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Das Haus auf dem Land

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25.08.2004
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Das Haus auf dem Land

Das Haus auf dem Land


Sonntag, 1. April

Gestern sind wir in unser Haus eingezogen. Endlich. Nie wieder Autoschlangen unter dem Schlafzimmer, kein Kopfweh vom Sirenengeheul ... nur noch Vogelgezwitscher und mal ein Kinderlachen. Herrlich! Ich kann es noch gar nicht fassen, und Simon auch nicht. Stolz schraubten wir unser Namensschild an: "Simon und Hella Baumgart". Hier ist unser Paradies, unsere Idylle.

Sonntag, 16. April

Haben heute Gras gesät und waren bei den linken Nachbarn, den Bremers, zum Kaffee. Ganz entzückende Leute; nur ihr kleiner weißer Schnuffi, der immer dazwischenkläffte, störte mit der Zeit.
Die Bremers erzählten, hier auf dem Land fände man am besten Anschluss, wenn man einem Verein beitrete. Die beiden sind bei den Schützen. "Da sind auch viele junge Leute", erklärte Frau Bremer. "Die Frauen schießen genauso wie die Männer, es macht eine Menge Spaß, und an frischer Luft ist man auch."
Na ja, man kann ja mal hingehen, den Nachbarn zuliebe.

Mittwoch, 19. April

Wah suppa, ich habb dauand danebengeschossn, aba der Rudi sacht, das wird schon. Simon wah noch schlechta. Hat nachher seine gansen alten Wizze erzählt, abba nach dem vielen lauten Geballa hab ich sowieso nua noch die Hällfte vastanden.

Donnerstag, 20. April

Keine Ahnung, wie ich diesen Tag überstanden habe, Simon auch nicht. Wecker wie eine Kreissäge. Kopf zu breit für die Tür. Autofahrt reine Glückssache, Arbeit auch. Ohren klingeln. Heute erster warmer Abend. Wir auf den Liegestühlen; Schnuffi auch draußen und kläfft wie blöd. Bremers sind drin. Die wissen schon warum.

Sonntag, 23. April

Waren bei den rechten Nachbarn, den Obermeiers, zum Kaffee. Sie sind entzückend; der Mann lobte die Gestaltungsmöglichkeiten im eigenen Haus, die Frau gab uns Gartentipps. Beide redeten uns zu, sich einem Verein hier anzuschließen, wollten uns aber von den Schützen abraten; die meisten Typen da seien so angestaubt wie ihre Witze.

Mittwoch, 26. April

Wia wollten echt nichts sauffn, abba die Elke hatte Gebudtstach, da kann man sich nich ausschließn. Sinn echt eine total nette Runne, die Schützn, weiß nich, was die Obbameiers ham. Simon sagte, ich soll nich dauernd alde Wizze erzähln.

Donnerstag, 27. April

Wecker Kreissäge, Kopf, Auto Glück, Arbeit Hölle, Ohren. Mittags Wurst gekauft für Schnuffi. Er war dann abends auch zehn Minuten lang still, so lange brauchte er, um die Wurst zu fressen. Ohropax, die hat Simon gekauft. Fenster zu. Bett.

Samstag, 29. April

Samstag. Ausschlaftag. Um halb acht röhrte ein Ungeheuer los. Es wütete gegenüber, beim Mühlbauer, der es mit zwei Händen zu bändigen suchte, während es seinen Rasen fraß.
Ohropax blieben wirkungslos. Schließlich standen wir auf. Immerhin, die Sonne strahlte, und so hatten wir mehr vom Tag. Gingen spazieren. Um elf zurück; der Mühlbauer führte eine Art Minensuchgerät am Zaun entlang, das ein unentwegt hohes Kreischen von sich gab. Gelegentlich schnitt es einen nah am Zaun wachsenden Grashalm ab. Der Mühlbauer ging sehr langsam. Sein Garten ist groß.
Simon schlug vor, nach dem Essen ins Kino zu gehen. Am besten in einen Film über den perfekten Mord.

