Blut und Leidenschaft
Prolog
Zwei Gestalten beugten sich über ein Mädchen. Die Kleine zuckte unwillkürlich zusammen und wimmerte. Eine der Gestalten griff nach dem Hals des Mädchens. Dort waren schon kleine Wunden, aus denen ein schmales Rinnsal Blut floss. „Bitte nicht!“ Das Mädchen zitterte am ganzen Körper. Ihr blondes Haar war schmutzig und verfilzt. Unter dem dünnen Kleid war ein schlanker Körper. Ihre tränennassen Wangen waren gerötet vor Scharm. „Oh doch, meine Kleine!“ Der Sprecher beugte sich über das Mädchen und öffnete seinen Mund. Spitze Zähne kamen zu Vorschein. Der Mann presste seinen Mund auf den Hals des Mädchens. Ein erstickender Laut kam über ihre Lippen. Die andere Gestalt griff nach des Mädchens Arm und legte seine Lippen auf diesen. Die angsterfüllten Augen des Mädchens sahen zum Himmel. Die dunklen Hauswände verdeckten den Blick auf die Sterne. Ein letztes Gebet schickte die Kleine gen Himmel, dann erstarrte ihr Blick.
Der Fremde
Was für eine Nacht! Zehn Vampire und drei Werwölfe! Das macht mir keiner nach, dachte sich Lydia. Die Frau schob gerade ein schweres Tor einer leer stehenden Lagerhalle auf. Es war fünf Uhr morgens. Bald würde die Sonne aufgehen. Lydia warf ihr Schwert auf einen alten und kaputten Sessel, zog ihren Mantel aus und ging eine Metalltreppe hinauf. Dort hatte sie sich eingerichtet. Eine alte Matratze diente als Bett und ein Eimer Wasser als Dusche. Ein heruntergekommener Kühlschrank surrte in der Ecke.
Lydia schaltete einen Fernseher ein. Das Bild warf ein kaltes Licht in den Raum. Es flackerte, man konnte nur den Ton verstehen. Geschafft ging sie zum Kühlschrank und holte eine Dose Bier raus. Genüsslich ließe sie die kühle Flüssigkeit ihren Hals herunter gleiten.
Ein Nachrichtensprecher meldete gerade, dass es wieder zwanzig Morde gegeben hat. Alle waren von Vampiren begangen worden. Immer waren es junge Frau, meist Jungfrauen. Viele trugen für diese Zeit nur ein dünnes Kleid. Die Polizei vermutet, dass die Vampire ihren Opfern die Kleider anziehen. „Oh, wie Recht ihr doch habt!“, murmelte Lydia. Sie goss in eine Gieskanne Wasser und hängte diese an einen Hacken. Mit einer Schnur konnte man die Kanne kippen. Die schmutzigen Kleider warf die Frau aufs Bett. Eine Gänsehaut bildete sich auf Lydias Haut, als das kalte Wasser sie berührte.
Nach der Dusche schaltete Lydia genervt den Fernseher aus und legte sich auf Bett. Essen wollte sie erst später. Jetzt brauchte sie erst mal ein bisschen Schlaf. Er wollte aber nicht kommen. Die Ereignisse der Nacht ging ihr noch im Kopf umher. Die meisten Vampire waren noch jung. Gerade ein, zwei oder zehn Jahre alt. Keiner von ihnen hatte etwas über den ‚Anführer’ gewusst. Der Anführer soll der erste Vampir gewesen sein oder zumindest, einer der ältesten überhaupt. Wer er ist, weiß niemand. Langsam gingen Lydias Augen zu und sie schlief ein.
Der Wecker schrillte los. Erschrocken fährt Lydia aus dem Bett hoch. Total benommen schaltet sie den Wecker aus. Durch die zerbrochenen Fenster dringt Sonnenlicht, wenn man es so nennen will. Es ist Winter und die Tage werden kaum hell. Es bleibt meist trübe. An manchen Tagen trauen sich sogar Vampire raus, so dunkel ist es.
„Scheiße!“ Jetzt merkte Lydia die Überbleibsel der letzten Nacht. Unzählige blaue Flecken zieren ihren sportlichen Körper. Ihr Magen rumort und verlangt nach Essen. Kraus lieg das schwarze Haar um ihren Kopf. Schlaftrunken schwankt Lydia zum Kühlschrank und nahm sich wieder eine Dose Bier. Nach dem ersten Schluck verzieht sie das Gesicht. „Igitt!“ Sie schaut auf die Dose. Was ist das den für eine Dose? Die hab ich doch gar nicht gekauft! Sie schüttete den Inhalt in ein Waschbecken. Danach machte sie sich eine Stulle und kaute müde auf diese rum. Kalt zog es durch ein Fenster. Genervt sah Lydia sich das Fenster an. Das muss ich auch noch dicht machen, so ein Mist! Heute stand sowieso Vorräte kaufen auf den Plan.
Das Tor klapperte. Lydia wich automatisch in einen Schatten aus. Ihr Blick richtete sich auf die Gestalt. „Hallo? Ist hier jemand? Ich suche eine gewisse Lydia. Man sagte mir, ich finde sie hier!“ Es war ein Mann, ungefähr Mitte zwanzig und recht gut aussehend. Lydia trug nur einen alten Bademantel. Ihr kam sofort der Gedanke, ein bisschen zu flirten, doch etwas störte sie an den Typ. Er wartete unten und blickte sich weiterhin suchend um. Lydia entschied sich dazu, sich ihm zu zeigen. „Wer hat dich her geschickt?“ Sie trat aus dem Schatten. Der Mann sah erstaunt zu ihr hoch. „Du bist Lydia?“ „Stört dich das?“ „Nein, es ist nur, ach nichts!“ Er musterte Lydia. Sie konnte spüren, dass er sie attraktiv fand. „Was willst du von mir?“ „Ich habe ein Problem und man erzählte mir, dass du eine Spezialistin auf dem Gebiet bist!“ Genervt drehte ich die Augen. „Wie heißt du?“ Der Mann machte einen Schritt auf die Treppe zu. „Man nennt mich Dee.“ Ich hob eine Augenbraue. „Dee?! Was soll das für ein Name sein?“ Der Mann lächelte. „Es ist ein Deckname. Mein richtiger Name ist Derik.“ Der Typ hat Geheimnisse, warum sonst braut er einen Decknamen! „Wer bist du? Bei welchen Problem soll ich dir helfen?“ Wieder ging Dee einen Schritt vor. „Ich bin Vampirjäger aus Vamp-City, ich brauche deine Hilfe um die dortigen Vampire zu jagen, alleine kann ich ihnen nichts mehr anhaben. Es sind zu viele. Wirst du mir helfen?“ Uninteressiert sah ich ihn an. „Und warum kommst du zu mir? Rund um Vamp-City gibt es hunderte von Jägern, die dir helfen könnten. Warum fragst du die nicht?“ „Warst du in letzter Zeit mal in Vamp-City? Es gibt keine Jäger mehr dort! Die Vampire haben sich zu Organisationen geschlossen und jagen strategisch alle Jäger. Die meisten haben sich aus dem Staub gemacht und die anderen sind tot. Wenn du mir nicht hilfst, ist die Stadt verloren.“ Vamp-City macht ihren Namen alle Ehre. „Vampire schließen sich nicht einfach zusammen. Nur ein Meistervampir kann sie vereinen.“ Ein verzweifelter Ausdruck entstand in Dees Gesicht. „Nicht nur ein Meistervampir sondern zehn haben sich in meine Stadt eingenistet. Ich brauche deine Hilfe dringend! Jede Minute, die ich hier stehe, breiten sich die Vampire aus. Bald werden sie auch hier her kommen! Bitte Lydia hilf mir! Oder hast du den alten Kodex vergessen?“ Der alte Kodex, nein ich habe ihn nicht vergessen. Er sagt, wenn ein Jäger einen anderen um Hilfe bittet, muss er helfen. „Gut ich komm mit, doch muss ich meine Waffen mitnehmen! Lässt du mir noch Zeit mich umzuziehen?“ Erleichtert nickte Derik. Lydia verschwand im Hintergrund und zog sich an. Das Frühstück musste ausfallen und die Shoppingtour auch. Schnell packte sie die wichtigsten Waffen in eine Tasche und hängte sich ein Schwert um die Schulter. Eine Pistole mit Silberkugeln hatte sie hinten in ihren Gürtel geklemmt. Ersatzpatronen hatte sie in ihrer Manteltasche. Lydia hatte sich angewöhnt einen schwarzen breitkrempigen Hut zu tragen. Ihre Haare lies sie unter dem Hut verschwinden und eine schwarze Sonnenbrille verdeckten ihre Augen. Für gewöhnlich hatte sie auch noch einen schwarzen Schal oder Tuch um den Mund, doch heute stopfte sie das Tuch in die Tasche. Nach paar Minuten war sie fertig und ging runter zu dem Mann. Er sah erstaunt zu mir. „Warum kleidest du dich so?“ „Damit Vampire mich nicht erkennen, vielleicht?!“ Er nickte langsam. „Mein Auto steht draußen.“ Lydia folgte ihm auf dem Hof. Die Sonne schien grell vom Himmel. Das Auto war ein robuster Jeep. Er hatte schon bessere Tage gesehen. Lydia setzte sich auf den Beifahrersitz und warf ihre Tasche auf den Rücksitz. Dee setzte sich ans Steuer.
Sie fuhren schon den ganzen Vormittag auf der Autobahn nach Vamp-City. „Woher weiß ich, ob ich dir vertrauen kann?“ Dee lächelte und sah kurz von der Straße zu Lydia. „Tja, du musst mir einfach vertrauen. Ich tu’ es doch auch!“ Lydia nahm die Brille ab. „Und was willst du gegen die Vampire unternehmen?“ „Eigentlich hatte ich gehofft, dass du mir das sagen könntest!“ Seine Stimme klang verloren. „Das heißt, du siehst mich als Rettungsanker.“
Eine Raststätte kam in Sicht. „Möchtest du was essen?“ „Ja, das Frühstück fiel schon aus!“ Dee lenkte den Wagen auf den Parkplatz. Lydia nahm den Hut am und zog den Mantel aus, stattdessen zog sie eine normale Jacke über. Das Schwert legte sie auf den Fußboden des Jeeps und legte den Mantel drüber. Mit einer Hand wühlte sie leicht ihre Haare durcheinander. „So, jetzt kannst du sehen wie ich lebe! Wenn dort Vampire sind, spiele ich deine kleine Freundin, stell dich schon mal darauf ein!“ Dee grinste. „Damit habe ich kein Problem!“ Beide gingen sie in die Kneipe. Es war schummrig. Zigarettenqualm lag wie dicker Nebel im Raum. Dee ging an den Tresen und bestelle zwei Hamburger mit Pommes frites und Ketschup. Lydia ging schon zu einem kleinen Tisch am Fenster und setzte sich. Dee kam hinterher. „Und? Schon einen gesehen?“ „Keinen von den Sandmännchen, aber einige Kuschelhündchen!“ Dee sah mich überrascht an. „Woran merkst du das?“ Seine Stimme war nur ein Flüstern. „Sieh sie dir an. Sie haben keinen menschlichen Blick. Ihre Augen sind wild und manchmal kann man ihr Alter sehen!“ „Du bist wirklich gut. Ich kann sowas nicht auf den ersten Blick erkennen. Ich kann froh sein, dass ich einen Vampir von einen Meister unterscheiden kann!“ Im hinteren Teil öffnete sich eine Tür. Eine junge Frau trat an die Theke. Ihr Blick schweifte durch den Raum und blieb an Lydia hängen. Sie hingegen setzte ein naives freundliches Lächeln auf. Dee tickte Lydia kurz mit den Ellenbogen an und flüsterte: „Ist sie ein…“ Lydia trat ihn mit den Fuß und blinzelte ihn gleichzeitig verliebt an. Er spielte sogleich mit und legt seinen Arm um ihre Schulter. Die Kellnerin kam mit dem Essen. Gierig stürzte sich Lydia auf den Burger und verschlang ihn schnell. Die Pommes frites hatten keine Überlebenschance. Dee aß ganz ruhig seine Pommes. Gelegentlich spielte er seine Rolle und hielt Lydia ein Pommes vor die Nase, den sie aß. Die Frau am Tresen kam auf die beiden zu. „Entschuldigung, darf ich mich zu euch setzten?“ Dee blickte auf Lydia. „Wenn du willst!“, meint Lydia gespielt naiv. „Ich heiße übrigens Liz und ihr?“ Lydia lächelte freundlich. „Ich bin Claudia und das ist mein Schatzi Marc!“ Liz nickte Dee kurz zu. „Und ihr zwei wollt wo hin?“ Lydia blickte verlegen auf den Tisch. „Kannst du dir das nicht denken?“ Liz lächelte. „Nein, sag mal!“ Gespielt schüchtern sagte Lydia: „Na ja, meine Eltern lassen mich zu hause nicht aus den Augen und wir wollen doch mal allein sein, da wollten wir uns ein kuscheliges Hotel suchen!“ Verständlich lächelte Liz. „Ihr armen beiden. Ich könnte euch ein nettes Zimmer anbieten, ganz umsonst.“ Dee sah sie fragend an. „Ich möchte nur dabei sein!“ Lydia spielte erschrocken und drückte sich an Dee. „Das…das geht doch nicht! Nein, da bezahl ich lieber ein Zimmer!“ Liz zuckte mit den Schultern und wandte sich an Dee. „Und du? Möchtest du vielleicht?“ Er spielte seine Rolle als kleiner Freund fast perfekt. Er drückte Lydia dichter an sich. „Nein, ich bezahle doch lieber ein Zimmer!“ Liz sah enttäuscht aus. „Na gut, wie ihr wollt!“ Beleidigt ging sie weg. Dee atmete tief ein. Er wollte seine Rolle schon fallen lassen, doch Lydia machte ihm klar, dass es noch nicht vorbei war. Sie legte ihren Arm um seinen Hals und tat so als würde sie weinen. Dee legte beide Arme um sie und versuchte sie zu trösten. Das gespielte Schluchzten wurde leiser und Lydia hob langsam ihren Kopf. Dee fand die Sache langsam Interessant. Er blickte Lydia fragend in die Augen und sie antwortete stumm. Das Spiel kam zum Höhepunkt. Dee küsste sie sanft. Die Augen waren auf das Paar gerichtet.
