtete er sein Werk. Reichte das aus? Ach verdammt, er war kein Arzt, er war nicht hier, um der Schlampe das Leben zu retten. Und hatte er ihr den Arm gebrochen? Oh nein, das hatte sie sich ganz allein zuzuschreiben.
Er fesselte sie erneut an den Stuhl und verlies dann den Raum. Ihm kam ein neuer Gedanke. Was wenn sich die Stelle entzündete? Sie nur noch fieberte und für nichts mehr zu gebrauchen war? Er ging ins Badezimmer im ersten Stock und fand auch gleich was er suchte. Zwei volle Packungen Antibiotika. Er sammelte das Zeug, nahm es nie ein, wenn die tollen Ärzte ihm welche verschrieben. Er überprüfte die Haltbarkeit, dann nahm er die Packung mit der höheren Dosierung und ging zurück in den Keller. Bevor er zu ihr ging holte er sich noch einen dieser Trinkbecher für Kinder, die mit dem langen, am Deckel befestigten Strohhalm, und füllte ihn zur Hälfte mit Leitungswasser. Dann ging er zu ihr, legte ihren Kopf in den Nacken, nahm eine Tablette und steckte sie ihr mit dem Finger in den Rachen. Er setzte die Trinkflasche an und beim ersten Versuch läuft ihr das Wasser einfach nur wieder aus dem Mund raus. Also steckt er ihr den Strohhalm direkt in die Speiseröhre und flößt ihr so den halben Becher Leitungswasser ein. Das Miststück ist weiterhin bewusstlos. Sonst hätte sie wahrscheinlich gleich alles wieder ausgekotzt. Aber sie behielt es bei sich, und als er sich das Ganze eine Weile angeschaut hatte, ging er wieder in sein Zimmer und legte sich auf die Pritsche, die er aufgestellt hatte. Ja, jetzt hatte er sich etwas Schlaf verdient.
-5-
Sie taumelte irgendwo zwischen Wachen und Träumen. Verrückten Träumen, ohne Zusammenhang. Voller Gewalt und Einsamkeit. Sie konnte nicht mehr unterscheiden, was Wirklichkeit war und was nicht. Fieberte sie? Der Arm schmerzte. Brachte sie fast um vor Schmerz. Aber er zeigte ihr, dass sie sich immer noch in diesen Keller befand, dass ihre Augen immer noch verschlossen waren und sie nichts sehen konnte. Die Bilder waren nur in ihrem Kopf, genauso wie die Stimmen, die sie unentwegt hörte.
Du weist was du tun musst. Ein heftiger Ruck und du fällst wieder. Auf die gleiche Seite. Du wirst wenigstens ohnmächtig. Ein paar Stunden raus aus diesem Albtraum. Und wenn du Glück hast, erwachst du nie wieder! Du weist es, tu es einfach.
Nein, du musst wach bleiben. Du musst ihn sehen, du musst ihn einmal in die Augen sehen. Ihn verstehen. Du musst verstehen, was dich umbringt. Und vielleicht, vielleicht hast du eine Chance hier raus zu kommen.
Ihn sehen, du siehst ihn nie. Deine verdammten Augen sind zugeklebt.
Der Kleber löst sich.
Er tut dir das scheiß Zeug immer wieder neu drauf!
Und wenn er es vergisst?
Wird er nicht.
Ach, leck mich!
Aber er vergaß es. Und als sie bemerkte, dass er schon lange nicht mehr zu ihr gekommen war, spürte sie, dass sie ihre Augenlieder bewegen konnte. Es brannte fürchterlich, aber langsam lösten sie sich. Sie spürte wie der Kleber ihr die Wimpern ausriss, wie die Haut aufgerissen wurde. Ein paar Tropfen Blut liefen ihr die Wangen herunter, und dann konnte sie einen kleinen Lichtschimmer erkennen. Vorsichtig öffnete sie die Augen. Der Raum war dunkel, aber schon das bisschen Licht, das durch das Fenster links von ihr viel schmerzte in ihren Augen. Ihre Pupillen zogen sich zusammen und es dauerte fast eine Minute, bis sie sich daran gewöhnt hatte, sehen zu können.
