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Das Café in der Mühlenstraße

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01.12.2020
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Anmerkungen zum Text

Ich habe auch bemerkt, dass der Name etwas an "Das Haus in der Dorotheenstraße" erinnert, war aber ohne Absicht (Wobei...?).

Das Café in der Mühlenstraße

Das Café in der Mühlenstraße war beliebt bei den Anwohnern, nicht nur wegen des so selten gewordenen Filterkaffees, sondern vor allem aufgrund seines vorzüglichen Blechkuchens. Zudem war der kleine Außenbereich des Cafés ebenso liebevoll gestaltet, wie der Innenbereich. Hier wurde sich mit wahrer Freude um die zahlreichen Blumenkübel gekümmert und auch die wirklich sehr kleinen Staubfänger, die zu Haufe auf jeder möglichen Ablagestelle standen, wurden ihrem Namen, zumindest im vorderen Teil der Gaststube, nicht gerecht. Diese wirklich vorzügliche Pflege, in Verbindung mit der ungeschlagenen Gastfreundlichkeit, veranlassten Herr Jochen jeden Samstag, sowie Sonntag, pünktlich zum Nachmittagskaffee, seinen Platz am Fenster einzunehmen. Ja es ging bereits so weit, dass die nette, etwas korpulente Bedienung das Du dem Sie vorzog. Im Normalfalll hätte Herr Jochen dies als Anmaßend und äußerst unpassend empfunden, doch einerseits gefiel ihm, die doch deutlich jüngere Kellnerin und andererseits fand Herr Jochen, dass Jemand, der ihn stets mit „Kirschkuchen und Kaffee schwarz?“, begrüßte auch ruhig Du zu ihm sagen dürfe.


Auch die Bedienung mochte Herrn Jochen. Das lag weder an überschwänglicher Freundlichkeit, oder einem durchaus angebrachten Trinkgeld, viel eher an der Kontinuierlichkeit mit der Herr Jochen das Café besuchte. Sie genoss die Routine und die fehlenden Extrawünsche und so platzierte sie, auch heute, einen schwarzen Kaffee und ein mittel großes Stück Kirschkuchen, auf dem etwas wackeligen, durch eine Streichholzschachtel gestützten, Tisch. Sie lächelte und ging.


Herr Jochen mochte das, er wusste sie waren einander zwar bekannt und doch hatte keiner der Beiden das Bedürfnis mehr als das Nötigste miteinander zu besprechen. Er war mehr der Beobachter. In seinem Job als Parkplatzwächter ein wirklich praktisches Talent. Doch da der Parkplatz an Samstagen sowie an Sonntagen nicht zu befahren war und seine Wohnung nur Fenster besaß, die den Blick auf die angrenzende, graue Hausseite, des Nachbarhauses freigaben, musste er wohl oder übel seinem durchaus geschätzten Hobby in der Außenwelt nachgehen.


Das kleine Café hatte sich angeboten. Es lag direkt gegenüber des Häuserblocks, indem sich auch die Wohnung des Herrn Jochen befand. Doch hob es sich deutlich von der grauen Trübheit ab, der es ins Gesicht blickte. Die Fassade war hellblau gestrichen, die Fensterrahmen fliederfarben, Tische und Stühle waren in allen erdenklichen Farben aufzufinden und um die Farbvielfalt abzurunden, baumelten bunte Fähnchen an der Dachrinne herab.


Herr Jochen passte somit nicht ganz in das Bild. Denn er war eher schlicht gekleidet. Dies lag sicher am eingeschränkten Angebot seines Kleiderschrankes, der außer ein paar beigen Hemden, Stoffhosen der gleich Farbe und einer ausgeblichenen Jeans nicht viel zu bieten hatte. Wenn es aber nun Jemanden gäbe, der tatsächlich das Interesse hätte, in diesem schlichten Kleiderschrank zu wühlen, so würde er versteckt hinter Socken und Unterhosen ein Sommerkleid finden. Durchaus ein buntes, sogar geblümt. Wenn dieser Jemand dann aber denken würde Herr Jochen ginge des Abends interessanten Tätigkeiten in einem geblümten Sommerkleid nach, dann hätte dieser Jemand weit gefehlt. Das Kleid hatte sich nämlich die Ex- Frau Herr Jochens im letzten gemeinsamen Urlaub gekauft. Kurz danach hatte sie die Scheidung einreichen lassen. Außerdem war ihr das Kleid, und die gemeinsame Wohnung sowieso von Anfang an zu klein gewesen und Herr Jochen, den sie einst liebevoll „Günni“ nannte, zu langweilig.


