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Das Fest zu Ehren des Offenen Herzens
Die Tiere des Waldes versammelten sich, um über den Zustand der Welt zu beraten. Ein Projekt, das sie eigentlich schon aufgegeben hatten, doch immer wieder führte das Wissen über die eigentliche Schönheit der Welt die Tiere zusammen.
„Die Menschen sehen eine Blume und wünschen, sie sofort zu pflücken, in eine Vase zu stellen oder auszubuddeln und in ihren Vorgarten mitzunehmen. Sie sehen einen Vogel und benennen ihn sofort bei Namen, klassifizieren seine Art, seine Herkunft. Ihnen ist es zu einfach, diesen Moment zu genießen und andauern zu lassen, um sich klar darüber zu werden, dass er die Schönheit der Natur an sich verkörpert.“
Mit diesen Worten eröffnete der Zitronenfalter seine Rede. Er war bei den anderen Tieren dafür bekannt, die Verwandlungsprozesse der Welt im Großen zu erfassen.
Der Bär erkannte, worum es sich bei dieser Sache handelte und brummte, sodass nur wenige seine Worte verstehen konnten, aber der Sinn hinter den Worten war allen klar. Sie hatten mit dem Herzen verstanden.
„Die Menschen wissen nichts mehr von der Welt ohne Geistesblitze über Wissenschaft, ohne Vernunft, - ohne diese Schere, die den Vogel von dem Augenblick der Schönheit abschneidet und in zwei teilt, was immer schon eins war:
Der Vogel und das sich freuende Herz.
Die Blume und das gesamte Gebirge von dem sie beherbergt wird.
Das Du und das Ich. Die Welt und die Erde. Die Erde und das Universum.“
Die feine Wurzelspitze der Blume, streckte sich so weit wie es ihr möglich war und zeigte so ihre Gemeinsamkeit mit dem Funkeln der Sterne und dessen Augenzwinkern zu einem Einsamen bei Nacht. Sie brachte dies auf ihre Weise in den Kreis der Tiere ein und erweiterte deren Wissen um einen winzigen Grad, der wegen der Schönheit seiner Botschaft zu einem Regenbogen über den Ästen der Bäume wurde.
Doch eine kleine Wühlmaus wand ein: “Wenn alles eins ist, warum spielt dann der Verstand immer das Spiel der Trennung? Wenn alles eins ist, ist dann nicht auch Verstand und Herz eins? Woher kommt der Gegensatz des Menschen mit der Natur? Von seinem zu groß mutierten Gehirn?“ Die Tiere lachten und redeten durcheinander. Doch die Antwort der Wühlmaus entging trotzdem keinem.
„Es ist das ewige Leid des Menschen, das Einfache kompliziert zu machen, berechnen zu wollen, auf eine Zukunft hinzuarbeiten, die nur in ihren Köpfen existiert!“
Zustimmendes Raunen ging durch die Reihen. Dass eine Wühlmaus einen Blick für die Dinge hatte, war den meisten bekannt, man sagte, ebenso wie sie die Erde durchwühlte, grub sie auch Verbindungen zwischen Ideen, zwischen denen eine Brücke bisher gefehlt hatte.
Nun war der Steinadler an der Reihe, seine Weisheit kundzutun. Er hatte aus den Lüften kleine Energiebündel beobachtet, die nicht der Vernunft verfallen waren.
„Ein Kind lässt das Leben fließen, wie ein Wasserfall nach der Schneeschmelze… es feiert in jeder Sekunde die Schönheit in der Einfachheit der Dinge und sein Lachen kommt aus dem Herzen. Wenn es weint, erschütten sich aus ihm der Schmerz und die Verschlossenheit der Erwachsenen, die verlernt haben, zu weinen. Wir Tiere haben diese Fähigkeit nicht, unser Lachen und Weinen nach außen zu zeigen, die Menschen aber können es vielleicht durch die Kinder wieder lernen. Lasst uns ein großes Fest feiern, das dem Lachen und Weinen der Kinder gewidmet ist! Auf dass sich die Herzen der Menschen wieder öffnen! Auch wenn wir wissen, dass es sich schnell wieder verschließt, müssen wir auf den Augenblick des offenen Herzens der Menschen hoffen.“
Am folgenden Tag hatte sich die Botschaft bereits im ganzen Tierreich verbreitet. Jedes einzelne Tier feierte ein großes Fest zu Ehren des offenen Herzens. Zusammen bildeten sie eine Gemeinschaft der Freude, die sich auf die ganzen Welt übertrug – und für einen Moment, vergaß jeder Mensch auf Erden, wer er war und fühlte sich eins mit dem Lachen der Berge. Der Wind säuselte jedem eine liebliche Melodie ein.
Die Kinder merkten sich diese Melodie und sangen sie manchmal, wenn ihr Lachen oder ihr Weinen auf kalte Gesichter gestoßen war.