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Danach

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01.07.2006
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Danach

Ich weiß nicht, wie ich mich fühle. Früher einmal hab ich es gewusst.

Als ich ein Kind war, wurde ein Nachbar ermordet. Die Erkenntnis, dass es tatsächlich Menschen in meiner unmittelbaren Nähe gab, die anderen so etwas antun konnten, veränderte etwas in mir. Bei einer In-Vitro-Befruchtung sieht man, wie in die Eiblase gestochen wird, damit die Samenflüssigkeit eindringen kann. In ähnlicher Weise wurde die Haut meiner vollkommenen runden Kinderwelt verletzt und etwas sickerte ein, etwas, das mir Angst machte und das grauenvoll war. Ich kann es heute so wenig benennen wie damals.

Später einmal, noch immer war ich ein Kind, sah ich in einem Film den Ausschnitt eines japanischen Puppenspiels. Alte Menschen wurden in den Wald geschickt, damit sie sich selbst töteten. Wenn sie unnütz geworden waren, mussten sie fort gehen und sich an irgendeinem Baum aufknüpfen. Die Puppen hingen sichtbar an dünnen Seilen, und obwohl sie ja noch als lebende Menschen auf der Bühne agierten, waren sie für mich bereits Tote, Erhängte mit bleichen Gesichtern, die von tiefen schwarzen Schatten gefurcht waren. Die überzeichneten asiatischen Gesichtszüge erschienen mir als im Todeskampf verzerrte Fratzen. Oft hatte mein Vater, ein Gendarm, von Erhängten erzählt, von ihrem Gestank, wenn sie wochenlang nicht gefunden worden waren, und von der Leichenflüssigkeit, die ihm manchmal ins Gesicht spritzte, wenn sie, schwer wie überreife Früchte, abgenommen wurden.

Mein Vater hatte seine Freude an schrecklichen Geschichten und er machte uns Kindern gerne Angst. Immer wieder sagte er uns mit einem Augenzwinkern, dass er, wenn er sterben würde, zurückkäme und uns an den Zehen ziehen würde, wenn wir schlafend im Bett lägen. Als er starb, war ich bereits erwachsen und hatte keine Angst mehr davor.
Ich habe als Jugendliche immer gerne Teile aus seiner Garderobe getragen, alte Pyjamaoberteile, Jacken, die mir viel zu groß waren, weiße Hemden, die an den Nähten bereits brüchig wurden. Vieles hab ich ihm einfach gestohlen, ich habe die Sachen heimlich getragen. Das war Zeichen meiner Rebellion. Später hab ich meinen Vater dann einmal um die Jacke seines Hochzeitsanzugs gebeten, da war ich schon erwachsen. Ihr altmodischer Schnitt hat mir gefallen. Der Anzug war aufbewahrt worden, da er nach meines Vaters Willen auch sein Sterbehemd sein sollte. Diese Jacke habe ich eine Zeitlang getragen, sie war aus einem festen und doch feinen Stoff, wunderbar anzufühlen und von kohligem Schwarz. An ihrem Kragen war sicher noch der Geruch meiner Haare und meines Parfums, als er in ihr begraben wurde. Das war ein Trost für mich.

Der Tod ist nichts, woran man sich gewöhnen kann, auch wenn die Filmindustrie das Töten zu etwas Alltäglichem macht. Welcher Film hätte jemals davon erzählt, wie schrecklich der Tod wirklich ist? Filme erzählen vom Töten, nicht vom Totsein. Die Helden töten möglichst viele Menschen, damit sie selbst umso stärker und letztlich unsterblich werden. Aber so ist es nicht. Jeder Mensch, der stirbt, reißt in jedem anderen Menschen die alte Wunde auf. Mit jedem Menschen, den man verliert, verliert man auch ein Stück von sich selbst. Vor einiger Zeit --- hab ich in der Zeitung gelesen, dass sie einen schwarzen Stoff entwickelt haben, so schwarz, wie es ihn noch niemals gegeben hat. Dieser Stoff ist von seiner Molekularstruktur so aufgebaut, dass sich das Licht vollkommen darin verliert. Und genauso ist der Tod: Er reflektiert nichts mehr. Für viele Menschen, die einen geliebten Menschen verlieren, ist dieses endgültige Abschneiden so schrecklich, und so halten sie in ihrem Inneren weiter Dialoge mit den Verstorbenen und können ihn auf diese Weise im Nachhinein verklären. Seine körperliches Dasein vergessen sie - seinen stinkenden Atem, seine Art zu gehen, wenn sein Lachen in Grunzen umschlägt. Mit einem Wort: Sie machen ihn in inneren Dialogen so, wie sie ihn immer gerne gehabt hätten. Oder sie drängen ihm dabei ein Problem auf, das sie ihm niemals wirklich gesagt hätten. Sie halten weiter Zwiesprache mit dem Verstorbenen, aber es hilft nur mehr ihnen selbst, nicht mehr dem, der nun kalt ist.

Ich kann mit niemandem mehr reden, auch die Wörter haben ihren geschmeidigen Glanz verloren. Sie stehen in mir herum wie schwarze Monolithe, stumm und abweisend. I see your face in every flower ... Was ist dein Gesicht, was ist eine Blume? Ich weiß, was Gesichter sind und Blumen, trotzdem versteh ich die Bedeutung dieses Satzes nicht mehr. Was ist ein Mann? Ich weiß noch, dass es zwei Geschlechter gibt, ich weiß auch, wozu es sie gibt, aber ich bin jetzt endlich kalt. Dein Atmen, dein Geruch, deine Haut, das Weiß um deine schwarzen Augen --- ah, es blendet so, es ist weg.

Wie dumm von mir, mich wegen eines Mannes zu töten. Wie dumm von mir zu glauben, dass er jetzt einen ähnlichen Schmerz empfindet wie ich. Er wollte mich nicht. Das Normalste und Alltäglichste in der Welt. Nur weil mich dieser Eine nicht mehr braucht, bin ich einfach in den Wald gegangen und hab mir einen Baum mit einem starken Ast gesucht. Wie schmachvoll und schwach. Wie lächerlich, es ihm heimzahlen zu wollen, zu glauben, dass er nun einen ähnlichen Schmerz empfindet. Und jetzt lieg ich da und weiß nicht mehr, wie ich mich fühle. Ich weiß noch das Wort Verzweiflung, aber die schützende Hülle, die alles zusammenhielt und sinnvoll machte, ist geplatzt, und es kommt da nichts heraus als fette dunkle Erde, es ist keine Genugtuung in mir darüber, dass er jetzt vielleicht auch verzweifelt ist. Ich dachte früher immer, nach meinem Tod werde ich schlechthin Alles wissen, aber ich weiß es nicht, was er jetzt tut, was er fühlt, wie er über mich gedacht und was er wirklich für mich empfunden hat und wer er eigentlich ist und es ist mir auch egal ---

Ich weiß es jetzt, nichts bleibt mehr vom Duft. Nicht hier unten.

Ich will das nicht. Ich will nicht tot sein. Ich will wieder zurück. Ich will wieder meine Haut spüren, von innen und von außen. Ich will wieder voll mit Gefühlen sein und mit Wörtern. Ich will wieder Bedeutung haben. In den Wörtern, in meinem Körper, in anderen schimmernden Körpern.

Ich w ---

 
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Hallo Andrea!