Er bewahrte das Kleid eher unbewusst auf, vielleicht bis jemand Neues kam, um ehrlich zu sein, hatte er das Kleid und die damit verbundene, bessere Zeit, schon längst vergessen.


Deshalb war es umso seltsamer, dass nicht Frau Jochen, geborene Politschek, sondern Herr Jochen stets einen Platz im Café einnahm.


Vielleicht lag es daran, dass er und nicht sie sich stets Situationen auszumalen pflegte um die Einsamkeit in der Außenwelt zu kompensieren ohne Kontakt aufnehmen zu müssen. Schließlich war er völlig unbeteiligt, er beobachtete nur, frei von Verantwortung und am Ende ging er allein in seine kleine beige Wohnung zurück.


Natürlich war es der Torheit wegen für Herr Jochen undenkbar, alleine in seiner Wohnung über das bereits Vergangene und Gesehene nachzudenken. Schließlich musste er sich aktiv erholen um erneut am Montag bezahlten Beobachtungen nachgehen zu können. Trotzdem strengte Herr Jochen seine Gehirnwindungen gerne an, vor allem im genannten Café in der Mühlenstraße.


Er hatte schon oft über die Besucher des Cafés nachgedacht um sich in deren Leben zu verlieren. Da Herr Jochen seine Gedanken grundsätzlich für äußerst ausgefeilt hielt, war dies wie die Fortsetzung eines guten Buches, den selben Menschen, immer und immer wieder, bei den gleichen Tätigkeiten, wie Kuchen essen und Kaffee trinken, zu zu sehen. Doch dabei blieb es nicht, er fantasierte und schätzte, dachte sich eine neue Wirklichkeiten aus manchmal aber auch nur die nächste Verabredung. Schon oft hatte er dem streitenden Paar hinter der Glasscheibe zugesehen. Das hatte ihn an seine Ehe erinnert, mit dem Unterschied, dass diese nicht mehr existierte, aber die beiden da draußen immer noch zu Zweit stritten. Herr Jochen vermutete stark, dass sie sich alle Streitigkeiten der Woche bis zum Kaffee trinken am Samstag aufbewahrten um sich dann in aller Öffentlichkeit, deeskalativ die Meinung zu geigen. Dieser Stressfaktor musste der Frau so auf die Nieren geschlagen haben, dass sie fast jede Woche eine neue Frisur hatte. Herr Jochen fiel das auf. Ihrem Mann nicht. Er schien sowieso lieber Zeitung lesen zu wollen und sicherlich wäre es ihm lieber gewesen dabei dem Zwitschern der Vögel zu lauschen und nicht den keifenden Worten seiner Frau, deren, davor noch so einwandfrei liegende Haare, nach jedem Streit strubbelig zu Berge standen. Manchmal fragte sich Herr Jochen, wieso sie nie aufstand und sich einen neuen Gesprächspartner suchte, jemanden der ihr auch einmal antwortete, bis ihm einfiel, dass er das schließlich auch nicht tat. Und so stritt sie weiter und er beobachtete. Einmal hatten sich ihre Blicke getroffen. Für Herr Jochen war das ok gewesen, als geübter Beobachter lernt man mit diesen Situationen professionell umzugehen und zur Seite zu schauen, zutun als hätte man einfach nur Löcher in die Luft gestarrt. Für sie allerdings hatte es sich schon länger angefühlt als würden Blicke auf ihrem Rücken ruhen, dies hatte die Streitsituation unangenehm werden lassen, deshalb hatte sie sich eigentlich dafür entschieden fortan nur noch Zuhause zu streiten, da ihr Mann aber außer Samstags und Sonntags nicht Zuhause war und der einzige Ort, den er gemeinsam mit ihr besuchen wolle, dieses Café sei, hatte sich die Überlegung schnell wieder erledigt. Also lebte sie mit den Blicken des fahl wirkenden Mannes und interpretierte sie als Interesse an ihrer Person. Das schmeichelte ihr, somit war es fast schon flirten, wenn sie ihren Mann anschrie und dieser nur nickte oder den Kopf schüttelte. Allerdings verstand weder ihr Mann noch Herr Jochen den Wink mit dem Zaunfahl und so blieben alle Verhältnisse distanziert.


