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Das Aquarium

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24.04.2003
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Das Aquarium

Gerd hatte den wuchtigen Schrank endlich zerlegt. Seine Gelenke schmerzten. Den Vorschlaghammer hielt er noch in der rechten Hand. Er war jetzt unnütz geworden, gab es doch nichts mehr, was er zerschmettern konnte.
Die Verzierungen an den Türen, teilweise pulverisiert, teilweise zur Unkenntlichkeit zerbrochen, befanden sich auf der Plastikplane, die Gerd über dem Wohnzimmerteppich ausgebreitet hatte.
Bretter lagen hier und da, Glassplitter schimmerten müde in der untergehenden Wintersonne. Opas Schrank gab es fortan nicht mehr, genauso wie es Opa fortan nicht mehr gab.
Auch wenn seine Frau es respektlos fand, aber die Zerstörung dieses hässlichen Dings war lange genug hinausgezögert worden. Den Leichenschmaus hatte Gerd appetitlos überstanden, die Verabschiedung von den Trauergästen war anstrengend, aber höflich ausgefallen.
Dann war er in das Haus gefahren, und hatte den Hammer aus dem Keller geholt. Bald sollte hier ein Aquarium stehen.
Höhnisch ragte das schwächste Überbleibsel des Möbelstücks noch immer empor. Im Gegensatz zu dem massiven Schrank wirkte die dünne Spanplatte der Hinterwand geradezu lächerlich.
Gerd trat über die von ihm verursachten Trümmer hinweg, stellte sich seitlich zu der Platte, und warf sie um.
Mit einem dumpfen Geräusch landete sie auf dem Rest des vergangenen Kolosses und gab eine klinkenlose Tür an der Wand frei.
Gerd ließ den Hammer fallen, atmete tief durch, und vergewisserte sich, dass er richtig sah.
Wieso war da eine Tür?
Er bemühte sich um eine gedankliche Außenansicht des Hauses, aber räumliches Vorstellungsvermögen war noch nie sein Steckenpferd gewesen.
Mit seiner Hand tastete er das rauhe Holz ab, ohne davon einen erkennbaren Nutzen zu erwarten. Dann ging er zum Fenster, öffnete es und lehnte sich seitlich nach draußen.
Einige Vögel zwitscherten in der großen Birke, die im Garten stand. Von ihren Plätzen aus sahen sie, was Gerd jetzt gerne gesehen hätte. Er fragte sich, ob es hinter der Mauer noch genügend Ausbuchtung gab, um eine versteckte Tür im Wohnzimmer rechtfertigen zu können.
Als er beinahe aus dem Fenster stürzte, sich gerade noch am Rahmen festhalten konnte, beschloss er, in den Garten zu gehen.

Er schaltete das Licht auf der Terrasse ein und lief über den nassen Rasen, vorbei an der Birke, hin zur Außenseite des Gebäudes. Der Kaminschacht führte von hier aus nach oben und mündete in einem dunklen Schornstein.
Für den rationellsten Menschen hatte Gerd seinen Opa nie gehalten, aber eine Tür, durch die man den Kamin betreten kann?
Er überlegte, wie lange dieser hässliche Schrank da an der Wand gestanden hatte. Dreißig Jahre waren es mindestens gewesen.
Und davor?
Ein davor gab es in seiner Erinnerung nicht. Als Kind war er oft in dem Haus gewesen, viel öfter als in den vergangenen Jahren; aber der Schrank gab sich ihm allgegenwärtig.

Er ging zurück nach drinnen, betrat die Küche und suchte nach einem Gegenstand, mit dessen Hilfe er sich Gewissheit verschaffen konnte.
Der Vorschlaghammer fiel ihm wieder ein, und er verließ die Küche.
Das Knarren der geschwungenen Treppe war ihm nie zuvor so eindringlich erschienen. Überhaupt spürte Gerd ein nicht unangenehmes Herzrasen und eine gewisse Vorfreude. Er fühlte sich plötzlich als Entdecker.