Schön, wieder mal was von dir zu lesen. Dein Beitrag lässt mich nachdenklich zurück, dennoch wage ich vorerst keinen Versuch inhaltlicher Interpretation. Mal sehen, was andere Leser dazu sagen. ;)
Deshalb nur ein paar sprachliche Anmerkungen:

Oft schon hatte mein Vater, ein Landgendarm, von Erhängten erzählt, von ihrem Gestank, wenn sie wochenlang nicht gefunden worden waren, und von der Leichenflüssigkeit, die ihm manchmal ins Gesicht spritzte, wenn sie, schwer wie überreife Früchte, abgenommen wurden.

Das "schon" könnte problemlos wegfallen. Auch über den Plusquamperfekt (worden waren) könntest du nachdenken, der diesen Einschubsatz zusätzlich belastet, mMn. Dass es sich um einen Rückblick handelt, ist eigentlich klar.
Rein grammatikalisch stimmt es natürlich. ;)

Als er starb, war ich aber kein Kind mehr, und ich hatte nicht länger Angst davor.
Diesen Satz würde ich umstellen, die Aussage würde mMn so stärker wirken.
Das zweite "ich" wäre auch entbehrlich.
Vorschlag: Aber, als er starb, war ich kein Kind mehr, und hatte nicht länger Angst davor.

Vor einiger Zeit --- hab ich in der Zeitung gelesen, dass sie einen sehr schwarzen Stoff entwickelt haben, so schwarz, wie es ihn noch niemals gegeben hat.

Die drei Bindestriche finde ich überflüssig, oder verstehe ihren Sinn nicht.
Wer ist "sie"? (... entwickelt haben)
Da man Farben nicht steigern kann, würde ich das "sehr" auch weglassen.
Alternative: ... gelesen, dass ein schwarzer Stoff entwickelt wurde, so schwarz, wie es ihn noch ...


Für viele Menschen, die einen geliebten Menschen verlieren, ist dieses endgültige Abschneiden so schrecklich, dass sie weiter innerlich Zwiesprache mit diesem Menschen halten.
Viele Menschen. ;)
Weiter oder weiterhin innerliche Zweisprache zu halten, hieße, dass sie schon vorher innere Zwiesprache gehalten haben.

Vorschlag: ... dass sie weiterhin, wenn auch innerlich, Zwiesprache mit dem Verstorbenen halten.

Wie gesagt, ich muss noch über die Aussage deiner Geschichte nachdenken, um mich dazu äußern zu können. Gelesen habe ich sie recht gerne.

Lieben Gruß,
Manuela :)

 
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Hallo Andrea,

du bist ja eine richtige Rebellin. Schmuggelst da eine Selbstmordgeschichte ins Forum, wobei so etwas hier gar nicht gern gesehen wird. Tsts, muss man da schon sagen. ;)

Aber es ist eine gute, sehr stimmige Selbstmordgeschichte. Und wer weiß, vielleicht kommt sie ja zurück. Könnte man beim Ende zumindest vermuten.

Auf alle Fälle hast du kräftig ge"show"t und nicht so ge"tell"t und das wiederum, vermute ich, wird meine Nachposter begeistern.
Für mich war der Zeitenbruch ein wenig abrupt, aber eine bessere Methode als die von dir gewählte will mir auch nicht einfallen, also was soll's.

Zwei Sachen noch

Bei einer In-Vitro-Befruchtung sieht man, wie in die Eiblase gestochen wird, damit die Spermienflüssigkeit eindringen kann.
Da passt irgendetwas nicht, aber ich kann momentan nicht benennen, was genau. Ich überlege noch und werde es dir bei Gelegenheit mitteilen.

Später einmal sah ich einen Film im Fernsehen, noch immer war ich ein Kind.
Hier würde ich eher vorschlagen, einen Gedankenstrich statt einem Beistrich zu setzen.

Ansonsten,
war mir eine Freude, es gelesen zu haben.

LG
Lev

 

Hallo Andrea!

Endlich mal eine Suizidgeschichte mit Tiefgang, wenn ich das mal so sagen darf. Anderen eins auszuwischen ist bei Selbstmördern wohl einer der Hauptmotive für ihr ablebendes Handeln. Stilistisch auch sehr schön rübergebracht.
Der Anfang lockt einen in eine andere Richtung, bis diese „brutale“ Kehrtwende eintritt. In diesem Fall sehr passend und wirksam.

Kleinigkeiten:
- die drei --- würde ich durch drei Punkte ... ersetzen
-

Bei einer In-Vitro-Befruchtung sieht man, wie in die Eiblase gestochen wird, damit die Spermienflüssigkeit eindringen kann.
mE „das Spermium“
-
Später einmal sah ich einen Film im Fernsehen, noch immer war ich ein Kind.
Der Satz klingt nicht so toll, vll eher so was wie „Wenige Jahre später ...“ und das Kind weglassen.
-
Vieles hab ich ihm einfach gestohlen, ich habe die Sachen heimlich getragen. Das war Zeichen meiner Rebellion.
Nun, Rebellion ist hier ein großes (zu großes?) Wort.
-
Der Tod ist nichts, woran man sich gewöhnen kann, auch wenn die Filmindustrie es versucht. Welcher Film hätte jemals davon erzählt, wie schrecklich er wirklich ist? Filme erzählen nur vom Töten, nicht vom Totsein. Die Helden töten möglichst viele Menschen, damit sie selbst umso stärker und unsterblicher werden. Aber so ist es nicht.
Versucht die Filmindustrie das? Sicher eine Diskussionsfrage, aber ich bin hier anderer Meinung. Spielt aber auch keine Rolle, da die Prota es so sieht. Und so wie sie es sieht, ist es für die Geschichte richtig.

Geschichte wusste zu gefallen. :)

Beste Grüße

Nothlia

 

Hallo Manuela, du treue Seele!

Sind dir ja wieder einige Dinge aufgefallen, einiges hab ich auch geändert aber nicht alles. Plusquamperfekt mag ich sehr, ist halt ein Tick von mir. ;)

Die drei Bindestriche finde ich überflüssig, oder verstehe ihren Sinn nicht.
Tja, offensichtlich hab ich mich in diese drei Bindestriche verliebt, hab sie in der ganzen Geschichte verwendet - hier, an der von dir zitierten Stelle deuten sie darauf hin, dass etwas inzwischen passiert ist - zwischen dem Lesen der Zeitung und dem Zeitpunkt, von dem aus sie erzählt.

"Sie" sind halt irgendwelche Wissenschafter, ich glaub nicht, dass ich die näher spezifizieren muss, denn das ist da nicht wichtig. Es ist schon ein bisschen umgangssprachlich da, ja ...

Wie gesagt, ich muss noch über die Aussage deiner Geschichte nachdenken, um mich dazu äußern zu können. Gelesen habe ich sie recht gerne.
Das freut mich, weiß aber nicht genau, ob da groß eine Aussage drinnen ist, außer der, dass es doof ist, sich selbst zu töten! ;)

Dir lieben Dank für den raschen Kommentar! :)


Hallo Lev, du zweite treue Seele!

du bist ja eine richtige Rebellin. Schmuggelst da eine Selbstmordgeschichte ins Forum, wobei so etwas hier gar nicht gern gesehen wird. Tsts, muss man da schon sagen.
Aber es ist eine gute, sehr stimmige Selbstmordgeschichte. Und wer weiß, vielleicht kommt sie ja zurück. Könnte man beim Ende zumindest vermuten.
Naja, wollte es halt mal probieren. Freut mich, dass du das so siehst. Aber nein, die kommt sicher nicht zurück! ;)
Was meinst du mit Zeitenbruch?
Zitat:
Bei einer In-Vitro-Befruchtung sieht man, wie in die Eiblase gestochen wird, damit die Spermienflüssigkeit eindringen kann.