Hinter der Scheibe war es sowieso viel gemütlicher, vor allem seit der Herbst Einzug hielt. Herr Jochen war noch nie ein Freund der dunkleren Jahreszeiten gewesen. Nicht nur, weil man schlechter durch sie hindurch sehen konnte, sondern vor allem weil er einfach viel zu wenig warme Pullover besaß und stets fror. Ihm war bewusst, dass er seine Heizung betätigen könnte, nur würde dies die Kosten seiner Wohnung in die Höhe treiben. Und da Herr Jochen sparsamer Natur war blieb die Heizung aus. Worauf er sparte war ihm nicht ganz klar, aber das Sparen an sich hielt er doch für eine positive Eigenschaft. Es sammelte sich jedoch, trotz Sparens, kein erwähnenswertes Vermögen an. Auch wenn Herr Jochen seit seiner Scheidung nicht mehr in den Urlaub gefahren war. Wäre er gefahren hätte er vielleicht eine Frau gefunden, die ebenso einsam gewesen wäre wie er. Sie hätten sich an der Bar getroffen und nach viel zu vielen zu bunten Cocktails wären sie vielleicht zusammen auf ein Zimmer gegangen. Vielleicht hätte Herr Jochen sogar wieder zu Rauchen angefangen, danach auf dem Balkon. Ein laues Lüftchen hätte seine Beine umspült und er hätte gelächelt. Da er aber nicht gefahren war, hatte er auch keine Erfahrung dieser Art gesammelt.


Frau Jochen, die inzwischen wieder Politschek hieß, war in solche Urlaube gefahren, insgeheim hatte sie auch gehofft ihren Mann dort zu treffen und sich neu in ihn zu verlieben. Da dies nicht geschehen war hatte sie einen Geschäftsmann kennengelernt. Er war ziemlich sportlich gewesen und verheiratet. Daraufhin hatte sich die Romanze einzig auf die vierzehn Tage Urlaub beschränkt, die Frau Jochen von ihrem Arbeitgeber genehmigt bekommen hatte. Danach hatte sie sich auf etlichen Datingportalen herum getrieben, mit minder großem Erfolg.


Herr Jochen hatte es im Gegensatz zu seiner Ex-Frau gar nicht erst probiert. Ob ihm das Interesse fehlte oder er sich einfach nicht mit den neu modernen Medien auskannte, war nicht ganz klar. Offensichtlich war aber, dass er sich gerne an alt Bekanntem festhielt. Einiges davon favorisierte er, wohingegen er bei Anderem eher eine gewisse Art der Abneigung entwickelt hatte. So etwas über das man auch in zehn Jahren sicher noch schlecht reden konnte. Ein Ventil für die negativen Gefühle, von denen sich Herr Jochen, in seinen expliziten Studien im Café, frei zu machen versuchte.


Nur wenn die Gedanken immer unausgesprochen bleiben, dann fällt es auch einem guten Beobachter schwer ausgeglichene Verhältnisse zu schaffen. Er wusste selbst nicht genau wieso er es tat. Der Magen hatte ihm schon seit längerem Probleme bereitet, aber Herr Jochen aß seinen Kirschkuchen nicht, auch den Kaffee rührte er nicht an. Stattdessen winkte er die drollige Bedienung zu sich und bestellte sich einen Kamillen Tee und ein Mineralwasser. Was nun als großer Unterschied betrachtet werden kann löste bei der Kellnerin nur den Anschein eines Stirnrunzelns aus. Sie drehte sich um, nickte im gehen und brachte das Gewünschte in gewohnter Langsamkeit.


Es ist nicht so, dass Herr Jochen noch nie Mineralwasser oder gar Kamillentee getrunken hatte, doch heute erschien es ihm anders. So als hätte er eine völlig neue Art des Lebens entdeckt, die ihm vorher vorenthalten gewesen war. Von nun an nahm er sich vor des Öfteren in seiner Bestellung zu variieren.


Nun saß er da als neuer Mann, eine Stachelbeeren Sahne Torte vor sich und dazu ein grüner Tee. Die Frau vor der Scheibe strich sich gerade die frisch gefärbten lila Strähnen aus dem Gesicht, während sie ihren Mann mit sinnlosen Frasen malträtierte.


