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Das Femina-Komplott
Das Femina-Komplott
Es ist ungeheuerlich! Die Entdeckung meines Freundes George darf nicht verloren gehen. Deswegen schildere ich hier die letzten Szenen, die in direktem Zusammenhang mit seiner Aussage stehen und hoffe, dass mir jemand weiterhilft, Tipps und Ratschläge für mein weiteres Vorgehen gibt.
Es geschah vor zwei Tagen:
Marion war nun mal meine Traumfrau und zu neunzig Prozent verstanden wir uns hundertprozentig. Der Hörer war noch warm als George, schweißnass, mit gehetztem Eindruck, in mein Zimmer gestürzt kam. Seine Haare standen wirr vom Kopf ab, seine Klamotten sahen aus, als hätte er sie nach dem Schleudergang tropfnass von einer Dampfwalze überfahren und dann in einem beheizten Häcksler trocken lassen.
„Du glaubst nicht, was ich entdeckt habe. Einzig und allein nur durch logisches Überlegen!!“
„Logisches Überlegen? Bei dir? Hallo, das Wort gehört nicht in deinen Sprachschatz. Deine Logik ist für´n Arsch.“
Schlechtes Timing, lieber George. Meine Laune war nicht gerade die Beste. Gerade hatte mir Marion zu verstehen gegeben, dass ich dieses Wochenende besser zuhause schlafen solle, da sie…, na ja ich wüsste ja schon. Wäre sowieso nix drin, die Indianer aufm Kriegspfad und so.
„Hör mir zu, quatsch nicht dazwischen und lass mich zu Ende reden. Dieser Logik kannst du nichts entgegensetzen.“
Er war richtig aufgeregt, hektische Flecken unterstrichen die Wichtigkeit seiner Entdeckung.
„Setz dich hin und hör zu.“ Energisch schob mir George den Stuhl unter den Hintern und nötigte mich mich hinzusetzen. „Es fing an mit Karin. Sie hatte mal wieder die Tage! Ein Trauerspiel. Das Leiden greift jedes Mal mit brachialer Gewalt ins Intimleben unserer Ehe ein. Kennst du ja. Mann hat dann viel Zeit, sich Gedanken zu machen, über dieses und jenes und das, was den Anstoß zu dieser Denkzeit gegeben hat. Wie sagt man so schön: „Die Indianer sind auf dem Kriegspfad…“ Kriegspfad? Am Arsch. Anders als im wirklichen Leben bringt dieser Kriegspfad unseren „Squaws“ bei genauer Betrachtung nicht Krieg, Unruhe, etc., sondern Frieden und Ungestörtheit. Ein Paradoxon, fiel mir auf und gleichzeitig ein verhängnisvoller Gedankensplitter. Warum verhängnisvoll? Weil es in mir zu arbeiten begann, nun immer stärker nagt und bohrt und mich zu folgenden Überlegungen inspiriert hat:
Meine Frau hat in regelmäßigen Abständen ihre Tage – sagt sie. Bisher von mir nie bezweifelt, warum auch – ein allgemein gültiger Leidensumstand, der das schwache Geschlecht befällt, weil es nicht in der Lage ist den Körper in ausreichender Form zu kontrollieren. Soweit logisch und von mir kritiklos hingenommen. Das Badezimmer wurde dann abgeschlossen, um mich nicht dem furchtbaren, besser: blutigen Anblick eines dadurch unästhetischen gewordenen weiblichen Geschlechtsorgan auszusetzen – auf dass ich nicht die Lust verliere. Okay, zwar nicht so richtig nachvollziehbar – bei der Geburt sollte ich dann aber doch dabei sein – aber ich habe gelernt, dass Frauen manchmal andersherum reden und fehlende Argumente durch „das ist doch ganz was anderes“ oder ähnliche Metaphern für „quatsch jetzt nicht dazwischen, lass mich doch einfach mal Recht haben“ ersetzen.
Aber jetzt? Ich überlegte und der Stachel des Zweifels bohrte sich zusehends tiefer in mein männliches Ego. Was wäre, wenn es diese „Tage“ gar nicht gäbe? Wenn sie gar nicht so schmerzvoll wären? Wenn es „nur“ eine Nationenübergreifende, Generationenlange, weibliche List sei, um sich ein paar freie Tage zu verschaffen? Und was, wenn es – THINK BIG - nicht nur diese eine gelogene, vorgespielte Sache gäbe, sondern viel mehr?“
Er stand vor mir, mit beiden Händen Besitz ergreifend die Armlehnen meines Stuhles umklammernd. Sein Gesicht Zentimeter von meinem entfernt, die Augen hypnotisierend in meine vertieft.