Als sich die augenscheinlich verstörte Freundin beruhigt hatte, gingen beide an den Tresen und Dee bezahlte.
Vamp-City
Im Jeep lachte Lydia laut los. Dee startete den Wagen und fuhr auf die Autobahn. „Was ist so lustig?“ „Diese Vampirtussi hat nicht mal Verdacht geschöpft! Jeden normalen Vampir würde auffallen, dass wir kein echtes Paar waren, doch die hat alles geschluckt. Sie war einfach noch zu jung. Die Wölfe werden sie jetzt ziemlich aufziehen deswegen!“ „Warum würden andere Vampire es merken. Ich fand die Vorstellung war gut.“ „Du meinst der Kuss hat dir gefallen! Ich hatte mit der Naivität total übertrieben und deine Schauspielkünste sind auch nicht gerade weltbewegend.“ Dee schwieg eine Weile. „Fandest du den Kuss nicht gut?“ Leise fragte er es, ein wenig spielte Enttäuschung mit. Lydia sah ihn an. „Würdest du dir wirklich ein Zimmer suchen, wenn wir Zeit hätten?“ Erschrocken sah er zu ihr. Sie lächelte. Er räusperte sich. „Es wäre nicht meine Art, mit einem mir unbekannten Mädchen gleich zu schlafen.“ „So unbekannt bin ich dir ja nicht mehr!“ Dee schwieg.
Der Jeep rollte über die Autobahn. Kaum ein Auto fuhr in dieselbe Richtung, die meisten fuhren entgegengesetzt. Die Tachonadel bewegte sich immer um die 150 Stundenkilometer. Langsam senkte sich die Sonne und schien den beiden in die Augen. Lydia setzte ihre Sonnenbrille auf und sah auf die Ebene am Fahrbahnrand. Nichts bewegte sich, nur gelegentlich wirbelte der Wind einen kleinen Staubteufel auf.
Lydia drehte den Kopf in Dees Richtung. Er blickte konzentriert auf die Straße. Seine Augen lagen im Schatten und sein blondes Haar fiel glatt über seine Schultern. Lydia fiel auf, dass der Haaransatz sehr viel dunkler war. Unter dem schwarzen T-Shirt konnte man einen muskulösen Oberkörper vermuten. Ein Ring zierte seinen linken Mittelfinger. Lydia wurde plötzlich warm. Sie senkte den Blick und versuchte sich auf etwas anderes zu konzentrieren. Es gelang ihr nicht. Nervös spielte sie mit ihren Fingern und fragte dann leise: „Sag mal, ist das deine echte Haarfarbe?“ Dee zuckte zusammen. Er war in Gedanken vertieft gewesen. „Was?“ Lydia war eine abgebrühte Vampirkillerin, doch jetzt war sie so nervös wie ein verknallter Teenie. „Ich wollte nur wissen, ob das deine echte Haarfarbe ist?“ „Nein, die Haare sind gebleicht und anschließend blond gefärbt!“ „Warum machst du das?“ „Weil die weiblichen Vampire sich von blonden Männer angezogen fühlen. Man kann sie leichter erwischen. Meine richtige Haarfarbe ist schwarz, wenn du es wissen willst!“ Dee grinste. „Du solltest sie wieder schwarz werden lassen! Finde ich besser!“ „So langsam glaube ich, dass du diejenige bist, die gerne mal ein bisschen Spaß haben will!“ Lydia lächelte. Sie selbst nannte es, ihr Vampirlächeln, nach dem Motto ‚Ich habe dich zum fressen gern’! Dees Augenbraue zuckte kurz. Er mochte sie.
Die Sonne war hinter dem Horizont verschwunden. Eine Sternenklare Nacht ließ die Temperatur sinken. Dee schaltete die Heizung ein. Warme Luft kam Lydia entgegen. Manchmal sah man ein Schatten an der Seite vorbeihuschen. „Wie lange dauert es noch?“ Dee sah auf die Uhr. „Ungefähr noch zwei Stunden, vorausgesetzt dass kein Vampir meint uns anhalten zu müssen.“ Lydia rutschte etwas im Sitz runter und schloss die Augen. Die Fahrt war ermüdend, besonders weil sie die letzte Nacht nicht viel geschlafen hatte. Nach kurzer Zeit merkte Dee Lydias ruhigen Atem. Er blickte kurz zu ihr rüber. Ihr Haar verbarg ein Teil des Gesichtes, doch ihre Lippen bewegten sich leicht mit ihren Atem. Unter ihren Oberteil zeichnete sich ihre Brust ab. Diese Frau ist scharf! Noch nie habe ich solche Gefühle gehabt! Es fiel ihm schwer sich auf die Fahrbahn zu konzentrieren. Wenn ich gewusst hätte, dass sie so anziehend ist! Des Öfteren schielte er zu ihr rüber. Vorher hatte er sich nicht getraut. Manche Frauen reagieren gereizt, besonders Vampirjägerinnen. Diese Art von Frau hat nie etwas mit Männern, doch schien Lydia gerne mal die Nacht mit einen Artgenossen zu verbringen anstelle von Untoten.
Die Stadt kam in Sicht. Dee weckte Lydia. „Sind wir schon da?“ Verschlafen blickte sie aus dem Auto. „Noch nicht ganz, aber bald sind wir in der Stadt. Es ist besser, wenn man wach ist!“ Lydia murmelte etwas Unverständliches. Sie setzte sich gerade hin und versuchte ihre Haare mit den Fingern zu kämmen. „Wenn du möchtest, im Handschuhfach liegt eine Bürste!“ Erstaunt blickte Lydia Dee an. „Wofür brauchst du eine Bürste?“ „Falls es dir noch nicht aufgefallen ist, ich habe auch lange Haar und die mit einen Kamm zu kämmen, wäre reine Folter!“ „Ah, ja!“ Lydia schaute im Handschuhfach nach und fand die Bürste.
Der Wagen passierte die Stadtgrenze. Die Lichter der Anzeigentafeln erhellten die Nacht. Viele Leute gingen auf den Wegen. Einige standen an Ecken und beobachteten. Lydia spürte die Präsenz des Bösen deutlich. Das letzte Mal, als sie hier gewesen war, war es nicht so stark gewesen. „Und kannst du sie sehen?“ Lydia schüttelte den Kopf. „Ich kann sie spüren! Das Böse hüllt alles ein. Es ist wie eine unsichtbare Decke, die sich auf alles legt!“ Dee musterte sie. „Wie du spüren es?“ „Fühlst du es nicht?“ Dee schüttelte den Kopf. „Ich schon. Manche Menschen können das Böse oder Magie spüren. Es ist schwer zu beschreiben. Ich fühle nur eine Art Beneblung, als hätte ich zu viel getrunken, doch ist es wieder ganz anders.“ „Seit wann hast du das?“ Lydia schaute zu Dee. „Schon immer.“ Beide schwiegen. Dee lenkte den Jeep weg von dem Rummel der Stadt in eine verlassene Gegend. Einzelne Wohnblocks stehen vergessen am Straßenrand. Vor einem der Blocks hielt Dee an. „Ist das dein Zuhause?“ Es klang etwas ironisch. Dee grinste. „Ja, hier wohne ich für die nächsten Tage. Aber ich ziehe fast jede Woche um. Die Vampire sind gerissen. Früher oder später finden sie einen.“ Lydia stieg aus. Dee ebenfalls.
