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Das Geständnis eines Schuldlosen

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12.11.2008
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Das Geständnis eines Schuldlosen

Der Draht fehlte. Er hatte es geahnt, gespürt mit jeder Faser seines altgeschundenen Körpers, hatte es nicht wahrhaben wollen, doch jetzt zeigte ihm das leere Blatt vor ihm deutlich die unerbittliche Wahrheit auf.

Er schüttelte sein schon vor so langer Zeit ergrautes Haar. Wieso hatte er sich nur auf die Sache eingelassen? Wieso hatte er nicht einmal in seinem Leben “Nein!” sagen können?
Er seufzte. Er wusste doch wieso, wusste, wieso er sich diese Last, diese Bürde selbst auferlegt hatte. Seine zittrigen Finger schliffen über das weiße Papier, versuchten den Moment einzufangen, doch sie hatten verlernt wie man zugriff, hatten verlernt, was ihnen früher so einfach gefallen war, was früher sein Leben, seine Arbeit gewesen war...

Tränen rannen über seine Wangen, stürzten sich wie eine Flut auf das Weiß vor ihm, doch dort gab es nichts wegzuspülen, und er wusste nicht, ob es jemals wieder etwas geben würde, was wert sein würde, es fortzuspülen.

Verzweifelt nahm er wieder den Stift in die Hand, versuchte sich zu erinnern, wie das Leben gehen würde, doch es war nichts mehr als Leere da.

Leere, Leere, Leere.

Er wusste, er war nur ein Gefäß gewesen. Ein Gefäß, für etwas, was er in dem Moment seines Verrats ausgeschüttet hatte. Er schluchzte wild. Ja, das war es gewesen, ein Verrat. Ein Verrat an sich selbst.

Er hatte seine Seele verraten, er hatte seine Seele verloren, bald würde die Hölle auf ihn warten. Oder war er nicht schon in der Hölle? In der Hölle, die er sich selbst ausgesucht hatte? Es klopfte an der Tür. Er wusste gleich würde der Beamte reinkommen und sein Geständnis fordern, ein Geständnis, das nicht geben konnte. Er konnte nicht die Schuld eines anderen auf sich nehmen, auch wenn es die seiner Tochter war. Er konnte keinen Mord gestehen, den er nicht begangen hatte, auch wenn es der an seinem Schwiegersohn war.

Sein Leben war verronnen, zerbrochen an dem Leid seiner Seele, der er zu viel zu gemutet hatte. Verzweifelt blickte er sich um, es klopfte wieder.
“Zehn Minuten noch, dann bin ich fertig!”, rief er.
“In Ordnung, Herr Sollmann. Nehmen sie sich so viel Zeit wie sie brauchen.”
Er löste seinen Krawattenknoten, sah das Heizungsrohr an der Decke.

10 Minuten würden reichen.

 

Hallo Jeni,

deine Geschichte erinnert mich an ein Buch, das ich gerade gelesen habe: Die Wahrheit meines Vaters. Wollt ich nur mal gesagt haben.
Also eingentlich gefällt sie mir ganz gut, sehr kurz gehalten, allerdings fehlen mir als Leser ein paar Informationen, die ich eigentlich gerne noch hätte. Beispielsweise den Grund dafür, warum er bereit ist, dieses Opfer zu bringen, den Verrat an sich selbst, wie du es nennst.

Hier noch ein paar kleine Änderungen:

Er wusste gleich würde der Beamte reinkommen
Da fehlt ein Komma hinter "wusste"

ein Geständnis, das er nicht geben würden, nicht geben konnte.
Das stimmt irgendwie nicht. Vielleicht lässt du den mittleren Teil einfach weg und schreibst nur: ein Geständnis, das er nicht geben konnte.

auch wenn es das seiner Tochter war

auch wenn es DIE seiner Tochter war

der an seinen Schwiegersohn war.
der an SEINEM Schwiegersohn war.

Das Ende ist schon ein bißchen heftig, da man ja eigentlich nicht erfährt, wieso es so weit gekommen ist. Aber wie gesagt, mir gefällt die Geschichte und die manchmal ein bißchen überzogenen Beschreibungen auch

 

Hallo Seramona,

Leser ein paar Informationen, die ich eigentlich gerne noch hätte. Beispielsweise den Grund dafür, warum er bereit ist, dieses Opfer zu bringen, den Verrat an sich selbst, wie du es nennst.

... weil er sie liebt... schließlich ist sie seine Tochter. Und er dachte, er könnte ihre Bürde (ihren Mord) auf sich nehmen, sie beschützen, aber er kann es nicht.

Das Ende ist beabsichtigt hefitg, denn der Vater hat - so deekt er- keine Wahl mehr. Entweder er schreibt das Geständnis - und das kann er nun nicht einmal - , oder er gibt zu, dass er es nicht war - und dann würde er seine Tochter nicht mehr "beschützen" können- für ihn also auch unmöglich...

Schön, dass dir meine Geschichte gefallen hat :)

LG
Nina

 

Gefällt mir, ganz besonders das Ende: subtil, aber doch eindeutig.

 

Hallo Jeni.

Die Details zu erst:

Er hatte es geahnt, gespürt mit jeder Faser seines altgeschundenen Körpers, hatte es nicht wahrhaben wollen, doch jetzt zeigte ihm das leere Blatt vor ihm deutlich die unerbittliche Wahrheit auf.
Ich denke, dieser Satz sollte von einigen Wörtern befreit werden. Zum einen von der Dopplung am Anfang - ich denke, dass der Lesefluss dann flüssiger läuft. Zumal mit dem "nicht warhhaben wollen", ja noch mal darauf eingegangen wird. Der Teil ab dem "doch" klingt holprig, zum einen wegen der "ihm" Wiederholung, zum anderen wegen der Worthülsen "deutlich" "unerbittliche" und "auf" - ich würde sie ersatzlos streichen und mir auch überlegen, ob eines der ihm vielleicht raus kann.

