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Carpe diem
Die Sonne senkte ihren freundlichen Blick und überließ ihrem Gefährten die Herrschaft über das Reich der Schatten, unwirklich tauchte dieser die kahle Landschaft in fahles Licht.
Augen erwachten und durchstachen die Finsternis, aus allen Winkeln betrachteten die mattroten Flecken das Geschehen auf der Lichtung, nur darauf begiert, die Gefahr zu erkennen und doch von Neugier getrieben dem makabren Schauspiel beizuwohnen, das sich ihren Blicken bot.
Schauen wir, was es war, das ihre Aufmerksamkeit vollends beanspruchte…
Ein Körper lag reglos auf der freien Fläche und wurde liebevoll vom Mond gestreichelt. An beiden Händen waren tiefe Durchbrüche, das Gesicht war nicht zu erblicken, doch ließ sich erahnen, welche Fratze des Schmerzes auf den kalten Schädel gemalt war.
Das blasse Licht umwebte die nackte Haut, welche von dunklen Furchen übersät, an ein Schlachtfeld des Todes erinnerte.
Doch jetzt weiter, höher hinaus, viel höher Wir steigen empor und sehen den dunklen Wald unter uns, die Lichtung ist noch immer zu erkennen, ist jetzt ein kleiner matter Fleck, inmitten eines dunklen Ungeheuers, welches sich mehrere Meilen in alle Himmelsrichtungen erstreckt
Unter uns lieg das Naturschutzreservat „Dear Deer“, es grenzt an einen kleinen Ort, dessen Einwohner seit Jahrzehnten den Kontakt zur Außenwelt meiden. Er ist zu erkennen, denn kleine Lichter flackern am Horizont und geben einen Bezugspunkt.
Wir fliegen, bewegen uns auf die kleinen flackernden Punkte zu und sinken gen Erden.
Wir befinden und jetzt auf der ---
„Sterben muss es, tötet es, meuchelt es!“, ein Chorgesang marschierte auf der kleinen staubigen Nebenstraße, ebnete sich seinen Weg auf die Hauptstraße und verharrte dort.
Ein Schaukelstuhl knarrte in aus einer höher gelegenen Wohnung
„Wir wissen doch nicht einmal, ob es existiert!“, erklang eine raue Frauenstimme die sich aus einem höher gelegenem Fenster, den Weg nach unten auf die grölende Menge suchte.
Der Gesang verstummte augenblicklich, alle Blicke wanderten zu dem vermeintlichen Friedenstörer.
Knarr
„Still Weib! Ich habe Frau und Kind verloren, dieses Ungeheuer bringt uns noch alle um!“
Fackeln stießen in die Luft, um das Gesagte zu unterstreichen.
„Es gibt kein Ungeheuer, alter Mann. Du bist auf einer Hatz zwischen Abenteuerlust und Grausamkeit, doch jeder weiß, dass deine Frau durch deine cholerische Hand starb und dein Kind, der arme Farren, sich erhängte, weil er es nicht mit deiner Sauflust aushielt!“
„Halt dein Maul, du alte Hexe, du hast meine Frau verdorben und sie in die Fänge des Monsters gelockt!“, Tom Farhtmer streckte die flammende Fackel drohend empor, stillschweigend drehte er sich um.
Der blanke Zorn legte ihm eine Grimasse der Abscheu auf das gerötete Gesicht.
Genug, seid leise, sonst hören sie euch! Folgt mir!
Wir sind weg, der schreiende Trupp unter uns ist auf dem Weg in den Wald. Dort wird er bald auf eine Lichtung treffen und die Überreste von John Farthmer finden, dem Bruder des Trunkenbolds.
Leise und vorsichtig überblicken wir die kleine Ortschaft, wie sich ihre winzigen Giebeldächer emporstrecken und zielsuchend gen Himmel Flüchten wollen.
Doch da...schaut! Seht ihr es? Ein Schatten huscht durch die Straßen und flüchtet in den Wald.
Tom Farthmer blickte ängstlich in die Finsternis, versuchte sie mit seinem torkelnden Blick zu durchbohren, doch es gelang ihm nicht. Um sich Mut zu machen begann er zu pfeifen, um bald darauf sicherer den Gesang, den er anführte, aufzunehmen.
„Sterben muss es, tötet es, meuchelt es!“, Tom verstummte, drehte sich blitzartig um, da nicht der erwartete Chorus mit einstimmte.
Dunkelheit.
Ein Geräusch, Tom drehte um sich selbst, darauf aus, die Quelle des Geräusches zu ermitteln und gegebenenfalls zu vernichten, seine Fäuste hatte er und zu schlagen, das konnte er, im Dorf hatte jeder Angst vor seinem fünfgliedrigem Freund.
Rascheln.
Er fuhr herum, schwer atmend, stocken.
Ein ungeahntes Spektrum an Schmerzen entfaltete sich in ihm, sein Rücken drückte ihn zu Boden, er schrie, doch der Schmerz dominierte, nahm Besitz von ihm, verhöhnte ihn, indem er seine verbalen Versuche erstickte, riss ihn herum, entwich in seine Hände.
Dies reichte für einen Atemzug, der schnell wieder preisgegeben wurde, als die Handflächen zerrissen.
Tom vernahm kein Geräusch mehr, er wahr jetzt allein auf einer großen Lichtung, tausende rote Augenpaare schienen ihn zu betrachten, sie begutachteten seinen toten Körper, es befriedigte sie.
Weg von hier zurück, hinauf. Zurück in die Zivilisation
Zurück zu einem uns wohlbekanntem Fenster, aus dem kein Laut mehr ertönte, doch jetzt kam etwas keuchend näher, schritt in das kleine Zimmer…
Knarr
„Carpe diem“, flüsterte eine raue Frauenstimme, aus einem höher gelegenem Fenster, mit einem triumphierenden Beigeschmack…