Die Sonne war inzwischen untergegangen. Das Restlicht verwandelte den Raum in ein wirres Schlachtfeld, in das sich bei jedem Schritt das Geräusch der knirrenden Plastikplane mischte. Gerd schaltete auch hier das Licht ein. Dann griff er nach dem matten Stiel.
Der Hammer preschte zweimal auf das Holz ein, ehe es brach und einige seiner Splitter sich zu denen des Schrankes gesellten. Die meisten jedoch fielen in die schwarze Tiefe vor ihm.
Irgendwie hatte Gerd mit einer ganzen Menge irrationaler Dinge gerechnet, tatsächlich verbargen sich da aber bloß die schwachen Konturen des engen Schachtes.
Nur das Seil irritierte ihn. Lustlos baumelte der Strick von oben herab.
Gerd musste unwillkürlich an eine Feuerwehrstange denken. Er griff nach dem Seil und zog daran.
Es schien fest, obwohl er sich in dieser Hinsicht alles andere als sicher war.
Trotzdem hängte er sich daran, baumelte, schlug mit einer Schulter gegen die Kaminwand.
Dann riss der Strick und Gerd stürzte zwei Stockwerke tief in den Keller. Etwas weiches linderte seinen Aufprall.
Es tat weh, aber nicht besorgniserregend.
Kissen, ich bin auf Kissen gelandet, ging es Gerd durch den Kopf.
Er fühlte nach dem Untergrund und wusste gleichzeitig, dass Kissen sich anders anfühlen.
Er blinzelte einige Male, und als sich immer noch keine Sehkraft einstellen wollte, bekam er Panik.
Wild fuchtelte er mit seinen Armen herum und stieß an eine Kordel, an der er reflexartig zog.
Eine kleine Glühbirne leuchtete auf, und gab einen grauen Gang preis, an dessem Ende sich eine Tür befand.
Diesen Teil des Kellers hatte er ganz zweifellos noch nie zu Gesicht bekommen.

Entsetzt starrte Gerd erst den Gang entlang, dann auf das, auf dem er lag.
Er sah einen Haufen Wäsche, der zweifellos von einer alten Frau stammte. Unerotische Schlüpfer, breite Kleider, Strickjacken und biedere Röcke. Alle diese Sachen hatten eins gemeinsam: Sie stanken geradezu widerlich.
Gerd stand auf, kämpfte gegen den aufkommenden Schwindel an, und schritt den einfarbigen Gang entlang, der von der umherschwingenden Birne in bizarre Schattenmuster getaucht wurde.
Gemächlich glitten die Wände an ihm vorbei.
Seine zitternden Hände legten sich um den altmodischen Knauf.
Klackend öffnete sich erst das Schloss, dann die Tür.
Die gedämpfte Lichtquelle am Wäscheberg gelangte lediglich in Form eines schwachen Kegels hierher, der sich um seine Füße herum ausbreitete und sich in der Finsternis des Raumes vor ihm verlor.
Gerd hörte ein Keuchen, und die Panik kehrte zurück.

Mechanisch tat er einige Schritte zurück in den grauen Gang, und erst jetzt bemerkte er, dass es eine abscheuliche Tapete war, auf die er starrte, und nicht nackter Stein. Hier und da ließen sich wellenartige, verblichene Muster ausmachen.

"Wer ist da?", röchelte es aus der Dunkelheit vor ihm.

Gerd drehte sich auf der Stelle um und lief zurück zu der Wäsche. Verzweifelt griff er nach dem abgerissenen Seil.
Weiter oben sah er den Lichtschein, der vom Wohnzimmer aus in den Schacht drang.
Seine Hände verkrampften sich um das Ding, das ihn eben noch an eine Feuerwehrstange erinnert hatte, jetzt aber bloß noch nutzlosen Tand darstellte.

"Henry ... bist du das etwa?", kam die röchelnde Stimme von hinten. Sie, und das schlürfende Geräusch, das sie mit sich brachte; beides war bereits viel zu nah.