Da passt irgendetwas nicht, aber ich kann momentan nicht benennen, was genau. Ich überlege noch und werde es dir bei Gelegenheit mitteilen.

Jo, ich find den auch nicht so toll ...

Ansonsten,
war mir eine Freude, es gelesen zu haben
Das klingt nicht wirr, sondern wie Musik in meinen Ohren! :D

Danke auch dir!


Hallo Nothlia!

Endlich mal eine Suizidgeschichte mit Tiefgang, wenn ich das mal so sagen darf. Anderen eins auszuwischen ist bei Selbstmördern wohl einer der Hauptmotive für ihr ablebendes Handeln. Stilistisch auch sehr schön rübergebracht.
*verbeug*

Kleinigkeiten:
- die drei --- würde ich durch drei Punkte ... ersetzen
Naja, siehe meine Antwort bei Manuela, irgendwie haben es mir die Bindestriche bei dieser Geschichte angetan :schiel:

Zitat:
Bei einer In-Vitro-Befruchtung sieht man, wie in die Eiblase gestochen wird, damit die Spermienflüssigkeit eindringen kann.
mE „das Spermium“
Muss ich mal jemanden fragen, wie das wirklich ist.

Nun, Rebellion ist hier ein großes (zu großes?) Wort.
Ich weiß echt nicht, kann man das wirklich nur bei politischen Dingen und großen Aufständen sagen?

Versucht die Filmindustrie das? Sicher eine Diskussionsfrage, aber ich bin hier anderer Meinung. Spielt aber auch keine Rolle, da die Prota es so sieht. Und so wie sie es sieht, ist es für die Geschichte richtig.
Ja :D
Geschichte wusste zu gefallen.
Juchhu!

Vielen Dank auch dir für deinen Kommentar!

Und einen lieben Gruß an alle
von Andrea

 

Hallo Andrea,

ich nochmal.

Wie versprochen, habe ich mich gestern in die "Spermiumflüssigkeit"-Problematik vertieft. Stundenlang habe ich mir Lexikas u. ä. um die Ohren geschlagen, aber jetzt hör ich eh auf zu Jammern.

Also
falls es dir um die Flüssigkeit geht, entweder "Samenflüssigkeit" oder "Sperma" oder, dies allerdings zu wortungetüm, "Spermium führende bzw. tragende Flüssigkeit.

Denn
Sperma heißt die Trägerflüssigkeit,
das Spermium bzw. die Spermien sind die Getragenen

(Dr. Lev Sommer)

Zeitenumbruch sollte woll Terminiwechsel oder so etwas ähnliches bedeuten. Wie gesagt: ich schreib wirr und wirrer

lg
lev

 

Hey Andy!

In-Vitro-Befruchtung sieht man, wie in die Eiblase gestochen wird, damit die Spermienflüssigkeit eindringen kann. In ähnlicher Weise wurde die Haut meiner vollkommenen runden Kinderwelt verletzt und etwas drang ein, etwas, das mir Angst machte und das grauenvoll war.
Zwar etwas ungewöhnlicher Vergleich, aber trotzdem gut, oder gerade deswegen.
Später einmal sah ich einen Film im Fernsehen - noch immer war ich ein Kind.
Ja, dieser Satz wurde jetzt des Öfteren bemängelt. Das könnte man sicher eleganter lösen, Andy.

Oft hatte mein Vater, ein Gendarm, von Erhängten erzählt, von ihrem Gestank, wenn sie wochenlang nicht gefunden worden waren, und von der Leichenflüssigkeit, die ihm manchmal ins Gesicht spritzte, wenn sie, schwer wie überreife Früchte, abgenommen wurden.
Das ist auch ein starkes Bild, und trotzdem frage ich mich, aus welcher Körperöffnung spritzt die Leichenflüssigkeit, wenn sie die Erhängten abnehmen. Oder bei der Autopsie? Aber was macht ein Gendarm bei einer Autopsie? Oder habe ich einfach nur irgendwo mich verlesen? 
Das war Zeichen meiner Rebellion.
Welche Rebellion? Ach so, die Rebellion, bei der die Hormone hinter einem stehen! Ich finds nicht gut. Und ja, Rebellion ist ein zu starkes Wort für die Situation. :P
Filme erzählen nur vom Töten, nicht vom Totsein.
Deine Erzählerin hat in der Kindheit zu viele japanische Horrorfilme und zuwenig Caspar gesehen. :P

Die Helden töten möglichst viele Menschen, damit sie selbst umso stärker und unsterblicher werden. Aber so ist es nicht.
Btw. Mir gefällt diese einfache Sprache, ohne zu viele Verschachtelungen.

Jeder Mensch, der stirbt, reißt in jedem anderen Menschen die alte Wunde auf. Mit jedem Menschen, den man verliert, verliert man auch ein Stück von sich selbst
.
1. Welche alte Wunde?
2. Der zweite Satz ist so, na ja, kitschig, das hört man immer so und es ist schon fast ein Kalenderspruch geworden. Mag ja wahr sein, finde ich trotzdem nicht schön.
Vor einiger Zeit --- hab ich in der Zeitung gelesen, dass sie einen schwarzen Stoff entwickelt haben, so schwarz, wie es ihn noch niemals gegeben hat.
Das ist doch ein Satz, also wieso die drei Bindestriche?
Jeder Mensch, der stirbt, reißt in jedem anderen Menschen die alte Wunde auf. Mit jedem Menschen, den man verliert, verliert man auch ein Stück von sich selbst. Vor einiger Zeit --- hab ich in der Zeitung gelesen, dass sie einen schwarzen Stoff entwickelt haben, so schwarz, wie es ihn noch niemals gegeben hat. Dieser Stoff ist von seiner Molekularstruktur so aufgebaut, dass sich das Licht vollkommen darin verliert. Und genauso ist der Tod: Er reflektiert nichts mehr. Für viele Menschen, die einen geliebten Menschen verlieren, ist dieses endgültige Abschneiden so schrecklich, das
Ach ja, Absätze dienen normalerweise dazu, ein neues Thema einzuleiten. Bei deinem Text ist das bedingt der Fall. :D Ich hab mal diesen Absatz hier ausgesucht. Also vor „Vor einiger Zeit …“ Absatz!
Das mit dem Stoff ist auch ein guter und origineller Vergleich.

Vielleicht machen sie das auch deswegen, weil sie zu Lebzeiten vergessen haben, etwas Wichtiges zu sagen.
Ich hab zwar gesagt, dass ich die Einfachheit der Sprache mag, aber das hier ist mir dann doch irgendwie zu ... ja, ungelenk, auch wenn man das bei deiner Sprache nicht sagen kann, ich riskier es trotzdem. Der Satz verliert durch „Vielleicht“ „deswegen“ den Rhythmus.
Mein Vorschlag: Wahrscheinlich machen sie das, weil sie zu Lebzeiten …
Ich kann mit niemandem mehr reden, auch die Wörter haben ihren geschmeidigen Glanz verloren. Sie stehen in mir herum wie schwarze Monolithe, stumm und abweisend. I see your face in every flower ... Was ist dein Gesicht, was ist eine Blume? Ich weiß, was Gesichter sind und Blumen, trotzdem versteh ich die Bedeutung dieses Satzes nicht mehr. Was ist ein Mann? Ich weiß noch, dass es zwei Geschlechter gibt, ich weiß auch, wozu es sie gibt, aber ich bin jetzt endlich kalt. Dein Atmen, dein Geruch, deine Haut, das Weiß um deine schwarzen Augen --- ah, es blendet so, es ist weg.
Dieser Absatz verwirrt mich, weil ich einfach nicht weiß, was du damit erreichen willst. Du willst jetzt langsam den Grund ihres Selbstmordes einbringen, aber es ist für mich nicht nachvollziehbar und es klingt für mich zusammenhanglos.
Und jetzt lieg ich da und weiß nicht mehr, wie ich mich fühle.
Meinst du nicht eher, dass sie da hängt. :D

