- Zuletzt bearbeitet:
- Kommentare: 1
Blindgänger
„Gibt es diese Monster wirklich?“
„Ja, es gibt sie. Sie lauern in den kleinen, dunklen Ecken deines Lebens, sie verstecken sich, damit du sie nicht sofort siehst. Aber wenn der richtige Augenblick gekommen ist, dann springen sie aus ihrem Versteck hervor und schnappen mit ihren spitzen Zähnen zu. Sie nehmen sich was sie kriegen können und nehmen keine Rücksicht auf Verluste. Ihr eigenes Wohlbefinden steht immer an erster Stelle. Manche sind klein und unscheinbar; sie täuschen dich, und andere siehst du sofort. Das heißt du müsstest sie sofort sehen, aber das tust du nicht, denn die Angst davor, dass sie wirklich da sein könnten, um dir zu nehmen, was dein Eigen ist, zu groß ist, als dass du sieh wahrnehmen würdest. Du verdrängst die Wahrheit. Unsere Welt ist voll von ihnen. Sicher bist du nirgendwo, egal wo du auch hin gehst, es wird immer welche geben.“
„Aber warum hören sie nicht einfach auf damit?“
„Weil sie nicht genug haben können. Sie wollen mehr, sie brauchen mehr, um sich gut zu fühlen.“
„Haben Sie schon einmal das Vergnügen mit einem von ihnen gehabt?“
„Schauen Sie mich doch an. Ich befinde mich mitten in ihren Klauen. Aber ich werde es nicht zulassen. Mir nehmen sie nicht alles weg!“
„Haben Sie schon einmal daran gedacht, dass Sie selber einer von ihnen sind?“
„Nein, warum sollte ich auch? Ich gebe immer mein Bestes, dass Wohl aller um mich herum zu erhalten. Ich bin bestimmt keiner von ihnen. Klar hat jeder von uns mal seine schlechten Phasen, aber so schlimm ist und wird es nie kommen. Nicht bei mir!“
„Sie sind scheinbar wirklich davon überzeugt. Ich kann Ihnen sagen, dass ich auch daran glaube, dass es sie wirklich gibt. Manchmal sehe ich sie mit ihren langen Schatten, die sie hinter sich herziehen, an mir vorbei laufen. Direkt vor meiner Nase, aber bis jetzt hatte ich immer Glück.“
„Das freut mich für Sie. Sie müssen immer auf der Hut sein, sie schlagen in Momenten zu, in denen Sie nicht mit ihnen rechnen und schrecken vor nichts zurück. Von jetzt auf gleich ist Ihr Leben leer und bedeutungslos. Schwupps, einfach so.“
„Ich werde aufpassen. Ja das werde ich sicher. Was werden Sie jetzt tun?“
„Ich werde mich nicht kampflos ergeben! Mich bekommen die nicht so leicht wie die anderen unschuldigen. Ich werde auf sie warten und wenn es so weit ist, werde ich bereit sein!“
„Viel Glück dabei, aber ich bezweifele, dass Sie eine Chance haben werden. Für Sie ist alle Hoffnung verloren“
Mit diesen Worten stand er auf, schob den alten Stuhl wieder an den Tisch, stellte das Tonbandgerät aus, packte sich die Mappe mit den blutigen Fotos, der kleinen Luisa, unter den Arm, nickte dem Sicherheitsmann an der Tür zu, damit dieser das Schloss entsicherte und verließ den Raum.