Gerd wollte sich nicht umdrehen. Wenn sie von Henry sprach, war das dann ...

"Oma? Aber du bist doch ..."

Gerd war sich nicht sicher, ob er den Satz wirklich zuende führen sollte.

Eiskalte, knochige Finger schlossen sich um seine fetten Hüften und drehten ihn um.
Dann sah er seine Oma.
Zumindest ging er davon aus, dass sie es einmal gewesen war.
Das Gesicht war kaum noch als solches zu erkennen.
Ein Auge quoll hervor und streichelte feucht über seine linke Wange, den Blick gierig auf Gerds Nase gerichtet, die von den Fingern gerade zerquetscht wurde.
"Komm´ mit mir, süßer Junge."

Er ließ sich durch den Gang schleifen, erhaschte einige Fragmente. Tische mit Sägen, Stühle mit Nägeln, eine Luke. Überall Blut.

"Henry wird uns über die Futterluke versorgen. Mich hat er niemals vernachlässigt."

Die Tür schloss sich.

Gerd schrie.

 

Hallo Cerberus!

Hier ist Dir der subtile Horror sehr gut gelungen! Den Schluß finde ich ausgesprochen gut: Du deutest das eigentlich Gruslige nur an, gerade so viel, daß der restliche Film unweigerlich im Kopf des Lesers weiterspielt.

Inhaltlich bemängeln will ich nur, daß mir eine Erklärung fehlt, wieso die Oma niemandem gefehlt hat. In Bezug auf den Schrank läßt Du Gerd zwar in seiner Erinnerung kramen, aber die Oma kommt da nicht vor. Und sie hat ja wohl kaum einfach so verschwinden können, ohne daß die Familie etwas davon bemerkt oder sich fragt, wo sie hingekommen ist. Irgend eine kleine Erwähnung fände ich da nicht schlecht, damit es nicht unglaubwürdig klingt. Du könntest zum Beispiel in Zusammenhang mit dem Schrank erwähnen, daß der Opa vielleicht deshalb so sonderlich war, weil die Oma ihn irgendwann angeblich verlassen hat oder so.

Eventuell würde ich am Schluß das »Gerd schrie« noch wegnehmen, es reicht das Zugehen der Türe. ;)

Hat mir wirklich gut gefallen. :)

Die üblichen paar Kleinigkeiten noch:

»genauso wie es Opa fortan nicht mehr gab.
Auch wenn seine Frau es respektlos fand,«
– hier ist der Bezug nicht eindeutig, es könnte auch von Opas Frau die Rede sein, statt von Gerds.

»aber die Zerstörung dieses hässlichen Dings«
– »Dings« wirkt etwas seltsam, würde »Dinges« schreiben

»aber räumliches Vorstellungsvermögen war noch nie sein Steckenpferd gewesen.«
– »war noch nie seine Stärke gewesen«, würd ich sagen. Wie betreibt man Vorstellungsvermögen als Hobby?

»Dann war er in das Haus gefahren, und hatte den Hammer aus dem Keller geholt.«
– ohne Beistrich: »gefahren und«

»Etwas weiches linderte seinen Aufprall.«
– Etwas Weiches

»an dessem Ende sich eine Tür befand.
Diesen Teil des Kellers hatte er ganz zweifellos noch nie zu Gesicht bekommen.«
– an dessen Ende
– »ganz« kannst Du dir sparen

»dann auf das, auf dem er lag.«
– auf das, worauf er lag

»Gerd hörte ein Keuchen, und die Panik kehrte zurück.«
– hier würde ich entweder »seine Panik« schreiben oder »kehrte in ihn zurück«

»"Komm´ mit mir,«
– ohne Apostroph: Komm


Alles Liebe,
Susi :)

 

Hallo ihr beiden!