Im dritten Stock hatte Dee sich eingerichtet. Es gab eine richtige Küche und ein Bad. Sehnsüchtig blickte Lydia auf die Dusche. Dee trat an Lydia heran. „Wenn du willst, kannst du eine warme Dusche nehmen.“ Sein Atem berührte sanft Lydias Hals. Eine Gänsehaut durchlief ihren Körper. „Eine warme Dusche!“ Sie seufzte. Dee ging zu einem Schrank und holte einige Handtücher hervor. „Hier!“ Lydia nahm sie und verschwand in der Dusche. Paar Minuten später hörte Dee das Wasser laufen. Er konnte sich Lydias Körper sehr gut vorstellen, wie sie unter der Dusche stand und das Wasser lief von ihrer Haut. Es ist schon so lange her! Um sich abzulenken ging Dee in die Küche und kochte Tee. Lydia ließ auf sich warten. Dee hatte seinen Tee schon aus. Er hatte sich aber auch die Zunge verbrannt, allein um sich abzulenken. Endlich kam Lydia aus dem Bad. Ihre Haut war leicht gerötet. Das Haar hatte sie mit einen Handtuch umwickelt. Dee musterte wieder ihren Körper. Sie hatte nur ein großes Handtuch umgelegt. Er brauchte viel Kraft nicht zu ihr zu gehen und das Handtuch von ihren Leib zu reisen. Lydia ging zu ihrer Tasche und holte neue Kleider heraus. Dee saß steif auf der Couch und beobachtete sie. „Kann ich mich hier irgendwo umziehen ohne deine Nerven weiterhin zu belasten?“ Dee zuckte zusammen und schluckte kurz. „Ja, klar. Dort ist mein Schlafzimmer, wenn du willst!“ Er wies mit einem Finger auf eine Tür. Lydia ging ins Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Kurz darauf kam Lydia wieder aus dem Zimmer. Sie trug jetzt ein schwarzes T-Shirt und eine schwarze Lederhose. Wieder hatte sie die schwarzen Lackstiefel an. Natürlich hatten diese keine Absätze, darauf kann man nicht laufen. Das T-Shirt lag eng an der Haut. „Nun, wann willst du mich in dieser Stadt einweisen?“ „Willst jetzt schon auf jagt gehen?“ „Klar, um diese Zeit kommen die jungen Vampire raus. Das ist doch leichte Beute.“ „Na gut, ich werde dir erst mal den Lieblingsplatz der Vampire zeigen, dann können wir ja ein paar jagen!“ Dee stand auf und ging an einen Schrank. Alle möglichen Waffen kamen zum Vorschein, als er diesen öffnete. Lydia pfiff leise. „Du hast ja ein ganzes Waffenarsenal!“ „Ja, ich brauch ziemlich viele. Du nicht?“ „Nein, ich habe meine Standartwaffen. Ein Schwert zum enthaupten, eine Kanone mit Silberkugeln und einige silberne Dolche. Das reicht für mich!“ Dee sah Lydia fragend an. „Und damit kannst du Vampire töten? Man kann die doch nur mit Holz verletzten!“ Lydia hob den Zeigefinger und kniff ein Auge zusammen. „Äh…Äh! Mein Schwert ist geweiht! Damit kann ich alle möglichen Dämonen töten! Außerdem ist es aus fast reinen Silber, auch für Vampire tödlich!“ „Wie konntest du dein Schwert weihen? Alle Priester wurden schon vor Jahren von den Vampiren getötet!“ Lydia sah zum Fenster. „Kein Priester weihte mein Schwert, sondern ein Engel!“ Dee blickte sie skeptisch an. „Ein Engel?! Glaubst du nicht dass das etwas zu weit geht? Erst willst du das Böse spüren und jetzt behauptest du, dass ein Engel dein Schwert geweiht hat! Lydia, du lügst doch!“ Lydia sah Dee traurig an. „Ich hab gewusst, dass du mir nicht glaubst! Warum bin ich eigentlich mitgekommen. Das Gesetz der Jäger gilt doch schon lange nicht mehr. Niemand hält sich daran, warum dann ich?“ Jetzt nahmen Schuldgefühle Dees Gedankenwelt ein. Versöhnend nahm er Lydia in die Arme. „Ok, ich glaube dir. Lass uns jetzt jagen.“ Lydia löste sich und griff nach ihrem Schwert. An einem Bein hatte sie die Waffe befestigt. Zusätzliche Munition verstaute sie in den großen Manteltaschen. Das Schwert verbarg sie unter dem Mantel. Dee hatte sich inzwischen auch fertig bewaffnet. Lydia setzte nur noch ihren Hut und die Sonnenbrille auf und dann ging es los. Dee führte sie durch einen Irrgarten von Seitengassen. Beider Bewegungen waren geschmeidig und lautlos. Meist hielten sich beide im Schatten auf. Lydia hatte noch ein dunkles Tuch vor ihren Mund gebunden. Man konnte nicht erkennen, ob sie ein Mädchen oder Mann war. Beide trugen den Mantelkragen hochgeschlagen. Die Gebäude wurden immer weniger. Bald waren sie in einen sehr entlegenen Winkel der Stadt gekommen. Um diese Zeit würde man auf keine Menschen treffen. Der Geruch von Verwesung kam den beiden entgegen. „Wo sind wir?“ Dee deutete ihr mit einem Fingerzeig still zu sein. Lydia verstand und gab kein Laut von sich. Ein Zaun versperrte den Jägern den Weg. Dee kletterte behänd hinüber. Lydia folgte. Jetzt sah sie, wo sie waren. Vom Wetter gezeichnete Grabsteine ragten wie Schuppen aus der Erde. Dee versteckte sich gleich hinter einen Gebüsch und zog Lydia hinterher. Fragend sah sie ihn an. Dee zeigte auf die Gruft, die wenige Meter von ihnen entfernt stand. Erst war nichts zu sehen, dann hörte man ein Quietschen wie von rostigen Türangeln. Die Tür der Gruft öffnete sich. Eine Gestalt trat heraus und streckte sich genüsslich. Andere folgten. „Eine schöne Nacht zum feiern!“ rief die erste Gestalt. Ein lautes Gelächter antwortete. Die Vampire wollten sich verteilen. Dee gab Lydia ein Zeichen und beiden traten aus ihren Versteck. Erstaunt und verdutzt starrten die Vampire die Jäger an. Einer der Vampire schrie: „Jäger!!! Tötet sie!“ Lydia war eine geschickte Kämpferin. Selbst mit mehreren Gegnern gefährlich. Dee hatte eine Armbrust hervorgeholt und jagte einen Vampir ein Holzpfeil durchs Herz. Dieser zerfiel zu Asche. Lydia holte mit ihren Schwert aus und zerteilte einen Vampir. Einer wollte sie von hinten angreifen, doch sie schnellte herum und das Schwert trennte Kopf vom Körper. Nach wenigen Minuten gaben die Vampire auf und wollten abhauen. Lydia und Dee verfolgten sie. Keiner der Untoten verließ den Friedhof.
„Du bist wirklich gut. Ich habe schon viele Jäger gesehen, die mit dem Schwert jagen, doch keiner konnte so geschickt damit umgehen. Wo hast du das gelernt?“ Lydia schob das Schwert zurück in die Scheide. „Ich habe es mir selbst beigebracht!“
Beide gingen vom Friedhof. „Und wohin geht’s jetzt? Die paar Vampire hättest du auch ohne mich töten können! Deswegen hast du mich nicht geholt!“ „Stimmt, aber das Problem ist, ich weiß nicht, wo die Meister sind.“ Lydia lächelte mitleidig. „Das heißt, du hast keine Ahnung, warum du mich geholt hast. Wahrscheinlich könntest du das Problem auch alleine lösen, wenn du nur wüsstest, wie du anfangen sollst! Stimm’s!“ „Nein, so ist das nicht! Gegen die Meister habe ich keine Chance. Sie können einen hypnotisieren! Dagegen bin ich nicht gefeit!“ „Du kommst nicht gegen Hypnose an? Wie hast du die Zeit überlebt?“ Dee sah verärgert zu ihr. „Du tust ja gerade so, als wenn jeder, der Vampire jagt, gleich unbezwingbar ist!“ „Nein, ich weiß sehr wohl, dass das nicht der Fall ist, doch gegen Hypnose sollte man etwas gewappnet sein!“ „Dann kannst du mir ja mal zeigen, wie das geht! Komm ich zeig dir mal eine Stelle, wo die Meister früher gelegentlich aufgetaucht sind!“ Lydia folgte Dee amüsiert.
Jean-Claude
Er brachte sie zu einer Art Diskothek. Viele Jugendliche standen herum, die meisten waren schwarz gekleidet, so würden sie nicht mal auffallen. Ein dunkelhaariger Mann kam aus einer Tür. Kurz sah er sich um, dann kam er genau auf Dee zu. Lydia spürte, dass es sich nicht um einen Menschen handelte. Der Vampir hielt vor uns. „Wunderschönen guten Abend Derik! Wie ich sehe, bist du in Begleitung. Nun, möchtest du mich vorstellen?“ Lydia sah misstrauisch von Dee zu diesem Vampir. „Das ist Claudia. Sie wollte mal sehen, was hier so abgeht! Und er ist Jean-Claude der Besitzer der Bude!“ Jean nahm Lydias Hand und gab einen sanften Handkuss. „Willkommen, ma petit chérie! Ich hoffe, dass du mich öfter besuchen kommst!“ Lydia schwieg und blickte den Vampir böse an. Er lächelte. „Sie wäre eine wunderbare Gefährtin für mich. Sie hat etwas Wildes an sich. Du solltest gut auf sie aufpassen. Die Kleine ist was Besonderes.“ „Mach ich!“ Der Vampir ging wieder in die Disco. „Was sollte das? Du bist mit einem Vampir befreundet? Und dir soll ich vertrauen?“ „Lydia, warte, gehe noch nicht! Er ist nicht so, wie die anderen. Er kann sich benehmen. Bitte versteh das, nur so kann ich an Informationen gelangen! Lydia!“ Sie war wütend weggegangen. Dee stand ratlos da und beschloss nach einer Weile nach hause zu gehen. Lydia wird schon alleine zurechtkommen.
Lydia kam alleine zurecht. Sie ließ ihre Instinkte freien lauf. Sie jagte alles war nicht Mensch war. So reagierte sie ihren Frust ab. Bald aber wurde ihr langweilig. Sie sehnte sich nach Dee. Die paar Stunden mit ihm hatten ihr Leben verändert. So fand sie sich bald vor dem Block, wo Dee wohnte wieder. Schuldgefühle ließen sie zögern. Sie hatte ihn einfach so stehen lassen. Wer weiß, was ihm passiert sein könnte. Jetzt hatte sie Angst um ihn und lief schnell hoch in den dritten Stock. Doch klopfte sie zögernd. Es klapperte und dann ging die Tür auf. Dee stand etwas verschlafen und im Bademantel vor der Tür. Sofort war Lydia wütend. „Wie kannst du nur seelenruhig schlafen? Ich habe mir Sorgen gemacht und du?! Du gehst gemütlich schlafen! Am besten ich fahr wieder nach Hause! Du scheinst mich hier gar nicht zu brauchen!“ Sie wollte sich gerade umdrehen, da ergriff Dee ihren Arm und zog sie zu sich ran. Seine Lippen gerührten ihre und seine Arme pressten die Jägerin an seinen Körper. Erschrocken konnte Lydia sich erst nicht wehren, doch nach paar Sekunden wollte sie es auch nicht mehr. Ihre Hand fuhr durch seine Haare. Dee zog sie langsam in seine Wohnung. Die Tür fiel ins Schloss.
Lydia öffnete langsam ihre Augen. Wo bin ich? Sie merkte ein Gewicht auf ihren Körper. Schlaftrunken sah sie einen Arm. Überrascht folgte ihr Blick den Arm zum passenden Körper. Dee lag schlafend neben ihr. Jetzt kamen die Erinnerungen wieder. Dee hatte sie nach Vamp-City geholt und dann die Enttäuschung. Er macht Geschäfte mit einem Vampir. Und die Versöhnung danach! Zufrieden lächelte Lydia und kuschelte sich an Dees Körper. Sein Arm bewegte sich und schloss sich enger um ihren Körper. Lydia musterte Dees Körper. Er hatte einige Narben und paar Tätowierungen, sonst war er ein Muskelpaket. Doch eine Narbe fiel Lydia besonders auf. Sie lag am Schlüsselbein. Es sah aus wie der Biss eines Tieres, doch kannte Lydia kein Tier, das solche Wunden verursacht. Sie strich mit einen Finger über die Narbe. Dee regte sich. Müde rieb er sich die Augen. „Warum kannst du nicht mal lange schlafen? Es ist doch noch nicht mal zehn!“ Lydia küsste ihn auf die Brust. Seine Hände strichen über ihren Rücken. „Ich wünsch dir auch einen guten Morgen!“, flüsterte Lydia in Dees Ohr und biss sanft an sein Ohrläppchen. „Hast du noch nicht genug?“ Er grinste zufrieden. „Wie könnte ich je von dir genug haben?“ Dee warf Lydia spielerisch auf den Rücken. Er drückte seine Lippen auf ihre. Wild erwiderte sie den Kuss. Er ließ sich wieder auf Bett sinken. Lydia strich über die sonderbare Narbe. „Woher hast du die?“ Dee blickte auf die Narbe. „Ach die, eine von vielen. Ich weiß es nicht mehr!“ Lydia spürte, dass er log. Sie ließ es dabei und stand auf um duschen zu gehen. Dee blickte ihr hinterher.
Die Tür vom Bad konnte man nicht abschließen und Lydia war zu sehr in ihre Gedanken vertief, als darauf zu achten, dass jemand ins Bad kommen könnte. Sie ließ das heiße Wasser über ihre Haut laufen. Völlig entspannt schloss sie ihre Augen und lauschte dem Wasser. Den leichten Luftzug spürte sie nicht und merkte auch nicht, dass Dee zu ihr kam. Er legte seine Arme um ihre Taille und küsste ihren Nacken. Lydia erschrak und zuckte zusammen. Das Wasser lief ihr in die Augen und brannte. Sie rieb so lange bis sie wieder sehen konnte. Dee drückte sie an die Duschwand. Ihre Brust war an seine gepresst. Das Wasser lief in kleinen Rinnsälen über die Körper.
