Das Ende
Menschen über Menschen, und ich gleite mittendrin. Ich sehe nicht rechts, nicht links, und auch die Sonne über mir bedeutet nichts. Ihre Strahlen auf meiner Haut,doch kein Gefühl.
Langsam treiben sie mich weiter, ich bin eingekeilt und doch ist es, als wäre alles leer, alles, alles ist nichts, und es quält mich so sehr, dass ich spüre wie meine Augen brennen.
Ich kämpfe gegen mich, will den Tränen nicht erlauben meine Wangen zu verbrennen, aber es ist so verdammt schwer. Warum sieht denn keiner, dass ich leide?
Ich muss schon wieder an dich denken. Dein Gesicht ist überall, ich kann nirgendwo sein ohne deine Augen zu sehen, deine dunklen, wunderschönen Augen, in denen ich versinken konnte, die mir soviel Wärme gaben, die ich niemals vermissen wollte.
Warum bist du nicht hier ?
Natürlich habe ich diesen Weg hier her gewählt, weil ich dich sehen will. Ich suche dich...
Vorbei an all den Erinnerungen. Könnte ich sie doch festhalten, und die Zeit zurückholen, als es noch ein „wir“ gab, bevor wir uns trennten. Es ist mir klar, dass alles eine Lüge war, in der ich nur zu gerne gelebt habe, und mir vorgemacht habe, dass du mich liebtest, nur mich, für immer.
„Hey Sarah, Schatz, wie geht’s dir ? Ich hab von dir und Jan gehört, hätte ich ja nie gedacht, dass ihr euch mal trennen würdest, sowie du immer von ihm geredet hast, aber so ist es ja immer, einen Mann wie ihn hat man ja nie nur für sich...“
Danke, Lisa, wie schön dich zu treffen, du bringst mich wirklich weiter.
Er hätte ja schon immer anderen Frauen nachgesehen, meinst du ? Frauen wie dir, darf ich raten ? Klar, blond war ja sowieso viel eher sein Typ, hat man dir ja erzählt, alle seine Ex waren blond. Wie schade, dass ich das schwarze Schaf bin.
„Es hat halt nicht mehr funktioniert. Wir werden Freunde bleiben...“
Ja, es ist schön, in meiner Scheinwelt zu leben, sich vorzumachen, dass er nun wirklich noch jeden Tag anrufen wird, um zu fragen wie es mir geht, und was mein Job so macht.
Ob im Krankenhaus immer noch soviel los ist, und wie sehr er mich als Frau bewundert, weil ich Ärztin bin und wirklich übermenschliches leiste. Klar wird er jedes mal sagen, wie gerne er an unsere Zeit zurück denkt, und dass er wohl nie wieder jemanden finden wird, der mich ersetzen kann. Reizend ist auch die Vorstellung, dass er sich schuldig fühlen und alles bereuen wird, was er mir angetan hat, und dass ihm klar wird, dass ihn niemals jemand so lieben und so gut zu ihm sein wird wie ich.
Aber er wird nicht anrufen. Es wird ihm egal sein, wie ich täglich im OP stehe und zig Menschen durch meine Hände ein Leben zurückgebe, weil das alles nichts zählt gegen die wunderschöne Frau, die ihm nun den Alltag versüßt und schnurrend in seinem Schoß liegt.
Und Schuldgefühle, die waren ihm schon immer fremd. Meine Tränen wird er nicht sehen, und erst recht nicht die Augenringe, weil ich wegen ihm nicht schlafen kann.
Ich kann Lisas Lachen nicht hören. Ohne mich zu verabschieden, gehe ich weiter.
Sie sieht mir nach und denkt sich schon ihr nächstes Gerücht aus („ Es war ihre Schuld, darauf wette ich, sie hat sicherlich Depressionen oder ähnliches, sowie sie durch die Straßen schleicht, also wenn ihr mich fragt...“ ,), aber ich werde mich nicht kümmern, denn in mir ist nun meine eigene Welt, und ich liebe es, alles um mich auszuschalten und zu versinken in meinen Träumen, die niemals wahr werden.
Es ist schon seltsam, was man alles mit Orten verbindet. Plötzlich hat ein Park eine ganz eigene, kleine Geschichte, die nur du und ich kennen. Und weißt du noch, im Restaurant da drüben...? Ich wundere mich, ob du überhaupt noch weißt, was uns mit diesen Orten verbindet.