Eine starke Geschichte, Andy, und überhaupt nicht die klassische Selbstmordgeschichte. Für mich ist das überhaupt keine Selbstmordgeschichte. Denn der Selbstmord liegt schon in der Vergangenheit und du beschreibst die Sehnsucht nach dem Leben. Eigentlich das Gegenteil von dem Selbstmord. Da wird nix schön geredet, da wird alles klipp und klar gesagt, warum das Leben lebenswert ist. Die Gedanken sind nachvollziehbar, man sehnt sich mit deiner Protagonisten nach dem Leben und wünscht ihr das Leben und bemitleidet sie.
Ich hab mir erst gedacht, dass vielleicht der Grund des Selbstmordes – nämlich der Mann – etwas zu kurz kommt. Aber nein, es geht ausnahmsweise nicht um Männer. ;) Nee, also er ist nicht wirklich wichtig. Und dass nicht so viel über ihn erzählt wird, macht ihn umso nichtiger und man erkennt, wie dumm eigentlich ihre Entscheidung war, sich wegen eines Mannes zu töten.
Die Figur des Vaters hat mir besonders gefallen.

Fazit: Sehr lesenswerte Geschichte, mit der man vielleicht zu Beginn nicht viel anfangen kann, weil sie einfach anders ist. Dieses Anders hat mir gefallen und macht deine Geschichte einzigartig. Ich nehme alles, was ich dir bei msn geschrieben habe, zurück. Du darfst über jedes Thema schreiben!

Deine Josi Black

 
Zuletzt bearbeitet:

nach vier unsäglich banalen Geschichten hier im Forum, ich sag nicht wo und von wem, werde mich dort auch nicht zu Wort melden
Dann erwähn's auch nicht. Mein Gott ...

Ehm, hey Andrea,

ich finde den Anfang der Geschichte sehr kraftvoll, die einzelnen Motive und Gedankengänge, alles ist in der Schwebe in der Geschichte, die Richtungen, in die sie gehen kann, sind offen. Vor allem der Absatz mit der Hochzeits/Todesjacke hat es mir angetan, die makabre Dualität des Motivs.

Ab diesem Satz

Wie dumm von mir, mich wegen eines Mannes zu töten.
ist die Geschichte dann - "leider" - klar. Und spult sich dann selbst ab. Der Entschluß, sich umzubringen, weil man eine Lücke in das Leben eines anderen reißen will - das ist ja eine kindliche Trotzreaktion "Wenn ich tot bin, wird es ihnen leid tun". Und die Reue im letzten Augenblick, wenn sie schon baumelt.

Der Tod selbst wird in der Geschichte auf zwei Weisen dargestellt, finde ich. Einmal romantisiert mit diesen Japanern, dieses Fatalistische, dass jemand gehen muss. Auch der Vater, wenn er sagt, er kommt zurück, um sie an den Zehen zu ziehen. Das ist so der Tod als Bestandteiler einer "Höheren" Macht, etwas Ordnendes, das wir nicht verstehen können. Auch als Bestandteil dieses ganzen Lebens-Zyklus, der uns in der Gesamtheit fremd bleiben muss, damit er uns das Gefühl geben kann, Teil von etwas zu sein.

Auf der anderen Siete ist die tehnische Seite des Todes und auch des Lebens. Neues Leben entsteht durch eine Nadel, die in eine Blase eingeführt wird. Tote schimmeln, platzen auf und stinken. Da ist nichts Romantisches mehr an der Banalität dieser beiden Vorgänge.

Und diese Magie, die im Nicht Bennenbaren liegt, zeigt sich auch in dem Absatz, in denen die Wörter ihre Kraft verloren haben, in denen das Weiß im Auge des Mannes nichts mehr bedeuten kann, wenn alles schal geworden ist.

Die Anmerkungen, die ich noch hatte, mit Landgendarm und so, hab ich dir ja eh schon gesagt.

Hab die Geschihte gerne gelesen, wenn ich auch vom Ende ein wenig enttäuscht war, das kennt man schon so, einen Szenen-Applaus verdienst du und sollst du auch bekommen für den Absatz mit der Jacke und überhaupt den sehr schönen Passagen mit dem Vater.
Quinn

 

Danke, Lev, für deine stundenlange Recherche! ;) "Samenflüssigkeit" ist perfekt"! :)


Servas Klane!

Zitat:
Später einmal sah ich einen Film im Fernsehen - noch immer war ich ein Kind.
Ja, dieser Satz wurde jetzt des Öfteren bemängelt. Das könnte man sicher eleganter lösen, Andy.
Komisch, ich mag den Satz, kann aber nicht sagen, wieso ... :schiel:
Das ist auch ein starkes Bild, und trotzdem frage ich mich, aus welcher Körperöffnung spritzt die Leichenflüssigkeit, wenn sie die Erhängten abnehmen. Oder bei der Autopsie? Aber was macht ein Gendarm bei einer Autopsie? Oder habe ich einfach nur irgendwo mich verlesen?
Nein, die Haut platzt einfach auf, weil die ganze Leiche nach einer gewissen Zeit ganz aufgebläht ist und die Haut wird halt brüchig. Nein, nicht bei der Autopsie (landläufig Totenbeschau genannt), obwohl da die Gendarmen dabei sein waren bei ungwöhnlichen Todesfällen, aber sie mussten sie halt einfach abnehmen. Erhängen war/ ist bei uns die häufigste Selbstmordart.

Welche Rebellion? Ach so, die Rebellion, bei der die Hormone hinter einem stehen! Ich finds nicht gut. Und ja, Rebellion ist ein zu starkes Wort für die Situation.
Jo, muss ich mir noch überlegen ^^
Zitat:
Filme erzählen nur vom Töten, nicht vom Totsein.
Deine Erzählerin hat in der Kindheit zu viele japanische Horrorfilme und zuwenig Caspar gesehen.
LOL
Btw. Mir gefällt diese einfache Sprache, ohne zu viele Verschachtelungen.
:)
Zitat:
Jeder Mensch, der stirbt, reißt in jedem anderen Menschen die alte Wunde auf. Mit jedem Menschen, den man verliert, verliert man auch ein Stück von sich selbst
1. Welche alte Wunde?
2. Der zweite Satz ist so, na ja, kitschig, das hört man immer so und es ist schon fast ein Kalenderspruch geworden. Mag ja wahr sein, finde ich trotzdem nicht schön.
Die alte Wunde, dass wir sterblich sind, und mit jedem Tod werden wir daran erinnert. Jo, kitschig, vielleicht ist die Protagonistin ja ein bisschen sentimental. ...
Zitat:
Vor einiger Zeit --- hab ich in der Zeitung gelesen, dass sie einen schwarzen Stoff entwickelt haben, so schwarz, wie es ihn noch niemals gegeben hat.

Das ist doch ein Satz, also wieso die drei Bindestriche?