Der Verrat
Lydia öffnete den Kühlschrank und holte ein Tetrapack Milch raus. Durstig ließ sie die Flüssigkeit ihre Kehle hinunter gleiten. Kleine blaue Flecke zierten ihren Hals. Es waren keine Kampfwunden. Aus dem Wohnzimmer ertönt Dees Stimme. „Jagst du eigentlich auch tags über?“ Lydia setzte die Milchpackung ab. „Nur wenn ich ein Vampirversteck kenne und ausgeruht genug bin!“ Dee trat in die Küche. „Ich kenne ein Versteck. Bist du ausgeruht genug?“ Lydia blickte zu ihm hin. „Wie viele sind es denn?“ Dee zuckte mit den Schultern. „Das letzte Mal waren es zwanzig.“ Lydia hob eine Augenbraue. „Nur zwanzig?! Na dann los!“ Beide verstauten ihre Waffen unter den Mänteln und gingen auf die Straße. Lydia verzog das Gesicht. „Was hast du?“ „Ich mag die Sonne nicht. Es ist immer so hell!“ „Du solltest aufpassen. Du bist schon mehr Vampir als Mensch, Liebste!“ „Was soll das den heißen? Ich trinke kein Blut und bin auch nicht unsterblich!“ „Schon, aber dazu fehlt nicht mehr viel, wenn du schon die Sonne nicht leiden kannst!“ Genervt blickte Lydia an Dee vorbei. „Und wo sollst hin gehen?“ „Wieder zu Jean-Claude!“ „Wieso dahin? Ist der sowas wie dein bester Freund?“ Dee setzte sich in Bewegung. „Nein, aber er versteck manchmal einige Vampire bei sich. Er heuchelt ihnen Freundschaft vor und dann lässt er mich zu ihnen.“ „Ein Vampir, der seine eigene Art verrät! Wie toll! Was ist, wenn er dich mal verraten sollte? Hast du schon mal daran gedacht?“ Lydia ging neben Dee. „Klar habe ich daran gedacht, doch mir bleibt nichts anderes übrig als ihm zu trauen. Jedenfalls in diesen Angelegenheiten. Er macht das nur, weil er glaubt, dass diese Vampire minderwertig sind und es nicht verdient haben am Leben zu bleiben!“ „Und du folgst ihm wie ein kleines braves Hündchen!“ Lydia war zu genervt von diesem Thema, deswegen ignorierte sie die nächsten Sätze.
Die Disko kam wenige Augenblicke in Sicht. Es war sehr ruhig. Im Tageslicht wirke es wie eine verfallene Bude. Man konnte sich nicht vorstellen, dass dort etwas wohnen soll. Dee ging zum Hintereingang und klopfte dreimal. Vorsichtig ging die Tür auf. Dee und Lydia traten ein und sofort wurde die Tür geschlossen. Dunkelheit umfing die beiden. Dann wurde eine Kerze entzündet. Jeans Gesicht kam zum Vorschein. „Wunderschönen guten Morgen, meine kleine Lebensspenderin!“ Jean sah Lydia verlangend in die Augen. Lydia spürte den Sog seiner Gedanken, wie sie versuchten in ihren Kopf einzudringen. Sie stemmte all ihre Missachtung entgegen. Jean zog sich zurück. „Eine mächtiges Mädchen, diese Lydia, denn so ist dein Name, nicht wahr?“ Lydia warf ihm einen vernichtenden Blick zu. „Hör auf damit Jean!“ Er lächelte nur. „Heute sind es fünfundzwanzig! Hast du Lust, Dee?“ Jean schob einen Vorhang beiseite und gab freien Blick auf eine Gruppe von Vampiren, die träge auf Stühlen saßen und auf Gläsern Blut tranken. Lydia ging als erste in den Raum. Die Vampire sahen erschrocken auf die Gestalt mit verborgenem Gesicht. Sie zog ihr Schwert und gleichzeitig sprangen die ersten Vampire auf. Wild fluchend stürzten sie sich auf Lydia. Dee kam schnell hinterher, doch brauchte er sich keine Sorgen machen, denn Lydia war vorbereitet. Asche fiel zu Boden und die verbliebenen Vampire wichen in die Schatten zurück. Fast im Alleingang erlegte Lydia die Blutsauger. Dee war überrascht, wie geschickt Lydia war, doch dann nahm er eine Stimme wahr. Er drehte sich in Richtung Bühne. Dort saß eine wunderschöne Frau. Sie trug ein schwarzes langes Kleid und ihr braunes Haar war hochgesteckt. Ihr Hals zierte eine goldene Kette. Leise sprach sie zu Dee. „Komm, mein Liebster. Komm und lass uns gemeinsam diesen Ort verlassen!“ Wie in Trance ließ er seine Waffe sinken. Er spürte einen Schmerz an seiner Schulter, dort wo die Narbe sich befand. Er starrte unentwegt in die Augen der Frau. Lydia bemerkte es und wollte auf die losgehen. Da ergriff ein starker Arm ihr Schwert und entriss es ihr. Reflexartig griff sie mit der anderen Hand nach ihrer Pistole und schoss einmal in die Richtung. Die Kugel schlugen in die vertafelte Wand der Disco ein. Sie hatte es geahnt. Es war ein Hinterhalt gewesen. Dee war außer Gefecht gesetzt. Er war nur noch ein willenloser Sklave der Vampirdame. Siedendheiß fiel Lydia die Narbe auf seinem Schlüsselbein ein. Dass sie nicht schon eher darauf gekommen ist. Die Narbe stammte von einem Vampirbiss. Sie hat ihn gebissen, nur so ist es ihr möglich, so schnell in seine Gedanken einzudringen. Sie ist eine der Meister! Hat er den nicht die Wunde gereinigt? Lydia zielte auf die Frau. Da erschienen weitere Vampire. Er bewegte sich zu schnell für Lydias Augen, doch sie hatte Erfahrungen damit. Er versuchte ihr die Waffe zu entreißen, doch sie schoss in die Richtung, wo sie glaubte, dass er dort hingehen würde. Und sie hatte richtig getippt. Die Kugel durchbohrte sein Hirn. Ein weiterer Vampir stürzte von hinten auf sie zu. Sie duckte sich und drehte gleichzeitig ihren Körper. Der Lauf der Waffe war auf sein Herz gerichtet und sie feuerte. Wieder traf sie ins Schwarze. Die Frau war aufgestanden und schritt gemächlich auf Dee zu. Sie hatte ihre Zähne gebleckt und wollte ihn tatsächlich beißen. Lydia aber hatte anderes im Sinn. Sie rammte einen Vampir, welcher in die Richtung der Frau taumelte. Sie wurde angerempelt und sprang einen Schritt zur Seite. Das gab Lydia genug Zeit ihr Schwert aufzuheben und mehrere Vampire zu köpfen um näher an Dee heran zu kommen. Jean Claude erschien hinter dem Vorhang. Er fixierte Lydia und sie spürte seine Macht. Seine Stimme sprach in ihren Gedanken. Sie nahm all ihre Kraft und versuchte ihn aus ihren Gedanken zu entfernen, doch war er sehr stark. Die Frau war wieder bei Dee und entblößte seinen Hals um ihn zu beißen. Lydia werte sich, doch Jeans Gedanken lähmten ihren Körper. Langsam kam er auf sie zu geschritten. Lydia starrte auf die Frau. Alles in ihren Inneren werte sich. Sie konnte nicht zulassen, dass Dee etwas zustößt. Doch war Jean es, der die Frau stoppte. „Cordelia, lass es!“ Seine Stimme war scharf wie eine Rasierklinge. Erschrocken und ängstlich wich die Frau zurück. Jean strich zärtlich eine Haarsträhne aus Lydias Hals. „Wir brauchen sie noch.“ Leise flüsterte die Frau: „Du hast mir aber versprochen, dass ich ihn als Gefährten haben darf!“ „Ja, aber noch nicht sofort! Erst müssen wir das Ritual vollziehen!“ Lydia kämpfte immer noch gegen Jeans Gedanken, doch wurde sie schwächer. Ein letzte Befehl nahm sie noch war. Schlaf! Lydia sank in sich zusammen.
Lydia erwachte ruckartig. Benommenheit lag noch über ihre Gedanken. Sie blinzelte einige Male und sah sich um. Sie befand sich in eine Art Keller. Die Wände waren mit groben Steinen gemauert worden. Durch ein kleines Gitter fiel helles Mondlicht. Es war Vollmond. Lautes Geheul drang von draußen an Lydias Ohr. Werwölfe! Langsam erhob sie sich. Ein leichter Schmerz zwickte sie am Hals. Erschrocken und ängstlich betastete sie ihn. Eine Bisswunde! Sie hätte heulen können. Jetzt besaß der Vampir volle Kontrolle über sie. Jeden Gedanken, den sie jetzt dachte, wusste der Vampir sofort! Das erste Mal in ihren Leben fürchtete sie den Tot. Jean hatte von einen Ritual erzählt, dafür brauchte er die beiden. Nein mein Herzchen. Nur dich brauche ich! Erschrocken drehte sie sich um. Niemand stand da. Die Stimme war in ihren Kopf gewesen. Angst stieg in ihr hoch. Wieso mich? Sie sprach den Gedanken nicht aus. Weil du etwas Besonderes bist! Wieder kam die Antwort einfach so in ihren Kopf. Ich etwas Besonderes? Wieso? Ich bin nur eine Vampirjägerin, nichts weiter! Lydia verstand es nicht. Das ganze ergab keinen Sinn. Du kannst es nicht leugnen. Ich weiß, wer du bist und ich weiß, was du nicht bist! Du bist kein Mensch! Lydia erschrak. Was hast du mit mir gemacht? Wieder meldete sich die Stimme. Ich? Gar nicht! Du warst von Geburt an anders als die anderen! Lydia wusste, dass das stimmte. Sie war anders gewesen, doch hatte sie erst richtig gemerkt, als ihre Eltern von Vampiren getötet wurden. Da war sie erst acht gewesen und hatte sofort alles alleine gemacht. Und sie war schon jagen gegangen. Bis heute hat sie den Vampir nicht gefunden, der ihre Eltern ermordet hatte. Sie hatte sich beschworen nicht eher aufzugeben, bis sie ihn gefunden hat. Du hast ihn gefunden, Lydia, denn ich habe sie getötet! Sie waren nur normale Menschen und so leicht zu töten. Gebettelt haben sie! Jeder wollte alles geben nur um am Leben zu bleiben! Trauer und Wut stiegen in Lydia hoch. Sie hasste Jean dafür. Sie verfluchte ihn und schwor wieder ihn zu töten. Laut schrie sie gegen die Wände: „Du verdammtes Arschloch! Zeig dich! Ich werde dich töten, dass verspreche ich dir!“ Das Echo warf ein verzehrtes Bild ihrer Stimme zurück in den Raum, sonst blieb alles ruhig. Verzweifelt trat sie gegen die schwere Holztür an einer Wand. Wütend tigerte sie im Raum umher. Ein leichtes Gefühl von Panik stieg auf. Hilflos setzte sie sich gegen eine Wand. Heiße Tränen rannen ihre Wangen entlang. Es war schon sehr lange her, dass sie geweint hatte.
Der Meister
Die Tür klapperte. Lydia horchte auf. Sie schlich an eine Seite der Tür und stellte sich starr an die Wand. Leise ging die Tür auf. Ein Vampir trat ein. „Mädchen! Ich soll dich holen!“ Verdutzt blickte er sich im Raum um. Lydia versetzte ihm einen Tritt in den Nacken. Bewusstlos fiel er zu Boden. Mit einer kleinen Hoffnung verließ Lydia den Keller. Der Flur dahinter war dunkel und wurde nur von einigen Fackeln beleuchtet. Leise schlich sie den Flur entlang und blieb dabei meistens im Schatten. Den Vampir hatte sie eingeschlossen. Bald kam sie zu einer Treppe. Diese stieg sie hoch und öffnete vorsichtig eine weitere Tür. Ein weiterer Flur lag dahinter, diesmal war er mit alten Lampen beleuchtet. An beiden Seiten des Flures befanden sich wieder Türen und am ende war eine große zweiflügelige Tür. Von dort hörte sie Stimmen. Ein angsterfüllter Schrei hallte plötzlich durch den Flur. Dee! Lydias Herz machte einen Satz. Sie wollte ihn nicht verlieren. Was taten sie ihm an? Lydia musste dort hin. Es war garantiert ihr Tot, doch konnte sie Dee nicht alleine lassen! Zu ihrem Glück hingen an den Flurwänden alte Schwerter. Eines davon nahm Lydia von der Wand und ging leise auf die große Tür zu. Vorsichtig lauschte sie auf die Geräusche hinter der Tür. Sie nahm all ihren Mut zusammen und trat kräftig gegen die Tür. Diese sprang laut dröhnend auf. Die Vampire im Raum blickten erschrocken auf Lydia. Dee hing in Ketten an einer Wand. Aus einer Wunde an seinem Hals rann ein Faden Blut herunter. Neben ihm stand Cordelia. Sie hatte mit einem Dolch seine Kleider aufgeschlitzt. Dees Kopf hing kraftlos herunter. Sein sonst so ordentliches Haar war blutverklebt und strähnig. Er sah einfach grauenhaft aus. Lydias Herz zerbrach fast.
