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Das Baby

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29.09.2004
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Das Baby


Die schwangere Frau wurde in den Kreißsaal gebracht und die Geburtshelfer machten sich bereit. Ihr Mann durfte die Prozedur hinter einer massiven Glasscheibe beobachten.
„Dann legen Sie sich mal auf den Tisch, Miss Davis“, sagte der Entbindungsleiter Louis Poulenc, ein weißhaariger, enorm großer Mann.
Über die Sprechanlage des abgeschlossenen Nebenraums meldete sich der zukünftige Vater: „Hallo? Hören Sie mich? Es ist sehr warm hier. Was, wenn ich einen Hitzeschlag bekomme? Kann ich nicht doch zu meiner Frau? Ich weiß einfach nicht, ob ich das aushalte.“
„Tut mir leid, das können wir nicht riskieren“, entgegnete Poulenc, “Sie wissen doch noch, was bei der Geburt Ihres ersten Kindes passiert ist. Der Nervenzusammenbruch, den Sie hatten. Mehrere Langzeitstudien haben bewiesen, dass das Urvertrauen der Kinder stark darunter leidet, wenn sie in ihren ersten Lebensmonaten einen psychisch labilen Zustand bei ihren Eltern wahrnehmen. Und das tun sie immer, wenn auch unterbewusst. So was könnte eventuell zu schizo-affektiven Störungen in der Pubertät führen.“
Ein leises Klick-Geräusch, als die Sprechanlage ausgeschaltet wurde. Poulenc nahm an, dass er sein Schicksal akzeptiert hatte und begann mit seiner Arbeit.
„Sie sind bereit?“, fragte er die Mutter.
„Ja.“
„Unser Stationsrechner wird natürlich, wie gewünscht, alle Muskeln in ihrem Unterleib kontrollieren und überwachen. Dafür werden wir jetzt die Sonden aktivieren, die wir Ihnen vor einigen Monaten injiziert haben. Sie haben sich wie erwartet an den richtigen Stellen positioniert.“
Carl, einer der beiden anderen Geburtshelfer ging zu der Konsole neben dem Entbindungstisch und schaltete das Licht im Kreißsaal aus.
Plötzlich flutete intensives, bläuliches Licht den Raum und ein elektrisches Summen ertönte. Danach wurde die normale Beleuchtung wieder hergestellt.
„Aua! Das fühlt sich an wie Ameisen oder so was.“
„Das kommt“, erklärte Carl, „weil ein paar von den Dingern direkt unter der untersten Hautschicht sitzen. Das fühlt sich sicher etwas merkwürdig an.“
„Da können Sie aber einen drauf lassen“, gab Sie zu wissen.
„So, die Sonden arbeiten jetzt. Sie können sich nun entspannen“, sagte Poulenc, „der Geburtsvorgang wird in einer halben Minute starten.“
„Ich soll mich entspannen?“, fuhr die schwangere Frau ihn an, „Beim ersten Mal, da…es war, als ob mein ganzer Unterleib auseinander reißen wollte.“
„Diesmal werden Sie keinerlei Schmerzen haben, denn wir haben die überschüssigen Sonden so programmiert, dass sie die Schmerzübertragung zum Gehirn unterbrechen, wenn es soweit ist. Sie sehen, die Medizin hat enorme Fortschritte gemacht, seit…oh, da kommt schon der Kopf.“
„Ehrlich?“
„Ja, aber es dauert noch eine Weile, bis er ganz draußen ist. Haben Sie sonst vielleicht noch irgendwelche Fragen?“
„Klar. Sind für diese Entbindung wirklich drei Geburtshelfer nötig? Ich meine, ihre beiden Kollegen stehen hier doch nur rum.“
„Da ihr Mann als psychisch labil eingestuft ist, wurden Sie automatisch zu einer Risikoschwangeren erklärt. Die beiden sind hier, um im Notfall einzugreifen. Das verlangen unsere Regeln.“ Was er ihr nicht sagte, war, dass Henry und Carl sowieso nichts Besseres zu tun hatten, als Tag für Tag bei ihm im Kreißsaal rumzuhängen und mit ihrer Zockstation 5 –oder wie dieses Ding hieß- zu spielen. Das war halt der Pferdefuss an der Sache mit den staatlich zugesicherten Ausbildungsplätzen.
„Ach so ist das“, meinte sie abwesend, „Ist er schon draußen?“
„Was? Ja- ja, in der Tat. Das kommt davon, wenn man nicht aufpasst.“ Aber er hätte sich ja auch mal bemerkbar machen können, fügte er im Gedanken hinzu.
Poulenc nahm den Säugling auf und wog ihn in seinen Händen. Carl reichte ihm ein stabförmiges Gerät, das an der Spitze trichterförmig auseinander lief, während der andere, Henry, die Nabelschnur durchtrennte.
„W-was machen Sie mit dem Ding da? Stimmt was nicht mit ihm? Warum schreit er eigentlich nicht…Babys schreien doch normalerweise.“
„Er ist kerngesund, keine Angst. Babys können nach der Geburt nur in einem Abstand von rund dreißig Zentimetern scharf sehen, von einer präzisen Akkomodation ganz zu schweigen. Mit dem Seefree können wir das korrigieren. So, dass ihr Junge von Anfang an den absoluten Durchblick hat.“
Ziemlich ruhig der Kleine, dachte Poulenc als er den Gummitrichter des Gerätes über das linke Auge des Neugeborenen stülpte. Er betätigte eine Taste und das Gerät begann in seiner Hand zu vibrieren.
Könnte man auch anderweitig einsetzen, überlegte er. Der Poulenc-Vibrator. Mein Gott, ich könnte steinreich damit werden!
Nachdem er die Prozedur auch beim rechten Auge durchgeführt hatte, wurde er von einer fremdartigen Stimme aus seinen heroischen Gedanken gerissen.
„Biess dou jesst ähnch ferchtsch.“
Das Kind, überlegte Poulenc, es hat gesprochen. Fast gleichzeitig wurde ihm bewusst, dass so etwas absolut ausgeschlossen - ja sogar völlig unmöglich war.
Er schaute das Kind an. Und das Kind schaute ihn an.
„Mein erstes Baby war ganz anders. Viel lebendiger“, sinnierte die Mutter, während Poulenc das Kind ansah. Fortwährend ansah. Die Zeit hatte sich irgendwie in einen geleeartigen Fluss verwandelt.
Währenddessen formten sich irgendwo in seinem Hinterkopf einzelne Worte, die auf eine hinterhältige Art und Weise die Barriere zu zerstören versuchten, die sein naturgegebener Sinn für Vernunft in den letzten Minuten mühsam aufgebaut hatte. Bist. Du.
„Kann ich nun endlich meinen Sohn haben, Doktor? Ich habe jetzt auch einen Namen für ihn. Er soll Richard heißen. Hey, hören Sie mir überhaupt noch zu?“
Seine Sinne waren nun absolut geschärft. Er vernahm jedes Geräusch, jede Bewegung im Raum mit absoluter Klarheit. Das Hämmern von Richards Vater gegen die Panzerglasscheibe des Nachbarraums, das so stark gedämpft wurde, dass es seine Frau bei ihrem andauernden Redeschwall wohl nicht wahrnehmen konnte. Auch hörte er, wie seine Kollegen aus dem Kreißsaal flüchteten. Möglicherweise wollten sie Hilfe holen. Aber warum? Sollte er das nicht um jeden Preis verhindern?