Ja, das sind so meine kleine Insiderschmähs - die drei Bindestriche sollen darauf hindeuten, dass zwischen dem Lesen der Zeitung und dem Zeitpunkt, von dem aus sie erzählt, ihr Tod liegt, etwas ja nicht ganz Unwesentliches. Das wollte ich damit noch unterstreichen.
Ach ja, Absätze dienen normalerweise dazu, ein neues Thema einzuleiten. Bei deinem Text ist das bedingt der Fall. Ich hab mal diesen Absatz hier ausgesucht. Also vor „Vor einiger Zeit …“ Absatz!
Das mit dem Stoff ist auch ein guter und origineller Vergleich.
Danke, aber hier hat sich etwas in mir gegen einen neuen Absatz gesträubt. :D
Zitat:
Vielleicht machen sie das auch deswegen, weil sie zu Lebzeiten vergessen haben, etwas Wichtiges zu sagen.
Ich hab zwar gesagt, dass ich die Einfachheit der Sprache mag, aber das hier ist mir dann doch irgendwie zu ... ja, ungelenk, auch wenn man das bei deiner Sprache nicht sagen kann, ich riskier es trotzdem. Der Satz verliert durch „Vielleicht“ „deswegen“ den Rhythmus.
Mein Vorschlag: Wahrscheinlich machen sie das, weil sie zu Lebzeiten …
Ja, da hast du recht, da werde ich ändern, ist wirklich nicht gut der Satz, zu banal.
Dieser Absatz verwirrt mich, weil ich einfach nicht weiß, was du damit erreichen willst. Du willst jetzt langsam den Grund ihres Selbstmordes einbringen, aber es ist für mich nicht nachvollziehbar und es klingt für mich zusammenhanglos.
Tote haben keinen Zusammenhang mehr mit den Lebenden, keine Kommunikation mehr möglich, was auch am Ende des vorhergehenden Absatzes angedeutet wird, die Angehörigen tun nur mehr so, als ob sie mit den Verstorbenen reden könnten. "I see your face in every flower" ist eine Zeile aus einem Song von Albert King - sie, die Zeile, verweist auf die Liebe - aber die Protagonistin spürt diese ganzen Zusammenhänge nicht mehr, weil sie tot ist, sie kennt die einzelnen Wörter noch, aber den zusammenhängenden Sinn versteht sie nicht mehr, ich wollte irgendwie damit nachvollziehen, wie es ist, wenn man tot ist, ist natürlich ein Widerspruch, weil sie ja noch spricht, aber ist halt ein Kniff, um ein bisschen das Gefühl des Totseins wiederzugeben. Dass ich da ein bisschen mit Semiotik spiele, hat mich gereizt - mit dem Körper stirbt auch das Schillernde und Lebendige der Sprache.
Zitat:
Und jetzt lieg ich da und weiß nicht mehr, wie ich mich fühle.
Meinst du nicht eher, dass sie da hängt.
Nein, sie hat sich zwar erhängt, aber sie liegt schon unter der Erde. Hab ich vielleicht zu wenig betont.

Eine starke Geschichte, Andy, und überhaupt nicht die klassische Selbstmordgeschichte. Für mich ist das überhaupt keine Selbstmordgeschichte. Denn der Selbstmord liegt schon in der Vergangenheit und du beschreibst die Sehnsucht nach dem Leben. Eigentlich das Gegenteil von dem Selbstmord. Da wird nix schön geredet, da wird alles klipp und klar gesagt, warum das Leben lebenswert ist. Die Gedanken sind nachvollziehbar, man sehnt sich mit deiner Protagonisten nach dem Leben und wünscht ihr das Leben und bemitleidet sie.
Danke, das hast du schön gesagt und es freut mich, dass du es so siehst! :)
Ich hab mir erst gedacht, dass vielleicht der Grund des Selbstmordes – nämlich der Mann – etwas zu kurz kommt. Aber nein, es geht ausnahmsweise nicht um Männer. Nee, also er ist nicht wirklich wichtig. Und dass nicht so viel über ihn erzählt wird, macht ihn umso nichtiger und man erkennt, wie dumm eigentlich ihre Entscheidung war, sich wegen eines Mannes zu töten.
Genau, das ist auch eine Botschaft des Textes - kein Mann ist so wichtig, dass man sich wegen dem töten müsste - okay, okay is ein bisschen latzhosenmäßig :p, Liebe ist im Grunde so etwas Banales, wenn man es objektiv betrachtet ...

Die Figur des Vaters hat mir besonders gefallen.
Jo, ich mag ihn auch. :)

Fazit: Sehr lesenswerte Geschichte, mit der man vielleicht zu Beginn nicht viel anfangen kann, weil sie einfach anders ist. Dieses Anders hat mir gefallen und macht deine Geschichte einzigartig. Ich nehme alles, was ich dir bei msn geschrieben habe, zurück. Du darfst über jedes Thema schreiben!
Jo, ICH bin deine Herrin, verbeug dich!!

Aber hab mich sehr über deinen Kommentar gefreut, kriegst ein dickes Bussi!

Deine Andrea mit HHHHHHHHHH!

 

Hallo Geronemo!

nach vier unsäglich banalen Geschichten hier im Forum, ich sag nicht wo und von wem, werde mich dort auch nicht zu Wort melden, endlich ein Text, der sich flüssigt liest und ein ernstes Thema behandelt.
Ich hab mit dieser Bemerkung kein Problem! :D
Interessant die Reflexionen zum Tod. Aber stehen sie nicht in einem gewissen unauflösbaren Widerspruch zum Ende?
Ja, sicher, aber sonst wäre wohl die ganze Geschichte nicht möglich.
Das scheint mir das Unendschuldbare am Selbstmord, dass er häufig doch aus Verzweiflung/Egoismus/stark eingetrübtem Verstand heraus geschieht. Mit dem Tod, egal mit welchem, kann man niemandem eins auswischen. Das ist so schlicht wie wahr. Leider denken viele nicht daran, wie unappetitlich etwa es sein kann, die Leichen (ihre in dem Fall) abzuknüpfen, sie zu finden, wie die Verwanden damit umgehen sollen usw. Das Elend mit den Selbstmördern ist, das man sie nicht einmal mehr bestrafen kann. Was die Kirche da abläßt ist ja symbolisches Nachhaken der vergeblichen Art.
Ja, muss schrecklich sein als Angehöriger eines Selbstmörders - irgendwelche Schuldgefühle kommen da sicher immer hoch. Aber es drohen ja auch viele "nur" damit.

Und auch die Einsicht nach der Tat am Schluss deiner Geschichte kommt zu spät und aus dem Nichts und kann von daher nur etwas Fiktionales rüberbringen, denn bisher hat noch keiner aus dem Jenseits, mir jedenfalls, was mitteilen können, weder schriftlich noch anderswie.
Jo, aber das ist halt der "Witz" der Geschichte - ich wollte irgendwie nachvollziehen, wie man sich "fühlt", wenn man tot ist. In einer Geschichte darf man eben alles machen, da kenn ich gar nix! ;) Du hast das Ende schon richtig verstanden, denk ich.
Aber gut geschrieben ist die Geschichte, anschaulich und lesenswert.
Danke :)
Es wird auch nicht hinreichend klar, warum sie sich hier umbringt. Zuvor kommt ein langer Absatz mit Reflexionen, sprachlich sehr versiert formuliert - und dann wird behauptet, dass sich die Wörter auf einmal entziehen. Warum dat?
Doch, es wird ganz klar gesagt: Sie hat sich wegen eines Mannes getötet, unerwiderte Liebe oder so. Was das mit den Wörtern soll - das hab ich schon bei Jo zu erklären versucht, siehe bitte oben.
Kurz, der Übergang von der Reflexion zur Tat erscheint mir etwas unvermittelt.
Sie reflektiert ja nicht mehr wirklich, es liegt alles schon hinter ihr. Da sind halt noch Erinnerungsfetzen, aber nach dem Warum fragt sie nicht mehr, sondern stellt nur mehr fest, dass es Blödsinn war.
Gero, der sich, nach zunehmendem Siechtum mehr auf die Freuden des Lebens, die verbleibenden, konzentrieren möchte. Es wäre mal wirklich an der Zeit, klar davon zu erzählen, wie unglaublich schön das Leben sein kann - bei aller Tragik, selbst angesichts des Todes.
Ja, mach das, nur nicht unterkriegen lassen! :) Und ja, so eine Geschichte über die Schönheit des Lebens zu schreiben, ohne dass sie kitschig klingt - das wär wirklich mal ein interessanter Auftrag! ;)

Gruß
Andrea

 

Hallo Andrea!