„Wie ich sehe, hast du dich entschieden, uns doch Gesellschaft zu leisten!“ Jean-Claude trat hinter der Tür hervor. Lydia wirbelte herum und richtete die Spitze des Schwertes auf Jeans Brust. Er lächelte mitleidig. Seine Hand erhob sich zum Schwert und berührte es sachte. Ein Tropfen fiel zur Erde. Lydia fühlte seine Gedanken in ihren Kopf. Er versuchte sie zu kontrollieren. Sie wehrte sich verzweifelt, doch er war stärker. Sie ließ das Schwert sinken und schließlich fiel es klappernd zu Boden. Jean trat näher heran. „So, meine Kleine! Jetzt wirst du uns helfen! Komm!“ Lydias Körper folgte den Befehl Jeans, doch ihre Gedanken versuchten sich zu widersetzten.
Jean führte sie zu einem steinernen Altar. Auf ihm lag eine Gestalt. Es war ein Mann. Seine Züge waren zu Stein erstarrt. Seine Augen waren geschlossen. Es wirke, als wenn er schlief. Seine Arme waren über seine Brust gekreuzt. Sein Haar war lang. Nichts hätte ahnen lassen, dass diese Figur gefährlich sein könnte, doch war sie es und Lydia spürte es genau. Sie stand vor dem Altar und starrte in das so makellose Gesicht des schlafenden Vampiren. Ihr Alptraum ist war geworden. All die Jahre hatte sie von diesem Augenblick geträumt und ihn gefürchtet, nun ist er gekommen. Ihr Blut würde den Vampir erwecken und die Welt wäre den Vampiren geweiht. Jean griff nach ihren rechten Arm und biss kurz hinein. Lydia zuckte zusammen. Anschließend hielt er den blutenden Arm an die Lippen des steinernen Vampiren. Sie fühlten sich kalt und glatt an, doch änderte sich das. Sie wurden warm und weich. Jean hatte sich aus Lydias Gedanken zurückgezogen. Nun versuchte sie vom Altar wegzukommen. Doch als sie ihren Arm wegziehen wollte, schnellte eine Hand von dem Vampir hoch und hielt sie in einen eisernen Griff fest. Sie spürte die Zähne in ihren Arm und die Zunge, wie sie gierig ihr Blut leckte, der Sog der Lippen. Sie zerrte an ihren Arm, doch Müdigkeit breitete sich in ihren Körper aus und sie wurde wehrlos. Der Vampir löste seine Lippen von ihren Arm und schlug seine Augen auf. Sie waren rot wie Blut. Sein Blick ging tiefer als alle anderen Blicke, die Lydia je gesehen hatte. Er konnte in ihre Seele sehen und ihre Furcht. Langsam, fast majestätisch, setzte er sich auf. Sein Gesicht hatte nicht mehr die graue Farbe des Steins, sondern war normal, wie bei einen Menschen. Abgesehen von den Augen, wirke er rein menschlich. Immer noch hielt er Lydias Arm fest. Sein Blick war traurig und sie empfand Mitleid, warum konnte sie nicht sagen. Er stand so dicht neben ihr und er kam noch näher. Sanft, zärtlich küsste er sie. Ein unbekanntes Gefühl stieg in Lydia auf. Ein Vertrautheit diesem Vampir gegenüber. Bilder aus vergangen Zeiten flackerten kurz auf und verblassten wieder. Noch näher kam der Vampir. Lydia spürte seinen Körper an ihrem, wie sein Arm sich um ihre Hüfte legt und sie an ihn drückte. Der Kuss wurde leidenschaftlich. Lydia war nicht in der Lage sich ihm zu entziehen. Sie hätte es auch nicht gewollt. Sie wollte nur bei ihm sein, ihn spüren und lieben. Alles was war hatte sie vergessen. Die Lippen des Vampirs wanderten zu ihren Hals. Lydia seufzte. Ihr Blick verlor sich im Raum. Sie konnte über die Schulter des Vampiren direkt auf Dee sehen, doch sie nahm ihn nicht wahr.
Dee war beinahe bewusstlos. Cordelia hatte ihn mehrmals gebissen und der Blutverlust macht sich bemerkbar. Doch da hatte er Lydia kommen gehört. Hoffnung flammte auf und sie erlosch wieder, als er sah wie Jean sie hypnotisierte. Schlimmer war noch, dass dieser Steinvampir seine Lydia küsste und sie wehrte sich nicht! Nein! Ihr schien es auch noch zu gefallen. Er muss ihren Willen beeinflusst haben. Lydia würde sich niemals von einen Vampiren küssen lassen und schon gar nicht von so einen! Dee konnte deutlich hören, wie dieser Vampir von Lydias Blut trank. Er saugt ihr ihr Leben aus. Wut und Verzweiflung ließen neue Kräfte in Dee entstehen. Er stemmte seine Füße fest auf den Boden und zerrte einmal an seinen Ketten. Cordelia rammte ihr Faust in seinen Bauch. Dee sackte zusammen und spuckte. Ein Stöhnen entfuhr seinen Lippen. Seine Hoffnung schwand dahin. Er warf noch einen letzten Blick auf Lydia und flüsterte ihren Namen, dann versank er in eine Bewusstlosigkeit.
Lydia bekam das nicht mehr mit. Sie spürte nur, wie ihr das Blut ausgesaugt wurde. Müdigkeit und Erschöpfung legten sich über ihre Glieder. Der Vampir hob sie behutsam hoch und legte sie sanft auf den Altar. Sie schloss ihre Augen und fiel ebenfalls in eine Bewusstlosigkeit.
Der Vampir wendete sich von Lydia ab und blickte in die Runde. Die Vampire, die an der Wand standen, kamen einen Schritt vor. Einige verneigten sich ehrfürchtig, andere standen fragend da und starrten den Vampir an. Der Blick des Vampiren blieb auf Jean-Claude hängen. Wissend lächelte der Vampir und ging einen Schritt auf Jean zu. „Was willst du von mir?“ Die Stimme war angenehm, wie das Säuseln des Windes in Baumkronen. Jean verneigte sich leicht. „Herr, ich wollte nur darum bitten, das Mädchen als Gefährtin zu haben!“ Jean flüsterte fast, zweifelte, ob er eine solche Bitte überhaupt aussprechen durfte. Der Vampir blickte kurz zurück zu Lydia. „Du willst sie zu einer von uns machen? Habe ich dich richtig verstanden?“ Belustigung spielte in seiner Stimme. „Ja, Herr!“ Der Vampir lachte laut auf. Erschrocken wichen alle Vampire zurück. „Du Narr! Aber nein, du kannst es nicht wissen, dazu bist du noch zu jung und unerfahren. Dieses Mädchen, mein Freund, kann man nicht zu einen Vampir machen!“ Während er das sagte, ging er wieder zu Lydia und strich ihr zärtlich über die Wange. Die Wunde an ihren Hals verheilte bereits. Jean stand fassungslos da. „Herr, warum nicht?“ Der Vampir blickte ihn aus seinen rot glühenden Augen an. „Weil der Vampir bereits in ihr ist.“ Ein Raunen ging durch die anderen Vampire. „Das verstehe ich nicht. Sie ist ein Mensch. Wir können ihr Blut trinken und sie geht unter der Sonne und ernährt sich wie ein Mensch!“ „Ja, das mag ja stimmen, doch hat sie nur die guten Seiten des Vampirseins. Sie spürt die Magie, hat unsere Stärke und die Unsterblichkeit. Sie ist perfekt!“ Ein sehnsüchtiger Blick schweifte über Lydias Körper. „Wie ist es soweit gekommen?“, fragte ein anderer Vampir. Seine Stimme verriet, dass er nicht an diese Geschichte glaubt. „Sie ist eine Nachkomme meine Liebsten und sie trägt denselben Namen. Man könnte sogar sagen, dass sie die Reinkarnation ist von meiner Liebsten von damals, vor fünftausend Jahren.“ Seine Gedanken wanderten in eine andere Zeit und sein Blick verlor sich im Raum. Jetzt ergriff Cordelia die Gelegenheit. „Herr, wenn ich mir erdreisten darf, euch nach euren Namen zu fragen?“ Der Vampir fixierte sie. Sie nahm eine verführende Haltung ein. Kein Mann, ob Vampir oder nicht, konnte ihr dann widerstehen. Doch der Vampir war unbeeindruckt. „Nach meinen Namen fragst du mich? Ich habe viele Namen, denn jedes Mal, wenn mich jemand weckt, bekomme ich einen neuen. So wähle ein, wenn du es vermagst!“ Cordelia lächelte zufrieden. „Ich werde mich an den alten Geschichten der Menschen orientieren und einen berühmten Namen wählen ‚Alucard’!“ Cordelia ging wiegenden Schrittes auf den Vampir zu. „Meister Alucard, darf ich den Jungen dort als Gefährten haben?“ Er blickte kurz auf Dee. „Ja, von mir aus kannst du ihn haben!“ Cordelia lächelte zufrieden wie ein kleines Mädchen, das sein Spielzeug bekommen hat. „Nun werde ich mich zurückziehen!“ Alucard ging auf Lydia zu und trug sie aus dem Saal.
Der Schrecken
Lydia erwachte aus einem Albtraum. Sie befand sich in einem großen Himmelbett. Man hatte ihr ein langes Kleid angezogen. Schwankend stand sie auf. Ihr war schwindlig. Benohmen hielt sie sich an einer Stange vom Himmelbett fest. Nach paar Minuten war es vorüber. Sie ging langsam zur Tür. Sie war nicht verschlossen. Leise schlich Lydia über den Flur. Es gab so viele Türen. Bei einer überkam ihr ein seltsames Gefühl. Sie wurde neugierig, was sich dahinter verbarg. Vorsichtig öffnete sie die Tür. Schwaches Kerzenlicht erhellte den Raum ein wenig. Im Raum stand ein Sarg. Lydia stockte der Atem. Wer konnte darin liegen? Vorsichtig ging sie auf den Sarg zu. Sie hatte keine Waffen bei sich. Angst schnürte ihr die Kehle zu. Eine dunkle Vorahnung breitete sich in ihrem Unterbewusstsein aus. Das Kleid raschelte bei jedem Schritt. Dann stand sie am Sarg. Ihr Atem ging stoßweise und ihre Hand zitterte, als sie sie dem Sargdeckel entgegenstreckte. Ihre Fingerspitzen berührten den Deckel. Er war sonderbar kühl. Sie griff unter den kleinen Rand und hob ihn behutsam an. Das Licht war zu schwach um etwas zu erkennen. Lydia griff auch mit der zweiten Hand zu und schob den Deckel ganz zu Seite. Pures Entsetzten zeichnete sich in ihren Gesicht ab. Rasch zog sie ihre Hände weg. Ein Schrei kam langsam in ihrer Kehle hoch und drang aus ihrem Mund. Ihr eigener Schrei erschien ihr fern. Ihr Körper sackte zusammen und der Schrei wandelte sich in Schluchzen. Tränen rannen ihr über die Wange.
Nichts nahm sie wahr. Sie starrte nur auf die Person im Sarg. Sie merkte auch nicht die Vampire, die von ihren Schrei angelockt wurden. Sie kamen leise zur Tür herein. Einige grinsten über den Verlust Lydias. Andere starrten stumm und gefühllos zu ihr runter. Da kam Cordelia. Sie hatte eine junge Frau auf dem Arm. Diese war bewusstlos, aber ein Mensch.
Das Schauspiel ging weiter. Lydia bemerkte sie und starrte entgeistert zu ihr hoch. Diese ging ruhig zum Sarg legte die Frau auf den Boden und strich der Person sanft über die Wange. „Es wird Zeit, mein Liebster! Du musst jetzt aufwachen!“ Die Gestalt schlug die Augen auf und setzt sich im Sarg auf. Ihr Blick schweifte einmal in die Runde, ruht kurz auf die bewusstlose Frau und blieb bei Lydia hängen. Ein neuer Strom Tränen überkam Lydia. Sie konnte es nicht fassen. Alles was sie hatte, wurde ihr genommen und jetzt ist es noch schlimmer. Ihr Liebster, ihr Dee ist ein Vampir! Der Gedanke, dass sie ihn töten müsste, konnte sie nicht ertragen.