Jetzt. Endlich. Fertig?
Poulenc hatte die Wahrheit akzeptiert. Egal, wie sehr er sich weigerte, es zu glauben: es war unmissverständlich gewesen. Die Zunge und die Stimmbänder des Kindes waren noch nicht weit genug entwickelt, um den Satz für jeden verständlich genug auszudrücken. Aber es hatte ausgereicht, um sein Weltbild innerhalb einer Minute komplett auf den Kopf zu stellen.
Eine Wiedergeburt, dachte er. In unserem Krankenhaus! Herr im Himmel. Und morgen würde ihm der Dekan der neo-christlichen Kirche dieses Bezirks einen Besuch abstatten. Das war schon seit Wochen geplant. Schlechter konnte es nicht kommen!
Ihm persönlich war es im Grunde egal, wo die Gelder für das Krankenhaus herkamen, aber er nahm stark an, dass die Buddhisten wesentlich aufnahmebereiter sein würden, falls sie herausfänden, was sich gerade vor seinen eigenen Augen ereignet hatte.
„Ist mit Ihnen alles in Ordnung?“, wollte die Mutter wissen, „Sie sehen etwas blass aus.“
„Mir geht es gut. Was Ihren Sohn angeht…“
„Wie lange wilscht nu na noch rumstehen?“, sagte das Kind - diesmal schon wesentlich besser artikuliert.
Das traf ihn wie ein Schlag, denn er hatte sich zu sehr auf die Folgen konzentriert, die das alles für ihn haben würde. Das Baby, wenn man es nun noch so nennen konnte, hatte er jedoch total vergessen. Obwohl er es immer noch in den Händen hielt und wie gebannt anstarrte.
Ich muss es loswerden, erkannte er. Wenn ich es bis morgen nicht verschwinden lassen kann, bin ich entweder für immer arbeitslos oder tot.
„Das ist nicht mein Kind!“, schrie die Mutter und schaukelte ihren Oberkörper im Sitzen vor und zurück.
Nun hat sie’s auch gemerkt, dachte Poulenc. Ob sie nun durchdrehen wird?
„Nehmen Sie es weg und bringen Sie mir mein echtes Kind!“, sie lehnte sich auf der Liege zurück, schloss ihre Augen und gab vor, tot zu sein.
Interessant, dachte Poulenc, das ist also ihre Art damit umzugehen: sie schmollt. Wäre ich in ihrer Position, hätte ich wahrscheinlich einen Herzinfarkt bekommen. Aber auch so, ist es ein Wunder, dass ich hier noch stehe, mit dem Kind auf dem Arm. Schließlich ist das eine extreme Situation, auf die ich mich nicht vorbereiten konnte.
Momentan war er mit der Mutter allein im Raum. Als er jedoch Schritte hörte, entschloss er sich geistesgegenwärtig, das Kind in den Nebenraum -der hauptsächlich für die Pausen genutzt wurde- zu bringen. Danach schloss er die Tür ab. Gerade noch rechtzeitig, wie er bemerkte.
„Wir haben vorsichtshalber die Haupttür verriegelt und uns dann um ihn gekümmert“, sagte Carl, als er und Henry in den Kreißsaal zurückkamen und deutete mit einer Kopfbewegung zu dem erschöpft aussehenden Mann in ihrer Mitte.
„Wo ist mein Sohn?“, sagte dieser ohne Umschweife.
Poulenc sah seine Kollegen strafend an: „Ich dachte, ihr hättet es ihm gesagt?“
“Das wollten wir, aber der Typ macht es einem nicht gerade leicht. Oder Henry?“ Kurz danach zwinkerte er Poulenc unauffällig zu. Für ihn war damit klar, dass sie zumindest ansatzweise Bescheid wussten, um was es hier ging.
„Ja. Der hat die komplette Einrichtung zerlegt. Zum Glück stand da eh nur Müll rum.“
Der Vater zuckte mit den Schultern. „Ich wollte die Scheibe einschlagen und die Tür natürlich auch. Es tut mir leid, ich…“
„Das ist okay“, unterbrach ihn Poulenc, „Sie sind mit der Situation bisher weit besser klargekommen, als es ihr Persönlichkeitsprofil vermuten lässt. Und ihr beide“, sagte er zu Carl und Henry, „habt euch völlig korrekt verhalten. Schließlich…“ Oh, dachte er erstaunt, da hätte ich mich doch fast verplappert. Das hätte alles noch schlimmer gemacht, als es eh schon ist.
„Was ist mit meiner Frau? Hier stimmt doch irgendwas nicht. Ich will, dass sie mir endlich sagen, was zum Teufel hier los ist!“
„Ihrer Frau geht es gut, Mister Davis. Sie…schläft nur. Der Stress, Sie wissen schon. Was ihren Sohn angeht: es gab Komplikationen.“ Zu schroff, überlegte Poulenc. Ich muss mich mitfühlender ausdrücken, wenn ich damit davonkommen will. Er fuhr fort: „Einige der Autobirth-Sonden, die wir ihrer Frau injiziert haben, sind versehentlich über die Plazenta in den Blutkreislauf des Babys geraten und haben daraufhin die elektrischen Ladungen abgegeben, die eigentlich für die Muskeln ihrer Frau bestimmt waren. Wahrscheinlich wurde dadurch der Atemreflex lahm gelegt. Das Kind befand sich noch im Mutterleib, als es erstickt ist. Es tut mir leid.“ Poulenc war positiv überrascht, was für einen Schwachsinn er doch erzählen konnte, wenn es drauf ankam.
„Sowas Ähnliches habe ich schon kommen sehen“, sagte Davis gefasst.
Poulenc fiel fast die Kinnlade runter, als er das hörte.
„Oh, natürlich, ja. Das ist dann wohl Schicksal“, erwiderte er. Die Situation nahm eine überraschend positive Wendung, wie er fand.
„Es hatte halt nicht sollen sein. Ich habe ihr ja gesagt, dass ein Kind völlig ausreicht, aber sie wollte einfach nicht auf mich hören.“
„Möchten Sie ein MemEx?“, fragte der Arzt.
„Was ist das?“
„Ein Medikament. Es wirkt direkt auf ihre Schläfenlappen ein. Wenn Sie sich in ein paar Tagen an dieses Ereignis erinnern, wird es Ihnen so vorkommen als lägen bereits mehrere Jahre dazwischen.“
„Hört sich gut an. Ich bin einverstanden. Am besten Sie geben Nadine auch etwas.“
Poulenc wollte es nicht fassen. Besser konnte das einfach nicht laufen! Es gab vielleicht doch so etwas, wie Vorsehung. Jetzt erschien ihm dieser Gedanke viel realer, als noch vor einer Stunde. Hastig ging er zu einem Schrank, zog eine breite Schublade hervor und suchte nach der kleinen MemEx-Schachtel, die er dort immer aufbewahrte, aber –im Gegensatz zu seinen Kollegen in der Notaufnahme- selten selbst brauchte. Er fand sie unter einer dieser gekürzten Bibelausgaben, die an jeder Ecke kostenlos verteilt wurden und gab sowohl der Frau, als auch ihrem Mann eine angemessene Dosis.


