Als Beispiel für gelungene Verfilmungen fällt mir immer Tom Clancy ein. Ich kannte nur die Filme und fand die eigentlich immer spannend, und hab dann einmal den Fehler gemacht, mir ein Tom Clancy Buch zu holen und zwar "Der Anschlag - the Sum of all Fears", da hab ich es vielleicht bis Seite 20 geschafft. Also wie ein derart spannender Film aus einer derart bürokratischen Prosa erwachsen kann, ist mir ein Rätsel. Ich kannte das auch nur in der Übersetzung.
Anderes Beispiel: Herr Lehmann von Sven Regener, also ... den Film mochte ich, das Buch nur mit großen Abstrichen.
Zu dem Game of Thrones, das ist ja mein Leib- und Magenthema und ich könnte stundenlang darüber reden: Ich denke die Serie punktet schon in einigen Bereichen, die "typisch" Serie sind. Es ist ja alles gespoilert dann, aber die Serie ist auch fantastisch. Ich hab neulich 2 Minuten gesehen, der Fechtunterricht Aryas in der ersten Staffel, das ist grandios, wie das eingeschmolzen wurde. Oder die richtigen "Bad-Ass"-Auftritte von Tyrion oder Tywin - das läuft mit Bildern begleitet in einer ganz anderen Dynamik. Außerdem haben sie es in der Serie tatsächlich noch geschafft, die Story in manchen Punkten um wichtige Facetten zu bereichern. Also so eine winzige Begegnung wie zwischen Bron oder dem Hund bzw. Littlefinger und Tywin - die gibt es im Buch beide nicht, weil da kein Perspektivträger dabei war, das haben sie toll gelöst. Bei anderen Sachen, wenn sie da aus den Szenen rausgefallen sind, mit Varys und Littlefinger oder Cersei und Robert oder die Monologe von Littlefinger oder so ... da krieg ich schon eher Bauchschmerzen, das klappt einfach nicht immer sowas. Grad Littlefinger ist ja eigentlich die "mysteriöse" Figur der ersten 3,4 Romane zusammen mit Tywin, weil man einfach ums Verrecken nicht weiß, was der im Schilde führt. Man weiß es einfach nicht. In der Serie hält er da Monologe, während seine Huren arbeiten - oder auch Tywin, der ist ja in der Serie viel präsenter als in den Romanen. In den Romanen taucht der (wie der reitende Berg auch) fast nur als Legende auf, wie ein Gott im Olymp, der von oben dem Spiel zusieht und mit ein paar Federstrichen über Wohl und Wehe entscheidet.
Aber die Serie hat natürlich den Vorteil, dass sie - im Gegensatz zu Martin damals - genau weiß, wie es weitergehen würde. Da werden auch Figuren zusammengezogen - jemand wie Tywin bekommt da zusätzliche Szenen usw. - die Arya/Tywin-Szenen waren großartig.
Aber klar ... die Dimensionen im Buch mit diesen vielen losen Enden, die erst nach zwei- oder dreitausend Seiten Sinn ergeben - das kann die Serie gar nicht leisten. Ich glaub z.b. die "Tower of Joy"-Sache, die im Buch immer wieder kommt und zu einem zentralen Bestandteil der Mythologie wird, taucht in der Serie gar nicht auf. Auch diese ganze reichhaltige Hintergrundgeschichte - über die Generation vorher usw. - das geht in der Serie einfach nicht. Es werden ja z.b. am Anfang bei der ersten Feier Figuren eingeführt in Winterfell, die erst tausende Seiten später wieder gebraucht werden. Da hätte man ja in der ersten Folge schon Schauspieler casten müssen, die man dann 5 Jahre später erst wieder braucht.
Und: Die Phantasie ist halt schon doch zu mehr fähig als das Auge. Also der reitende Berg ist im Buch so eine Naturgewalt - da kommt auch der Riese nicht mit, den sie letztlich besetzt haben. Vor allem weil er eben fast nur am Rand auftaucht oder aus Kindersicht. Oder die riesigen Reiterhorden, dieser ganze Hofstaat immer - diese Gigantomie der Bücher - das schafft auch diese Serie nicht. Wobei eben ... dieses Kompakte - also Blackwater war in der Serie einfach der Hammer.
Ich würd nicht sagen, dass die Serie den Büchern überlegen ist - aber sie würde einfach überhaupt nicht funktionieren, wenn sie die Stärken der Bücher betonen würde.
Das Casting ist einfach brilliant - so bei Tyrion, Jaime, Cersei, Arya - wie viel da schief gehen hätte können. Also ein Schauspieler, der Tyrion spíelen kann.
Auf der anderen Seite wird natürlich in den Romanen vieles uneindeutig gelassen und in der Serie ist nach 2 Minuten die Katze aus dem Sack. Also Maergery Tyrell ist auch nach 5000 Seiten ein ziemliches Rätsel im Buch - in der Serie schaut die in der 2. Szene schon drein wie eine Katze, die eine Maus entdeckt hat. Auf der anderen Seite geben sie im Buch Cersei eben nicht diese "weiche Seite", dieses "Hintertürchen" wie in der Serie, dass man ihr da eine menschliche, selbst-ironische Seite verleiht. Das sind schon wirklich spannende Entscheidungen, an der Serie kann man gut sehen, was die beiden Medien da unterscheidet.
In den Büchern geht es viel mehr um so ein long-game, deshalb fragen sich ja auch viele, ob er das überhaupt je zusammenkriegt, was er da alles angefangen hat.