Montag, 1. Mai

Heute noch mal Feiertag. Wir werkelten zufrieden im Garten. Als wir uns später auf den Liegstühlen räkelten, kamen Schnuffi von links und der Obermeier von rechts, und der Obermeier fragte, ob er trotz Feiertag schnell ein bisschen die Steinfliesen mit der Flex zurechtsägen dürfe, er könne den restlichen freien Tag dann schön nutzen, um sie im Wohnzimmer zu verlegen. Wir nickten, nicht begeistert, aber unter Nachbarn ... wir gingen dann rein.

Dienstag, 2. Mai

Kreissäge. Kopf. Auto. Hölle. Scheiße. Wenn schon Quadratschädel, dann jedenfalls vom Saufen und nicht von zwei Stunden Gekreische mit der Flex.

Samstag, 6. Mai

Samstag. Ausschlaftag. Um halb sieben lief Schnuffi nach draußen und bellte den Regen an. Um halb acht bellte er immer noch, und wir standen auf. Man hat so mehr vom Tag.

Sonntag, 7. Mai

Der Waldsbaziergang gesdern war eine blöde Idee bei dem eisigen Regn. Bin verschnobfd. Simon husded. Misd.

Mittwoch, 10. Mai

Wecker. Gopf. Nase, Hals. Ohren zu. Gönnen uns nichd grangmelden, haben Brojegd mit Dermindrugg. Dag Hölle. Abends Schdreid um die Wärmflasche. Schüdzen so laud, zwei Sunden Geballer vom Wald rüber; fälld gar nichd so auf, wenn man selber midschießd.
Immer noch Regn. Simon sagd, dann wächsd das Gras schneller, und wir gönnen mähen. Schlägd dafür Samsdag sieben Uhr Morgends vor. Nichd schlechd.

Donnerstag, 11. Mai

Endlich besser. Auch das Wetter. Simon sagte, diese Woche war gut für unsere Leber. Herrlicher Abend. Das Gras ist schon fünf Zentimeter hoch. Wir aßen auf der Terrasse, als ein dröhnendes Monster links von uns aus dem Schuppen brach. Herr Bremer grinste uns an und sagte: "Endlich ist es trocken, und man kann mähen. Wenn euer Rasen richtig schließt, werdet ihr euch auch über solche Gelegenheiten freuen!"
Jedenfalls meinte ich, ihm das von den Lippen abzulesen. Simon glaubte verstanden zu haben: "Hier auf dem Lande hängt man nicht faul auf der Terrasse rum, man arbeitet. Und zwar laut."
Wie auch immer. Wir gingen rein.

Samstag, 13. Mai

Samstag, Ausschlaftag. Um sieben ein wahnwitziges Kreischen. Simon und ich rannten ans Fenster. Herr Obermeier rief uns zu, er wolle schön früh ein paar Stunden flexen, dann könne er nachher die freie Zeit nutzen, um alles zu verlegen.
Wir standen auf und gingen in den Wald. Jedenfalls regnete es nicht.

Dienstag, 16. Mai

Herrlicher Terrassenabend. Wir aßen gerade, als ein durchdringendes Jaulen und Sirren erklang. Der Mühlbauer beschnitt seine Hecke. "Wehret den Anfängen", sagte er. "Wenn sie erst zu schießen anfängt ..." Jedenfalls war es das, was Simon von seinen Lippen las. Ich hingegen hab gelesen ... ach, lassen wir das.

Mittwoch, 17. Mai

Wir fingen gerade auf der Terrasse an zu essen, als ein Dröhnen von rechts jedes Wort verschluckte. Diesmal wurde der schon recht hohe Rasen der Obermeiers gekappt. Ich blickte verzweifelt Simon an: "Warum", wimmerte ich, "warum hat er nicht gestern, als der Mühlbauer die Hecke ... dann wäre alles in einem Rutsch ..."
Wir starrten auf unsere zartgrünen Hälmchen. Schließlich sah Simon mich an, ein diabolisches Leuchten in den Augen. "Morgen, mein holdes Weib, werden auch wir so ein Gerät erstehen, welches dem Gartenbesitzer eine solch willkommene Hilfe bietet", las ich von seinen Lippen ab, während sich sein Gesicht verzerrte.
Na ja, vielleicht hat er auch was anderes gesagt.