Sie sah sich im Raum um. Im Dunkeln sahen Wände und Boden grau aus. Und soweit sie erkennen konnte, war alles aus massivem Stein. Nur auf der linken Seite war, wie sie vermutet hatte, ein kleines Fenster. Plexiglas, schätzte sie. Alt und milchig.
Außer ihrem Stuhl befanden sich keine anderen Möbel in dem Raum. Auf den Boden war nichts weiter als eine Blutlache. Als sie ihre nackten Füße darin stehen sah, übergab sie sich auf ihr T-Shirt. Sie hustete und spuckte, aber Brocken von Übergeben blieben in ihrem Mund zurück. Der Geschmack war widerwärtig. Auf dem Fußboden kam eine weitere Pfütze hinzu. Sie hatte sich in die Hose gemacht. Scheiße. Der Gestank von Kotze und Pisse war unerträglich.
Mein Geschenk für dich, dachte sie. Wenn du das nächste Mal kommst, um meine Augen zu bearbeiten.
Das nächste Mal, dachte sie. Das nächste Mal werde ich dich sehen können. Er muss denken dass du schläfst. Dass du ohnmächtig bist. Er darf nicht sehen, dass deine Augen auf sind. Ihr Herz begann zu rasen. Hatte er etwas bemerkt? Hatte er sie kotzen gehört? Sie sah zum Fenster. Da war keiner. Kein Schatten der hindurch sah. Vielleicht schlief er. Ich hoffe er schläft.
Du musst wach bleiben. Schließe die Augen und höre genau hin. Ja, da ist sein Atem. Gleichmäßig, der Atem eines Schlafenden.
Und sie hörte zu. Stundenlang, bis sich der Atem veränderte, bis sie seine Pritsche knarren und ihn aufstehen hörte. Er kommt.
Sie spürte ihn förmlich, wie er dort an dem Fenster stand und sie beobachtete. Dann hörte sie seine Schritte näher kommen. Langsam. Er drehte noch einmal um. Ging zurück in das Zimmer. Sie hörte einen Wasserhahn und dann kamen die Schritte wieder auf sie zu.
Konzentrier dich. Halte die Augen geschlossen. Bleib ruhig, er darf dein Herz nicht schlagen hören. Ruhig, ruhig Mädchen.
Dann ging die Tür auf. Vorsichtig und leise betrat er den Raum.
»Verdammte Scheiße. Was ist das denn. Du kleines Miststück.«
Sie spürte einen harten Gegenstand gegen ihren Kopf knallen, den er wütend nach ihr warf, als er den Haufen Kotze entdeckt hatte.
»Wach auf du Schlampe! « Aber sie wachte nicht auf. Spielte weiter die Ohnmächtige, obwohl ihr schmerzender Körper rebellierte. Sie hörte ihn den Raum verlassen. Erneut der Wasserhahn. Diesmal deutlich länger. Er kam zurück. Sie spürte, wie er etwas Nasses auf sie legte und dann mit seinen Händen begann, die Kotze von ihrem T-Shirt abzuwischen. Dann von ihrem Gesicht. Sie spürte, wie er sie ansah. Konnte seinen fauligen Atem auf ihrem Gesicht fühlen. Konnte ihn riechen. Er roch alt und krank.
Noch nicht. Es ist zu früh. Sieh ihn noch nicht an.
Sie merkte wie er sich von ihr abwendete. Hörte, wie er den Lappen in einem Eimer auswusch und ausrang. Dann kniete er sich vor sie und begann die Sauerei auf dem Boden aufzuwischen. Jetzt!
Langsam öffnete sie die Augen. Der Raum war heller als vorher. Aber er hatte kein Licht angeschaltet. Das einzige Licht drang durch den Spalt der offenen Tür. Dann sah sie ihn vor sich.
Er war groß, aber nicht so groß wie sie ihn sich ausgemalt hatte. Er trug eine verschlissene Jeans und ein kariertes Baumwollhemd. Seine Haare waren grau und kräuselten sich in kurzen Locken auf seinem Kopf. Er war dünn. Alt, hatte aber sicher noch gut Kraft sie zu überwältigen.
Sie sah wie er würgte. Und dieser Anblick gab ihr eine kalte Stärke. Sie fühlte sich gut. Ja sie fühlte sich so gut. In diesem Moment war sie die mit der Macht. Während er da auf dem Boden kroch, und ihre Pisse und Kotze wegwischte, hatte sie die Kontrolle. Und wenn es nur in ihrem Kopf war. Sie sah ihn, wusste wer er war. Und das gab ihr eine Macht, die sie in den letzten Tagen verloren hatte.