Cordelia missfiel es, dass Dee nur Augen für Lydia hatte. „Liebster, ich habe dir etwas mitgebracht. Sieh nur. Sie ist jung und ihr Blut schmeckt süß!“ Dee kletterte aus dem Sarg und auf die Frau zu. Wie ein Tier schnüffelte er erst an ihr. Dann biss er ihr in den Hals. In Lydias Ohren war jeder gieriger Schluck, den Dee nahm, wie eine Ohrfeige. Die Frau war nach paar Minuten tot. Dee stand auf und wieder suchten seine Augen Lydia. An seinen Mundwinkel rann ein feiner Faden Blut von der Frau herab. Er ging auf Lydia zu. Sie war ein Mensch, sie war Nahrung, Blut. Lydia sah den Hunger in seinen Augen, wie ein wildes Tier, dass gleich seine Beute angreifen will. Lydia krabbelte unbeholfen von ihm fort und stieß an die Wand. Ihr Herz raste vor Angst und ihr Blick war starr auf Dee gerichtet. Langsam kam er näher, kniete sich vor ihr nieder und kam mit seinen Mund näher. Tränen rannen über Lydias Wange. Sie spürte seine Lippen an ihren Hals. Er biss nicht zu. Er küsste sie sanft. Lydia konnte es nicht glauben. Er konnte sich an sie erinnern! Normalerweise können Vampire sich nicht an ihr Leben als Mensch nach ihrer Auferstehung erinnern. Es kommt erst immer später. Doch Dee erinnerte sich. Er zog sich zurück und sah Lydia flehend in die Augen. Im Hintergrund wütete der Blutdurst, doch noch kontrollierte er ihn. Er bittet sie darum, ihr Blut trinken zu dürfen. Lydia war sich nicht sicher, ob sie das wollte. Was ist, wenn das eine Falle ist? Doch eine leise Stimme sagte ihr, dass es keine war. Lydia entspannte etwas. Angst hatte sie keine mehr, doch war sie unsicher. Langsam strich sie ihr Haar weg. Sie war gewillt, ihn trinken zu lassen. Ein gequälter Ausdruck in seinen Augen sagte Lydia, dass er es nicht ertragen konnte und trotzdem er musste. Lydia schloss die Augen und wartete auf den leicht ziependen Biss. Doch der kam nicht, dafür aber ein lauter dumpfer Schlag. Erschrocken öffnete Lydia die Augen. Cordelia hatte Dee gegen die Wand geschleudert. Wie ein wildes Tier fauchte er und funkelte Cordelia wütend an. „Du bist mein Gefährte! Du gehörst mir!“ Dees Gesicht entspannte sich. Kühl schaute er Cordelia in die Augen. „Ich werde dir nie gehören! Mein Herz gehört Lydia und nichts was du tust, wird etwas daran ändern!“ Wütend schrie Cordelia auf. Sie stürzte sich auf Dee. Dee werte sie ab. Jetzt war er stärker als sie. Sie hatte ihn gleich zu einem Meistervampir gemacht, darum konnte ihre Telepathie nichts gegen ihn ausrichten. Cordelia landete auf den Boden. „Ich habe dich zu einem Vampiren gemacht und ich werde dich auch wieder töten, wenn du mir nicht gehorchst!“ Dee war unbeeindruckt. „Vorher werde ich dich töten!“ In Cordelias Gesicht zeichnete sich ein Ausdruck der blanken Wut ab.
Da erklang aus den stummen Zuschauern ein gleichmäßiges Klatschen. Der Applaudierende stand hinter allen anderen. Die Vampire machten eine schmale Gasse frei und der Applaudierende kam langsam hervor.
In Alucards Gesicht stand ein amüsiertes Grinsen. „Meister, was ist so lustig? Er verweigert mir den Gehorsam!“ „Arme, kleine Cordelia! Das hättest du vorher wissen müssen. Jetzt hast du die wichtigste Regel als Meistervampir gelernt. Such dir deinen Gefährten besser aus!“ Cordelia starrte ihn fassungslos an. „Mehr habt ihr nicht zu sagen? Woher sollte ich wissen, dass er mir nicht gehorchen wird?“ Jetzt spiegelte sich in Alucards Gesicht pure Gefühllosigkeit wieder. „Er hat im Augenblick seines Todes geliebt und dieser Augenblick wird jetzt in alle Ewigkeit in ihm sein. Du hättest erst alles was ihm wichtig war, nehmen müssen, dann wäre er dir vielleicht gefolgt!“ Cordelias Blick wanderte zu Lydia, sie saß noch immer in der Ecke. „Wir dürfen ihr kein Haar krümmen, hast du gesagt. Ich hätte sie niemals töten können. Es war unmöglich ihn als meinen Gefährten zu haben und ihr habt es gewusst!“ Lydia stand ganz langsam auf. Das Kleid klebte an ihren schweißnassen Körper. Dee blickte zu ihr. Wie eine Welle überfiel ihn der Blutdurst.
Vor Schmerzen krümmte er sich. Erschrocken trat Lydia einen Schritt zu ihm. Alucard beobachtet die Szene. „Das würde ich nicht tun, Liebste. Er könnte vor Hunger dir dein kleines Leben nehmen!“ Lydia zog ihre Hand ruckartig zurück. Sie wollte ihn helfen, aber wie? Dee kämpfe gegen den Blutdurst, doch war es anstrengend. Als Mensch hatte er immer gedacht, Vampire haben keine Gefühle, doch da lag er falsch. Er konnte die Liebe zu Lydia deutlicher spüren, als je zuvor. Sie war das einzige, was ihn davon abhielt Lydia an die Kehle zu springen. Lydia fasste einen Entschluss. Sie ging auf Dee zu. Er sah sie erschrocken an. Sein Blick blieb an ihre Hauptschlagader hängen. Unbewusst leckte er sich über die Lippen. Der Durst wurde wieder schlimmer. Und wieder strich Lydia ihre Haare zurück. Wie konnte sie nur? Weiß sie denn nicht, dass das ihr Tot sein könnte? Dee stand zwar leicht gekrümmt, doch war er immer noch größer als Lydia. Sie nahm seinen Kopf in ihre Hände und führte ihn an ihren Hals. Die umstehenden Vampire tuschelten leise. Würde das ihr Meister zulassen? Alucard betrachtete das Schauspiel ohne eine Miene zu verziehen. Dee spürte Lydias Blut in ihren Adern. Sein ganzes Denken war auf ein Wort beschränkt. NEIN! Dann hörte er sie an seinem Ohr flüstern. „Nimm ruhig Liebster!“ Langsam berührten seine Lippen ihren Hals. Sie atmete hörbar aus. Ihr Herz schlug so laut und ihr Blut rauschte in ihren Adern. Er öffnete seinen Mund und seine Zähne durchbohrten ihre Haut. Gierig trank er ihr Blut. Es war warm und schmeckte besser, als das der anderen Frau. Es war so süß und es stärke mehr.
Lydia stöhnte. Es schmerzte nicht körperlich, doch fraß dieser Moment an ihrer Seele. Sie verließ ihre Kräfte. Langsam sackte sie wieder in sich zusammen. Dee hielt sie aber wie eine Puppe fest. Langsam wurde es zu fiel. Dee würde sie töten, wenn er nicht aufhört. Ihr wurde schon schwindlig und sie drohte in Ohnmacht zu fallen. „Genug.“ Es war nur ein Flüstern aus ihren Mund. Dee hörte ihn aber wie ein lauter Schrei. Er war so in den Blutdurst versunken, dass er nicht mehr auf Lydias Lebenszeichen geachtet hatte. Jetzt traf ihn alles wie ein Schlag. Ihr Herz war viel zu leise und ihr Atem zu flach. Er nahm seinen Mund von ihrem Hals. Ihre Augen waren geschlossen. Schuldgefühle, Verzweiflung und Trauer durchliefen Dees Körper und er ging in die Knie mit ihm die bewusstlose Lydia. Vor seinen Augen verschwamm das Bild und eine Träne fiel auf Lydias zu blasser Haut.
Alucard befahl den anderen Vampiren zu gehen. Lautlos gingen sie in den Flur. Cordelia weigerte sich erst, doch ein scharfer Blick von Alucard lies auch sie gehen.
Er ging auf Dee zu. „Mein Freund, noch ist sie nicht verloren. Sie braucht jetzt ruhe. Bring sie in ihr Zimmer und lass sie schlafen!“ Dee schaute zu Alucard hoch und blickte wieder auf Lydia. Langsam stand er auf und hob die Frau hoch.
Familie
In ihrem Zimmer stand Dee und blickte auf seine Liebste. Langsam wurde ihm bewusst, dass sie beide kein Paar mehr sein konnten. Er musste so weit wie möglich weg von ihr. „Das wäre genau das Falsche, was du tun könntest!“ Dee schaute zur Tür. Alucard stand im Rahmen. „Wieso? Ich bin nur eine Gefahr für sie.“ „Nein, du bist das einzige was ihr geblieben ist. Verstehst du denn nicht? Sie gab dir freiwillig ihr Blut. Sie hätte dir ihr Leben gegeben und würde dir verzeihen. Wenn du sie jetzt allein lässt, war ihr Opfer umsonst.“ Verwundert schaute Dee Alucard in die Augen. Mitgefühl spiegelte sich darin. „Warum hast du so viel Verständnis für uns?“ Alucard blickte auf Lydia. „Weil es bei mir genauso war. Weißt du, du bist etwas Besonderes. Du bist ein Vampir mit einer Seele. Die anderen haben keine. Sie sehen in Menschen nur Nahrung, doch du kannst ihre Angst, Furcht und Panik spüren. Dir wird es immer schwer fallen andere zu beißen und doch wirst du es tun. Doch wirst du vorsichtig sein und selten einen töten, vielleicht auch nie töten.“
„Ich habe schon getötet.“ Dee quälten Schuldgefühle. „Ich habe auch getötet und Menschen töten auch ihresgleichen. Es ist gut, dass du ein Gewissen hast, doch solltest du es nicht deine Handlungen beherrschen lassen. Du würdest nur noch unglücklicher. Und komm mir jetzt nicht, dass Geschöpfe wie wir kein Glück verdient haben. Jeder hat Glück verdient und besonders du. Da du eine so schöne Frau hast. Man könnte sagen, dass du jetzt zur Familie gehörst.“ Dee blickte erstaunt nach Alucard. „Wie meinst du das ‚zur Familie zu gehören’?“ „Lydia ist ein Nachkomme meiner damaligen Geliebten.“ „Ja, aber damit gehört man doch nicht zu Familie.“ „Sie ist meine Ur-Ur-Ur-Enkelin. Es sind noch ein paar mehr ‚Urs’ nötig um es genau zu sagen, aber sie meine Nachkommin!“ Dee war mehr als sprachlos. „Aber damals warst du doch ein Mensch. Ich meine, als du Kinder hattest, oder?“ Alucard lächelte. „Nein, ich war schon ein Vampir. Ich war nie ein Mensch. Ich bin als Vampir geboren worden durch den Zauber einer Frau, die unter normalen Umständen hätte keine Kinder bekommen können. Diese Frau hatte Mephistopheles um Hilfe gebeten und musste mit ihren Blut bezahlen, nur um ein Kind zu haben!“ „Das heißt, du kannst Kinder in die Welt setzen? Wie sind die Kinder? Wie Menschen oder Vampire?“ Alucard schloss die Augen und ließ die alten Erinnerungen durch seinen Kopf gehen. „Nein, es geschah nur ein Mal in meinen unendlichen Leben. Es war eine Tochter und ich habe sie geliebt. Ich habe alles für sie getan, dann haben die Menschen sie mir genommen. Deswegen hasse ich die Menschen. Sie haben nie verstanden, dass sie nichts Böses in sich hatte. Nein, sie war genauso friedlich und gefühlvoll wie ihre Mutter. Lydia ist meiner Liebsten so ähnlich, im Wesen wie im Äußeren. Bloß liebt sie mich nicht. Es ist schwer, sie als Enkelin und nicht als meine Liebste zu sehen. Weist du, meine Lydia hat mir auch ihr Blut angeboten. Dadurch war sie mächtiger als alles andere in meinen Leben. Sie hatte mir damit das Leben gerettet. Ich musste keine anderen Menschen beißen. Meinen ersten Enkel habe ich auch noch groß gezogen, dann wurde er selbstständig und ging in die Welt hinaus. Ich habe meine Familie aber nie aus den Augen gelassen. Wenn einer Hilfe brauchte, war ich da und half ihm. Doch immer war ich ein Fremder für sie. Kannst du dir das vorstellen?“ „Warum habt ihr zugelassen, dass Cordelia mich in einen Vampir verwandelt?“ „Weil ich wollte, das Lydia nie allein sein soll!“ „Aber ich werde ewig so bleiben und sie wird altern!“ Alucard schüttelte den Kopf. Es wirkte müde, als wenn all die Lebensjahr wie eine große Last auf ihn lasten würde. „Sie besitzt die Unsterblichkeit! Das Erbe von mir erwachte in ihr, als ihre Eltern starben. Sie hat es gesehen und der alte Hass der Menschen auf die Vampire weckte ihre Sinne.“ Lydias Augenlider flatterten. Ein Seufzer kam über ihre Lippen und sie drehte sich auf die Seite. Dee fand sie sah aus wie ein Engel. So unschuldig und harmlos. Unwillkürlich lächelte er. „Die Nächte werden schön.“ Dee blickte wieder zu Alucard. Dieser verließ gerade das Zimmer. An der Tür blieb er nochmals stehen. „Sie wird dich brauchen. Versprich mir, dass du sie beschützen wirst.“ Dee nickte.