Das war gerade noch mal gut gegangen, dachte er, als er die Beiden etwas später zum Hauptausgang des Krankenhauses begleitete. Er bezweifelte, dass sich einer von ihnen in ein paar Tagen noch Gedanken über diesen Zwischenfall machen würde. Das lag einerseits an der extra starken Dosis Gedächtnisblocker, zum anderen an der Einstellung des Vaters.
Als er sich auf den Weg zurück zum Kreißsaal machte, fiel ihm ein, dass die Sonden ja immer noch irgendwo im Unterleib der Mutter waren. Für einen Moment war er sich unschlüssig, ob er zurückgehen und es ihnen sagen sollte. Das Taxi war höchstwahrscheinlich noch nicht angekommen und die Vorteile lagen auf der Hand. Schließlich könnte ihm ein solcher Fehler -wenn er bei einer späteren Operation bemerkt werden würde- seine Karriere kosten.
Mit dem summenden Geräusch, das ertönte, als er die Tür des Kreißsaals von innen abschloss, beschloss er, dass es für alles Andere zu spät war. Er hatte sich entschieden und war äußerst froh darüber, die beiden endlich los zu sein. Nun konnte er sich voll und ganz auf das Hauptproblem konzentrieren.
Die Tür zum Nebenraum stand offen. Er hörte die Stimmen von Carl und Henry. Wahrscheinlich hatten sie schon mit der Befragung begonnen, die er später sowieso durchgeführt hätte. „Ah, da sind Sie ja endlich“, sagte Carl als Poulenc auf sie zukam, „Er will uns einfach nichts erzählen. Noch nicht mal seinen Namen. Sollen wir ihn jetzt etwa foltern?“
Mussten sie denn um jeden Preis erfahren, wer dieser Junge in seinem letzten Leben gewesen war? Wie er gelebt hat und woran er gestorben ist?
Nein, erkannte er, das müssen wir eigentlich nicht.
Wenn sie die Sache auf dem einfachsten Weg aus der Welt schaffen wollten, war es besser, so wenig wie möglich über dieses ‚Kind’ zu wissen. Aber da gab es trotzdem etwas, dass er wissen musste. Seine zwei Assistenten wollten es ebenfalls wissen, das konnte er sehen. Sie gierten geradezu danach.
Poulenc hockte sich vor dem Stuhl hin, auf dem der nackte Säugling saß. „Nachdem du gestorben bist, was hast du gesehen? Wo bist du gewesen? In einer Art Himmel, in der Hölle oder ganz wo anders? Du musst es uns einfach sagen, hörst du? Denn sonst wird es nie jemand erfahren. Diese Situation ist absolut einmalig in der Geschichte der Menschheit.“
Es strampelte wütend mit den Beinen. „Hören Sie auf, mich zu duzen. Haben Sie denn keinen Respekt vor dem Alter. Ich gebe ja zu, ich sehe nicht gerade so aus, aber ich bin sicher fast doppelt so alt wie Sie. Möglicherweise sogar älter, als ihr drei Idioten zusammen.“ Er schien sich diebisch darüber zu amüsieren.
„Sie haben es geschafft“, bemerkte Carl triumphierend. „Er redet.“
„Ja genau“, sagte Poulenc. „Seine Stimmbänder funktionieren besser, als ich dachte.“ Er drehte sich wieder zum Kind. „Nun weiter! Was haben Sie gesehen? Sie müssen uns alles erzählen. Herrgott, es ist ihre verdammte Pflicht.“
Das Baby antwortete nicht. Stattdessen pinkelte es ihm mit einem kräftigen, gelben Strahl mitten ins Gesicht.
„Baaah! Verdammter Dreck“, schrie der Arzt erbost. „Mussten Sie das machen? Ich bin doch nicht Ihr Feind.“ Henry holte ein großes Stofftuch und wischte seinem Vorgesetzten den Urin vom Gesicht.
„Im Gegenteil: Sie würden der Menschheit einen großen Dienst erweisen. Wenn Sie wirklich so alt sind, wie Sie behaupten, müssten Sie eigentlich wissen, dass ich die Wahrheit sage.“
„Was habe ich denn davon, wenn Sie mich anschließend umbringen?“ Es geht doch hier nicht um dich, verdammt noch mal, dachte Poulenc und spürte daraufhin Zorn in sich aufwallen.
„Wie kommen Sie denn darauf? Schauen Sie sich mein Persönlichkeitsprofil an, wenn Sie wollen. Ich bin gar nicht fähig, einen Mord zu begehen. Das ist das Ergebnis von allen zwölf Psychotests, die ich bisher über mich ergehen lassen musste.“
„Sie lügen.“
„Was? Wie meinen Sie das?“
Der Säugling grinste hämisch. „Unter besonders extremen Bedingungen –und ich würde sagen, das hier ist so eine- sind auch Sie fähig zum Mord. Das Risiko liegt bei etwa drei Prozent. Bringen Sie mir doch ihre Profilakte, ich zeige Ihnen, wo es steht.“
Poulenc bemerkte, wie sich Carl und Henry langsam von ihm entfernten. In Richtung Tür.
„Ihr glaubt diesen Schwachsinn doch wohl nicht im Ernst? Bleibt sofort stehen! Es hätte sowieso keinen Sinn, denn ich habe die Vordertür mit meiner ID-Card versiegelt.“ Er sah, dass sie es verstanden hatten.
„Dieser Giftzwerg lügt doch wie gedruckt. Außerdem hat er absolut keine Beweise für das, was er sagt.“
„Das ist nicht nötig, denn ich kann ihre Gedanken lesen. Während ich auf meine Wiedergeburt wartete, habe ich genügend Zeit gehabt, mir diese Fähigkeit anzueignen. Ich habe mindestens fünf durchschnittliche Menschenleben lang in dieser Zwischendimension verharrt, bevor ich heute wiedergeboren wurde.“
„Das beweist immer noch nichts“, verteidigte sich Poulenc.
„Soll ich Ihnen vielleicht ihre Kontonummer sagen? Sie haben die Chipkarte ihrer Bank doch gerade dabei. Die Geheimnummer kenne ich übrigens auch.“ Eine grässliche Imitation eines Grinsens zeichnete sich auf dem Gesicht des Neugeborenen ab. Möglicherweise, überlegte Poulenc, hat er seine Muskeln nicht annähernd so gut unter Kontrolle, wie er denkt. Oder er weiß einfach nicht, wie man sie benutzt. Das würde dann auch einen gewissen Verdacht bestätigen, den er schon seit längerem hatte.
Er holte die Chipkarte, auf der auch seine Bankdaten abgedruckt waren, aus seiner Brieftasche. Dann gab er sie Carl, damit er sie überprüfen konnte. Kurz darauf legte das telepathische Baby los:
„Sieben, fünf, eins, acht, drei, drei…ich denke, wir können hier aufhören.“ In Poulenc’ Gesicht zeigte sich ein Hauch von Resignation.