Sie erstarrte als er sich aufrichtete. Er drehte sich langsam um. Und dann, dann sah er sie an. Sie sah in seine eisigen, blauen Augen. Jeder ihrer Muskeln spannte sich. Sie spürte keinen Schmerz. Nur wie ihr Körper zu Stein wurde. Aber sie hielt seinem Blick stand.
Entsetzen spiegelte sich in seinen Augen. Nicht Verstehen. Angst. Sie hatte ihn. In diesem Moment hatte sie ihn.
Dann veränderte sich sein Blick. Dann sah sie das Monster das sie hierher gebracht hatte. Er stand auf, holte aus und schlug ihr mit aller Kraft ins Gesicht. Sie spürte wie ihre Schneidezähne brachen. Und dann war es wieder da.
Stille. Vergessen. Freiheit.
-6-
Oh dieses verdammte Miststück.
Er hatte geschlafen. Volle Acht Stunden lang. Er erwachte als die ersten Sonnenstrahlen durchs Fenster fielen. Er stand auf und blickte durch das kleine Fenster in den Kellerraum. Sie schlief, oder war ohnmächtig. Er musste sehen ob sie fieberte. Musste ihr eine neue Dosis Antibiotika einflößen. Er griff zur Tablettenschachtel und ging Richtung Kellertür. Auf halben Weg merkte er, dass er das Wasser vergessen hatte. Er kehrte noch einmal um und holte es.
Gleich als er die Tür öffnete, merkte er dass etwas nicht stimmte. Es stank. Und als das bisschen Licht auf ihren Oberkörper fiel, wusste er auch was da so stank.
Die kleine Schlampe hatte sich vollgekotzt. Seine erste Reaktion war dumm. Wollte er dass sie aufwachte und ihn sah? Er musste vorsichtiger sein. Er musste mehr denken und weniger handeln.
Er ging zurück und holte einen Eimer. Füllte ihn mit Wasser und tat eine große Menge Spülmittel dazu. Hoffentlich würde das den Gestank überdecken. Als er begann, ihr die Scheiße abzuwischen, fühlte er, dass sie kalt war. Kein Fieber. Schon wieder Glück gehabt. Dennoch würde er ihr weiter das Antibiotikum geben müssen. Er traute sich nicht, ihren Arm anzufassen um zu sehen wie er aussah. Vielleicht würde sie von dem Schmerz erwachen.
Er machte weiter und begann den Boden zu wischen. Das Gefühl von geronnen Blut und Kotze unter seinen Händen lies ihn würgen. Nur mit aller Kraft schaffte er es, sich nicht gleich neben dieser Schlampe zu übergeben.
Das Spülmittel reichte nicht. Der Geruch war erbärmlich und brannte ihn in der Nase. Er würde noch einmal mit etwas Stärkerem wiederkommen müssen.
Plötzlich merkte er, dass etwas anders war. Er fühlte sich beobachtet. Scheiße. Du hast den Klebstoff vergessen du verdammter Idiot. Als er sich umdrehte wusste er genau, was er sehen würde. Ihre Augen. Ihr wilder Blick. Er sah darin eine unheimliche Überlegenheit. Dieses Miststück dachte doch wirklich sie hätte gewonnen.
Die nächsten Minuten verliefen wie in Trance. Er stand auf und schlug der Schlampe aufs Maul. Fühlte, wie ihre Zähne nach gaben und der Körper unter ihm schlaff wurde. Er griff zu der Tube mit dem Kleber und verteilte ihn auf ihrem ganzen Gesicht. Eine Extraportion auf die Augenlieder, die Augenbrauen. Und ja auch den Mund klebte er dieser Hure zu. Sie sollte kapieren wer hier die verdammte Kontrolle hatte.
Er sah auf die Packung mit den Antibiotika. Pah, selber schuld. Verreck doch. Verreck doch an einer scheiß Infektion!
Er verschloss den Keller. Ging in sein Zimmer und lief auf und ab.
Sie hat dich gesehen.
