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Chrissy (13): Wie ich Kartoffeln erntete, zum ersten Mal geküsst wurde und Miniröcke verabscheute
Die Erde, auf der wir knieten, fühlte sich warm an und unsere Gesichter waren von der Augustsonne gerötet. Eine Woche lang wollten Melli und ich bei der Ernte helfen, das hatten wir der Bäuerin versprochen. Wir sammelten die Kartoffeln auf, die der Kartoffelroder aus dem Boden geholt hatte und warfen sie in den Eimer neben uns.
In den ersten beiden Tagen taten wir das noch gebückt und machten einen Wettkampf daraus, wessen Eimer zuerst voll war. Doch schon bald schmerzten unsere Rücken so sehr, dass wir nur noch auf den Knien über den Acker rutschten und erst dann aufstanden, wenn der Eimer voll war, um ihn in den Anhänger zu kippen. Wir waren ganz allein auf dem Feld. Nur hin und wieder hörte man ein Auto über die nahe Landstraße fahren.
„Hast du eigentlich schon mal einen Zungenkuss bekommen?“, fragte Melli und grinste mich an.
Schon allein der Gedanke, dass ich die Spucke eines Jungen in meinem Mund haben könnte, verursachte mir einen Brechreiz. Entsetzt schüttelte ich den Kopf.
Lilly streckte ihren Hals in die Höhe, als wolle sie wachsen. „Also ich schon. Oft. Und ich hab’ auch schon mit Jungs geschlafen.“
Ich warf ihr eine kleine Kartoffel an den Kopf. „Du lügst!“
„Gar nicht!“, sagte sie empört, rümpfte die Nase und sah mich herausfordernd an.
Ich schaute schnell auf den Boden, suchte nach weiteren kleinen Kartoffeln. Mein Gesicht brannte. Das Thema war mir unangenehm. Es gab keinen Jungen, der so etwas von mir wollte und ich wollte weder küssen noch mit jemandem schlafen. Weil ich schwieg und keine passenden Wurfgeschosse mehr fand, arbeitete ich einfach weiter. Eine Weile war nur das dumpfe „Pflopp“ der Kartoffeln zu hören, wenn sie in dem Blecheimer landeten.
„Hast du das neue Bravo schon gelesen?“, fragte Melli schließlich … sicher hielt sie unser Schweigen auch nicht mehr aus.
„Kein Geld!“, rief ich etwas zu laut. Dann, leiser, fast piepsend: „Mit wem?“
„Mit Heiko und Ben.“
„Mit deinen Cousins?“, fragte ich ungläubig. „Darf man das überhaupt? Ihr seid doch verwandt!“
Ich hatte aufgehört, nach Kartoffeln zu suchen.
„Klar darf man. Sind ja nicht meine Brüder. Außerdem weiß das keiner.“
„Wie oft?“, fragte ich.
Sie begann nachdenklich, einen Finger nach dem anderen zu heben. Als sie den kleinen Finger der linken Hand streckte, runzelte sie die Stirn.
„Weiß nicht mehr so genau … oft.“
Anstatt sie zu fragen, ob sie keine Angst davor hatte, mit vierzehn ein Baby zu bekommen oder ob sie überhaupt ein Kondom benutzten, wollte ich etwas ganz anderes wissen: „Wie ist das eigentlich … stöhnt man da?“
„Klar“, sagte Melli, „manchmal stöhne ich richtig laut. Das gefällt den Jungs.“
„Tut es weh?“
Ich musste an das Schlafzimmer meiner Eltern denken. An das gedämpfte Stöhnen, an Mamas Weinen, wenn sie Papa gebeten hatte aufzuhören.
„Es ist toll.“ Melli strahlte und streckte mir den Daumen entgegen.
„Aber …“ Ich wusste nicht, wie ich es sagen sollte. „Heiko und Ben – das sind doch nicht deine richtigen Freunde. Das ist doch Verwandtschaft.“
Melli lachte. „Wenn ich mal einen Freund habe, dann schlafe ich auch nicht mehr mit denen. Das ist nur zum Üben.“
Wahrscheinlich hielt Melli mich für unterentwickelt und doof. Um das Thema zu wechseln, fragte ich sie, was sie mit dem Geld machen wollte, das wir beim Kartoffelglauben verdienten.