Ich sinke nieder auf unsere Bank, die neben dem Brunnen mit dem Rosenbeet, aus dem du mir damals einen Strauß gestohlen hast. Meine Knochen sind müde von der Arbeit, und jeder einzelne meiner Muskeln schmerzt. An Tagen wie diesen, wenn es viel zu viel von allem war,
hättest du mich hier in den Arm genommen, und plötzlich wäre das alles gar nicht mehr so schlimm gewesen. Heute ist niemand da, außer einer Mutter, die stolz ihrem kleinen Jungen nachsieht, wie er den Tauben nachjagt. Mein Blick schweift weiter, die Sonne blendet mich so stark, dass meine Augen schmerzen. Seit 5 Tagen bin ich nun alleine, aber es scheint eine verdammte Ewigkeit zu sein, und ich kann es nicht ertragen, mir ist schlecht, weil ich nicht schlafe und erst recht auch nichts essen kann. Deine ganzen Worte bohren wie Messer in meinem Kopf und ich will gegen Wände laufen, um deine Stimme nicht mehr hören zu müssen.
„Sarah, es tut mir leid, aber unsere Vorstellungen sind einfach zu verschieden, als dass wir zusammen leben könnten. Ich bin einfach nicht bereit für eine enge Beziehung, ich möchte erst mal ausprobieren was zu mir passt...Wir könnten ja hier und da mal was miteinander haben, verstehst du, was ich meine ?“
Ja, Jan, ich verstehe dich, sehr gut, nur dieser ganze Mist macht mich krank, ich bin krank weil ich dich liebe, kannst du das verstehen ? Weißt du, was das heißt, jemanden zu lieben, dass man eins wird mit dem anderen, seinen Schmerz spürt und niemals, niemals auseinanderbrechen will ?
Die Mutter neben mir steht auf und wirft mir einen mitleiden Blick zu.
„Geht es ihnen nicht gut, junge Frau?“
“Ach was, hervorragend..“ lache ich ihr entgegen, und ich ekle mich vor meiner eigenen Fassade, die mich soviel Kraft kostet aufrecht zu erhalten, dass ich beinahe zusammenbreche.
Dann bleibt mein Atem stehen, und ich spüre, wie jedes einzelne Nackenhaar sich aufrichtet, eiskalte Schauer kriechen meinen Rücken hinunter, bis ins Mark. Mein Herz rast so sehr, dass ich meine es festhalten zu müssen , damit meine Brust nicht zerreißt.
Du bist da.
Schon von weitem und trotz der blenden Sonne erkenne ich dich. Du solltest wissen, dass ich dich immer finden würde, irgendwie besitze ich diesen Sinn, der mich zu dir führt, und wenn tausende von Menschen die zu verbergen suchen.
Schön zu sehen, dass du immer noch das grüne Poloshirt trägst, das ich immer so gerne mochte. Sowieso verbinde ich nun alles grüne mit dir.
Du scheinst zu warten, denn du bist genauso unsicher, wie du es immer warst als wir uns trafen. Dann habe ich dich erst immer für wenige Minuten beobachtet, bevor ich zu dir ging, weil ich einfach genießen wollte, zu wissen, dass du nur mir gehörst und nur für mich wartest.
Jetzt drehst du dich langsam um...oh ich versinke wieder in deinen schokobraunen Augen.
Du siehst mich nicht. Ich will aufspringen und zu dir laufen, dir sagen wie sehr ich dich liebe und dass du es auch tust...Meine Arme um dich legen, endlich, endlich wieder, ich spüre dieses Brennen , das ich nicht ertragen kann und das mich umbringt...
Doch sie, dieses kleine blonde Wesen, ist schneller als ich.
Sie kommt dir entgegen und strahlt heller als das gleißende Tageslicht.
Und ich kann sehen, wie du lächelst, deine Augen werden ganz groß und du breitest deine Arme aus. Umfangen von dir wirft sie mir einen Blick zu, und sie lächelt.
Ich kenne sie nicht, ich will es auch gar nicht, aber ich weiß, dass ich sie hasse, sie verletzen will, denn das hier übersteigt alles was ich an Schmerz aushalten kann.
Was ist das noch, mein Leben, welchen Wert hat das alles noch wenn ich dich verloren habe?
Ich renne los. Immer schneller, schneller. Meine Augen zerrinnen in tausend Strömen, heiße Glut die mich verbrennt. Vorbei an den Leuten, vorbei an unserem Park, aber ich sehe nichts, gar nichts, und meine Empfindungen sind Eis.
Du weißt was ich jetzt tun werde, und das ist dein Werk, sieh es dir nur an, ich will dass du leidest sowie ich gelitten habe, du sollst meine Schmerzen fühlen, solange du lebst.
Da, unsere Brücke, weißt du noch, wie wir am Geländer standen und uns schwindelig wurde?
Genau da stehe ich jetzt, aber mir ist nicht schwindelig, nein, als ich mich vorne über beuge, und ich denke an dich und wie du sie küsst, alle Bilder sind wieder in meinem Kopf, bevor ich loslasse und springe.