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14.06.2003
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Das Bild

Der Mann saß auf der Kautsch und stopfte Unmengen von kleinen Tortillas in seinen riesigen Mund hinein. Mhmmm, es schmeckte wirklich gut. Schon seit einer halben Stunde tat er nichts anderes als Essen, Essen und Essen. Dies war jedoch keine Seltenheit, denn der Mann hatte immer eine Vorliebe für Kulinarik gehabt. Schon im frühen Alter von vier, aß er bereits einen schönen, saftigen Hackbraten. Mit zehn verspeiste er leidenschaftlich gerne zwei Hähnchen und mit fünfzehn war für ihn ein 5-Gänge-Menü nur ein Vorgeschmack auf das Festmahl des Tages. Jetzt, mit 24 Jahren, wog er schon über 140 kg und entwickelte sich zu einem totalen Vielfraß. Für ihn war es nicht genug normale menschliche Nahrung zu sich zu nehmen, nein, der Mann aß alles was er für ein gutes Essen hielt. Eine Dose Whiskas war für ihn nicht unnatürlich, so auch Hundefutter oder Tiermehl. Pflanzenblätter, Stroh oder Blumen gehörten ebenso zum Speiseplan wie eine riesige Tüte von Chips.

So saß er da und mampfte und mampfte. Langsam aber, überkam ihn die Müdigkeit. Heute hatte er nur gegessen und das andere Gebiet auf dem er spitze war, nämlich das Schlafen, wurde völlig vernachlässigt. Nachdem er die Tortillas zu Ende gefressen hatte, rülpste er einmal laut und breitete sich auf der verkrümelten Kautsch aus. Er schloß seine Augen und grunzte noch einmal genüsslich, danach fiel er in einen tiefen Schlaf .

Nach drei Stunden wachte der Mann auf und gähnte, wobei ihm ein Rülpser entglitt. Zufrieden über sich selbst, lachte der Mann und verspürte plötzlich Hunger. In seinen Gedanken pinselte er bereits sein heutiges Abendessen aus...mhmm...der Mann erregte sich so, dass er an seinem Arm schlecken musste. Seine Haut hatte einen eigenartigen Geschmack, salzig und so...fett. Wie leckere Pommes. Der Mann schnalzte mit der Zunge und wollte bereits seinen massigen Körper Richtung Küche bewegen, als ihm ein Bild an der Wand auffiel. Zum ersten Mal heute schaute er verdutzt und überrascht aus. Seltsam, dieses Bild habe ich doch nie bisher gesehen. Ich glaube, dass ich es mir näher ansehen soll.

Mit großer Not kam der Mann hoch und als er endlich auf den Beinen stand, bewegte er sich Richtung Wand. Und da sah er es endlich groß und mit allen Details: ein sehr feines Stilleben. Seine Mutter hatte ihn einmal in ein Museum gebracht, dort langweilte er sich fast zu Tode, bis zu dem Zeitpunkt, als er ein Stilleben zum ersten Mal sah. Seine Mutter hatte ihm damals das Bild erklärt, es sei ein Gemälde, auf dem Essen zu sehen ist. Ja, jetzt erinnerte sich der Mann. Ein Tisch...meistens. Mit einer Vase und mit schönen Blumen. Und mit vielen schönen Früchten wie Orangen, Grapefruits, Äpfel, oder anderem Obst. Da hatte der Kleine immer Hunger gehabt.

Und diesmal betrachtete der Mann ebenfalls ein solches Gemälde. Es war nicht groß, vielleicht 40 x 50 cm. Dennoch strahlte das Bild eine Wirkung auf ihn aus. Vielleicht war das üppige Menü auf dem Bild das Entscheidende, auf einem Holztisch mit einer weißen, mit goldenen Linien verzierten Decke, lagen zwei Laibe Brot und eine mehrere Flaschen Wein. Daneben war ein Obstteller drauf, mit roten, saftigen Äpfeln und einer Hälfte einer großen Wassermelone. Der Mann starrte fasziniert auf das zarte, rote Fruchtfleisch und sein Magen knurrte so laut, dass er Kopfschmerzen bekam.