„Eine Hose. Und einen Minirock kaufen.“
„Echt? Du hast doch schon so viele Hosen.“
„Aber keine, die unten weit ist und hinten einen Reißverschluss hat!“
„Toll“ staunte ich, „so eine habe ich noch nie gesehen.“
„Musst du mal aufpassen, die Gabi aus der Neunten hat auch so eine! Weißt du was? Wir kaufen uns die im Partnerlook und die Miniröcke gleich dazu. Ich will einen schwarzen, ganz kurzen.“
Ich zögerte. Eigentlich hatte ich vorgehabt, mir ein Bravo zu holen und den Rest Mama zu geben. Aber wahrscheinlich würde es keinen Rest geben, wenn ich Mellis Vorschlag annahm. Auf das Bravo könnte ich verzichten … und Mama stattdessen ein Päckchen Tabak kaufen. Vielleicht könnten wir auch noch einmal bei der Bäuerin helfen, dann würde ich das Geld Mama geben.
„Okay, einverstanden“, sagte ich schließlich und freute mich: Wir würden nach den Ferien im Partnerlook zur Schule gehen.
„Während wir eine Kartoffel nach der anderen in die Eimer warfen, schmiedeten wir Pläne für den nächsten Tag: Gleich nach dem Frühstück wollten wir ins drei Kilometer entfernte Städtchen laufen und dort die Läden durchstöbern.“
Ich wurde stolze Besitzerin eines schwarzen Minirocks und einer blauen Hose mit Reißverschluss am Hintern. Es reichte sogar noch für eine Packung Tabak, aber nur, weil Melli mir ihre letzten neunzig Pfennige schenkte.
Voller Freude zeigte ich Mama und meinen Schwestern meine Einkäufe.
„So einen will ich auch!“, meinte Marie neidisch und strich über meinen Rock.
„Wenn er mir mal zu klein wird, bekommst du ihn“, tröstete ich sie großzügig.
„Mama, beim nächsten Mal, wenn ich wieder bei der Ernte helfe, bekommst du das Geld“, sagte ich mit schlechtem Gewissen, während ich ihr das Tabakpäckchen überreichte.
„Danke, aber wenn du schon Geld verdienst, dann kauf dir ruhig selbst was Schönes“, meinte sie nur.
Ich konnte an nichts anderes mehr denken, als daran, wie toll es sein würde, am nächsten Tag zum ersten Mal mit meinem neuen Rock durchs Dorf zu laufen. Die anderen würden mich bestimmt beneiden.
Als ich am nächsten Morgen in meinem neuen Minirock und einem selbst gehäkelten Top bei Melli ankam, öffnete sie mir grinsend die Tür, nur, um sie gleich hinter mir wieder abzuschließen.
„Warum schließt du ab?“, fragte ich irritiert. Ich hatte noch nie jemanden im Dorf gesehen, der tagsüber die Haustür abschloss.
„Damit uns Oma nicht erwischt.“
Melli lebte bei ihrer Großmutter, ihre Mutter hatte sie als Baby zurückgelassen.
„Komm“, sagte sie und nahm mich bei der Hand, zog mich in ihr Zimmer.
Da saßen ihr Cousin Heiko und der große Klaus aus der Parallelklasse auf dem Bett.
„Hallo“, begrüßten wir uns kurz.
„Aaalso“, begann Melli und zog das Wort wie Kaugummi, „wir ziehen Streichhölzer, wer das kurze erwischt, darf mir einen Zungenkuss geben, der andere Chrissy.“
Wir drei sahen uns an. Ich konnte nicht glauben, dass ich das gerade richtig verstanden hatte. Doch Melli griff schon nach der Streichholzschachtel, die neben dem gusseisernen Holzofen lag, mit dem ihr Zimmer beheizt wurde. Sie brach ein Streichholz ab.
Natürlich hatte sie die Sache mit dem Kuss nicht vergessen, schoss es mir durch den Kopf. Am liebsten hätte ich mich wie in Star Trek weggebeamt. Mein Gesicht wurde immer heißer, und ich spürte, wie mir die Röte bis in die Ohren stieg.