Ich bin grad etwas knapp mit der Zeit, daher nur eine kurze Antwort. Einige Kleinigkeiten habe ich bereits geändert. Insbesondere das Menschliche der Oma ist aber immer noch nicht stimmig, da habt ihr Recht.
Ich möchte trotzdem noch ein oder zwei Kommentare abwarten. Vielleicht werde ich das Ende noch einmal komplett umschreiben.

Vielen Dank für eure ausführlichen Anmerkungen.

Grüße

Cerberus

 

Hi Cerberus,

Idee gut, Umsetzung naja.
Irgendiwe versäumst du es, die Geschichte lebendig zu machen. Zu oft konnte ich an einem der Sätze etwas aussetzen. Wirklich Spannend wurde es ab dem Moment, wo er den Kamin hinunterfällt. Aber auch da haben mich einige Sachen gestört: Auf was landete er, wenn es keine Kissen waren?

Mir kommt vor, dass du die Geschichte sehr schnell geschrieben hast und dabei die eine oder andere Sache unklar gelassen. So erwähnst du am Schluß eine Luke und die Tatsache, dass die Oma durch eine Luke gefüttert wird. Ist also dort unten noch einmal ein Monster? Oder warum ist im Verließ noch einmal eine Luke.
Stilistisch hätte ich einiges zum Kürzen Empfohlen: Durch unnötige Abschweifungen nimmst du Tempo aus der Geschichte. Gleichzeitig hätte ich mir an anderen Stellen mehr Details erwartet. So könnte ruhig etwas über Opas Lebenswandel einfließen. Offensichtlich war er nicht gerade ein beliebter Mensch bei seinem Enkel.

Gerd trat über die von ihm verursachten Trümmer hinweg, stellte sich seitlich zu der Platte, und warf sie um.
das fette streichen
räumliches Vorstellungsvermögen war noch nie sein Steckenpferd gewesen.
Das würde ich nur in einer ironischen Geschichte bringen. Steckenpferd ist ein Hobby, räumliches Denkvermögen eine Sache der Begabung
Mit seiner Hand tastete er das rauhe Holz ab, ohne davon einen erkennbaren Nutzen zu erwarten.
Der Satz scheint einen Wiederspruch zu beinhalten. Besser wäre Ohne recht zu wissen warum, tastete ...
Einige Vögel zwitscherten in der großen Birke, die im Garten stand. Von ihren Plätzen aus sahen sie, was Gerd jetzt gerne gesehen hätte.
Dieser Einschub nimmt Tempo raus
und suchte nach einem Gegenstand, mit dessen Hilfe er sich Gewissheit verschaffen konnte.
Der Vorschlaghammer fiel ihm wieder ein, und er verließ die Küche.
Unwahrscheinlich, dass er so etwas vergißt
Zumindest ging er davon aus, dass sie es einmal gewesen war.
Gerd war sich nicht sicher, ob er den Satz wirklich zuende führen sollte.
Die beiden Sätze finde ich überflüssig. Hier könntest du dich mehr auf Beschreibungen konzentrieren, um die Atmosphäre dichter zu machen

L.G.
Bernhard

 

Zitat von Bernhard:

Mir kommt vor, dass du die Geschichte sehr schnell geschrieben hast und dabei die eine oder andere Sache unklar gelassen.

Du hast Recht. Die Geschichte ist tatsächlich ein Schnellschuss, das muss bei der Kürze des Geschriebenen aber doch nicht unbedingt etwas Schlechtes bedeuten, oder?

Teilweise scheinst du wirklich oberflächlich gelesen zu haben. Der Wäscheberg beispielsweise sollte doch sehr eindeutig sein.

Oder warum ist im Verließ noch einmal eine Luke.

Das stimmt. Die Luke soll natürlich in dem Raum hinter der Kellertür sein. Hier habe ich mich unklar ausgedrückt.

Unwahrscheinlich, dass er so etwas vergißt

Finde ich gar nicht. Er ist ja schließlich ziemlich aufgebracht wegen dieser Tür. Da können die Gedanken schnell einmal durcheinander geraten und man vergisst das Offensichtlichste.