Der Mann schaute auf.


Hätte er es nicht gemacht wäre alles so verlaufen wie immer. Er hätte genickt, sie hätte geschrien, er hätte bezahlt, beide wären gegangen. Aber er schaute auf. Und sie hörte auf zu schreien. Er legte ihr die Hand aufs Knie worauf hin sie zu weinen begann.


Herr Jochen traute seinen Augen nicht. So war das doch noch nie gewesen. Er hatte das dynamische System durcheinander gebracht. Die Haare der Frau hingen in traurigen Strähnen ihren Kopf herab und unterstützten die auf dem Gesicht abgebildete Emotion. Sie schien zu nicken als ihr Mann aufstand und alleine in eine völlig neue Richtung ging. Die Zeitung hatte er liegen gelassen.


Als wäre er nicht er selbst tippte Herr Jochen sich an den Hut als sich die Blicke der Beobachteten mit den Seinen trafen. Ein kleines Schmunzeln breitete sich auf dem Gesicht der Frau aus.


Sie hatte es ja gewusst.

 

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Hallo,

man kann das lesen, man merkt auch, wie du dir Mühe gegeben hast, irgendwie einen Stil zu finden, Worte zu wählen, die richtigen Worte, aber es wirkt wie eine Simulation, weil du deine eigene Stimme wahrscheinlich noch suchst, das liest sich so wie "das Einmaleins der flotten Schreibe!"

In dem Text steckt sehr viel drin, aber das lässt du einfach liegen, dieses Potential. Dieser Herr Jochen, der eine tragische Gestalt ist (oder sein könnte), über den erfahren wir ja nie etwas: warum lässt sich seine Frau von ihm scheiden? Wie alt ist er? Was ist das für ein Typ? Warum ist er so menschenscheu, was hat ihn so gemacht, wo sind seine Eigenschaften, seine Geschichte? Der wirkt für mich wie ein Platzhalter, ich kriege nie ein Bild vor Augen, du wahrscheinlich auch nicht, sonst hättest du nicht dieses Photo mitgepostet. So ungefähr, oder doch anders? Schwierig.

Der Text leidet vor allem darunter, dass er nie konkret wird. Der fährt über alles, was intensives, intimes erzählerisches Potential hätte, einfach drüber. Wusch! Diese leise, kaum wahrnehmbare Kommunikation zwischen der Bedienung und ihm, ein Blick, eine Geste, ein wissendes Nicken - ja da müsste man szenisch hin, sich auf den Arsch setzen und genau hinsehen, hinhören, was da zwischen zwei Menschen passiert und ausgelassen wird. Jetzt kriege ich auf niemanden einen Zugriff, die Figuren sind mir egal.

Die Motive. Vollkommen unklar. Herr Jochen geht da in dieses Cafe, aber warum beobachtet er die fremden Leute, warum spinnt er ihre Geschichten weiter? Weil er einsam ist? Diese Einsamkeit kriege ich aber nie gezeigt. Die wird im Text nur behauptet. Es reicht eben nicht, zu behaupten, der ist einsam! Ich möchte dieses Konklusion selber schließen: Mann, alleine in seiner Wohnung, wie er die Klamotten seiner Ex zusammenlegt, sie vielleicht sogar vorher mit dem alten Waschmittel gewaschen hat, von Hand natürlich, in der Hoffnung, ihren Duft wiederzubringen, wie er halb betäubt Fernsehen guckt, sich irgendeine Scheiße zum Essen zubereitet - wie sieht denn Einsamkeit konkret aus? So hat dein Charakter einfach null Fallhöhe, da ist no drama, baby!

Dann krankt es etwas an Klischee. Dieses Paar geht immer dann ins Cafe, wenn Herr Jochen auch da ist, und streitet sich wirklich IMMER? Schon etwas konstruiert. Natürlich findet er Herr Jochen keine neue Frau, seine Ex aber wenigstens eine Urlaubsaffäre, aber im Grunde bleibt sie doch die unbeholfene Hausfrau, die sich insgeheim wieder in ihren soeben abgeschossenen Ehemann neu verlieben möchte. Das klingt wie so ein Rezept aus einer RomCom Mitte der 90er- Herr Jochen wäre dann ein etwas angegrauter Hugh Grant. Wenn die Geschichte auf diese Änderung, diesen Entschluss des Paares, oder des Mannes, aufzustehen und zu gehen, wenn es darauf hinauslaufen soll, dann muss das vorbereitet werden. Es muss glaubhaft werden. So lese ich das und denke: Nee! Ich glaube das nicht. Das liegt daran, dass mir die Figuren alle fremd bleiben. Keine Dialoge, keine Szene, nichts Eigenes, keine Eigenschaften, das macht es dem Leser schwer, dranzubleiben und eine Empathie für die Charaktere zu entwickeln. Die sind mir schlicht egal, weil die gesichtslos bleiben und nichts riskieren.