Er schüttelte sein schon vor so langer Zeit ergrautes Haar.
Das klingt nach Selbstzweck. Du lässt ihn die Haare schütteln, weil du deren Farbe zeigen willst, nicht weil es dafür einen Grund gibt. So kommst es mir jedenfalls vor. Außerdem ist das Bild ein Klischee.

Er wusste doch wieso, wusste, wieso er sich diese Last, diese Bürde selbst auferlegt hatte.
Wenn du die Dopplung behalten willst, würde ich eines der "wieso" durch "weshalb" ersetzen, so klingt es nicht ganz sauber für mich.

Seine zittrigen Finger schliffen über das weiße Papier, versuchten den Moment einzufangen, doch sie hatten verlernt wie man zugriff, hatten verlernt, was ihnen früher so einfach gefallen war, was früher sein Leben, seine Arbeit gewesen war
Das "schliffen" würde ich durch "striechen" oder der gleichen ersetzen, klingt für mich etwas hart für die wohl eher sanfte, verzweifelte Geste. Das "hatten verlernt" klingt zweimal so kurz hintereinander nicht besonders schön.

Tränen rannen über seine Wangen, stürzten sich wie eine Flut auf das Weiß vor ihm, doch dort gab es nichts wegzuspülen, und er wusste nicht, ob es jemals wieder etwas geben würde, was wert sein würde, es fortzuspülen.
Das "wie eine Flut" klingt übertrieben, selbst wenn er noch so weint. Es erinnert mich an die überdeutlichen Emotionen der Mangas und würde es deshalb streichen.

Er konnte keinen Mord gestehen, den er nicht begangen hatte, auch wenn es der an seinem Schwiegersohn war.
Hier macht das "auch" meinen Augen keinen Sinn. Es wird doch nicht leichter schudlos einen Mord zu gestehen, "nur" weil er am eigenen Schwiegersohn verübt wurde und nicht an einem Fremden.

Er hatte seine Seele verraten, er hatte seine Seele verloren, bald würde die Hölle auf ihn warten. Oder war er nicht schon in der Hölle?
Sorry aber das mit der "Hölle" ist einfach zu ausgelutscht. Es ist ein Klischee und damit in dieser Flüchtigkeit, mit der du es vorträgst, völlig wirkungslos.

Sein Leben war verronnen, zerbrochen an dem Leid seiner Seele, der er zu viel zu gemutet hatte.
Das Bild stimmt nicht. Entweder das Leben ist zerronnen, was etwas fließendes hat, oder es ist zerbrochen, was etwas hartes vorraussetzt - beides geht nicht.

So nun zum allgemeinen:

Ich denke, dass deine Geschichte Potential verschenkt. Du schreibst hier von einer sehr extremen Situation. Und meiner Meinung nach brauchen solche Situationen mehr Raum um voll verstanden, voll ausgefühlt zu werden - es sei denn der Autor ist wirklich gut. In deinem Fall würde ich also zu mehr Hintergrundinformationen raten. Was genau ist passiert? Wie kam der Vater dazu das Geständnis ablegen zu wollen? Woher hat er die nötigen Informationen über den Mord? Denn um falsche Geständnisse so schwer wie möglich zu machen, werden stets detailierte Mordbeschreibungen bei Verhören gefordert.
Hinzu kommt, dass bei einer größer angelegten Geschichte dem Charakter mehr Raum zum entfalten geboten wird. So wie es jetzt ist lerne ich ihn kaum kennen. Aber eben das wäre erforderlich, um ihn zu verstehen.
Außerdem gibt es zu mindest ein Logikproblem:
Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass der Protagonist nicht unter Bewachung steht. Ein Selbstmord ist also zu mindest in der jetztigen Situation nicht möglich.
Sprachlich benutzt du viele Dopplungen, Wiederholungen und Mehrfachbezeichnungen, was an sich nicht schlecht ist - Thomas Mann etwa verwendet diese Technik des öfteren - allerdings solltest du darauf achten, dass diese Wiederholungen den Lesefluss fördern, nicht ihn behindern.

Das war's von meiner Seite
Gruß,
Kew

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Kew,

Danke für deinen ausführlichen Kommentar.
Mit den sprachlichen Dingen hast du voll und ganz Recht. Die Flut z.B. ist wirklich etwas übertrieben...

In deinem Fall würde ich also zu mehr Hintergrundinformationen raten. Was genau ist passiert? Wie kam der Vater dazu das Geständnis ablegen zu wollen? Woher hat er die nötigen Informationen über den Mord? Denn um falsche Geständnisse so schwer wie möglich zu machen, werden stets detailierte Mordbeschreibungen bei Verhören gefordert.

Also, im text habe ich dazu geschrieben:

Er konnte nicht die Schuld eines anderen auf sich nehmen, auch wenn es die seiner Tochter war. Er konnte keinen Mord gestehen, den er nicht begangen hatte, auch wenn es der an seinem Schwiegersohn war.

und wieso er do viel weiß? Vielleicht hat er sich mit seiner Tochter abgesprochen...

Ich denke, ich werde die Art des Todes auch ändern, vielleicht schluckt er ja eine kleine Pille oder so, die er reingewschmugget hat... das könnte er, wenn er geschickt ist, sogar im beisein eines Beamten machen... denke ich
ich werde die Geschichte im laufe der Woche noch einmal überarbeiten 8ich hoffe zumindest ich finde ein wenig zeit dafür), mal schaun, was dabei rum kommt...


Liebe Grüße
Nina

 

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