Carl nickte zur Bestätigung. „Soweit alles korrekt. Er hat die Wahrheit gesagt.“
Poulenc riss ihm die Karte aus der Hand. „Nein, du Hornochse, er hat eben doch gelogen. Und ich sage dir auch, warum. Die Kontonummer war zufälligerweise richtig, das gebe ich zu, aber das mit dem Profil…ich habe keine Ahnung. Es ist nämlich so, dass ich ja selbst nicht wusste, was da sonst noch alles drin steht. Wer will schon so viel über sich selbst wissen?“
„Er hat Recht“, sagte Henry zu Carl, „ich hab mir das Ding auch nie richtig durchgelesen. Nur die erste Seite.“
„Hol mir mal meine Akte, Henry. Oben in meinem Schrank. Hier ist der Schlüssel. Dieses Ding kann uns ja sonst was erzählen. Am Ende erzählt er noch, ich habe Kennedy erschossen oder so was.“
„Da waren Sie noch lange nicht geboren“, sagte das Kind.
„Das war ein Scherz“, erwiderte Poulenc und nahm die Akte entgegen, die ihm Henry reichte. Er las darin, bis er fand, was er gesucht hatte.
„Scheiße“, meinte er, „das Ding hat Recht. Ich bin wirklich zum Mord veranlagt. Aber trotzdem bin ich noch nicht ganz überzeugt. Die Sache ist doch die“, argumentierte Poulenc, „dass er es genauer wusste, als ich selbst. Wenn...“, er drehte sich zu dem Säugling um, „…du kein Telepath bist, was bist du dann? Woher wusstest du das alles?“
Keine Antwort.
„Aber er hat auch gesagt“, warf Henry vorsichtig ein, „dass Sie Ihn umbringen wollen. Dann hat er damit sicher auch Recht.“
„Nein, du Blödian! Und wenn, dann steht das hier doch gar nicht zur Debatte. Fakt ist, dass dieses Ding hier endlich mal Klartext reden soll. WO-BIST-DU-GEWESEN nachdem du gestorben bist?“
Wieder keine Antwort.
„Ich kann mir schon vorstellen“, sagte Carl, „warum Sie ihn loswerden wollen.“ Poulenc sah ihn erschrocken an.
Er redete weiter: „Sie haben Angst, dass die Neo-Christen das mitbekommen. Vor allem, weil morgen dieser komische Dekan hier her kommt. Und ich geb’s ja zu, diese Typen sind ziemlich radikal, wenn’s darauf ankommt, ihren Glauben zu verteidigen. Aber was kann schon schlimmstenfalls passieren?“
„Das man ihn feuert.“ Henry hatte anscheinend schon einen Schritt weiter gedacht.
„Genau“, fuhr Carl fort, „denn wenn sie das Baby finden, werden sie es höchstwahrscheinlich auch verschwinden lassen. Und ihn-“
„Mich wird man hier rauswerfen“, ergänzte Poulenc selbst, „weil es mir passiert ist und demnach noch mal passieren könnte, wenn ich das nächste Mal ein Kind entbinde.“ Verdammt, überlegte er, wenn ich zu den Buddhisten übertreten könnte, würde ich es machen. Dann könnte ich trotzdem völlig autark arbeiten. Aber ich muss mich wohl damit abfinden: einmal Christ, immer Christ. Und das war ja auch die Bedingung, um hier arbeiten zu können. Würde ich eine Privatklinik aufmachen, kann ich mich darauf einstellen, dass ich nicht mehr lange unter den Lebenden weile. Und dabei wurde die Reinkarnationslehre bis zum ökumenischen Konzil von Konstantinopel 553 von den Kirchenführern toleriert und war –wenn man den Quellen glauben schenken darf- bis zum ersten Konzil von Nicäa sogar in der Bibel verankert, was beim Konzil von 451 in Chalkedon sogar noch einmal bekräftigt wurde! Aber das ist Geschichte, tröstete er sich. So hat es sich nun mal entwickelt.
„Sie wollen lediglich Ihren Arsch retten“, sagte Carl mitfühlend, „Ich würde in ihrer Situation wahrscheinlich dasselbe tun wollen, obwohl ich nicht fähig sein würde, die ganze Sache zum Abschluss zu bringen.“
„Denkst du etwa immer noch, dass ich ihn umbringen will? Ich gebe zu, ich hätte es irgendwann heute Nacht getan, wenn die Sache anders verlaufen wäre. Aber jetzt, da ihr davon wisst, wäre das doch witzlos. Ich bin mir sicher, dass einer von euch beiden versuchen würde, ihn zu irgendwie zu retten.“
Henry zuckte mit den Schultern. „Kann schon sein. Aber was wollen Sie…äh, ich meine wir jetzt mit ihm machen?“
„Wir stecken Ihn in ein Paket und schicken Ihn zum Mars“, schoss es auch Poulenc hervor, „Noch heute Nacht.“
Seine Kollegen sahen Ihn ungläubig an. Das Baby brach in quiekendes Gelächter aus. Unbeeindruckt fuhr er fort:
„Mal abgesehen von der Tatsache, dass die es dort mit dem Zoll eh nicht so genau nehmen, sind die Nachttransporte der Interplan-Post für unsere Zwecke eine todsichere Angelegenheit. Das einzige wonach diese Deppen scannen, sind nämlich Bomben, versteht ihr?“
„Ja, schon“, sagte Carl etwas verlegen, „aber das kann doch wohl nicht ihr Ernst sein.“ Henry pflichtete ihm bei.
„Ich gebe ja zu, dass sich mein Plan etwas kindisch anhört, aber passt auf: ein Cousin von mir arbeitet bei der Post. Also glaubt mir wenigstens das mit dem Zoll. Eine andere Sache wäre die Luftzufuhr im Paket. Damit unser kleiner Freund während der Reise nicht erstickt, legen wir ein paar Sauerstoffpatronen mit hinein. Die stellen wir so ein, dass sie ihre Luft langsam abgeben. Henry, du weißt, wo die liegen. Am besten, du flitzt schon mal los. Wir haben nämlich nicht mehr viel Zeit, bis das Postschiff abfliegt.“
„Sie sind der Boss“, meinte Henry und drehte sich auf der Stelle wieder um, „Äh, die Tür-“
„Ist nicht versiegelt“, gab Poulenc zu und sein Bote lief los.
„Sie glauben doch wohl nicht, dass Sie damit durchkommen“, rebellierte das Baby. „Schließlich weiß ich nun, wie man wieder ins Leben zurückkommt. Ich kann in jeder beliebigen Person wiedergeboren werden, wo und wann immer ich will. Ja, wann ist ein gutes Stichwort. Ich könnte mich für eine Zeit entscheiden, in der Sie noch nicht geboren sind. Und dann töte ich ihre Eltern, damit das auch nie geschieht. Ist das nicht herrlich? Oder denken Sie mal darüber nach: ich könnte Sie sein. Ja, ganz recht! Das würde doch auch erklären, warum ich ein paar Dinge über Sie wusste, von denen Sie selbst nicht die leiseste Ahnung hatten. Es könnte aber auch sein, dass ich in der Zukunft, kurz nach ihrem Tod von ihrer losgelösten Seele Besitz ergriffen habe und dadurch an dieses Wissen gelangt bin. Sie sehen: die Möglichkeiten sind Grenzenlos. Suchen Sie sich was aus.“