Konstruktiv: Szenischer werden, sich mal mit Show, don't tell beschäftigen, Dialoge, Charakterentwicklung.

Gruss, Jimmy

 

Hey, hab's auch durchgelesen. Also, schon mal ein Pluspunkt!

Dein Stil ist relativ rund, wenn auch adjektivüberladen. Mit Kommas stehst du auf dem Kriegsfuß und ein paar Tipp- und Rechtschreibfehler sind auch drin.
Mich hat die auktoriale Erzählweise mit leicht skurrilem Blick fürs Detail ein bisschen an die "Fabelhaft Welt der Amélie" erinnert. Leider fehlt dem Text hierfür aber der feine, französische Humor. Im Film springt der Erzähler auch von Perspektive zu Perspektive, geht sofort ins Detail, schafft es aber durch die richtigen Worte sehr geschickt, die Person so zu beschreiben, dass man weiß, was sie für ein Mensch ist. Du versuchst das auch, was dir aber bei keiner Figur richtig gelingt.
Das Fundament des Textes ist aber solide - mit etwas Überarbeitungsaufwand kannst du sicher noch einiges rausholen.

 
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Hola @ No.rci,

willkommen im Forum – bei den kritischen Kritikern und den strengen Strengen! Kein fehlendes Komma, kein falsch platziertes, das wir übersehen würden; jeder Text muss durch den Tauglichkeitsdetektor.
Es kann keine Milde geben, auch wenn Du in Deinem Profil barmst:

Seid umsichtig mit mir.
Außerdem könnten wir das gar nicht! Wir brauchen unsere Umsicht für andere Dinge, für die existenziellen sozusagen. Aber nachsichtig können wir (zumindest der männliche Teil des Forums) sein, bei gutaussehenden jungen DamenAutorinnen.

Ein Schreib-Neuling bist Du allem Anschein nach nicht – und das ist ja, entschuldige den originellen Spruch, schon mal die halbe Miete.

Als ich Deinen Text las, hab ich das anfangs stoisch Wort um Wort getan, in Erwartung, dass der Text zu mir Kontakt aufnimmt. Hat er nicht, es gibt eine Distanz zwischen Leser und Text. Ich empfinde Deine KG mehr als Bericht über ein Sujet, das in mir keine Emotionen weckt – weil ja auch der Titel dieses Risiko eingeht. Kein Mensch will irgendetwas über ein Café lesen, weil so ein Ort immer schon für die Langweiler reserviert ist.

Trotzdem hab ich Deine Geschichte wegen des Titels angeklickt, weil ich denke, ein Autor schreibt nur dann über ein Kaffeehaus, wenn dort im Gegensatz zur alltäglichen Routine erstaunliche Sachen passieren – und genau dieses Besondere findet nicht statt.

Nach dem ersten Drittel ließ meine Aufmerksamkeit rapide nach. Ich hatte beim Lesen das Gefühl, hier wird mir ein Ding geschildert, das auch durch die Betrachtung von verschiedenen Seiten keine Chance hat, mein Interesse zu wecken (von Empathie erst recht keine Rede).
Kann gut sein, dass mir Feinheiten entgangen sind, die als Würze für diesen gar nicht so kurzen Text für etwas Tiefe gesorgt hätten. Dazu hat jimmy ja schon das Wesentliche gesagt.