Was soll’s, sie wird es niemandem erzählen können. Er wird sie töten. Nein, nicht töten. Er wird sie langsam auf diesem Stuhl krepieren lassen. Kein Wasser, keine Medikamente, kein Essen. Nicht mal ihre scheiß Pisse würde er aufwischen. In ein paar Tagen ist es vorbei. Vielleicht auch schon heute Nacht. Dann musst du sie nur noch vergraben.
Er schloss alle Rollläden, löschte alle Lichter. Dann ging er hinaus an den Waldrand und begann ein Loch zu graben.
-7-
Ihr Gesicht brannte. Sie spürte den Kleber überall. Wie er ihr übers Gesicht spannte. Schmeckte ihn an der Stelle, an der er ihren Mund zugeklebt hatte. Sie fühlte wie Kleber auf ihrer Hornhaut brannte, da wo er ihr in die Augen gelaufen war.
Halb geronnenes Blut lief ihren Rachen hinunter. Sie schluckte es und versuchte krampfhaft nicht zu würgen. Mit der Zunge ertastete sie die zwei Löcher in ihrer oberen Zahnreihe.
Panik stieg in ihr auf. Ihr Atem ungleichmäßig und kurz vorm Ventilieren. Ihr Oberkörper bebte beim Versuch regelmäßig durch die Nase zu atmen.
Eins – du atmest ein.
Zwei – du atmest aus.
Eins. Zwei. Eins. Zwei. Eins.
Sie wurde ruhiger. Konzentrierte sich auf ihren Atem. Die Erinnerung kam zurück. Sie war wieder voll und ganz an diesem Ort. Spürte die Anwesenheit des Mannes auf der anderen Seite des Fensters.
Du hast ihn wütend gemacht. Er wird dich nicht am Leben lassen. Jetzt nicht mehr. Du bist doch schon tot. Gefangen in deinem Körper. Du kannst nicht sehen, nicht reden. Kannst dich nicht bewegen. Du gehörst ihm. Du lebst nicht mehr.
Die Tränen die ihr in die Augen stiegen, schmerzten fürchterlich. Sie konnte die Risse in ihrer Hornhaut spüren. Wie kann ich tot sein, und trotzdem all diese Schmerzen fühlen. Wie kann es sein, dass ich bei jedem Atemzug die kalte, feuchte Luft in meinen Lungen spüren kann. Nein, sie war nicht tot. Hier an diesem Ort, gequält und gefoltert, fühlte sie sich lebendiger als je zuvor in ihrem Leben.
Sie begann ihre Lippen zu bewegen. Versuchte den Kleber zu lösen, in dem sie sie erst zusammenpresste und dann auseinanderzog. Die Ränder lösten sich als erstes. Die Haut riss und sie konnte Blut schmecken. Sie machte weiter. Als sich auch der Rest der Lippen löste, spürte sie, wie auch einige Stückchen Fleisch mit ausgerissen wurden. Sie hustete und spuckte Blut und kleine Brocken trockenen Klebers aus.
Sie wollte schreien. Weniger aus Schmerz, als aus Erleichterung. Aber stattdessen atmete sie nur einmal tief durch den Mund ein und aus. Sie fühlte, wie sich ihre Mundwinkel zu einem Lächeln nach oben zogen.
So leicht kriegst du mich nicht. Klebe sie wieder zu, und ich reiß sie wieder auf. Und wieder und wieder. Du denkst, ich hab Angst vor dem Schmerz? Ich sehne mich nach dem Schmerz. Sehne mich danach, mich lebendig zu fühlen.
Mit einem verzehrten Grinsen im Gesicht begann sie, ihre Augenlieder zu befreien.
-8-
Er hatte den ganzen Tag gegraben. Zwei Meter lang, einen Meter fünfzig tief. Sein Rücken schmerzte, seine Hände waren von Blasen übersät. Dennoch spürte er eine tiefe Genugtuung, als er über das Grab gebeugt dastand und sich vorstellte, ihren toten Körper darin zu begraben.
Immer wieder sah er durch das kleine Fenster auf die Frau. Sie schlief. Er konnte sehen, wie sich ihre Brust gleichmäßig hob und senkte. Schon bald, dachte er, wird sie das nicht mehr tun.