„Das ist doch Blödsinn. Hören Sie auf damit. Sie machen mich krank, wissen Sie das?“
„Ich kann Ihnen leider nicht alles sagen, was ich weiß, denn man könnte es gar nicht in ihrer Sprache formulieren, aber…“
„Ich will jetzt gar nicht mehr wissen, wer oder was Sie sind. Denn wo immer Sie waren, nachdem Sie gestorben sind, es hat Sie total verdorben. Oder war das schon vorher so? Sie sagen mir ja sowieso nicht die Wahrheit.“
Unbeeindruckt sprach der Säugling weiter: „Kenn Sie das Tibetanische Totenbuch? Egal, es steht sowieso nur Unsinn drin. Bis auf eine Sache. Das Dharmakaya, wie die Tibetaner es nennen, die ultimative Realität, die absolut höchste Stufe des Seins. Wenn Sie sterben, und das werden Sie schon bald, glauben Sie mir, dann werden Sie -wie jeder andere Mensch auch- damit konfrontiert werden.“
„Ich glaube Ihnen kein Wort“, meinte Poulenc, aber das Kind hörte nicht auf zu reden: „Man wird Sie vor die Wahl stellen. Entweder Sie werden Eins, mit der ersten, mit der absoluten Existenz. Oder aber Sie sind noch nicht bereit dafür und entscheiden sich stattdessen, ein weiteres Mal zu leben. In einem neuen, menschlichen Körper natürlich. Und da liegt der Fehler. Die Tibetaner gehen davon aus, dass man nur durch intensive Meditation auf den Übergang ins Dharmakaya vorbereitet werden kann. Doch es ist genau umgekehrt. Erkennen Sie, worauf ich hinaus will?“
Carl wagte eine Vermutung: „Also ist es schwerer wiedergeboren zu werden, als, wenn man so sagen darf, Gott gegenüberzutreten.“
„Übertragen auf das Christentum könnte man das so sagen.“
„Ich bin nicht sicher“, sagte Poulenc, „ob Sie überhaupt ein Mensch sind. Aber gerade deshalb glaube ich Ihnen. Wie sollten Sie es sonst geschafft haben und sonst noch niemand vor Ihnen?“
In diesem Moment kam Henry wieder.
„Hier sind Sie. Zum Glück hat mich keiner dabei erwischt.“
„Wie ich sehe, hast du auch an ein Paket gedacht“, sagte Poulenc.
„Jo. Ich dachte, für unsere Zwecke müsste es ausreichen.“ Henry schaute unsicher zum Säugling, der unverändert stoisch auf dem Stuhl saß und sein nahendes Ende wohl akzeptiert hatte.
„Legt ihn rein. Und die Kapseln natürlich auch.“ Poulenc ging in den Kreißsaal und kam einen Moment später mit einem Telefonbuch für den Mars zurück.
„Hier“, sagte er, „wir senden ihn an diese Adresse. Herr Freekschoi…Friskay…Frisch-ach, wie auch immer. Er wird sich jedenfalls über ein wenig Gesellschaft freuen.“ Seine Kollegen schienen wenig überzeugt zu sein. Und plötzlich fiel ihm ein, wieso.
Durch den enormen Zeitdruck hatte er vergessen, dass es nicht ausreichen würde, dieses Wesen schlicht und einfach auf einen anderen Planeten zu verfrachten, auf den die Neo-Christen so gut wie keinen Einfluss haben und auf dem sich jeder um seine eigenen Belange kümmert. Denn dieses Biest konnte nach wie vor reden und wusste immer noch seinen Namen. Wie konnte er das nur vergessen?
Vielleicht, nahm er an, hat dieses Ding wirklich telepathische Fähigkeiten und hat die ganze Zeit über verhindert, dass ich mir Gedanken darüber mache.
Henry und Carl schien dieses Problem schon längere Zeit bekannt gewesen zu sein. Möglicherweise wollten sie, dass die ganze Sache in die Hose ging. Alle Welt hatte sich gegen ihn verschworen. Wollte er also, dass sein Plan Früchte trägt, musste er das Paket wohl selbst zum Interplan-Postgebäude bringen. Und was viel wichtiger war:
„Holt mir eine volle Kiste mit MemEx. Wir müssen uns schließlich noch ein wenig absichern.“ Carl verließ etwas zögerlich den Raum. Poulenc war überzeugt, dass er nun gewonnen hatte. Es war an alles gedacht und der Albtraum würde schon bald beendet sein.
„Das können Sie nicht machen, Poulenc!“, krakeelte das Baby. „Sie zögern ihren Untergang nur hinaus. Ich kann in jeder beliebigen Form wiedergeboren werden, sogar als die komplette Atmosphäre der Erde. Ich lasse Sie ersticken, Sie Bastard!“
„Das bezweifle ich, denn wenn es soweit ist, werden Sie sich höchstwahrscheinlich nicht mehr daran erinnern können, wie sie mich am elegantesten umbringen können.“ Zumindest hoffe ich das, dachte er. „Ich bin sicher, dass es für uns alle das Beste sein wird, wenn wir Sie da hin zurückschicken, wo Sie hergekommen sind und irgendwie dafür sorgen, dass Sie nicht zurückkehren können. Aber diesen Gefallen werde ich Ihnen nicht tun.“
Kurz danach kam Carl mit einer sichtlich schweren Plastikkiste herein. Er stellte Sie auf den Boden und Poulenc öffnete sie erwartungsfreudig, wobei er die Verschlüsse grob mit einem Skalpell auftrennte. Vor seinen Augen erschienen über zweihundert MemEx-Packungen mit jeweils dreißig Tabletten.
Er kippte die gesamte Kiste an, so, dass etwa ein Drittel aller Schachteln heraus fielen und sich vor ihren Füßen über den Fliesenboden verteilten.
„Das sollte reichen, um jemanden mehr als ein Leben vergessen zu lassen“, bemerkte Carl.
Nachdem sie dem Säugling ein starkes Narkotikum verabreicht hatten, lösten sie die Tabletten in einer Nährflüssigkeit auf und gaben sie dem Kind danach ebenfalls intravenös.
Wenn sein Metabolismus das aushält, überlegte Poulenc, sind wir aus dem Gröbsten raus. Dann kann er ein normales Leben führen und ich ebenfalls. Aber wenn er daran stirbt, könnte es sein, dass ich nicht mehr viel Zeit habe.