Donnerstag, 18. Mai

Keuchend luden wir ein qietschgrünes Monstrum aus dem Auto. Es hat sich im direkten Vergleich als das dezibelstärkste erwiesen. Untermalt von den Klängen einer Kreissäge - der Bremer zerkleinerte Holz für seinen Kamin - trugen wir später das Essen auf die Terrasse. Simon bewegte die Lippen, machte mir Zeichen, brüllte mir schließlich ins Ohr: "Diesen Samstag um sieben mähe ich, in 14 Tagen du, okay? Dann können wir danach den Tag schön nutzen."
Ich nickte und erwäge seither das Erlernen der Gebärdensprache.

Samstag, 20. Mai

Irgendein Vollidiot schmiss um punkt sieben seinen Rasenmäher an. Dann fiel mir ein, dass es Simon war und unser eigenes Gerät, das da so wände- und kulturüberschreitend dröhnte. Im Nachthemd lief ich ans Fenster, und da war er, mein Ehemann, jeder Zoll ein Recke, eingetaucht in das brandrote Morgenlicht, die kräftigen Hände fest um die Griffe des PS-starken Gartenhelfers gelegt, einen Umkreis von einem halben Quadratkilometer machtvoll dominierend. Mein Herz schlug rascher, als bei Bremers, Obermeiers und dem Mühlbauer die Lichter angingen. Erregung durchschauerte einer Kaskade Perlen gleich meinen Heroinenkörper.
Beim Frühstück leuchteten Simons Augen: "Ich glaube, jetzt habe ich mich an den Lebensrhythmus hier gewöhnt!"
Wir gingen in den Wald. Da war es ruhig, von den vier Waldarbeitern mit den zwei Motorsägen abgesehen.

Sonntag. 21. Mai

Wir entflohen am Vormittag dem Gepiepse der Vögel und gingen auf den Flohmarkt des Nachbardorfes. Ich ließ es mir nicht nehmen, einen halbverrotteten, abgeblätterten Holztisch und vier ebensolche Stühle zu erstehen.
"Was willst du denn mit dem Sperrmüll?" rief Simon. Ich sah ihn mit glänzenden Augen an: "Wart's ab, Überraschung!"

Montag, 22. Mai

Kaufte mittags Ohropax, ein Gerät, das Schwingschleifer heißt, ein Eimerchen blauer und ein Eimerchen gelber Farbe.
"Wir essen später", erklärte ich Simon, als wir zu Hause ankamen, stürmte in den Garten und setzte den laut und hoch sirrenden Schwingschleifer am ersten abgeblätterten Stuhl an. Keine Sekunde zu früh; der Mühlbauer hatte schon seinen Rasenmäher in den Garten geschoben, erstarrte nun, als er mich sah und hörte. Ich rief ihm zu: "Weiche zurück, Unseliger! Jetzt bin ich an der Reihe!"
Der Mühlbauer ließ die Hände sinken. Erst zwei Sunden später, als wir aßen, wagte er sich auf seinen Rasen.
Möglicherweise war es das, was uns zuvor auch die anderen zugerufen haben.

Freitag, 26. Mai

Simon ist begeistert. Wir werden jeden zweiten Tag schleifen und die Gartenmöbel dann blau anmalen. Im Herbst werden wir sie wieder schleifen und gelb anmalen. Unglaublich, wie kreativ man hier in der ländlichen Idylle wird.

Montag, 29. Mai

Nächsten Sonntag habe ich Geburtstag; ich wünsche mir ein Minensuchgerät für die Rasenkanten. Simon kaufte sich heute eine Stichsäge und will morgen vor der Arbeit die Beine aller Gartenstühle um drei Millimeter kürzen, um zu sehen, ob sie gut funktioniert.

Mittwoch, 31. Mai

Ha�mm gut geballat. Ssimmon musste heute was ausgebn, weil er dreimal inns Schwaaze getroffen hatte. Er sacht, das is vonne Rasnmähertreening. Ich hab auch noch paa Runnen ausgegebn, weil eina imma Wizze erzählte, waan zwar alt, aber ssaugut, ssoweit ich's vastannen habe.