Solltest Du den Text überarbeiten (was ich sinnvoll fände – so ein verhuschtes Café, und dann etwas Psycho-Chili), notiere ich kurz, was mMn verbessert werden könnte:

No.: in Verbindung mit der ungeschlagenen Gastfreundlichkeit, …
Was, bitte, ist eine ‚ungeschlagene Gastfreundlichkeit‘? Schau im Zweifelsfall bei Google nach, da gibt`s immer ungeahnte Möglichkeiten, besonders bei der Suche nach dem ‚richtigen‘ Wort durch Anklicken ‚Synonyme‘.
veranlassten Herrx Jochen …
Normalfalll
dies als Anmaßend und äußerst unpassend empfunden, ...
Das Fette braucht‘s nicht. Ein gestraffter Text wird den Leser mehr packen.
fand Herr Jochen, dass Jemand, der ihn stets …
ein Jemand, ansonsten ‚jemand‘ klein
… ein mittel großes Stück Kirschkuchen, auf dem etwas wackeligen, durch eine Streichholzschachtel gestützten, Tisch.
Viele Worte, leider ohne Aussage. (‚mittel großes‘ zusammengeschrieben)
keiner der Beiden
Gibt‘s zweimal. Hier wäre ‚in dem‘ richtig. Wie schon gesagt – schau bei Google.
Tische und Stühle waren in allen erdenklichen Farben aufzufinden
Verrenke Dich nicht beim Schreiben – das klingt doch sehr gestelzt.
Stoffhosen der gleichxx Farbe
die Ex- Frau Herrx Jochens
Wink mit dem Zaunxfahl

Herr Jochen, den sie einst liebevoll „Günni“ nannte, ...
Aua, das ist schon hart. Aber genau solche Einsprengsel braucht es, um aus dem allgemeinen Gelaber herauszukommen und den Text in eine bestimmte Richtung zu lenken. Im Jetzt-Zustand lese ich eine Fülle von Belanglosigkeiten, die mich langweilen.
PS: Ist Günni nicht die Koseform von Günther? Oder hieß Herrn Jochens Vorgänger Günther und sie hat's aus Gründen der Bequemlichkeit beibehalten:D?

Natürlich war es der Torheit wegen für Herrx Jochen undenkbar, …
Der Torheit wegen – was ist das für eine Sprache?
... als sich die Blicke der Beobachteten mit den Seinen trafen.

Ich will nicht den gesamten Text kommentieren, lieber verwende ich Deine Worte, um mein Lesegefühl auszudrücken:

Schließlich war er völlig unbeteiligt, er beobachtete (las) nur, …
Tja, leider wahr. Aber kein Problem, ich kenne das. Eine meiner ersten Geschichten hier im Forum hieß ‚Kaffeehäuser‘. Da hatte man auch, überwiegend wegen ausufernder Beschreibungen, keine Rosen auf mich regnen lassen.

Am dringlichsten finde ich die richtige Platzierung der Kommas. Da sieht‘s im Moment böse aus. Kein Kommentator kann das alles auflisten, nur Du bist dafür zuständig.
Liebe Nora (toller Name!), sei nicht deprimiert – bei guten Texten wird der Autor / die Autorin mit Rosenblättern überschüttet und mit Champagner bespritzt. Ist nur eine Frage der Zeit.

Mit dem Portrait kann ich wenig bis gar nichts anfangen. Warum sollte ein dicklicher Mann im unattraktiven Alter mit Schmollmund und Vorwurfs-Blick mich interessieren – schließlich muss ich annehmen, so wie er aussieht, denkt und spricht er auch:sconf:). Aber ja, dass er dann doch den Kurswechsel anstrebt (ob er ihn tatsächlich hingekriegt hat, steht in den Sternen), ist für solch einen Eindimensionalen schon erstaunlich. Vielleicht sollte er nicht Parkplatzwächter sein, sondern einen schillernden Beruf haben. Da käme automatisch Würze in den Text.

Viele Grüße!
José

 
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Hey @No.rci !
Ich habe deine Geschichte auch gelesen und an einigen Stellen fand ich sie amüsant. Ich bin allerdings auch immer mal wieder gedanklich rausspaziert, weil sie mich nicht richtig mitgenommen hat. Die Gründe hierfür könnten die sein, die die vorherigen Kommentatoren beschreiben.

Der beige Mann könnte aber tatsächlich eine gute Type werden, wenn du dran feilst.

Lieblingssätze:

Außerdem war ihr das Kleid, und die gemeinsame Wohnung sowieso von Anfang an zu klein gewesen

Allerdings verstand weder ihr Mann noch Herr Jochen den Wink mit dem Zaunfahl und so blieben alle Verhältnisse distanziert.