Der Mann vergaß beim Bild nur eine winzige Tatsache. Er konzentrierte sich nur auf das für ihn Wesentliche und bemerkte somit eine kleine Fliege nicht, eine Fliege die so wie es schien, an der Melone geknabbert hatte und mit gut gefülltem Bauch wahrhaftig die Fliege macht, sie floh vor einem schwarzen Schatten, hinter dem Tisch, unberührt von der wunderschönen Idylle der Farben, die sich zunehmends im Gehirn des Mannes manifestierten. Sie drangen in ihn ein und durchwühlten seinen ganzen Kopf, und konnte solche Ihrer Art nicht finden. Sie fingen an sich durch seinen Körper zu bewegen, vom Scheitel bis zur Sohle wurde der Mann von einer sonderbaren, merkwürdigen aber dennoch wohltuenden Energie durchströmt. So etwas hatte er nie in seinem Leben erlebt.

Erst nach einer Stunde schaffte er es, seinen Blick vom Bild abzuwenden um das Gesehene zu verarbeiten. Was für ein Gefühl...zum ersten Mal in seinem Leben spürte er diese Glücksemotionen, nicht das Gefühl beim Essen, das auch sehr schön war, sondern eine anderer Art von Glück, ein wundervolles Erlebnis, samt dem Rausch der Sinne in dem er sich befand. Der Mann genoss die Wirkung des Bildes und nachdem sie aufhörte, starrte er erneut an das Bild.

Seitdem gab es für den Mann nur noch zwei wichtige Tätigkeiten: das Schlafen und das Betrachten des Bildes. Jedesmal wenn er es ansah, erlebte er ein anderes Gefühl, denn er hatte immer etwas zu neues zu entdecken. Ob es ein Kern war, oder ein Brotkrumen, er forschte mit seinen neugierigen Augen nach jedem erdenklichen Detail. Leider fand er nicht alles.
Mit seiner neuen Entdeckung veränderten sich auch seine Essgewohnheiten drastisch. Statt alles mögliche in sich reinzustopfen, fing der Mann an zu hungern. Wahrscheinlich geschah dies unbewusst, denn die Frage warum er einfach nichts essen kann, stellte er sich selbst nicht. Seine ganze Aufmerksamkeit beschränkte sich nur auf das eine Bild. Jeden Tag beobachtete er die Geschehnisse auf dem Bild. Ob er an das Essen dachte? Oder an die Dekoration? Jedenfalls gefiel ihm es und nach einer Weile opferte er seine kostbare Schlafenszeit. Tat er dies aus vollem, intaktem Bewusstsein? Oder war er längst ein Sklave dieses Bildes?

Für den Mann war es nun nicht sehr ungewöhnlich, den ganzen Tag über nur eine Sache zu machen. War es denn ein solcher Umschwung? Schließlich war es nicht die einzige monotone Tätigkeit in seinem Leben und warum sollte diese jetzt schlimmer sein als sein Essentrieb?
Diese Fragen stelle ich nun, denn war der Mann nicht genug bestraft mit seiner Fleischeslust?
Musste er weiter leiden? War es nicht eine Art Erlösung für ihn?

So starrte der Mann immer wieder auf das Bild, bis zu dem Zeitpunkt als er im Bild landete. Wie das passiert ist, kann zumindest ich nicht erklären. Aber eines Tages, fiel dem Mann plötzlich auf: Ich bin drin. Zum ersten Male seit langer Zeit, erwachte er aus seinem Rausch.
Und wo fand er seinen nun lebhaften Körper? Neben der Vase? Dem Laib Brot? Oder doch dem Obst?