Vielleicht ist es der Horror-Leser in mir, aber ich hätte mir das Ende dramatischer gewünscht. Es hätte jetzt nicht unbedingt dieser "lebendig begraben"-Schockmoment sein sollen ... ach, zur Hölle: Genau der hätte mir gefallen. :)
Irgendwie nähert sie sich über die Geschichte hinweg und ganz allmählich der Erkenntnis: dumme Entscheidung. Und dann, nach "nichts bleibt mehr vom Duft", kommt ein kurzer Aufschrei - und Schluss. Nee, gerade am Ende würde ich mich (bildhaft) heiser schreien, aber keine Worte finden, so richtig Gas geben, sehnen, wünschen, erinnern, verdammen, verteufeln, greifen, abgleit -
Aber wie gesagt: Horror-Leser ...

Das ist aber auch schon alles. Bis dahin hat mir die Geschichte richtig gut gefallen, und der Eindruck überwiegt am Ende. Schöne Sprache, schöne Bilder, schön schleichende Erkenntnis ... Hab ich sehr gerne gelesen.

dass es tatsächlich Menschen in meiner unmittelbaren Nähe gab, die so etwas anderen antun konnten
Kleine melodische Umstellung: "... die anderen so etwas antun konnten ..."

Später einmal sah ich (in) eine(m) Film im Fernsehen - noch immer war ich ein Kind. Darin sah man den Ausschnitt eines japanischen Puppenspiels.
Auch ich ... :)

Der Tod ist nichts, woran man sich gewöhnen kann, auch wenn die Filmindustrie es versucht.
Was versucht die Filmindustrie? - Sich an den Tod zu gewöhnen? :)
Oder versucht sie eher, uns an ihn zu gewöhnen?

Filme erzählen nur vom Töten, nicht vom Totsein. Die Helden töten möglichst viele Menschen, damit sie selbst umso stärker und unsterblicher werden.
Kann man noch unsterblicher sein, als unsterblich?

auch die Wörter haben ihren geschmeidigen Glanz verloren. Sie stehen in mir herum wie schwarze Monolithe, stumm und abweisend.
Schauderhaft und schrecklich schön!

Das war's auch schon. Hat Spaß gemacht!

Bis denne,
Fisch

 

Hey Quinn!

ich finde den Anfang der Geschichte sehr kraftvoll, die einzelnen Motive und Gedankengänge, alles ist in der Schwebe in der Geschichte, die Richtungen, in die sie gehen kann, sind offen. Vor allem der Absatz mit der Hochzeits/Todesjacke hat es mir angetan, die makabre Dualität des Motivs.
Schön, dass dir das gefällt! :)
Ab diesem Satz
Zitat:
Wie dumm von mir, mich wegen eines Mannes zu töten.

ist die Geschichte dann - "leider" - klar. Und spult sich dann selbst ab. Der Entschluß, sich umzubringen, weil man eine Lücke in das Leben eines anderen reißen will - das ist ja eine kindliche Trotzreaktion "Wenn ich tot bin, wird es ihnen leid tun". Und die Reue im letzten Augenblick, wenn sie schon baumelt.

Ja, ich kann den Kritikpunkt nachvollziehen, nur, ich kann mir kein anderes Ende vorstellen. Aber ich geb die Geschichte (auch an Fisch) gerne zum Copywright frei! ;)
Der Tod selbst wird in der Geschichte auf zwei Weisen dargestellt, finde ich. Einmal romantisiert mit diesen Japanern, dieses Fatalistische, dass jemand gehen muss. Auch der Vater, wenn er sagt, er kommt zurück, um sie an den Zehen zu ziehen. Das ist so der Tod als Bestandteiler einer "Höheren" Macht, etwas Ordnendes, das wir nicht verstehen können. Auch als Bestandteil dieses ganzen Lebens-Zyklus, der uns in der Gesamtheit fremd bleiben muss, damit er uns das Gefühl geben kann, Teil von etwas zu sein.
Ich weiß, was du meinst, aber dieses japanische Puppenspiel hatte genau den gegenteiligen Effekt bei mir, es hat jede Romantik weggewischt, allem die schöne Maske abgezogen: Du bist alt (mit 60 nach dem japanischen 12-Jahres-Zyklus), du wirst nicht mehr gebraucht, also Abmarsch, geh in den Wald und häng dich auf. Persönlichkeit, Individualität, Poesie ist da nicht. Das war gerade das Erschreckende für mich damals, auch wenn ich es da sicher noch nicht formulieren hätte können, warum mich das so entsetzt hat. Und was den Vater betrifft - der hat den Tod einfach verniedlicht, indem er gesagt hat, dass er zurückkommt und an den Zehen zieht (was er übrigens auch zu Lebzeiten schon gerne getan hat :D)

Auf der anderen Siete ist die tehnische Seite des Todes und auch des Lebens. Neues Leben entsteht durch eine Nadel, die in eine Blase eingeführt wird. Tote schimmeln, platzen auf und stinken. Da ist nichts Romantisches mehr an der Banalität dieser beiden Vorgänge.
Ich glaube, ich hab das den ganzen Text hindurch versucht. Da gibt es, glaub ich, keine zwei Seiten in dem Text. Der Tod hat nichts Romantisches und er bringt auch nichts, für den Einzelnen zumindest. Dass man den Tod nicht romantisieren kann, wollte ich zeigen, die Lebenden können es schon, aber die Toten nicht. ;)
Und diese Magie, die im Nicht Bennenbaren liegt, zeigt sich auch in dem Absatz, in denen die Wörter ihre Kraft verloren haben, in denen das Weiß im Auge des Mannes nichts mehr bedeuten kann, wenn alles schal geworden ist.
Ja, das hast du schon sehr richtig verstanden. :)


Hey Fisch!

Vielleicht ist es der Horror-Leser in mir, aber ich hätte mir das Ende dramatischer gewünscht. Es hätte jetzt nicht unbedingt dieser "lebendig begraben"-Schockmoment sein sollen ... ach, zur Hölle: Genau der hätte mir gefallen.
Irgendwie nähert sie sich über die Geschichte hinweg und ganz allmählich der Erkenntnis: dumme Entscheidung. Und dann, nach "nichts bleibt mehr vom Duft", kommt ein kurzer Aufschrei - und Schluss. Nee, gerade am Ende würde ich mich (bildhaft) heiser schreien, aber keine Worte finden, so richtig Gas geben, sehnen, wünschen, erinnern, verdammen, verteufeln, greifen, abgleit -
Aber wie gesagt: Horror-Leser ...
Tja, wie gesagt, mach was draus! :p Wäre echt gespannt!
Das ist aber auch schon alles. Bis dahin hat mir die Geschichte richtig gut gefallen, und der Eindruck überwiegt am Ende. Schöne Sprache, schöne Bilder, schön schleichende Erkenntnis ... Hab ich sehr gerne gelesen.
:)
Deine Anmerkungen hab ich mir sämtlich zu Herzen genommen und auch einiges geändert!