Ansonsten habe ich mich hier darum bemüht, eine klassische Gruselgeschichte zu schreiben, bei der - zugegebenermaßen - einige Dinge im Unklaren bleiben.
Ich finde das in diesem Fall nicht besonders schlimm, nur scheine ich deinen Geschmack überhaupt nicht getroffen zu haben.

Trotzdem sind die negativen Kritiken immer die Wichtigsten, weil sie einen dazu bringen, sich mit der Geschichte nocheinmal auseinanderzusetzen.

Viele Grüße und Danke fürs Lesen.

Cerberus

 

Tag Cerberus

deine kg fand ich jetzt nur halb gelungen. Besonders den Anfang fand ich nicht besonders. Ein altes geerbtes Haus, da könnte man in jedem Fall mehr Atmosphäre rausholen. Also unbekannte Geräusche, dunkle Ecken und so.

Es schien fest, obwohl er sich in dieser Hinsicht alles andere als sicher war.
Trotzdem hängte er sich daran, baumelte, schlug mit einer Schulter gegen die Kaminwand.
Das halte ich für den Schwachpunkt deiner Story. Wer wird sich schon ohne Grund an einem morschen Seil über ein wer weiß wie tiefes Loch hängen...

Zum Ende hin nimmt die kg dann Fahrt auf. Das gefällt mir dann schon recht gut auch wenns vielleicht etwas kurz ist.

Also vielleicht überlegst du es dir ja und überarbeitest den Anfang auf Atmosphäre hin nochmal und überlegst dir für den Schwachpunkt noch ein bisschen was Plausibleres. Dann könnte diese deine kg schon was feines sein...

Grüße
Texter

 

Hi Cerberus!

Mir hat die Geschichte gut gefallen. Ich bin eher ein Freund des subtilen Grusels und ein Verächter von Splattergeschichten. Und in diesem Fall ist es dir durchaus gelungen, eine Lanze für den Grusel zu brechen.
Ich las die ganze Zeit gebannt weiter, in banger Erwartung, was Gerd wohl für ein düsteres Geheimnis finden wird.

Das Ende kommt allerdings etwas seltsam rüber.
Du schreibst, dass die Großmutter Gerd über den Gang schleift. Durch den Blick auf die Umgebung suggerierst du, dass sie ihn wohl zu Tode foltern will. Und "Henry wird uns über die Futterluke versorgen. Mich hat er niemals vernachlässigt" widerlegt diese Vorstellung nicht, weil Psychopathen in solchen Geschichten die Beziehung zu ihrem Opfer als gemeinschaftlich begreifen. Man könnte auch lesen "... bis er mir ein neues Opfer besorgt hat".

Und hier frage ich mich: Wieso haut er die Alte nicht einfach k. o.? Außerdem ist seine Frau doch im Haus. Lange dürfte er nicht hier unten eingesperrt bleiben.
Durch diese Faktoren relativierst du den Gruseleffekt.

Wenn du aber im Text klar deutlich werden lässt, dass das Geheimnis des Hauses das Gruselige ist, dann löst sich das Problem auf.
Und dazu solltest du die Nebensätze "die von den Fingern gerade zerquetscht wurde" und "Er ließ sich durch den Gang schleifen" besser ersetzen.

Ich gehe doch richtig in der Annahme, dass die Frau eine Psychopathin ist, die Opa Henry einsperrte, um sie unter Kontrolle zu halten, von ihm aber immer mal wieder mit frischen Opfern versorgt wurde? Das wäre eine originelle Idee: Der Leser erfährt das Schreckliche nicht durch die unmittelbare Gefahr, sondern spürt so etwas wie einen Nachgeschmack des Grauens, nach dem Motto: "Und ich habe hier ahnungslos meinen Tee geschlürft, während unten ..."

