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Croissant mit Schokolade

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17.02.2006
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Croissant mit Schokolade

Nicht drüber nachdenken. Gar nicht drüber nachdenken. Ich ging einfach an ihr vorbei. Es störte mich kein bisschen. Es störte mich kein bisschen? So ein Quatsch, klar störte es mich. Und wie. Croissant – mit Schokolade. Meine Ex-Leibspeise. Ich verharrte starr, unfähig, die Situation zu ändern. Was hinderte mich daran, es ihr gleich zu tun? Mir etwas zu gönnen? Mir etwas zu gönnen. Sogleich schalt ich mich für den Gedanken. Was sollten da die Kinder in Afrika sagen? Hatten die etwa Croissant mit Schokoladenfüllung aus leichtem Blätterteig, mit braunem Zucker bestreut und verziert mit dünnen Spritzern aus halbbitterer Kuvertüre ...?


„Tobi, hör mal, bloß weil du eine an der Angel hast, musst du nicht durch die Welt laufen, als hättest du Tomaten auf den Augen!“ Wenn Nina das gehört hätte. 'Genau das meine ich', hätte sie gesagt. 'Merkst du nicht, wie er über mich herzieht – Tomaten! Tomaten! Damit meint er mich ...' Sie macht alles kaputt damit. Ich halt es nicht mehr lange aus. Etwas muss sich ändern. „Sie gefällt mir nicht.“, sagte ich gedankenversunken. Nico stichelte weiter: „Das Fleisch ist schwach – du bist auch nur ein Mann!“ „Halt endlich die Klappe“, entgegnete ich. Und ich wusste, was ich zutun hatte. Ich durfte sie nicht länger in der Luft hängen lassen. Ich musste ihr meine Gefühle offenbaren.


„Was hast du für ein Problem? Du siehst toll aus!“ Als hätte sie irgendeine Ahnung. Wie es sich anfühlt. Wie ich leide. Wie wir leiden. Amy wollte ansetzen, noch etwas zu sagen. Ich warf ihr einen Blick zu, der sie verstummen ließ. Diese Ausgeburt der Schönheit war zum Glück schon hinter der nächsten Ecke verschwunden. Schnell ließ ich mein Schoko-Croissant in der Bäckertüte verschwinden. Wie hatte ich das tun können? Dreihundertundsechzig Kilokalorien in vier Minuten – eine Glanzleistung. Schon fast ein neuer persönlicher Rekord. Ich schluckte den Kloß in meinem Hals herunter.


„Ich mache mir solche Sorgen. Wie soll das nur weitergehen?“ „Schatz, was hast du für ein Problem? Es ist doch alles okay.“ Es war so typisch. Er verstand mal wieder gar nichts. „Merkst du nicht, dass sie sich immer mehr zurückzieht? Wie weit sie doch weg ist – sie scheint mir gar nicht mehr wie unsere ...“ Er unterbrach mich. „Das ist normal, sie nabelt sich ab. Sie kann doch nicht ewig dein kleines Baby bleiben!“ Ich schüttelte den Kopf. „Darum geht es gar nicht. Sie ist in Gefahr. Und du verschließt deine Augen davor.“ Als er mich ansah, sah ich die Verzweiflung in seinen Augen. Fluchtartig verließ ich den Raum. Mir war nicht bewusst, wie bewusst es ihm war.


„Jetzt ist Schluss.“ Er sah mir in die Augen. „Ich ertrag das nicht länger. Du bemitleidest dich nur selbst.“ Ich spürte, wie mir die Tränen in die Augen schossen. Hatte ich doch recht! Die ganze Zeit hatte ich es schon geahnt, jetzt war es so weit – ich würde wieder allein dastehen. „Du musst endlich damit aufhören.“ Ich verstand nicht. Ich konnte nicht zu ihm gucken. Ich fixierte eine Socke, die auf dem Boden lag. „Womit?“, brachte ich unter Wimmern hervor. Er zwang mich, ihn anzusehen. „Bitte red nicht mehr davon. Bitte frag nicht mehr. Nina, ich liebe dich genau so, wie du bist. Und ich liebe nur dich, du bist die Frau, die ich für mich gewählt habe. Ich will nie eine andere.“ In dem Moment wurde mir bewusst: er meinte das ernst.


„Jetzt ist Schluss.“ Er sah mir in die Augen. „Ich ertrag das nicht länger. Ich habe dir was mitgebracht.“ Ich brauchte gar nicht zu gucken. Ich hatte den Duft schon wahrgenommen, als er das Zimmer betreten hatte. Croissant mit Schokolade. Ich dachte, er hatte es für sich gekauft. Dabei wusste ich doch, dass er Süßes nicht mochte. Nur zum Frühstück. Früher hatten wir jeden Sonntagmorgen zusammen ... In meinem Hals bildete sich ein Kloß. Angst. Zweifel. Peinigung. Selbstzerstörung. Nein! „Du kannst den Kreislauf durchbrechen.“ Er sagte es genau im richtigen Moment. Die Gedanken fuhren in meinem Kopf Karussell und er hielt sie an. Ich griff mir die Tüte. Er nahm mich in den Arm. Und weinte.

 

Salve CJ_06,

inhaltlich ist Deine Geschichte ganz interessant - zumindest das, was Du einer Vermutung nach rüberbringen willst.