Sonntag, 4. Juni

Ein toller Geburtstag! Ich bekam Pralinen, eine süße Kette, das Minensuchgerät, und dann lächelte Simon geheimnisvoll und meinte, er sei gleich wieder da. Ich war schon sauer, denn es dauerte fast eine Stunde, bis er wieder auftauchte, doch er kam nicht allein: An der Leine führte er eine Art braunes Stierkalb, das er aus dem Tierheim geholt hatte. Es ist eine dänische Dogge, ein Jahr alt und hört auf den Namen Bulli. Bulli rannte im Garten herum, überschlug sich fast vor Freude und bellte fröhlich. Er mag unsere Witze. Ein entzückendes Tier.

Samstag, 10. Juni

Wie herrlich, in der ersten Morgenluft durch den Garten zu schreiten, einen brüllenden Moloch in den entschlossenen Händen, angestrahlt von dem orangen Licht der Morgensonne. Ich bin hier eins mit der Natur geworden.

Dienstag, 13. Juni

Die Bremer guckt neuerdings leicht giftig zu uns rüber. Vielleicht, weil wir nur noch das tiefe melodische Bellen unseres Bulli hören können, das das hysterische Gekläff von ihrem Schnuffi angenehm übertönt.

Freitag, 15. Juni

Der Obermeier sägt täglich wie ein Irrer Bretter zurecht, die der Schwachkopf offensichtlich alle zu lang gekauft hat. Er verkleidet seine Terrasse. Simon ist voller Neid; er sucht nach einem neuen Betätigungsfeld für seine Stichsäge.

Donnerstag, 21. Juni

Erschienen in der Arbeit als einzige zum Meeting um zehn; es findet erst nächsten Dienstag statt. Ist uns schon zweimal passiert. Ein Kollege bemerkte, neuerdings frage Simon so oft nach, und meine Freundin Heike wollte wissen, warum ich immer so ins Telefon brülle.
Ich machte einen Termin nächste Woche beim Ohrenarzt fest.

Dienstag, 26. Juni

Simon ist glücklich. Er wird den Dachboden ausbauen und verkleiden; in Haus und Garten türmen sich Bretter, Werkzeug und Dämmmaterial. Simon meinte, er habe alle Bretter vorsichtshalber etwas länger gekauft; abschneiden könne man sie schließlich immer noch, aber zu kurz ist zu kurz. Sehr umsichtig.

Donnerstag, 28. Juni

Der Arzt stellte bei uns beiden eine leichte Schwerhörigkeit fest. "Ein typisches Symptom für Großstadtbewohner", tröstete er uns. "Wenn Sie sich Ruhe gönnen, kann sich das wieder normalisieren. Wenn ich Ihnen einen Rat geben darf, ziehen Sie auf's Land. Das ist wie ein Jungbrunnen für Ihre Ohren."
"Wenn er meint", sagte Simon später.
Auf dem Heimweg kauften wir einen Laubsauger.

 

Hi,

ich fand die und deine erste Geschichte köstlich. :thumbsup:

Weiter so!!

Gruss Kardinal

 

Moin!

Ein durchaus nettes Geschichtchen. Für eine richtige, bissige Satire ist sie allerdings reichlich zahm, da fehlt mir noch das knackige, überspitzte. So könnte es auch fast als humoriger Beitrag unter "Alltag" durchgehen. Soll heißen: Die Situation könnte drastischer sein, um die eigentliche Thematik ("Von wegen, ruhige Idylle..") noch deutlicher zu machen, Handlung und Prots kommen etwas bieder daher, mir fehlen die nächtlichen Sägeduelle in Westernmanier, der testosterongetriebene Fuchsschwanzvergleich am Gartentor, die Schleifhexenverbrennung zur Walpurgisnacht etc., die Pointe kommt zu flach rein, sie wäre eher als Wendepunkt gegen Mitte der Geschichte geeignet, als Pointe müsste dann auch was bissigeres her, finde ich.

Detailnörgel: Bei Tagebucheinträgen wirkt diese andere Schreibweise für besoffen bzw. erkältet etwas deplaziert. Sowas macht man normalerweise nur bei Dialogen (und Besoffene nuscheln übrigens irgendwie anders, finde ich...). Du schreibst doch auch nicht anders, wenn Du Schnupfen hast, oder? ;)

Insgesamt also grundlegend ganz gut gelungen, sprachlich sauber, ein paar kleine Schmunzelstellen, aber m.E. viel zu zahm und flügellahm für eine echte Satire!