Danke an euch beide fürs genaue Lesen und es freut mich, dass ihr es gerne gelesen habt und es euch doch großteils gefallen hat.

So, und du, Josi, bist du nun zufrieden? Willst mich noch immer bei dem Mods verpetzen? :p

Gruß
Andrea

 

Hallo Andrea,

zunächst ein paar Anmerkungen zu deinem Werk:

Zitat: Der Gedanke, dass es tatsächlich Menschen in meiner unmittelbaren Nähe gab, die anderen so etwas antun konnten, veränderte etwas in mir.

Irgendwie stört mich diese Formulierung gefühlsmäßig. "Der Gedanke" ist so einsilbig. "Die Erkenntnis" würde ich tiefgreifender finden, sie würde mehre Gedanken zulassen und die Aussage stärker und intensiver machen.

Zitat: ... damit die Samenflüssigkeit eindringen kann. In ähnlicher Weise wurde die Haut meiner vollkommenen runden Kinderwelt verletzt und etwas drang ein,

Nach wie vor meine ich, man sollte Wortwiederholungen vermeiden, wenn sie vermeidbar sind. Hier könntest du das sicher anders beschreiben.

Zitat: Zu einem bestimmten Zeitpunkt mussten sie fort gehen und sich an irgendeinem Baum aufknüpfen.

Eine etwas "faule" Beschreibung. Zu welchem Zeitpunkt wenn er schon bestimmbar ist?

Zitat: stark akzentuierten asiatischen Gesichtszüge

Nach meinem Sprachemfinden finde ich "stark akzentuiert" irgendwie doppelt gemoppelt. Mit "ausgeprägten" könntest du das zusammenfassen.

Zitat: grässlich im Todeskampf verzerrte Fratzen

Zuviel des Guten. Grässlich UND im Todeskampf UND verzerrte UND Fratzen wirkt ziemlich überladen.

Zitat: Immer wieder sagte er uns mit einem Augenzwinkern, dass er, wenn er sterben würde, zurückkäme und uns an den Zehen ziehen würde, wenn wir schlafend im Bett lägen.

Ein sehr kompliziert geschriebener Satz. Könntest du den nicht vereinfachen?

Oft drohte er uns augenzwinkernd mit seiner Rückkehr nach dem Tod und dann wollte er uns, wenn wir schliefen, an den Zehen packen. Oder so ähnlich.

Zitat: Als er starb, war ich aber bereits erwachsen und hatte keine Angst mehr davor.

Das "aber" kann weg - "aber bereits" beißt sich.

Zitat: Ich habe als Jugendliche immer gerne Teile aus seiner Garderobe getragen, alte Pyjamaoberteile, Jacken, die mir viel zu groß waren, weiße Hemden, die an den Nähten bereits brüchig wurden. Vieles hab ich ihm einfach gestohlen, ich habe die Sachen heimlich getragen. Das war Zeichen meiner Rebellion. Später hab ich meinen Vater dann einmal um die Jacke seines Hochzeitsanzugs gebeten, da war ich schon erwachsen. Ihr altmodischer Schnitt hat mir gefallen. Der Anzug war aufbewahrt worden, da er nach meines Vaters Willen auch sein Sterbehemd sein sollte. Diese Jacke habe ich eine Zeitlang getragen, sie war aus einem festen und doch feinen Stoff, wunderbar anzufühlen und von kohligem Schwarz. An ihrem Kragen war sicher noch der Geruch meiner Haare und meines Parfums, als er in ihr begraben wurde. Das war ein Trost für mich.

Tolle, intensive und sehr bewegende Passage, die sich als Beschreibung richtig bildhaft und tief(sinnig) in meinen Kopf gebrannt hat!

Zitat: Filme erzählen vom Töten, nicht vom Totsein.

Da irrst du. Es gibt einige Filme, die sich mit dem Totsein beschäftigen. Mit solchen pauschalen Aussagen muss man vorsichtig sein.

Zitat: ist dieses endgültige Abschneiden so schrecklich, Und so halten sie in ihrem Inneren weiter Dialoge mit den Verstorbenen und können ihn auf diese Weise im Nachhinein verklären.

klein

Eine KG, die sich mit dem "leidigen" kg.de Thema vielschichtig und tiefgründig beschäftigt und einen interessanten Ansatz wählt. Ich finde die allgemeinen Betrachtungen, die du zum Thema Sterben und Tod anstellst, ein wenig zu allgemein, und deshalb fallen sie gegen die Passagen, in denen der persönliche Bezug deiner Prota deutlich wird, und die wesentlich intensiver und eindringlicher wirken, deutlich ab.

Eine gute Geschichte, die du aber noch optimieren könntest.

Grüße von Rick

 

Hallo Rick!

Ich hab sämtliche deiner Anmerkungen, bis auf eine Ausnahme, berücksichtigt und die entsprechenden Textstellen geändert. Vielen Dank für das genaue Lesen!

Tolle, intensive und sehr bewegende Passage, die sich als Beschreibung richtig bildhaft und tief(sinnig) in meinen Kopf gebrannt hat!
Dankeschön :)
Zitat: Filme erzählen vom Töten, nicht vom Totsein.

Da irrst du. Es gibt einige Filme, die sich mit dem Totsein beschäftigen. Mit solchen pauschalen Aussagen muss man vorsichtig sein.

Ja, das du sicher Recht, nur! die Protagonsitin weiß, wie es ist tot zu sein, und vielleicht hat sie diesen Zustand noch in keinem Film dargestellt gesehen, wir können das ja nicht wissen! ;) Das ist jetzt keine dumme Abwehr deines Einwandes, sondern ich wollte damit auch sagen, dass der Zustand des Todes etwas ist, was völlig jenseits alles Darstellbaren liegt. Sicher hab ich das nicht gut umgesetzt.

Eine KG, die sich mit dem "leidigen" kg.de Thema vielschichtig und tiefgründig beschäftigt und einen interessanten Ansatz wählt. Ich finde die allgemeinen Betrachtungen, die du zum Thema Sterben und Tod anstellst, ein wenig zu allgemein, und deshalb fallen sie gegen die Passagen, in denen der persönliche Bezug deiner Prota deutlich wird, und die wesentlich intensiver und eindringlicher wirken, deutlich ab.
Eine gute Geschichte, die du aber noch optimieren könntest.
Ja, da hast du auf jeden Fall recht. Die allgemeinen Anmerkungen sind wirklich etwas gemeinplätzig. ;) Aber schön, dass du es interessant gefunden hast! :)

Vielen Dank für deine hilfreichen Anmerkungen und deinen Kommentar!