Da er aber nicht gefahren war, hatte er auch keine Erfahrung dieser Art gesammelt.
Ein kleiner Eindruck nur:-)

Liebe Grüße vom Lotterlieschen!

 

Mahlzeit @No.rci ...

... und ein Hallo hier bei den martialischen Schreiber*innen. Also @jimmysalaryman hat es sozusagen auf den Punkt gebracht. Und er hat es NICHT durch die Blume gesagt. Das ist erst mal so, wie ne kalte Dusche am Polarkreis. Aber besser so, als irgendwie von Hintenrum-Ost nach Hintenrum-West.

WAS war deine Intention beim Verfassen des Textes? Es gibt ja durchaus Texte (KG oder Novelle oder Roman), die lange, dialogfreie Erzählphasen besitzen und ebenso von handelnden Personen berichten. Das muss dann für meinen Geschmack schon außergewöhnlich sein, um mich an den Text zu binden. Steinbeck konnte so schreiben. Aber er beherrschte andererseits auch den Dialog.

Im Falle des Herrn Jochen entsteht aus meiner Sicht kein Sog in den Text hinein. Es ist auch die Sprache, die das verhindert. Nicht allein fehlender Dialog. Es klingt wie "Was nicht passt, wird passend gemacht". Du möchtest eine Botschaft transportieren, ein Bild erzeugen. Du wählst aber einen zu unpersönlichen Stil, der uns im Alltag fremd ist. Vielleicht bist du ein Mensch, der abseits sitzt und beobachtet, und in dir entstehen auf diese Art ganze Bilderwelten. Viele Autor*innen haben diese Eigenschaft. Nun willst du diese Bilderwelt aber wieder nach außen transportieren. Dazu musst du es transformieren. Als Schreiberling bist du quasi die Übersetzerin von bloßen Bildern in lebendige Situationen, in denen wir uns heimisch fühlen, weil wir sie selbst so erlebt haben.

In der Tat sind Dialoge NICHT einfach, obwohl sie im wahren Leben oft trivial einfach sind. Und in Verbindung mit Mimik, Gestik, kleinen und kleinsten Elementen der Verlegenheit, der Scham, Freude, Traurigkeit, beobachtet von einem aufmerksamen Protagonisten, sind sie doch Spannung pur; weil Leben an sich.

Das vermisse ich hier sehr. Zumal in diesem Plot immens Potential steckt - und damit in Dir.

Griasle
Morphin

 

Hey,

die Erzählung hat in mir den Eindruck erweckt als wollte sie mehr als sie ist. Irgendwie weiß ich, dass die Figuren eine gewisse Charaktertiefe besitzen, aber ich finde sie nicht. Wie in den oberen Kommentaren geschildert fehlen auch mir Motive. Dadurch wirkt auch das Ende etwas unglaubwürdig und konstruiert. Aber eine gewisse Eigenheit habe ich dennoch erkannt:

Staubfänger, die zu Haufe auf jeder möglichen Ablagestelle standen, wurden ihrem Namen, zumindest im vorderen Teil der Gaststube, nicht gerecht.
Dieses Wortspiel gefällt mir beispielsweise sehr gut. (aber ich denke du meinst dem Kontext entsprechend gerecht, also ohne das nicht.
Die Fassade war hellblau gestrichen, die Fensterrahmen fliederfarben, Tische und Stühle waren in allen erdenklichen Farben aufzufinden und um die Farbvielfalt abzurunden, baumelten bunte Fähnchen an der Dachrinne herab.
Hier gefällt mir die Darstellung auch sehr gut.
Durchaus ein buntes, sogar geblümt. Wenn dieser Jemand dann aber denken würde Herr Jochen ginge des Abends interessanten Tätigkeiten in einem geblümten Sommerkleid nach, dann hätte dieser Jemand weit gefehlt.
Die Stelle fand ich sehr humorvoll.

Noch kurz zu ein paar orthografischen Gegebenheiten:
Allgemein zu viele Kommata: bei wie und sowie kein Komma (außer wie leitet eine NS ein)

ebenso liebevoll gestaltet, wie der Innenbereich.
jeden Samstag, sowie Sonntag

Das lag weder an überschwänglicher Freundlichkeit, oder
Hier fehlt das noch (bei weder ... noch, aber auch bei oder kein Komma)
Stoffhosen der gleichen Farbe
eine neue Wirklichkeiten aus

 

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