„Der Reihe nach. Analytisch geschult habe ich von vorn begonnen. Wie und wann könnte so eine List ihren Anfang genommen haben?“ Er hatte sich aufgerichtet und begann dozierend im Zimmer umherzulaufen.
„Um sich derart weltweit ausbreiten zu können, wäre der logischste Ansatz den Beginn einer solchen Lüge ganz weit in der Vergangenheit zu suchen. Und wo? Natürlich! Bei Eva! Die hat mit der ganzen Lügerei überhaupt erst angefangen – das ist dokumentiert. Adam, also wir Männer, sind ja von ihr angelogen und dazu verführt worden und wer einmal lügt... Der Anfang wäre also klar. Der Grund auch, denke ich. Überlege mal, Adam war im Paradies, d.h. den ganzen Tag nichts zu tun und dauernd eine junge, knackige, nackte Frau neben sich. Was soll einem Mann da anderes einfallen. Und unterstellen wir mal Eva war eine normale Frau, hatte die natürlich noch eine andere Lieblingsbeschäftigung, kennste von Karin - nämlich Paradies putzen – und den genetischen Drang dafür mal ein paar ungestörte, freie Tage zur Verfügung zu haben. Konsequenterweise sagte sie Adam, sie könne jetzt nicht, sie hätte nun IHRE Tage und zur Untermauerung brachte sie einige der oben genannten Metaphern für fehlende Argumente. Aber Adam war noch nicht derart konditioniert, wie unsereins und bestand auf einer vernünftigeren Begründung. Eva begann in ihrer Not vor Verlegenheit Blut und Wasser zu schwitzen.
Ja, so entstand die größte aller Lebenslügen. Und weil das derart gut geklappt hatte, erlaubte sich Eva ein paar Wochen später nochmals ein paar freie Tage. Damit es nicht zu sehr nach Hobby aussah, erfand sie fürchterliche Schmerzen und ließ sich von Adam bedauern. Später wird sie sicher bereut haben, sich bei Adam festzulegen, das sei ein ganz normaler Vorgang, der alle vier Wochen wiederkehre. Im Nachhinein betrachtet, hätte sie sich sicherlich lieber alle zwei Wochen (oder wöchentlich) mit Putzen austoben wollen.“
Ich konnte nicht anders, ich musste grinsen. Stimmt, meine Marion brauchte ihren Freiraum zum Putzen und den gewährte ich ihr gern, samstags, während ich zum Fußball ging. Folglich nickte ich. Er fuhr fort.
„Die weitere Verbreitung dieser Lüge initiierte Eva persönlich, indem sie ihre Töchter Kain und Abel während ihrer Pubertät mit ins Badezimmer nahm und ihnen die Vorteile dieser „Tage“ schilderte.“ Er stutzte und gerade als ich ihn auf einen kleinen historischen Fehler aufmerksam machen wollte, fuhr er fort: „Vielleicht hat sie es aber auch nur ihren Schwiegertöchtern erzählt, woher auch immer die gekommen sein mögen – ist jetzt nicht mein Thema.
Bei meiner Tochter zum Beispiel. Irgendwann während der Pubertät fing plötzlich Getuschel an, Mama und Tochter verschwanden geheimnisumwittert ins Badezimmer und Stunden später verkündete meine Tochter voller Stolz „ich hab meine Tage„. Wieso strahlt man so, wenn man gesagt kriegt, dass ab jetzt das monatliche Elend anfängt? Blut, Schmerzen, Tränen, nicht mit zum Fußball können, etc. Trotzdem Freude? Nein, nein, kleine Mädchen sind noch nicht so ausgebuffte Lügnerinnen / Schauspielerinnen. Meine Tochter hat jedenfalls eindeutig was Schönes erzählt bekommen, zum Beispiel konnte sie bereits eine Stunde nach der Verkündung keinesfalls mehr den Müll raus bringen und die Hausaufgaben brauchte sie auch nicht machen. So schnell erkennen Frauen ihre Chancen und nutzen sie aus.“
Ich war schon etwas verblüfft. Genau das hatte ich auch erlebt, vor einigen Jahren. George fühlte sich von meinem hilflos, irren Grinsen bestätigt und textete mich weiter zu.