Mit diesem Baby war alles in Ordnung. Ein ganz normales, gesundes und vor allem durch und durch menschliches Geschöpf. Sein Herzschlag beruhigte sich, als er sah, wie die Mutter das Kind im Arm hielt und es als ihr eigenes akzeptierte.
In den zwölf Tagen, die seit dem Zwischenfall vergangen waren, war seine Arbeit eine regelrechte Tortur gewesen. Schließlich konnte er nie mit Sicherheit sagen, ob das Kind, das er gerade aus dem Mutterleib geholt hatte, nicht das Wesen war, von dem er fest gehofft hatte, es für immer los zu sein. Die Erlösung kam nie wirklich, sondern nur ständig neue, schwangere Frauen.
Am liebsten wäre er persönlich zum Mars geflogen und hätte sich selbst davon überzeugt, dass das Kind nun irgendwo untergekommen war, wo es ein normales Leben führen konnte.
Wenn schon nicht bei diesem Herrn –der Name wollte ihm einfach nicht einfallen- dann wenigstens in einem Waisenhaus.
Aber die Kommunikationsmöglichkeiten mit den Kolonien dort waren mehr als beschränkt. Wenn man nicht gerade Präsident der Vereinigten Staaten war, hatte man kaum eine Chance, zu erfahren, was in den Kolonien vor sich ging. Die Telefonnummern funktionierten leider nur auf dem Mars selbst und es über den Postweg zu versuchen wäre aussichtslos, denn die einzelnen Wohnsiedlungen lagen teilweise über zwanzig Kilometer entfernt. Dazwischen war nichts als Wüste. Nein, er würde weiter in Ungewissheit leben müssen.
Die Tür zum Kreißsaal wurde aufgestoßen, woraufhin Poulenc zusammenzuckte. Es war der Dekan. Schon wieder eine Besichtigungstour?, fragte er sich. Seine kleine Visite nur einen Tag nach diesem Beinahe-Desaster hatte ihm eigentlich schon ausgereicht und für gewöhnlich lassen sich die Vertreter der neo-christlichen Kirche auch nicht sonderlich oft blicken.
„Ich werde Sie töten, Poulenc“, sagte der alte Mann. „Sie hätten mir glauben sollen, als ich sagte, dass ich völlige Kontrolle über meine Reinkarnation habe. Es ist doch völlig egal, ob dafür erst eine Geburt stattfinden muss oder nicht.“
Also hat es doch nicht funktioniert, begriff er. Er muss die Sauerstoffkapseln geschluckt haben, als er noch nicht ganz bei Bewusstsein war. Wir hätten vorsichtiger sein müssen. Nun ist alles es zu spät.
Poulenc griff nach der Waffe, die er unter dem Entbindungstisch befestigt hatte. Carl hatte ihm dazu geraten.
Der erste Schuss zerfetzte die Hüfte des Kirchenvertreters, der Zweite verfehlte sein Ziel und riss ein Loch in die Tür.
Das Dekanwesen krümmte sich unter seinen Schmerzen und blieb schließlich regungslos auf dem Boden liegen.
Poulenc erkannte, dass alles wieder von vorne losgehen würde, wenn er starb. Am besten wäre es wohl, wenn Sie ihn in einer Art Kälteschlaf konservieren würden. Dann-
„Verdammt noch mal, passen Sie auf! Hinter Ihnen!“, schrie Henry noch von der anderen Seite des Zimmers, aber da war es schon zu spät. Carl hatte mit der Laserschere bereits Poulenc’ Rückrad durchtrennt und er konnte seine Gliedmaßen unterhalb des Halsansatzes nicht mehr fühlen.
Er lag auf dem Boden und starrte einem Carl in die Augen, der, zumindest innerlich, nicht mehr Carl war.
Könnte es sein, dass es an den Sonden lag?, grübelte er verzweifelt. Möglicherweise kann sich jeder an sein vorangegangenes Leben erinnern, wenn er kurz nach der Geburt auf eine bestimmte Weise stimuliert wird.
Die elektrischen Entladungen der Sonden wurden möglicherweise einen Moment lang an fehlgeleitet und: BUMM! Die Erinnerung kam zurück.
Aber letztendlich war er nicht sonderlich überzeugt davon. Es ist bestimmt irgendwas anderes, sinnierte er, das nur versehentlich in unser Universum gelangt ist.
Möglichweise leben sie dort, wo auch ich gleich hingehen werde. Ein ganzes Volk dieser bösartigen Seelen.
Er fand, dass das kein sehr beruhigender Gedanke war und das Carl-Wesen schnitt ihm die Kehle durch.


