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Buch
Buch
Rüdiger saß in seinem bequemen 30 Jahre alten Sessel. Das Leder fing an manchen Stellen an zu bröseln und Risse zu bilden. Es war ein lauer Sommerabend. Eine warme Briese flog durch sein Arbeitszimmer. Der Geruch von altem Holz und Papier lag in der Luft. Sein Bücherregal im Arbeitszimmer war riesig und das war nicht sein einziges Regal. Im großen Keller seiner Villa am Stadtrand befanden sich Massen an Büchern. Es glich einer Bibliothek. Alles war alphabetisch sortiert und exakt in den Holzregalen ausgerichtet. Rüdiger kannte alle seine Bücher. Die er noch nicht gelesen hatte, hatte er zumindest in seine gründlich gepflegten Regale sortiert. Sie stammten von seiner vor 1 Jahr verstorbenen Frau Mathilde. Mathilde teilte die Leidenschaft für die Bücher mit vollem Herzen mit Rüdiger. „Sie war eine wundervolle Ehefrau“ schwelgte Rüdiger in Gedanken als er mit der Nase mal wieder in einem Buch steckte.
Plötzlich fiel das leicht geöffnete Fenster seines Zimmers zu. Komisch dachte Rüdiger, da er keinen starken Windzug spüren konnte der das Fenster hätte schließen können. Vielleicht war er auch einmal wieder zu vertieft in die Story die er gerade gelesen hattet, die ihn so an seine Geliebte erinnerte, so das er den wohlmöglichen Wind gar nicht bemerkt hatte. Er erhob sich aus seinem Sessel und schritt mit schleifendem Fuß zum Fenster. Beim aufstehen zog sich ein Schmerz durch seinen gesamten Rücken. Als wenn jeder Wirbel einzeln mit einem Hammer traktiert wurde. „Aua“ schrie Rüdiger! „Ich werde wohl auch nicht mehr jünger“, murmelte er für sich selbst in seinen grauen zu langen Bart und schritt zum Fenster. Als er hinaussah bemerkte er nichts ungewöhnliches. Er ließ das Fenster geschlossen und drehte sich um, um wieder in seinen alt geliebten Sessel zu gelangen. Dann sah er etwas für ihn Undenkbares. Wie konnte das bloß da hingelangen. Hatte er es all die Jahre übersehen? Oder wollte jemand Rüdiger nur einen Streich spielen? Fragen über Fragen die schneller als ein Formaleinswagen durch Rüdigers Kopf schossen. Schließlich kannte er doch alle Bücher in seinen Regalen. Aber dieses ist ihn noch nie aufgefallen. Er schloss seine Augen kurz, in der Hoffnung das er nicht richtig geguckt hatte. Er setzte seine Brille auf, die er nur zum Lesen brauchte und noch in seinen Händen hielt. Tatsächlich ein Buch das nicht von ihm einsortiert wurde. Erstaunt ging er auf das Buch zu. Seine Gefühle konnte er nicht zuordnen. Sollte er sich freuen? War es ein Geschenk? Oder fing er an Alzheimer zu bekommen? Das Buch hing weiter hinaus als die anderen exakt auf 0,5mm ausgerichteten Werke. Es war unbeschriftet, schimmerte jedoch matt in einer Goldfarbe. Als er es berührte um es herauszunehmen fühlte Rüdiger eine angenehme Wärme die sein Herz umschloss. Er nahm das Buch mit zu seinem Sessel und legte es vorsichtig vor sich auf einen Tisch aus Eichenholz. Er traute es sich zunächst nicht aufzuschlagen. Es sah mächtig alt und staubig aus. Man konnte sogar schon in der Staubschicht mit dem Finger etwas malen oder schreiben, so dick erschien sie Rüdiger. Die Seiten sahen angenagt aus, wie von Ratten angefressen. „Wie kann mir so ein altes Buch nie aufgefallen sein – wie kommt es in mein Regal ?“dachte Rüdiger. Dann zog Rüdiger sich seine Lederhandschuhe über, die er sonst zum Autofahren an kälteren Tagen benutzte. Er wollte das Buch auf keinen Fall noch weiter beschädigen. Die Spannung stieg. Mittlerweile zog ein Gewitter auf und das Zimmer erhellte immer wieder durch die Blitze von draußen. Er schlug das Buch auf. Er spürte immer mehr Wärme um sich herum. Schweißperlen bildeten sich an seinem hohen Haaransatz. Was war das? Die erste Seite leer! Hektisch und doch behutsam voller Neugier blätterte er weiter. Eine leere Seite folgte der anderen. Ihm Wurde immer heißer. Als er die letzte leere Seite aufgeschlagen hatte, tropfte ihm eine dicke Schweißperle mitten auf die Weiße verblasste Seite des Buches. Rote Farbe schien zu erscheinen. Rüdiger wischte über seine Stirn und lenkte seinen Schweiß aufs Papier. Da stand es nun in roter Farbe die wie Blut aussah: Ich bin immer bei dir mein Schatz ! Rüdigers Kopf sank auf die Schrift nieder.