Nein. Der Mann sah sich nicht. Er spürte sich nicht. Er spürte nur die allgegenwärtige Präsenz des Bildes. Seine Gedanken wurden nun frei, an nichts gebunden, keine Materie über ihn, eine solche Beziehung erlebte er bei seinem ersten Kontakt mit dem Bild und jetzt wiederholte sich dieses Ereignis, nur dass jetzt er das Bild ist. Merkwürdig...so fühlt es sich also an. Als ob man ein kleines, winziges Atom ist...ich rieche den süßlichen Duft des Weines. Und die Pracht der Blumen, dieser Blumen, deren Anblick mich so betört....und die zarten Früchte...aber was ist das....eine eklige, kleine...sie summt und summt...nein, das ist nicht harmonisch...nein...aufhören.....nein....

Als der Mann gefunden wurde, war seine Leiche bereits verwest. Der faule Arzt hatte keine Lust nähere Untersuchungen anzustellen und blieb noch eine Weile im Haus, um ein Gutachten zu erstellen. Er wollte gerade einen Kaffee trinken, als er an der Wand ein Bild sah. Das ist ja wahrhaftig sehr interessant, dachte er.

 

hey Josef
tjaja, was soll man dazu sagen...
nach zwei dritteln der geschichte hat mich das ganze irgendwie an eine ganz bestimmte geschichte von oscar wilde erinnert, kennst du vielleicht, Das Bildnis des Dorian Gray.
da gehts auch um einen Typ, der von einem bild abhaengig wird und dann nachher von dem bild zerstoert wird, aber egal, kannst du ja selbst mal lesen, wenn du bock hast.
zu deiner geschichte: also ich denke, dass sie mit aller berechtigung in seltsam steht, denn das ist sie auf jeden fall.
was mir gut gefallen hat, war die abscheu und die neugier, die gleichzeitig enstehen, wenn man sich in die geschichte einliest, es ist einfach nicht gewoehnlich, dass man einen fettleibigen typen, der alles in sich hineinstopft als protagonisten akzeptieren muss und ich tat mich am anfang schon schwer, zu glauben, dass nun die ganze geschichte ueber diesen typen sein wuerde. gleichzeitig kam dann aber auch die neugier, als das bild ins spiel kam (gut,ist keine neue idee, aber was solls)
das ende kommt etwas aprubt und vielleicht solltest du in betracht ziehen, den letzten abschnitt nochmal zu schreiben oder sogar ganz wegzulassen, nur so ein tipp.
soo, jetzt zu dem, was mir gar nicht gefallen hat ;-):
also ich muss sagen, du hast einige zeitenfehler drin, einige hin und her schwenke von grade eben noch preateritum, dann wieder praesens, was die geschichte an vielen stellen einfach ein bisschen laecherlich und amateurhaft klingen laesst. du hast wahrscheinlich nicht viel zeit mit korrekturlesen verschwendet, wie ich mir vorstellen kann.
das sind allerdings fehler, die sich leicht beheben lassen.
was sich, denke ich, dagegen nicht so leicht beheben laesst, ist dagegen der fehler, den ich persoenlich immer als den schlimmsten ansehe:
ich denke, deine geschichte sagt nichts aus, es gibt nichts, worueber man nachdenken koennte oder gar muesste, wenn man sie gelesen hat, keine message, oder moral, oder irgendwas in der richtung. oder wenn da etwas sein soll dann braucht es wirklich viel vorstellungsvermoegen um es zu finden.
versteh mich nicht falsch, niemand verlangt von dir, philosoph zu sein oder dir stunden lang ueber den sinn der welt gedanken zu machen, aber einer geschichte ohne "moral", wie man immer so schoen sagt, fehlt ganz einfach was. vielleicht denkst du daran, wenn du deine naechste geschichte schreibst.
also, im grossen und ganzen eine sehr dubiose geschichte, die gute ansaetze erkennen laesst, aber sicherlich auch noch ueberarbeitung noetig hat.
natuerlich lass ich mich gerne vom gegenteil ueberzeugen und kann mich auch irren, in dem was ich sage ;-)
lass dich nicht unterkriegen
bis denne
ben

 

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