Ein Mädchen respektive eine junge Frau hat Komplexe wegen ihrer tatsächlich oder vermeintlich fülligen Figur, und droht in eine Essstörung abzurutschen. Freundinnen, ihr Freund, ihre Eltern nehmen das wahr, agieren aber hilflos. Bis der Freund dem Mädchen als Liebesbeweis ein Schokocroissant mitbringt, ihre ehemalige Leibspeise.

Und jetzt zum Gemosere:
Allein anhand der Tatsache, dass ich deine Aussageintention nur vermuten kann, wird klar, dass der Text just jenes nicht ist: klar.

Du bringst jede Menge Personen ins Spiel: ihre Eltern, den Freund, die Freundin, das Mädchen selbst, den Freund des Freundes.

Alle rduzierst Du ausschießlich auf ihre wörtliche bzw. erlebte Rede. Keine Namen, keine körperlichen Merkmale, kein charakteristisches Verhalten, anhand derer ich sie unterscheiden könnte. Ich musste die KG mehrmals lesen, um herauszufinden, wer da in welcher Situation mit wem spricht, und worum es eigentlich geht.

So eine Totalreduktion ist möglich. Aber dann muss der ganze unverwechselbare Charakter der Person allein an ihrer Sprechweise deutlich werden: Wortwahl, Satzbau, Dialekt, verbal geäußerte Gefühle, Soziolekt etc. Außerdem müsste über das Gesagte wenigstens die rudimentärste Information fließen, z.B. in welchem Verhältnis der Sprechende zum Prot steht.
Und das passier bei Dir nicht. Die Figuren ähneln sich in ihrer Sprechweise viel zu sehr, und was sie sagen, enthält zu wenig Information.

Entweder da muss noch mehr erzählender Text zwischen die Zeilen, oder Du musst die Dialoge gehörig aufmotzen. Aber so, wie es bis jetzt dasteht, ist das mE nix. Sorry.

Außerdem würde deutlicher, wer wann redet, wenn Du nach jeder wörtlichen Rede einen Zeilenumbruch einfügtest.

LG, Pardus

 

Hallo CJ_06,

den ersten Absatz fand ich interessant, denn da sah ich einen gesellschaftlichen Ansatz. Sozialpolitisches Gewissen als gedanklicher Überbau für Entsagung. Von Ernährungsstörung ist da noch nicht die Rede.
Und dann hätte es in eine Wechselbeziehung gehen können. Politik als Rechtfertigung eigener Probleme, eigene Probleme als Rechtfertigung für Politik, aber auch durchaus wichtige und richtige Gedanken, die in der Übertreibung absurd werden. Wer einmal erlebt hat, wie wichtig Ernährung für Antispezizisten wird, wenn sie Inhaltsangaben auf Verpackungen lesen und dennoch um jedes Gewürz in Internetforen nachlesen, ob es auch ja "sauber" ist, weiß, dass sinnvolle bewusste und politisch korrekte Ernährung in der Auswirkung von der Suchterkrankung nicht weit entfernt ist. Und da auch die ideologischen Ansätze so verschieden sind, hättest du jede Menge Konfliktpotential. Der erste Absatz wies genau in diese Richtung.
Ab dem zweiten Absatz bleibst du im Privaten. Keine hungernden Kinder als Begründung mehr, nur die Liebe, das Selbstwertgefühl. Nun es durchaus einen gesellschaftlichen Zusammenhang, aus dem "Essstörungen" gerade in Industrienationen ansteigen.
Es folgen alle möglichen Konfrontationen durch verschiedene Leute, alle möglichen hilflosen Unternehmungen, etwas deutlich zu machen und ein optimistisches, vielleicht etwas naives Ende. Denn in den meisten Fällen ist das der Punkt, an dem der "Essgestörte" sich unverstanden fühlt (wenn ihm jemand einfach etwas zu essen gibt) und möglicherweise aus der Anorexie in die Bulimie wechselt, von der er sich erhofft, sie leichter verbergen zu können. In keinem Fall, wenn das Essverhalten denn schon zur Sucht geworden ist, wird der Verzicht als Selbstkasteiung erlebt.
Natürlich kann es sein, dass ich in der Reduktion des Textes den falschen Spuren gefolgt bin. Und natürlich ist es nicht deine Aufgabe, den Text so zu schreiben, wie ich ihn erwarte. Der erste Absatz und die Rubrikwahl haben halt nur diese Erwartungen in mir geweckt, die dann nicht erfüllt wurden.

Lieben Gruß
sim

 

Hallo Sim,
du hast das schon alles richtig verfolgt. Aber zu dem letzten Absatz, wo du meintest, ein Betroffener von Anorexie würde es nicht als Selbstkasteiung ansehen: Es gibt meiner Meinung nach einen Punkt, an dem man auch als Betroffener realisiert, dass das scheiße ist mit der Essstörung und dann sieht man es auch selbst als Krankheit und eben Selbstkasteiung. Und diesen Punkt hat die Protagonistin genau in dem Moment erreicht, als ihr Vater kapiert, dass er was tun muss und irgendwie reagiert - glückes Geschickt. Ich mag gute Enden. Nicht immer, aber manchmal. :)
Liebe Grüße,
CJ

 

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