Er ging in die Küche, setzte ein Topf mit Wasser auf den Herd und als es kochte, schüttete er ein halbes Päckchen Nuddeln dazu. Die fertigen Nuddeln kippte er in einen anderen Topf und verteilte großzügig Ketchup darüber. Zusammen mit seinem Abendessen setzte er sich vor das Fenster zum Keller, aß schweigend und beobachtete, wie sie erwachte.
Eine Gänsehaut zog sich über seinen Nacken, seinen Rücken und seine Arme, als er ihre Panik bemerkte. Die Art, wie sie ihren Kopf hin und her warf, wie ihr Atem hecktisch und ungleichmäßig wurde. Sein Blut schoss durch seinen Körper, er fühlte seine Arterien pulsieren. Die Erregung erfasste seinen ganzen Körper. Zu sehen wie sie da saß, als Schatten im Dunkeln, gefesselt, und versuchte sich zu befreien. Wie sie nicht nach gab und immer weiter machte. Er liebte diesen Anblick. Würde alles dafür tun, ihn solange wie möglich genießen zu können.
Er hatte sie erschaffen. Hatte etwas in ihr geweckt, das vorher nicht da gewesen war. Einen Moment hatte er in ihre Augen gesehen. Sah dort den Willen zu Überleben. Sah eine Stärke die man nur haben konnte, wenn man herausgefordert wurde. Wenn man sonst alles verloren hatte.
Diesen Willen sah er nun an ihrem ganzen Körper. Selbst als sie ruhig wurde, in ihren Bewegungen inne hielt, konnte er ihn erkennen. Sie saß aufrecht, den Kopf gerade aus gerichtet. Kein Wimmern, keine stummen Schreie. Nein, sie kämpfte und diese Gewissheit ließ ihn zittern.
Er sah genauer hin. Flüsterte sie? Ja, sie bewegt ihre Lippen. Ihr Mund ist offen. Er grinste.
Mein Mädchen. Ja, das ist mein Mädchen.
-9-
Es hatte wesentlich länger gedauert, die Augenlieder zu öffnen als ihren Mund. Der Schmerz war hundert Mal größer gewesen, und dennoch hatte sie es geschafft. Jetzt spürte sie Blut über ihr Gesicht laufen. Ihren Augen brannten. Jeder Lichtschein, jeder Luftzug ließ ihr Tränen in die Augen schießen. Trotz der Verätzungen war sie in der Lage, etwas zusehen. Wenn auch verschwommener als sonst.
Wann würde er wieder kommen? Würde er sie wieder schlagen? Was würde er ihr als nächstes zukleben? Oder würde er sich etwas Neues einfallen lassen. Etwas noch Grausameres?
Er kam nicht. Sie zählte bis Tausend. Dann bis Zehntausend und er tauchte nicht auf. Als sie bei fast Einhunderttausend ankam, verzählte sie sich und fing noch einmal von vorne an.
Elftausenddreihunderteinundzwanzig.
Elftausenddreihundertzweiundzwanzig.
Sein Stuhl knarrte.
Elftausenddreihundertdreiundzwanzig.
Er stand auf.
Elftausenddreihundertvierundzwanzig.
Sie hörte seine Schritte auf sie zukommen.
Elftausenddreihundertfünfundzwanzig.
Sie hörte, wie sich der Schlüssel im Schloss drehte.
Elftausenddreihundertsechsundzwanzig.
Dann stand er vor ihr. Sie sah ihn an. Wollte ihn keine Sekunde in dem Glauben lassen, sie wäre ohnmächtig. Wollte, dass er sah, dass sie sich nicht aufgeben hatte. Dass sie nicht ihm gehörte.
Er war ganz ruhig. Sein Blick zeigte keine Überraschung. Es war als ob er gewusst hätte, was ihn in dem Keller erwartete. Keine Wut, wie beim ersten Mal. Da war etwas anderes in seinem Blick. Stolz? Zufriedenheit?
Er nickte ihr zu, dann drehte er sich um und verließ den Raum. Es dauerte nicht lange und er kam mit einem Becher Wasser zurück. Sein Blick ließ sie nicht los. Genauso wenig wie der ihre seinen. Er kam näher. So nah dass sie ihn riechen konnte. Er roch nach Schweiß und Alter.