ENDE

 
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Prozac, Prozac,

was für eine unsinnige, unsinnig lange, langweile Geschichte. :dozey: Ich fasse den Plot mal zusammen:

Ein Baby wird mit den Erinnerungen seines früheren Lebens geboren, und daher kann es nicht nur sprechen, nein, es hat sogar im Zwischenreich gelernt, Gedanken zu lesen. Als der entbindende Arzt aus ihm herauspressen will, aus was für einer Nachwelt er kommt, wird es wütend, da es sich (als alter Mann, das es ja ist) schlecht behandelt fühlt. Nach einem Diskurs über Nachwelt- und Reinkarnationsszenarien, kommt der Arzt auf die pfiffige Idee, das Baby zum Mars zu schicken. Gesagt, getan, kurz noch die Erinnerung manipulieren und schon geht’s los. Leider stirbt das Baby während der Verfrachtung und wird in einer anderen Zeit wiedergeboren, da es den Zeitpunkt des Wiedereintritts in die Welt auch selbst bestimmen kann und außerdem auch die Person, in die sein Geist schlüpft. So schlüpft das Baby also erst in den Dekan und dann in einen Mitarbeiter des Arztes, der ihn mit einem Skalpell schließlich umbringt.... :schiel:

WAS FÜR EIN HANEBÜCHENER UNSINN!!! :D Mehr fällt mir hier nicht zu ein.