Das könntest du allerdings noch besser einfädeln, zum Beispiel indem du ein paar Details aus Opa Henrys Leben einstreust, die Oma, von der er verlassen wurde, die anderen Frauen, die aus seinem Leben spurlos verschwanden ... So etwas in der Art.

Außerdem muss ich mich Texters und Existences Kritiken anschließen. Es könnte wirklich mehr Atmosphäre in die Bude. Du schreibst in einem ruhigen Telling-Stil, der vielleicht beabsichtigt ist, aber auch farblos wirkt, wie ein steriles Skelett, das mit dem Fleisch von Bildern und Emotionen umschlossen werden will.
Eine Möglichkeit wäre eben, dass du den modrigen Gestank aus dem Keller im ganzen Haus verbreitest. Dafür müsste Gerd ein wenig anders reagieren, als sich sofort den Schacht runterzuseilen - ohnehin ein unplausibles Verhalten.

Und ein Detail wäre da noch:

Er ließ sich durch den Gang schleifen, erhaschte einige Fragmente. Tische mit Sägen, Stühle mit Nägeln, eine Luke. Überall Blut.

Wieso hat er diese "Fragmente" vorher nicht wahrgenommen und jetzt schon? Und warum ist überall Blut? Das verkrustet doch mit der Zeit und ist daher nicht mehr sofort als Blut erkennbar, oder? Es sei denn, das letzte Opfer ist noch recht frisch ...

Ciao, Megabjörnie

 

Hallo!

Ich werde das Ende nocheinmal völlig umschreiben. So viele Leser mit dem selben Kritikpunkt können nicht irren :D

Übrigens: Was ich bislang total vergessen habe, zu erwähnen. Es wird hier ständig gefordert, ein wenig mehr Informationen über die Oma einzubringen. Das halte ich zwar nicht für zwingend notwendig, aber was ihr Sterbedatum angeht, lest euch die Stelle, in der das Alter des Schranks erwähnt wird doch noch einmal durch.

Viele Grüße

Cerberus

 

Es wird hier ständig gefordert, ein wenig mehr Informationen über die Oma einzubringen. Das halte ich zwar nicht für zwingend notwendig, aber was ihr Sterbedatum angeht, lest euch die Stelle, in der das Alter des Schranks erwähnt wird doch noch einmal durch.
Du meinst diese?
Er überlegte, wie lange dieser hässliche Schrank da an der Wand gestanden hatte. Dreißig Jahre waren es mindestens gewesen.
Und davor?
Ein davor gab es in seiner Erinnerung nicht. Als Kind war er oft in dem Haus gewesen, viel öfter als in den vergangenen Jahren; aber der Schrank gab sich ihm allgegenwärtig.
Die ist mir bereits beim ersten Lesen aufgefallen - ein bisschen anders war sie glaub ich, an die Erwähnung der dreißig Jahre kann ich mich nicht erinnern. Jedoch werde ich dadurch nicht klüger. Daß der Protagonist sich nicht erinnern kann, gut. Aber er hatte ja Eltern, nehme ich jedenfalls an, von denen ein Teil deren Kind war, und da kann die Oma/Mutter nicht einfach verschwinden, ohne daß es auffällt.
Da ist auch noch ein Fehler drin: Ein Davor gab es ...

Alles Liebe,
Susi :)

 

Ja, klar, der Schrank verdeckt die Tür schon dreißig Jahre, und zu dem Zeitpunkt muss die Oma im Keller verschwunden sein. Aber wie lautete Opas Erklärung für ihr Verschwinden?

 

Ich hab grad eine Idee, wie Du das aus der Welt schaffen könntest. :)
Gerd könnte sich fragen: "Aber wer liegt denn dann in ihrem Grab?"

 

Hi Cerberus!

Seltener Gast, ich weiß. Dafür ist das Wiedersehen immer erfrischend!

Einen Vorwurf, den ich dir bei früheren Storys oft machte, war der, dass du die Geschichten hinklierst, ein Gedanke, aufgeschrieben, fertig. Du musst dich beschäftigen mit der Story. 1% Genius, 99% Schweiß!