Er hielt ihr den Becher Wasser an den Mund und sie begann zu trinken, ohne dass sich ihre Blicke nur für eine Sekunde getrennt hätten. Sie spürte das kalte Wasser ihre Kehle hinunter laufen und es tat so gut. Bis jetzt hatte sie nicht mehr wahrgenommen, wie durstig sie war. Als der Becher leer war, füllte er ihn erneut. Diesmal trank sie ihn bis zur Hälfte. Er verließ erneut den Raum, dieses Mal um sich einen Stuhl zu holen. Er setzte sich ihr gegenüber. Vielleicht einen Meter von ihrem Stuhl entfernt. Sie fühlte seine Blicke auf ihrem Körper, wie er sie von oben bis unten musterte. Roch seinen Atem, der in gleichmäßigen Stößen aus seinen Mund kam.
Sie sahen sich an. Keiner sagte etwas. Ihre Gedanken hingen nur an seinen Augen. Seinem Blick der sie durchdrang, ihr einen kalten Schauer über den Rücken laufen ließ. Es war ein angenehmes Schweigen. Von zwei Menschen, die sich einen Moment lang vollkommen nahe waren.
Dann stand er auf. Beugte sich über sie. Mit den Fingern streichelte er über ihr Gesicht. Streichelte sanft über ihre Stirn, ihre Augen, Wangen, über ihre aufgerissenen Lippen. Er lächelte, legte seine Hände auf ihre Schultern. Nur kurz merkte sie den Schmerz, als er ihren gebrochenen Arm berührte.
Seine Hände glitten höher, legten sich um ihren Hals. Sie rührte sich nicht. Er hielt ihren Blick gebannt, sah ihr fest in die Augen, als er begann zuzudrücken.
-10-
Es dauerte nicht lange, bis ihr Körper aufgab. Eine Minute, vielleicht zwei, dann war es vorbei. Der Blick der ihn gefesselt hatte wurde starr. Der Körper schlaff. Langsam ließ er von ihr ab. Setzte sich wieder auf seinen Stuhl.
Sie hatte nicht geschrien, sich nicht gewehrt. Nur leises Keuchen drang aus ihrer Kehle als er immer fester zudrückte.
In dem Moment, in dem er die Kellertür geöffnet hatte, wusste er, dass er verloren hatte. Sie würde ihm nie gehören.
Er konnte sie fesseln, ihr Wasser und Nahrung verweigern, ja er konnte sie sogar töten. Aber sie gehörte nicht zu ihm.
Sie auf diese Weise zu töten brachte ihm keine Genugtuung. Nein. Dies war seine Art ihr zu zeigen, dass er aufgab, dass sie gewonnen hatte. Ein gnädiger, schneller Tod.
Er betrachtete noch eine ganze Weile ihren toten Körper. Dann begann er, ihre Fesseln zu lösen. Er trug sie ins Badezimmer, ließ ein Bad ein und legte ihre Leiche in das warme Wasser.
Mit einer Schere schnitt er ihr T-Shirt und ihre Hose auf. Dann begann er sie zu waschen. Erst ihr Gesicht. Befreite es von Blut und gab sich alle Mühe, den Klebstoff zu entfernen. Mit einem Schwamm wusch er den Rest ihres Körpers. Nahm die Schiene ab und strich vorsichtig über den gebrochenen Arm.
Als letztes wusch er ihr die Haare, immer darauf bedacht, dass ihr kein Shampoo in die Augen lief. Danach hob er sie aus der Wanne und legte sie auf den Fußboden. Sorgfältig und ohne Eile trocknete er den toten Körper ab. Er setzte sie vor sich, hielt sie mit den Knien aufrecht und kämmte ihr die Haare.
Er legte sie auf eine Decke und sah sie an. Unter ihren Verletzungen sah sie so friedlich aus. Die bleiche Haut, die blonden Haare. Das Gesicht war entspannt, zeigte nichts von dem Grauen das sie erlebt hatte.
Die Decke legte er jetzt über sie. Wickelte sie darin ein. So trug er die Leiche in den Garten. Trug sie zu dem Grab, das er für sie ausgehoben hatte. Er ging auf die Knie, beugte sich über das Loch und ließ den Körper hinein fallen. Er stieg selbst in das Grab, um sie auf den Rücken zu drehen.
Ein letztes Mal betrachtete er sie. Tränen liefen über seine Wangen. Dann begann er dass Grab zuzuschaufeln.
Als er fertig war, ging er zurück zum Haus. Seine Arbeit war getan.