Vampirliebe
Lydia erwachte. Nur ein matter Kerzenschein erhellte ihr Zimmer. Sie fühlte sich immer noch etwas schwach, aber ausgeruht. Genüsslich streckte sie ihre Gliedmaßen. Da merkte sie ihn. Er hatte sie aus dem Schatten heraus beobachtet. Ruckartig setzte sie sich auf und fixierte die Stelle, wo sie ihn vermutete. Sehen konnte sie ihn nicht. Die Wunde am Hals war schon verheilt, nur ein roter Fleck war zu sehen.
Dee zeigte sich. Schuldgefühle spiegelten sich auf seinem Gesicht. Lydia winkte ihn heran. Zögernd kam er auf sie zu. „Setz dich.“ Kein Zorn, keine Wut oder Verachtung nicht mal Misstrauen lag in ihre Stimme. Dee hätte heulen können, doch war das nur selten bei Vampiren. Zärtlich strich sie ihm über seine Wange. Kribbeln breitete sich über seine Haut aus und er schmiegte seine Wange enger an Lydias Hand. Er genoss die Berührung mit geschlossenen Augen. Ihr Herz klopfte ruhig und ihr Blut rauschte leise dahin. Er konnte die Wärme ihres Blutes an sich spüren. Ihren zarten Körper an seiner Haut. Die Erinnerungen an ihre gemeinsamen Stunden ließen ihn für einen Moment vergessen, was er war. Er sehnt sich nach ihr. Gleichfalls sehnte sie sich nach ihm. Doch ihn hielt die Angst, ihr etwas anzutun, zurück. Aber sie hatte keine Furcht und nahm sich, was sie wollte. Sehnsüchtig presste sie ihre Lippen auf seine. Erschrocken öffnete er seine Augen. Er wollte sich zurückziehen, aber sie hielt ihn in eine feste Umarmung, die ihn er nicht erlaubte sich zu entfernen und dann wollte er es nicht mehr. Der Duft ihrer Haare stieg in seine Nase und ihre Finger spielten an seinen Oberteil. Er konnte es nicht fassen. Sie wollte sich ihm nähen, trotz der Gefahr, die er für sie war. Er zögerte. Lydia wollte es aber und zeigte es. Sie zog ihm sein Oberteil aus, genauso ihr Kleid. Sie ließ es einfach zu ihrer Taille abfallen. Dee war sprachlos. Staunend blickte er sie an. In ihren Augen war Leidenschaft zu sehen. Dee wunderte sich etwas, aber Zeit um darüber nachzudenken hatte er keine, denn Lydia warf ihn auf den Rücken und setzte sich auf ihn. Wild küsste sie ihn. Selbst hätte sie nie gedacht, dass sie einmal mit einem Vampir schlafen würde, aber sie tat es.
Werdendessen ging Alucard durch sein altes Herrenhaus. Dieses Haus bewohnte seine Familie schon seit Generationen. Im siebzehnten Jahrhundert wurde es vom seiner Familie gebaut. Es war alt für ein Haus, doch jung im Gegensatz zu seinen Bewohnern. Vorher hatte Alucard in verschiedenen Behausungen gelebt. Mal ein Gutshaus, dann ein Schloss oder gelegentlich auch mal in einer Gruft. Ganz so wie die Zeit es von ihm verlangte.
Das Licht von einzelnen Kerzenleuchtern erhellte den Flur ein wenig. Große Bilder von seinen Nachkommen hingen an den Wänden. Einer war ein angesehener Aristokrat gewesen. Aber es hat auch Bettler und Tagelöhner gegeben. Egal was sie gewesen waren, Alucard war auf jeden stolz. Alle hatten sie Ähnlichkeit mit ihm oder mit Lydia gehabt. Sein Erbe wurde durch anderes Blut stark verdünnt, aber in Lydia verbanden sich alte, vergessene Linien wieder.
Die vergessenen Linien. Einmal hatte ein Nachkomme Zwillinge bekommen. Eine untreue Königin. Sie musste den zweitgeborenen weggeben. Erst sollte er sterben, aber das hat Alucard nicht zugelassen. Der Sohn wurde zu einer Bauernfamilie gebracht. Dort wuchs er auf und setzte eine neue Linie fort. Ihn schlummerte das Erbe mehr als in den ersten. Aber es war zu schwach geworden um geweckt zu werden. Lydias Eltern waren jeweils die Nachkommen eines Zwillings. Und sein Erbe war stark genug ausgeprägt um es zu wecken.
Jean-Claude sollte Lydia die Nachgeschöpfe zeigen, aber nicht ihre Eltern töten. Es waren Alucards Familie. Er sollte es bereuen. Die Strafe wird bald folgen.
Alucard trat in ein Zimmer. Es war mit einem großen Ohrensessel bestückt. Ein Feuer brannte im offenen Kamin. In einem Schrank befanden sich alte Weine. Würde man sie verkaufen, wäre man schnell reich. Eine Flasche war schon geöffnet worden. Auch wenn er nicht nährt, trotzdem nahm Alucard gerne ein Glas guten Wein zum Abend. Der süßliche Geschmack und die angenehme Atmosphäre ließen seine Gedanken an eine Zeit zurückwandern, wo er in Frieden gelebt hat.
„Ich werde sie töten. Ich werde ihre Eingeweiden als Wandschmuck aufhängen und ihr Blut genüsslich trinken. Diese kleine Schlange! Stiel mir meinen Gefährten! Und Alucard lässt es auch noch zu! Er behandelt sie, als wäre sie unsere Meisterin und nicht er. Ein Mensch lebt ungestört unter Vampiren, dass ist Rufmord! Wir sollten sie beide töten!“ Cordelia tigerte im Zimmer auf und ab. Jean stand ungerührt in der Ecke und beobachtet sie dabei. „Und wie willst du ihn töten? Er ist mächtiger, als wir alle zusammen. Außerdem, wenn du ihr auch nur ein Haar krümmst, wird er dich in Stücke reizen.“ Cordelia funkelte ihn böse an ohne ihren Gang zu stoppen. „Ich werde schon einen Weg finden und du wirst mir helfen, verstanden!“ Jean schüttelte energisch den Kopf. „Das kannst du vergessen! Ich mach da nicht mit! Mir ist es egal, ob sie hier ist oder nicht!“ Sie blieb von ihm stehen. Ein breites, fieses Grinsen breitete sich in ihrem Gesicht aus und enthüllte ihre Eckzähne. „Dir ist es also egal, dass sie dich herumkommandieren darf oder nicht?!“ „So hab ich das nicht gemeint. Außerdem wird sie bald sowieso gehen. Nachdem ihr Freund ein Vampir ist, wird sie ihn stehen lassen oder gar töten. Schon vergessen, sie ist Vampirjägerin!“ Cordelia machte einen abwertenden Handwink und setzte ihren Gang fort. „Sie hat ihm freiwillig ihr Blut gegeben. Sie verlässt ihn nicht und töten schon gar nicht!“ „Und wenn schon. Wen störst? Soll er sie doch solange vögeln bis ihm der Schwanz abfällt! Früher oder später hat er genug von ihr oder sie vor ihm und dann kannst du ihn immer noch haben!“ Cordelia knurrte wie ein Tier. „Ich will nicht die weggeworfenen Lover von einem menschlichen Flittchen haben, sondern ihn jetzt gleich!“ Cordelia schlug mit der Faust auf einen Tisch. Er zerbrach in zwei Teile. Jeans Augenbraue zuckte kurz. „Dann kann ich dir auch nicht helfen. Bis dann.“ Er wandte sich zur Tür. Cordelia hielt ihn zurück. „Warte! Weist du, was ich gehört habe?“ Unbeeindruckt sah Jean zu ihr. „Von dir gehört habe!!“, ergänzte sie heimlichtuerisch. Jetzt wurde Jean neugierig. „Was kannst du schon gehört haben?!“ „Zum Beispiel, dass jemand bestraft werden soll. Alucard ist angeblich sehr erbost über dich!“ Unruhe machte sich in Jean breit. Von außen blieb er gelassen. „Warum sollte er wütend auf mich sein. Ich habe nichts getan! Und außerdem woher willst du das gehört haben?“ „Die anderen Vampire erzählen sich so einiges!“ Cordelia lächelte gerissen. Mehr würde sie nicht sagen. Jean ging. Warum sollte sein Meister böse auf ihn sein? Er hat alles für ihn getan und war stets treu gewesen. Am besten er fragte seinen Meister selbst.
Alucard wurde von Schritten zurück in die Gegenwart geholt. Jemand nährte sich ihm. Er kannte jeden einzelnen seiner Getreuen. Daher wusste er, wer kam und er ahnte warum er kam. Ein amüsiertes Lächeln spielte um seine Lippen.
Zögernd trat Jean ins Zimmer. Sein Meister saß im Ohrensessel und nippte an einem Glas mit Rotwein. „Komm ruhig näher, Jean. Ich habe dich schon erwartet!“ Jean war unwohl. Etwas an der Stimme seines Meisters ließen ihn zweifeln. Er ging langsam auf den Ohrensessel zu. Er konnte das Gesicht seines Herrn nicht sehen. Er umrundete den Sessel und blickte seinen Herrn an. Alucard hatte seine Augen geschlossen. Langsam öffnete er sie. Im Licht des Feuers schimmerten seine Augen noch eine Spur mehr nach Blut. „Meister, ich wollte…“ Alucard schnitt ihm das Wort mit einer Handbewegung ab. „Ich weiß, was du wolltest. Du willst wissen, ob es stimmt, was Cordelia erzählt hat. Ob ich unzufrieden mit dir bin? Ja, das bin ich. Ich hatte dir damals aufgetragen Lydia die Nachgeschöpfe zu zeigen, aber nicht ihre Eltern zu töten! Das war ein tödlicher Fehler, Jean.“ Jean trat einen Schritt zurück. „Herr, ich … Es waren doch nur Menschen!“ Alucard schüttelte leicht den Kopf. „Nein, es waren meine Nachkommen, meine Familie! Du hast deine Zähne in das Fleisch meiner Familie geschlagen und ihr Blut getrunken. Du hast mein Blut getrunken, doch werde ich nicht über dein Schicksal entscheiden. Jener, dem du geschadet hast, wird über dich richten! Und nun geh! Ich wünsche allein zu sein.“ Jean starrte immer noch auf Alucard. Ein Wink mit der Hand und Jean ging zur Tür. „Ach, Jean! Versuch erst gar nicht abzuhauen!“
Jean schritt langsam über die weiten Fluren des Hauses. Er hatte stets treu gedient und alles gemacht was man von ihm verlangt hat. Und jetzt war er überflüssig. Ein kleines Menschenmädchen regierte jetzt in diesen Hallen. Alucard war besessen von ihr, er war kein Meister. Er war ein Mensch in Vampirgestalt. Cordelia hatte Recht.