Melli trug ebenfalls ihren Minirock und war sogar geschminkt. Sie wirkte älter und wunderhübsch. Keiner von beiden würde mich küssen wollen, dachte ich. Und überhaupt fand ich das Ganze immer noch ziemlich eklig.
Ich sah die Poster von The Sweet, den Rolling Stones und Jimi Hendrix an, die über dem Bett hingen.
„Wollen wir nicht lieber Musik hören?“, versuchte ich sie umzustimmen.
Melli schüttelte hartnäckig den Kopf.
„Ich will ziehen“, sagte Heiko und stand auf.
Melli streckte ihm ihre geschlossene Faust entgegen, aus der nur die roten Köpfe der Streichhölzer herausschauten.
Heiko zog das kurze Streichholz.
„Was ist, wenn deine Oma nach Hause kommt und uns erwischt?“, versuchte ich es noch einmal.
„Schon vergessen? Ich hab’ abgeschlossen!“
„Hast du den Jungs vorher gesagt, dass sie uns küssen sollen?“, flüsterte ich Melli ins Ohr.
„Klar. Heiko weiß Bescheid, mit dem habe ich das schon öfter geübt.“
„Und Klaus?“
„Nö, aber der weiß es ja jetzt.“
„Ihr dürft in meinem Zimmer bleiben“, meinte Melli großzügig. „Heiko und ich gehen auf den Flur.“
Sie nahm ihren älteren Cousin an der Hand und zog ihn hinter sich her hinaus.
Klaus war inzwischen aufgestanden und blickte auf mich herab.
„Sollen wir uns vielleicht einfach nur küssen? Ohne Zunge?“, schlug ich vor, nachdem wir eine Weile schweigend voreinander gestanden hatten.
Außer einem leisen „Hallo“ hatte Klaus bisher noch nichts gesagt.
Er schüttelte stumm den Kopf.
Wahrscheinlich will er Melli küssen, dachte ich wütend. „Du Blödmann! Warum hast du dann überhaupt mitgemacht?“, schrie ich ihn mit geballten Fäusten und Tränen in den Augen an.
Klaus wurde knallrot und presste die Lippen zusammen. Steif wie eine Vogelscheuche stand er vor mir, während ich wie Rumpelstilzchen von einem Bein aufs andere trippelte. Ich wusste nicht, ob ich enttäuscht oder wütend war oder ob ich besser Melli erwürgen sollte.
„Willst du lieber Melli küssen?“
Klaus senkte den Kopf und starrte auf seine Hände. Die Finger ineinander verschränkt, drehte er sie hin und her. „Nein“, flüsterte er schließlich und rannte aus dem Zimmer.
Ich hörte, wie Melli ihm fluchend die Haustür aufschloss.
Kurz darauf kam Heiko ins Zimmer. Ich hatte mich auf Mellis Bett gesetzt. Er setzte sich neben mich, legte den Arm um meine Schultern und presste seinen Mund auf meinen. Ich spürte seine Zunge zwischen meinen Lippen. Neugierig öffnete ich den Mund, seine Zunge begann, meine zu umkreisen.
Ich dachte an eine Nacktschnecke mit Spearmintgeschmack. Zum Glück kam Melli herein, und ich drehte schnell den Kopf zur Seite.
„Heiko ist ein guter Küsser“, meinte sie.
Der grinste und nickte.
Wir schimpften noch eine Weile über Klaus, der einfach abgehauen war.
Dann legte Melli eine Schallplatte von Uriah Heep auf und wir tanzten durchs Zimmer, bis ihre Oma stürmisch an der Haustür klingelte. Sie hatte mich früher oft als Flüchtlingskind beschimpft und es nie gern gesehen, wenn Melli und ich uns trafen. Deshalb waren wir auch eine Zeitlang nicht mehr befreundet gewesen. Zwar sagte sie inzwischen nichts mehr, aber ich ging ihr lieber aus dem Weg.
Melli und Heiko versuchten, mich zum Bleiben zu überreden. Ich wollte nach Hause und machte mich auf den Weg ins untere Dorf.
Jeden, der mir begegnete, grüßte ich freundlich und hoffte, dass alle meinen neuen Minirock bewunderten. Ich hatte gerade die Landstraße überquert, die das obere vom unteren Dorf trennte, als ein Auto neben mir anhielt. Der Fahrer kurbelte die Scheibe herunter.