Liebe Grüße

Der Dante

P.S.: Es heißt übrigens "Kreißsaal", von kreißen, gebären. :)


Hier noch meine „Lieblings“-Stellen:

Das ist nicht nötig, denn ich kann ihre Gedanken lesen. Während ich auf meine Wiedergeburt wartete, habe ich genügend Zeit gehabt, mir diese Fähigkeit anzueignen. Ich habe mindestens fünf durchschnittliche Menschenleben lang in dieser Zwischendimension verharrt, bevor ich heute wiedergeboren wurde.“

„Wir stecken Ihn in ein Paket und schicken Ihn zum Mars“, schoss es auch Poulenc hervor, „Noch heute Nacht.“
Seine Kollegen sahen Ihn ungläubig an. Das Baby brach in quiekendes Gelächter aus.

„Legt ihn rein. Und die Kapseln natürlich auch.“ Poulenc ging in den Kreissaal und kam einen Moment später mit einem Telefonbuch für den Mars zurück.

Alle Welt hatte sich gegen ihn verschworen. Wollte er also, dass sein Plan Früchte trägt, musste er das Paket wohl selbst zum Interplan-Postgebäude bringen.

„Das können Sie nicht machen, Poulenc!“, krakeelte das Baby. „Sie zögern ihren Untergang nur hinaus. Ich kann in jeder beliebigen Form wiedergeboren werden, sogar als die komplette Atmosphäre der Erde. Ich lasse Sie ersticken, Sie Bastard!“

Es war der Dekan. [...] „Ich werde Sie töten, Poulenc“, sagte der alte Mann. „Sie hätten mir glauben sollen, als ich sagte, dass ich völlige Kontrolle über meine Reinkarnation habe.

Möglicherweise kann sich jeder an sein vorangegangenes Leben erinnern, wenn er kurz nach der Geburt auf eine bestimmte Weise stimuliert wird.
Die elektrischen Entladungen der Sonden wurden möglicherweise einen Moment lang an fehlgeleitet und: BUMM! Die Erinnerung kam zurück.

Aber letztendlich war er nicht sonderlich überzeugt davon. Es ist bestimmt irgendwas anderes, sinnierte er, das nur versehentlich in unser Universum gelangt ist.
Möglichweise leben sie dort, wo auch ich gleich hingehen werde. Ein ganzes Volk dieser bösartigen Seelen.
Er fand, dass das kein sehr beruhigender Gedanke war und das Carl-Wesen schnitt ihm die Kehle durch.

 
Zuletzt bearbeitet:

Ja Dante, ziemlich unsinnig und lang usw. Ich schließe mich meinem Vorredner, also dir, an :D
Mit einer Abweichung:

wird es wütend, da es sich (als alter Mann, das es ja ist) schlecht behandelt fühlt
Es wird nicht wütend, weil es sich schlecht behandelt fühlt, sondern weil es seine Art ist. Kommt vielleicht nicht klar genug rüber, weil es in der Story kein klares gut und böse gibt. Beide wollen nur irgendwie überleben.

PS: Ich habe im Internet noch was über das "Kreißen" gefunden:

irgendeine Internet-Seite schrieb:
"Kreißen" stammt ab vom mittelhochdeutschen Verb "kreißen, kritzen", mit der Bedeutung "schreien, stöhnen", besonders im Zusammenhang mit Geburtswehen.

Prozac (der nun alles über das Kreißen weiß)

 

deswegen kreischen wir auch mal heutzutage, zumindest bei mir in der Gegend... :)

Die Geschichte war vielleicht verwirrend! Esoterische Zeitreise.

Hat noch gefehlt, daß die wandernde Seele Poulenc selbst war... ah nö, das steht da doch irgendwo als Spekulation drin.

Puh, harter Stoff. Hilfe!

Bin mir nicht sicher, ob ich den Plot gut oder weniger gut finden soll.
Der Text an sich läßt sich jeden Fall sauber lesen, obwohl er lang ist. Wahrscheinlich deswegen habe ich durchgehalten.
Gruß
Murxi (immer noch hilflos)

 

Hallo Murxi,

keine Angst, ich bin genau so hilflos :dozey:. Ich glaube, dass mir ein paar Teile sogar ziemlich gut gelungen sind, aber im Endeffekt hätte ich die ganze Sache wohl etwas zugänglicher gestalten sollen und vor allem kürzer. Wenn ich schon solchen harten Tobak schreibe, dann sollte ich doch mir doch wenigstens ein paar Leser retten, oder? Aber jetzt kann ich leider keine drastischen Kürzungen mehr vornehmen und lege diese Story in die Hand des Schicksals ;)

Bin mir nicht sicher, ob ich den Plot gut oder weniger gut finden soll.
In diesem seltenen Fall: ich auch nicht!! :silly: :)

Auf jeden Fall danke, dass du es dir durchgelesen hast. Gut auch, dass ich nun weiß, dass es wohl doch kein totaler Rohrkrepierer ist, wie man nach der ersten Einschätzung von Master D annehmen konnte.

Prozac (der demnächst ein paar leichter verdauliche Sachen schreiben wird)

 

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