Das Gericht
Lydia lag entspannt neben Dee. Es war ein sonderbares Gefühl mit einen Vampir zu schlafen. Jede Berührung war sehr viel intensiver als zuvor. Und der ständige Kitzel der Gefahr war durch aus anregend. Lydia lächelte zufrieden. Dee lag reglos neben ihr. Weder sein Atem noch sein Herz war zu hören oder spüren. Man könnte Angst bekommen neben einer Leiche zu liegen. Eigentlich ist es auch so. Dee war nicht mehr lebendig auch nicht tot. Er war untot. Etwas fiel Lydia auf. Dees Haar war jetzt schwarz. Die Blondierung war verschwunden. Sein fast weißes Gesicht war ein scharfer Kontrast dazu. Es sah unheimlich, aber auch verführerisch aus. Lydia musterte sein Gesicht, prägte sich jede Kleinigkeit ein. Dee blickte zurück und musterte ihr Gesicht. Er kannte ihren Körper sehr gut. Als Vampir hat man fast keine Hemmschwelle mehr, wenn es um Spielereien im Bett ging. Alles wovon er als Mensch geträumt hatte, sich aber nie traute, konnte er jetzt ungezwungen machen. Sofern Lydia mitspielte. Und sie spielte. Zahlreiche kleine Wunden zierten ihren Körper. Ein schlechtes Gewissen meldete sich bei Dee. Er hatte sich geweigert, als das Verlangen zum ersten Mal einsetzte, doch Lydia hatte ihn fast schon dazu gezwungen. Ist es Liebe oder der Vampir in ihr? Dee wollte Alucard das nächste Mal fragen. Jetzt zog er es vor ihre zarten Lippen auf seine zu spüren.
Die Sinne der beiden waren so aufeinander fixiert, dass keine merkte, dass ein Vampir ins Zimmer trat. Lydia merkte es zuerst. Ungehalten und wütend setzte sie sich auf, hielt die Decke vor ihren Körper und funkelte den Vampir böse an. Dee kam einen Augenblick später hoch, doch fühlte er sich nicht im Geringsten gestört. Er liebkoste Lydias Rücken und beobachtete den Vampir aus den Augenwinkeln. „Alucard wünscht euch zu sehen im großen Saal.“ Der Vampir ging wieder raus.
Lydia trat in den Saal. Die meisten Vampire schienen anwesend zu sein. Jean-Claude stand vor einen großen Stuhl, wo sich Alucard nieder gelassen hatte. Die Tür wurde hinter Lydia und Dee geschlossen. „Tritt näher, Lydia“ Alucard winkte mit der Hand sie zu sich. Lydia ging etwas misstrauisch durch den Saal auf den Stuhl zu. Auf gleicher Höhe wie Jean blieb sie stehen. „Nun, Jean, was liegt dir auf’m Herzen?“ Jean sah von Lydia zu Alucard. „Herr, warum behandelt ihr sie wie eine von uns? Sie ist nur ein Mensch, selbst wenn sie euer Nachkomme ist. Sie kann nicht mit im großen Rat sein!“ Lydia funkelte ihn wütend an. „Hier geht es nicht um den Rat oder um die Völkerherkunft, Jean. Allein um Gerechtigkeit geht es. Du hast dir zu schulden kommen lassen, meinen Befehl nicht korrekt ausgeführt zu haben und du hast mein Nachkommen getötet. In meinen Augen wäre es ein Mord unseresgleichen und auch so zu bestrafen, doch ich werde Lydia entscheiden lassen, was für eine Strafe du erhalten wirst.“ Alucard schwieg und blickte Jean fest in die Augen. Angst machte sich in Jean breit. Die umstehenden Vampire tuschelten leise. Man spürte ihre Empörung. Wie konnte es ein Mensch wagen, ein Urteil über ihresgleichen zu fällen? Lydia blickte entzückt zu Jean. „Na Jean? Ich würde sagen ‚Pech gehabt’!“ Jean knurrte sie, wie ein wilder Hund an. Dee kam einen Schritt näher.
Obwohl er nicht so alt war wie Jean, war doch zu spüren, dass er stärker war. Warum? Keine Ahnung, oder doch? Alucard hatte, nachdem Cordelia Dee in seinen Sarg gelegt hatte, sein Blut zu trinken gegeben, dadurch war er allen anderen Vampiren gewachsen.
Reflexartig nahm Jean abstand. „Welche Strafe soll Jean erhalten?“ Lydia überlegte. Ihr würde es reichen Jean nur einmal vor Schmerzen schreien zu hören und das sagte sie auch: „Ich will ihn einmal vor Qualen schreien hören, wie ist mir egal. Schreien soll er nur, genauso wie meine Eltern!“ Jean wich ängstlich zurück. Soviel Rachedurst hatte er Lydia nicht zugetraut. Die Opfer zu quälen ist eine Eigenart der Vampire. Hatte sie wirklich etwas vom Vampir?
Alucard lächelte zufrieden. „Jean, was bereitet dir am meisten Schmerzen?“ Jean starrte ihn erschrocken an. Alucard schloss kurz seine Augen. Jean verzog das Gesicht. Die Vampire murrten hörbar. Bald würden sie eingreifen. Alucard öffnete seine Augen wieder. Sie leuchtete glühend Rot. „Du magst Silber nicht? Na, das ist ja eine Überraschung!“ Alucard machte es sichtlich spaß Jean Angst einzujagen. Jetzt zog er einen silbernen Dolch aus einer Tasche seines langen Mantels hervor und gab ihm Lydia. Sie betrachtete ihn neugierig. Dee vernahm eine Stimme in seinen Kopf. Halte ihn fest! Es war Alucard. Dee packte Jean an beiden Armen und drehte sie ihm auf den Rücken. Wehrlos stand er Lydia gegenüber. Einige Vampire traten einen Schritt vor, doch Alucard blickte in die Runde. Steif blieben alle stehen. Die Unruhe war zu spüren.
Lydia kam mit dem Dolch näher an Jean. Er zerrte an Dees Griff, aber er hielt ihn mühelos fest. Die Spitze berührte Jeans Wange. Wut, Angst und ein leichter Anflug von Schmerz verzerrten sein Gesicht zu einer Fratze. Aus seiner Kehle drang ein wildes Knurren. Lydia war unbeeindruckt. Sie ließ den Dolch die Wange entlangfahren. Ein dünner Blutfaden zeichnete sich auf der Haut ab. Die umstehenden Vampire knurrten erbost und beleidigt. Man konnte meinen, man sei zwischen ein Rudel Wölfe geraten.
Das Ende
Lydia ließ den Dolch über Jeans Brust fahren. Am Bauch stoppte sie. Obwohl Vampire nicht atmen, bebte Jeans Brustkorb. Bei einem Menschen würde man es Hyperventilieren nennen. Er sah Lydia direkt in die Augen. Sie blickte kalt, gefühllos zurück und stach zu. Jean schrie wie am Spies. Um den Dolch bildete sich eine Rauchwolke. Langsam zog Lydia heraus. Die Wunde blutete stark und konnte sich nicht schließen. Die anderen Vampire waren so empör und wütend, dass sie sämtliche Vorsicht vergaßen und auf Lydia zugingen. Dee schleuderte Jean von sich. Im selben Augenblick stürzten die anderen Vampire auf Lydia zu. Keiner erreichte sein Ziel. Alucard hatte sich erhoben und kleine Feuerkugel auf die Vampire losgelassen. Vampire brannten schnell, wie trockenes Stroh. Die restlichen Vampire wichen wieder zurück, aber immer noch wollten sie Lydia töten. Nur Alucard stand ihnen im Weg.
Keiner konnte ihn besiegen und niemand hatte geahnt, welche Kräfte er sein Eigen nannte. Vampire fürchten das Feuer, er spielte mit ihm. Der silberne Dolch konnte ihn auch nicht verletzten. Er war unbesiegbar! So dachten die Vampire. Vielleicht hatten sie auch Recht.
Natürlich trug Lydia ihren Mantel und darunter das Schwert. Man war so nennt, es ihr wieder zu geben. Und sie war immer noch Vampirjägerin. Alucard würde sie nicht aufhalten, denn er verabscheute diese seelenlosen Kreaturen. Hätte er sie nicht benötigt, hätte er sie schon längst alle vernichtet. Aber wenn jemand unsterblich ist, kann man warten.
Lydia ging zügigen Schrittes zu den Vampiren. Viele wichen zurück aus Angst, Alucard könnte wieder Feuerbälle werfen. Einige stürzten sich auf die Jägerin. Lydia wich gekonnt aus und trieb ihr Schwert in den ersten Vampir. Er zerfiel zu Asche. Andere versuchten es von hinten. Lydia war kein gewöhnlicher Mensch. Sie musste nicht sehen, wo etwas war, sie spürte es. So drehte sie sich um die eigene Achse und das Schwert schwenkte mit. Die Schneide zerteilte einen Vampir in zwei Hälften. Jetzt wichen auch die restlichen zurück. Einige waren schon an der großen Tür und versuchten sie zu öffnen. Dee hatte sich von der anderen Seite eingeschlichen und trieb den silbernen Dolch in einen Vampire. Er war sich durchaus bewusst, dass er und sie gleich waren. Aber in diesen Augenblick war er der Jäger. Später würde er vielleicht mal der Gejagte werden.
Den ersten Streich hatte kein Vampir bemerkt, aber nach dem zweiten wichen sie zurück und somit in Lydias Richtung. Den Vampiren blieb nichts anderes übrig, als in die Saalmitte zurück zu gehen. Dort wartete Alucard. Er hatte sich das Schauspiel angesehen und das hatte ihm bestätigt, das Vampire, wie jene, nicht anderes wie Tiere in menschlicher Gestalt sind.
Von den rund zwanzig Vampiren waren gerade noch fünf übrig. Sie standen dicht aneinander gedrängt im Saal. Einer fand seine Sprache wieder. „Ihr seid unser Meister! Warum lasst ihr zu, dass sie uns abschlachten wie Vieh?“ Alucard lächelte. „Ich habe nie gesagt, dass ich euer Meister bin.“ Cordelia stand auch unter den überlebenden. „Ich hatte es von Anfang an gewusst! Ihr seid dieser Frau verfallen! Sie hat die ganze Zeit Macht über euch gehabt! Ihr habt eure eigene Art verraten!“ Alucard legte den Kopf schief. „Verraten? Ich? Meine Art? Nein, ich habe meine ‚Art’ nicht verraten. Ich habe nie zu den eurigen gehört, denn ich wurde geboren, hatte eine Mutter und besitze eine Seele. Das einzige war uns verbindet, ist die Unsterblichkeit und der Blutdurst, sonst haben wir nichts gemeinsam!“
Jean lag die ganze Zeit auf dem Boden und hatte die Szene beobachtet. Langsam stand er auf. „Ihr seid ein Mensch in Vampirgestalt. Ich habe eure Unterhaltung gehört mit ihm…“ er zeigte auf Dee. „Ich hatte gedacht, es wäre ein Scherz, eine Lüge um ihn zu beruhigen und Zaum zu halten, doch jetzt weiß ich, dass es war ist.“
Die letzten Vampirmeister standen ratlos, machtlos und ängstlich im Saal und starrten ihrem Untergang entgegen. Die Macht der Vampire wurde gebrochen.
Epilog
Ein Polizist saß in seinen Wagen und fuhr Streife. Ganz wohl war ihm nicht. In der letzten Zeit hatte man häufiger von Bränden gesprochen. Es wurden nie Leichen gefunden, aber die Vampire wurden weniger. Einige sagten, dass ein göttlicher Rächer die Menschen von diesen Kreaturen bereit. Andere behaupten eine kleine Organisation von abtrünnigen Vampiren soll den anderen nachstellen. Was war ist, kann der Polizist nicht sagen. Er ist nur froh, wenn diese Höllenwesen verschwinden.
Er bog gerade um eine Kurve in eine schmale Straße ein. Im Schatten eines Hauses stand ein Pärchen. Erst dachte der Mann, ein Blutsauger würde jemanden töten. Beim näher heranfahren, erkannte er aber, dass es ein Liebespaar war. Seine Jugend vermissend schaute er weg. Diese jungen Leute müssen sich wirklich überall herumtreiben. Später fiel ihm das Schwert in der Hand des Mädchens ein. War das die berüchtigte Jägerin? Der Mann schüttelte nachdenklich den Kopf.
Die Nacht war kühl und die Jagt erfolgreich. Dee hatte Lydia in eine Gasse gezogen und feierte ihren Erfolg auf seine Weise. Er küsste sie leidenschaftlich. Ein Auto fuhr vorbei. Ihm war’s egal. Die Sonne würde bald aufgehen. Bis dahin hatten sie noch viel Zeit. Sie hatten die Ewigkeit.