„Kannst du mir vielleicht sagen, wo die Heinrichs wohnen? Ich muss da was einbauen.“
Ich trat näher. Der Wagen kam mir bekannt vor – ein Handwerksauto, ich hatte es schon öfter gesehen.
Der Mann mit dem rundlichen Gesicht lächelte mich freundlich an.
„Klar, die wohnen in meiner Straße.“ Mit der Hand wies ich auf die Straße vor ihm. „Einfach geradeaus, an der ersten Kreuzung rechts und das letzte Haus ist es.
„Du wohnst auch dort? Möchtest du nicht mitfahren?“
Ich zögerte. Ich hörte die warnende Stimme meiner Mutter: Nie zu Fremden ins Auto steigen.
Ist ja nur ein kleines Stück, überredete ich mich. Und stieg ein.
„Na, bei dem schönen Wetter ein bisschen spazieren gewesen?“, fragte er freundlich.
„Nein, ich war bei meiner Freundin im oberen Dorf“, antwortete ich.
„Wie heißt du?“
„Chrissy.“
„Und wie alt bist du?“
„Halt!“, rief ich, als er an unserem Haus vorbeifuhr. „Da wohne ich! Sie können mich hier rauslassen!“
„Ach! Jetzt bin ich schon vorbei. Kein Problem, wir drehen da hinten um, dann bringe ich dich zurück.“
Warum lässt er mich nicht hier raus? Warum fährt er so schnell weiter, überlegte ich erschrocken.
„Sie können mich hier rauslassen. Ich laufe zurück“, bat ich ihn. Doch der Mann starrte nur geradeaus, und ein Schauder lief mir über den Rücken – wie bei einem Gruselfilm, wenn man ahnt, dass gleich etwas Schlimmes passieren wird. Gänsehaut breitete sich auf meinen Armen aus.
Doch er beschleunigte noch mehr, bis die Straße in einem Feld endete. Holpernd fuhr er weiter. Keine Häuser mehr. Kein Umdrehen.
„Bitte lassen Sie mich raus!“, schrie ich und wollte aussteigen. Aber mit einer Hand presste er mich grob in den Sitz, mit der anderen drückte er den Verriegelungsknopf herunter.
Ich war wie gelähmt vor Schreck. Spürte die Hand, die grob auf meine Brust drückte, und sah zu, wie er hastig seine Hose öffnete und sein steifes Glied hervorholte.
Was wollte dieser Mann von mir? Ich hatte das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen. Schluchzend und verzweifelt versuchte ich zu begreifen, was hier passierte. Brutal drückte er meinen Kopf nach unten. Es tat weh, als meine Rippen gegen die Gangschaltung und die Handbremse stießen.
„Das wollt ihr kleinen Biester doch“, zischte er, „nur deswegen lauft ihr so herum.“
Er presste meinen Kopf gegen sein nach Fisch stinkendes Glied. Mit der freien Hand begann er, es von oben nach unten zu reiben, während er mich unten hielt. Mir wurde übel, ich begann zu würgen.
„Wenn du mir ins Auto kotzt, kannst du was erleben.“
Ich presste die Augen fest zusammen. Ich wollte nicht würgen. Alles an mir zitterte. Alles, was ich denken konnte, war: Bitte, bitte tu mir nicht weh.
Immer hastiger rieb der Mann sein Glied.
Mit meinen Händen hatte ich mich in den Autositz gekrallt und versuchte vergeblich, meinen Kopf zur Seite zu drehen.
Sein stoßweiser Atem ging immer schneller, dann stöhnte er laut. Ich spürte, wie etwas Warmes und Klebriges mein Gesicht traf.
Endlich ließ er mich los, zog den Verriegelungsknopf hoch und öffnete die Tür.
„Hau ab! Und wenn du dich traust, es irgendwem zu erzählen, dann sag ich allen, was für eine kleine Schlampe du bist und wie du mich verführt hast.“
Er stieß mich aus dem Auto.
Ich schämte mich … tagelang, wochenlang, jahrelang. Den Minirock trug ich nie wieder.