Gruß
Andrea

 

Hallo Sami!

hm, es scheint, ich bin hier Außenseiter: Mir gefällt die Geschichte nicht wirklich, leider. Das liegt keineswegs am Thema. Liebeskummer und Depression hast du schon originell durchdacht.
Aber die Form.
Schade!
Die Figur ist mir nahe! - da besteht die Unmittelbarkeit; aber was Zeit und Raum dieser Erzählung angeht, da wird nix gezeigt, da wird summarisch erzählt - da herrscht für mich im höchsten Maße Mittelbarkeit: Stark geraffte Schlaglichter aus verschiedenen Zeiten, die Erzählerin als Kind und Erwachsene; Schlaglichter, die bei mir keine Bilder auslösen. Die Unmittelbarkeit, die Lev beschreibt, besteht, weil du dich knallhart an die Figurenrede klammerst - eine endlose Reflexion, und in der Hinsicht dann schon unmittelbar und direkt; ich kann die Erzählerin nachempfinden, ich habe ein Bild von ihr. Allein, es schwebt (weitesgehend) in einer Dimension ohne Räumlichkeit und die Zeit (die Welt der Protagonistin) steht still: Pause und Statik.
Ja, es ist halt so, dieser Protagonistin bleibt nichts mehr anderes als die Reflexion, sie kann nicht mehr in Raum und Zeit handeln. Ich könnte jetzt sagen, um deine Kritik abzuwehren: Der Tod ist eben "Pause und Statik". ;) Und dass die einzelnen Gedanken nicht verknüpft sind, stimmt bis zu einem gewissen Maß, trotzdem zieht sich doch so etwas wie der schwarze Faden durch das Ganze.
Dazu kommt: Die Geschichte löst bei mir kein Gefühl aus, weil es mir bloß von Gefühlen erzählt: ein weiterer, aus der Form resultierender Schwachpunkt. Gerade den Abschnitt mit der einleitenden Reflexion zu Tod und Filmindustrie muss ich hier als Negativbeispiel heranziehen.
Ja, das ist ja genau der Knackpunkt: Die Heldin sagt es ja gleich am Beginn, dass sie nicht mehr weiß, wie sie sich fühlt, sie hat keine Gefühle mehr, sie WEISS nur mehr davon. Das mit der Filmindustrie ist wirklich ein Schwachpunkt, ja.

Also, sorry: Ich finde, das kannst du viel viel besser!
Ja, klar, das auf jeden Fall! :D

Danke dir trotzdem fürs Lesen und für deinen aufschlussreichen Kommentar! :)

Gruß
Andrea

 

Hallo, Andrea!

Deine Geschichte hat mir echt gut gefallen.
So schön, so berührend... sorry für die unkonstruktive Kritik. :)

Besonders den Satz über die alte Wunde finde ich großartig, weil er so wahr ist...

Meiner Meinung nach kann es nicht genug lebensbejahende Geschichten geben und deine ist schlussendlich eine davon.

Eine Frage hätt' ich noch: Warum bricht der letzte Satz der Geschichte ab?

Liebe Grüße,

Iris

 

Hallo Iris82!

Freut mich sehr, dass es dir gefallen hat! :)
Lebensbejahend ist es, das denk ich auch, nur ist es für die Heldin hier eben zu spät.

Eine Frage hätt' ich noch: Warum bricht der letzte Satz der Geschichte ab?
Eben deswegen: Für sie ist es jetzt absolut aus, das heißt, auch der mentale Strom wird abgedreht. ;) Ein Zurück gibt es nicht.

Gruß
Andrea

 

Hallo Andrea,
Ganz ehrlich. Es gehört schon ne Portion Mut dazu, sich an einer Suizidgeschichte zu versuchen. Nicht weil diese in ihrer Niederschrift besonders schwierig sind, sonder weil es so ungefähr, hm, sagen wir mal, 1000 davon gibt. Aber du hast die Kurve bekommen. Vor allem, weil du uns zu Beginn z.B. nicht mit dem Herzschmerz eines Verliebten konfrontierst oder der Bemerkung "die ganze Welt ist gegen mich", wenn du weißt was ich meine. Der Suizid kommt bei dir eher schleichend daher, dann aber eindringlich.
Etwas hat mich aber doch gestört (wär ja auch schlimm, wenn ich nichts zu kritisieren hätte ;) ): und zwar der eigentliche Inhalt. Der ist vielleicht doch etwas dünn. Man erfährt ja im Grunde nicht wirklich viel über deine Prot, was es schließlich schwierig macht den Schmerz nachzuvollziehen. Natürlich kann jeder die kg für sich interpretieren, aber ich hätte mir ein wenig mehr an story gewünscht. Dann hätte an dieser Stelle vielleicht tatsächlich keine Kritik gestanden; im negativen Sinn. Bleibt unterm Strich aber auf jeden Fall ein Gern gelesen! 1. weil es mal wieder ne Selbstmordgeschichte ist, die einen nicht langweilt und 2. weil sprachlich hier alles aus einem Guss ist.

Einen lieben Gruß...
morti

 

Hallo morti!

Ganz ehrlich. Es gehört schon ne Portion Mut dazu, sich an einer Suizidgeschichte zu versuchen. Nicht weil diese in ihrer Niederschrift besonders schwierig sind, sonder weil es so ungefähr, hm, sagen wir mal, 1000davon gibt. Aber du hast die Kurve bekommen.
Das ist ja immerhin schon etwas! :)
Etwas hat mich aber doch gestört (wär ja auch schlimm, wenn ich nichts zu kritisieren hätte ): und zwar der eigentliche Inhalt. Der ist vielleicht doch etwas dünn. Man erfährt ja im Grunde nicht wirklich viel über deine Prot, was es schließlich schwierig macht den Schmerz nachzuvollziehen.
Das eigentliche Thema ist ja nicht der Schmerz der Protagonistin sondern der Tod in seiner Unausweichlichkeit, und am Ende ist sie ja auch ganz weg. Aber ich kann deinen Einwand natürlich nachvollziehen, auch Sami hat die Geschichte ja in der Hinsicht kritisiert. Für mich war aber nicht interessant, WAS die Heldin zum Selbstmord getrieben hat, sondern wie sie jetzt mit ihrer Situation fertig wird. Das ist paradox natürlich, denn sie ist tot. Und: wieso sollte sie sich selbst eine Geschichte erzählen, die sie ohnehin schon kennt? Sie interessieren nur die Auswirkunge und vielleicht auch, ob es ein Zurück gibt, aber danach: kein Duft mehr, kein Schillern der Wort, also keine Poesie, keine Gefühle mehr. Ich wollte mich einfach ein bisschen inhaltlich dem Nichts annnähern, was natürlich auch ein Widerspruch in sich ist.
Bleibt unterm Strich aber auf jeden Fall ein Gern gelesen! 1. weil es mal wieder ne Selbstmordgeschichte ist, die einen nicht langweilt und 2. weil sprachlich hier alles aus einem Guss ist.
Ach, damit bin ich wirklich schon zufrieden, dankeschön! :) Und danke für den Kommentar!

Gruß
Andrea

 

Story?

hi Andrea,

nachdem mir die locker-flockige sex-geschichte so gut gefallen hatte, musste ich doch mal schauen, was es hier noch so von dir gibt - und wurde zumindest bei dieser hier nicht so richtig befriedigt. Ich muss mich Sam anschließen - bei aller exzellenter wortwahl, einem angenehmen und flüssigen Stil kam ich mir die ganze zeit, wie der Leser eines fremden Tagebuchs vor. Vielfältige unterschiedliche Eindrücke aus einem Kinderleben, die aber "nur" (und das war mir zu enig) der Tod verbindet. Nachbarschaft, Japaner, der Vater - aber keine Zusammenhänge. Es hätte auch ein toter Maikäfer sein können. Das war mir inhaltlich zu beliebig. Dann geht die Story urplötzlich über in etwas gänzlich anderes - den selbstmord.

Dein Stil schafft es, mich in nachdenkliche, traurige Stimmung für den Selbstmord zu bringen - der Inhalt der ersten fünf Absätze hat damit in meinen Augen zu wenig zu tun.

grüße, streicher

 

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