Ganz kann ich dir diesen Vorwurf hier nicht machen, aber in jedem Falle hättest du mehr herausholen können. Du hattest mal eine ähnlich gelagerte Geschichte (mit einem Klavier?), die hat mich unbefriedigter zurückgelassen. Diese hier scheint schon überlegter, ja, natürlich. Man merkt, dass du auf die Ausführung Wert gelegt hast, du hast dir Mühe gegeben mit den Bildern (keine ausgelutschten Metaphern und so), das hat mir ausgezeichnet gefallen! Ich kann kaum einen Satz entdecken, der vorhersehbar wäre. Du streifst die jeweiligen Bilder nur, du patschst sie mir nicht auf die Linse und das ist dir hoch anzurechnen.

Also den Ausspruch eines meiner Vorredner - Idee gut, Umsetzung nicht so sehr - kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Im Gegenteil, wollte man mich festnageln, würde ich sagen, die Ausführung ist überdurchschnittlich, die Idee allerdings mau, na ja - Geschmäcker eben.

Häferls Idee von dem letzten Satz finde ich nicht so toll, er holt die ganze Sache doch irgendwie zurück in die Realität, den Alltag. Das sind profane Dinge, die mich niht wirklich interessieren. Gerd schrie - würde ich allerdings auch weglassen.

Ich glaube, diese story ist so richtig eine Spielwiese für kranke, experimentierfreudige Horror-Freaks. Wenn du sie damals schon geschrieben hättest, hätte ich sie für unser Projekt ausgewählt. Man kann im letzten Drittel nach Herzenslust Andeutungen streuen, von einem Szenario, das man sich vorher genau überlegt hat (!), man kann kaum bestraft werden dafür. :D

Die Verzierungen an den Türen, teilweise pulverisiert, teilweise zur Unkenntlichkeit zerbrochen, befanden sich auf der Plastikplane, die Gerd über dem Wohnzimmerteppich ausgebreitet hatte.

Meiner Meinung nach ist das bestimmende Bild die Plane, und als solche gehört sie an den Anfang des Satzes. Kann man ja umstellen.


Opas Schrank gab es fortan nicht mehr, genauso wie es Opa fortan nicht mehr gab.

Das zweite "fortan" ist überflüssig, finde ich.

So, hatte ich es gesagt? Hat mir gefallen, mein kleiner Trip in die Horrorwelt von Gerd. Vielleicht könntest du tatsächlich den Protagonisten schärfer umreißen und einen Nebensatz am Anfang zur Oma verlieren (wobei der von gnoebel gemachte Vorschlag wohl der wichtigere ist).

Und bitte, bitte! Solltest du die Kraft finden, das Ding hier noch mal zu überarbeiten: Schreib nicht einfach einen neuen Absatz, setz dich mit dem Text auseinander, was er darstellt und was er deiner Meinung nach erzählen soll! Arbeite dran, mach mal, Jung'! ;)

Viele Grüße von hier!

 

Hallo Cerberus!

Also die Idee fand ich gut. Nicht gerade neu, aber auch nicht ausgelutscht. Das Ende hat mir auch ziemlich zusagt. Es ist irgendwie makaber, grotesk, ich kann es nicht ganz ernst nehmen, aber ich habe irgendwie den Eindruck, dass dies auch deine Absicht war. Ich musste etwas schmunzeln, aber es war ein Schmunzeln mit Gänsehaut.

Was mich etwas stört. Dieser Text erfüllt quasi die "Regeln der guten Horrorgeschichte".
Mann findet einen geheimen Eingang, rennt allein (!!) und unüberlegt (!) durch dunkle (!) Gänge und trifft auf ein "Monster", das mit "eiskalten, knochigen" (!) Fingern nach ihm krallt.
Das erscheint mir etwas ... mhm, billig.

Aber unterhaltsamer Text.

In diesem Sinne
c

 

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