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Das gefräßige Monster aus dem Dschungel
Das gefräßige Monster aus dem Dschungel
Es raschelt etwas in meiner Wohnung. Schnell stelle ich den Regler der Stereo Anlage auf Null, um das Geräusch besser lokalisieren zu können. Nach ein paar Sekunden des Wartens, höre ich abermals ein zaghaftes Rascheln. Diesmal erkenne ich woher. Langsam und vorsichtig pirsche ich mich an meine kleine, hoffnungslos überfüllte Vorrats / Abstellkammer an; und siehe da, wer schaut mich etwas verdattert aus seinen kleinen braunen Knopfaugen an? Die kurzen Hinterbeine und der lange, bauschige Schwanz sind komplett im miefigen Mülleimer verschwunden. Zu sehen ist nur der kleine, runde Kopf und die kurzen Hände, welche eine leere, etwas verbeulte „Red Bull“ Dose umklammert halten. Nach einigen Schrecksekunden, wendet mein kleiner Mitbewohner den Blick wieder ab und fährt unbeeindruckt damit fort, seine Schlauchähnliche Schnauze in die winzige Öffnung dieser Dose zu stecken. Süß sieht er dabei aus, aber davon kann ich mich jetzt nicht erweichen lassen. Ich muss ein bisschen mehr Strenge walten lassen! Damit ich den umher liegenden Müll wieder an seinen Bestimmungsort befördern kann, muss ich zuerst das buschige, gelblich gefärbte Fellmonster aus meinem Mülleimer herausbekommen. Das ist einfacher gesagt als getan. Eigentlich ist diese Tierart sehr scheu und ängstlich, nur mein kleiner Quälgeist ist in Folge meiner Erziehungsmaßnahmen dermaßen verzogen, dass sein Widerstand mich etwas mehr als gutmütige Beschwörungen kostet. Ein paar Minuten später und um etliche Kratzer reicher, sitze ich in mitten eines bunten Müllberges, einen nicht weniger erschöpften, aber zufrieden drein blickenden”Cyclopes didactylus“ in den Händen haltend, auf dem Küchenboden.
Angefangen hat alles im heißen Sommer 2005, als ich fast an meinem peinlichen Ameisen Problem verzweifelt wäre. Hunderte, wenn nicht tausende von diesen winzigen, ständig herumwuselnden Viechern bevölkerten meine 35Quadrat Meter große Studenten Wohnung. Sie hatten schon richtige Straßen gebaut, auf denen meine kostbaren Leckereien wie Eiscreme, M&Ms, Früchte und Sonstiges Richtung Nest befördert wurden. Ich hatte ständig das Gefühl irgendetwas krabbelt an meinen Füßen oder anderen für Ameisen nicht erlaubten Körperstellen. Ich begegnete dem Problem mit allem was die moderne Schädlingsbekämpfung so hergab. Ameisen Pulver, Ameisen Spray, Ameisen Fallen. Nichts half. Als auch der Kammerjäger mit seiner Chemiekeule nichts zu ändern vermochte und mit der Zeit nicht nur Nahrungsmittel, sondern auch meine teure Mascara, kleinere Geldbeträge und Schmuck auf unerklärliche Weise verschwanden, fand ich, war es an der Zeit drastischere Maßnahmen einzuleiten.
Ich recherchierte also im Internet über die Haltung von Ameisenbären. Diese dümmlich aussehenden, sehr gemütlichen Tiere waren mir sofort sympathisch, das Problem war nur, das man sie nicht in einer Zoohandlung bekommen konnte. Ameisenbären sind nämlich angeblich keine Haustiere und dürfen in Privathaushalten nicht gehalten werden. Ich hatte die Hoffnung schon fast aufgegeben und schaute mich nach einer neuen Wohnung um. Dann passierte etwas unglaublich Schicksalhaftes. Ein Freund von mir, der einen Job im Düsseldorfer Zoo als Tierpfleger hatte, rief mich an und fragte mich, ob ich nicht Lust hätte die Ziehmutter von dem Neugeborenen, von der Mutter verstoßenen, Zwergameisenbären Baby zu werden, das erst kürzlich das Licht der Welt erblickt hatte.
Da sich Zwergameisenbären in ihrem natürlichen Lebensraum, dem Kapokbaum, am liebsten aufhalten, habe ich provisorisch einen alten Katzenbaum von meiner Tante ausgeliehen. Hier kann der kleine Fibo, so hab ich ihn getauft, bis zu seiner Auswilderung im Düsseldorfer Zoo, ein wenig austoben. Doch dieser Katzenbaum war von Anfang an für die Katz sozusagen. Fibo genießt es indessen meine Zeitschriften Stapel zu zerflügen und in meinem Bett mit ausgestreckten Gliedern zu faulenzen. Auch beim essen macht er seiner Rasse keine Ehre, anstatt Ameisen & Termiten, schlabbert er mit seiner langen, klebrigen Zunge lieber Eiscreme und Schokolade. Die Ameisen, die mich wie jedes Jahr im Sommer mit ihrer zahlreichen Anwesenheit beehren, stört es nicht. Und Fibo? Der frisst mit vollem Genuss das Ameisen Pulver.