„Und wenn wir, von dieser ersten Lüge ausgehend, weitere nicht mehr absolut ausschließen können und diverse Gegebenheiten kritisch hinterfragen, geht einem so manches Licht auf.
Frauen sind von Natur aus schwach – deswegen schleppen sich in allen christlichen Ländern die Männer mit allem ab, was schwerer als eine Flasche Meister Propper ist. Dass es im Islam andersherum geht, muss daran liegen, dass es bei der Überlieferung an die Frau von Mohammed zu einem Missverständnis gekommen ist.
Frauen sind von Mäusen, Spinnen und Insekten stärker gefährdet als Männer, besonders nachts – deswegen sind wir für deren Beseitigung zuständig.
Frauen können sich nicht orientieren – deswegen kommen sie immer zu spät vom Einkaufen zurück. Verlaufen / verfahren sich total und kommen auf ihren Irrwegen immer zufällig an dieser entzückenden, kleinen, exquisiten Boutique vorbei. Die Behördengänge hingegen und alle weiten Strecken können sie nicht erledigen, weil sie sich diese komplizierten Wege nicht merken können und das Navigationsgerät können sie leider nicht benutzen, da ihnen dafür jedes technische Verständnis fehlt. Zugegebenerweise kommt das Argument gegen den Einsatz eines Navigationsgerätes wahrscheinlich nicht von Eva, aber wer behauptet denn, die Frauen heutzutage seien nicht kreativ genug, um auf der Eva-Tour rumzureiten? Oder dass sie nicht hin und wieder Übermittlungsfehler begehen, die sich, anders als bei der Frau von Mohammed, positiv auswirken?
Jedenfalls gibt es noch viele, viele dieser Lügen und Indizien dafür, man muss sie nur erkennen. Fragst Du Dich manchmal, woher es kommt, dass in der Regel Männer arbeiten gehen und Frauen Zuhause ihre Kaffeekränzchen halten? Fragst Du dich, warum die Milchfrau einmal, der Postbote aber zweimal klingelt? Warum sehen die Haare von Frauen nach zwei Wochen furchtbar aus, während sie bei uns nach sechs Wochen noch immer akzeptabel sind?“
Er machte ein paar extrem schwul wirkende Gesten indem er seine Haarpracht augenscheinlich sanft liebkoste und nach hinten strich.
„Wer, welcher Berufsstand, außer den Frauen,“ fügte er hinzu, „schminkt sich noch? Welche Folgen ergeben sich aus all den Schauspielereien / Lügengeschichten? Wie stark ist die Evolution davon beeinflusst worden? Ist der Faktor Mann eventuell gar nicht zum Zuge gekommen, weil er durch das Rumschleppen von Einkaufstüten, Totschlagen von Mücken und dem Erledigen von Behördengängen von wirklich wichtigen Dingen abgelenkt wurde? Ist die Diskussion um die Emanzipation der Frau vielleicht auch nur ein weiters Ablenkungsmanöver aus der femininen Lügenfraktion? Eine behauptete Umkehr der realen Situation?“
Er hatte sich immer stärker in das Thema hineingesteigert. Sein Blick war unstet, sein Tonfall ging unmerklich in ein Flüstern über, zum Ende eines jeden ausgesprochenen Gedankens meinte ich schon fast ein Kichern zu hören.
„Wir werden beschäftigt, abgelenkt, manipuliert und in unserer Entwicklung behindert. Seit Jahren, Jahrzehnten, Jahrhunderten. Sind wir letzten Endes nur das finale Konstrukt weiblicher Wunschvorstellungen? Psychisch gen-manipuliert? Haben wir überhaupt noch eigene Wünsche? Und ich meine: „eigene“ Wünsche. Gehen wir vielleicht nur deswegen zum Fußball, damit ein weiterer „Tag“ zum Putzen zur Verfügung steht? Spielt die Bundesliga aus diesem Grund wöchentlich? Heißt die englische Woche so, weil ausgerechnet eine Engländerin einen Extra-Tag brauchte, um das Silber zu putzen? Gehen wir gern mal mit unseren Kumpeln einen trinken, weil irgendwann und irgendwo eine Frau abends ihren Mann los sein wollte?“
Nun, ich bin wirklich kein Ignorant. Je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr musste ich ihm Recht geben, desto mehr bezweifelte ich die Selbständigkeit männlichen Handels. Die fast schon zwingende Logik seiner Gedanken ließ mich erschauern. Einzig logische Erklärung für all das, was er ausgeführt hatte, war ein galaktisches feminines Komplott, dessen Ziel klar herauszuarbeiten ich mich, derart überrumpelt, noch nicht in der Lage sah.
Bildete er sich, ich mir, das alles nur ein? Oder hatten sie uns wirklich an den Eiern? Gab es, nein, gibt es ein heimliches Lachen in den Küchen und Bügelzimmern aller Länder? Saugen die Binden und Tampons dieser Welt nicht das Blut der Frauen, sondern den Verstand der Männer restlos auf? Steht das Y-Chromosom nicht nur im Alphabet hinter dem X? Fragen über Fragen. In Gedanken versunken entließ ich George mit einem: „Werd drüber nachdenken“, packte ihn an den Schultern und schob ihn zur Tür. Ich war gerade im Begriff mich zu setzen, als das Telefon klingelte.
Nach elfmaligem Klingeln hatte ich folgende Gedankengänge ohne Resultat abgewickelt: Ist der Tag der Offenbarung gekommen? Hat man George diese Gedanken implantiert damit den Männern ihre Rolle endlich bewusst würde? Damit das letzte bisschen Ego von der Erkenntnis weggespült wird, ein Spielball „höherer Mächte“ zu sein? Oder würde der Versuch der Bekanntgabe dieses Komplotts in Kürze zu einem unfallbedingten Dahinscheiden des Nachrichtenüberbringers führen, seine entsprechende Publikation einem schwerwiegenden Systemfehler unterliegen und in Verbindung mit einem Serverabsturz zur Dienstzeit von Frau Webmaster ungelesen im feministisch-digitalen Nirwana der Bits & Bytes verschwinden?
Als ich den Hörer ans Ohr genommen hatte, erklang Marions „Hi Mausi“ und wirkte als Initialzündung für einen Hirn-Tsunami der allerfeinsten Sorte. Es brach aus mir heraus:
„Du kannst dir alles sparen. George hat mir die Augen geöffnet. Ihr seid durchschaut! Brauchst mir gar nicht weiter die Mitleidsnummer vorzuspielen. Schmerzen, Übelkeit und so´n Scheiß. Sag doch direkt wenn du keinen Bock hast und lieber aufräumen willst. Und ja, wenn du es genau wissen willst, ich werde es veröffentlichen. Und nicht nur digital, auch auf Papier, tausendfach. Und beim Notar werde ich es hinterlegen. Wenn mir dann was passiert bekommt das FBI die ganze Geschichte.“
Auf der Gegenseite herrschte Stille. Nur ein schweres Atmen zeugte davon, dass Marion die Verbindung noch nicht unterbrochen hatte.
„Wollte dir eigentlich nur mitteilen, dass ich mich im Kalender verguckt habe, ist noch eine Woche hin. Und dass ich spitz bin wie… Aber so wie du gerade drauf bist geh drucken oder gehe mit deinem Notar poppen, aber lass dich hier nicht mehr blicken.“ Auf das „blicken“ folgte ein arrogantes, Wortabschneidendes `Klick´ und schon war ich mit dem unpersönlichen Rauschen der Telekom und meinen Zweifeln allein.
Was bleibt mir noch zu sagen? Ihr wisst jetzt alles, was ich auch weiß. George ist seit gestern spurlos verschwunden. Ach ja, mein erster Versuch Georges Theorie im Internet zu publizieren ist gescheitert. Kaum, dass meine Ausführungen für jedermann im Netz zugänglich waren verschwanden sie auch schon wieder. Gewisse Formalien seien nicht erfüllt gewesen, es sei nur eine Theorie, so der Kommentar eines Gehilfen der Webmasterin. Ich setze auf euch, Geschlechtsgenossen! Helft mir, helft Euch! Kampf dem Lügen-Imperium. Ich allein bin im Moment noch zu stark verunsichert, noch zu ratlos.
Bis zu Euren Hinweisen werde ich jetzt die Tastatur zur Seite legen, mich in embryonaler Stellung auf dem Sofa hinkuscheln, in unschuldigem Andenken „Mama“ flüstern, am Daumen lutschend versuchen bis morgen zu einem maskulinen Selbstbildnis zurück zu finden und dann mit Eurem Rückhalt den Kampf aufnehmen.