Gruß,
Horni

 

Hallo Kardinal,

danke für's Lesen und dein Lob, höre ich immer gerne! :)


Hallo Horni,

dir auch vielen Dank für die Anmerkungen. Dass die Geschichte nicht der bissigsten eine ist, sehe ich auch so. In einer früheren Version war sie auch schärfer und zielte mehr auf das Genervtsein meines Ehepaares ab, aber irgendwie geriet mir jede Ausführung nur plump oder übertrieben statt überspitzt. Es lag wohl daran, dass das Thema auch nicht mehr so ganz neu ist und eine ungewöhnliche, bissige Variante meine Mittel irgendwie überstieg :dozey:
Erst, als ich die Pointe darauf abstellte, das Ehepaar selbst zu Krachmachern mutieren zu lassen, flutschte es besser. Zu stark auf den einzelnen Lärmquellen rumzureiten wäre mir dann öde erschienen. Der Preis ist, da hast du recht, dass das ganze nicht mehr so bissig rüberkommt.

Mit dem Ohrenarzt als Wendepunkt hätte ich Probleme, denn das Pärchen muss ja Spaß am Krachmachen selbst entwickeln, und wie soll der Ohrenarztbesuch das bewerkstelligen?
Die Pointe zu flach? Da widerspreche ich entschieden: Einen Laubsauger kann nichts übertreffen! ;)
Nee, ich werde mal überlegen, ob mir nicht noch was stärkeres, böseres einfällt.

Dein Einwand mit den verschnupften/besoffenen Einträgen hat schon was. Ich habe mir auch überlegt, ob das legitim ist. Ich denke mir, man kann die Einträge ja auch als eine Art geistiges Tagebuch auffassen (wie in machen Kishon-Geschichten), sie müssen ja nicht unbedingt schriftlich sein.

viele Grüße
Pischa

 

pischa schrieb:
Dass die Geschichte nicht der bissigsten eine ist, sehe ich auch so. In einer früheren Version war sie auch schärfer und zielte mehr auf das Genervtsein meines Ehepaares ab, aber irgendwie geriet mir jede Ausführung nur plump oder übertrieben statt überspitzt.
Kleiner Schreibtipp: Zu diesem Zweck hat das Universum den Entwurf erfunden! :D Soll heißen: Du hättest ruhig einmal die Deiner Ansicht nach überzogene Variante komplett aufschreiben und ein wenig liegenlassen können, um sie anschließend mit der "seichteren" Fassung zu vergleichen. So kann man dann u.U. eine gute Synthese aus beidem herstellen oder man merkt evtl., dass das, was man zuvor noch doof und übertrieben fand, genau das ist, was die Geschichte braucht. Oder ähnliches. Sei da ruhig experimentierfreudig!
Dein Einwand mit den verschnupften/besoffenen Einträgen hat schon was. Ich habe mir auch überlegt, ob das legitim ist. Ich denke mir, man kann die Einträge ja auch als eine Art geistiges Tagebuch auffassen (wie in machen Kishon-Geschichten), sie müssen ja nicht unbedingt schriftlich sein.
Dann würde ich vielleicht nur die Wochentage ohne Datum hinschreiben - so sieht es doch arg nach schriftlichem Protokoll aus.

 

Hallo Horni!

Sorry für die späte Antwort.

Habe das Universum schon so weit durchdrungen, dass mir die Segnungen des Entwurfs zuteil wurden. ;)

Was nicht heißen muss, dass man es meinen Geschichten immer anmerkt. :dozey:

Jedenfalls hatt meine ursprüngliche schärfere Version 10 Tage Zeit, sich mir in einer Form zu präsentieren, die mir gefallen hätte und mir rund erschienen wäre. Irgendwie hat's nicht funktioniert. Aber der erste Versuch ist noch nicht gelöscht, und vielleicht brauche ich einfach nur länger, bis auch aus dem was wird. Wie gesagt, mein Hauptproblem war, nicht in plattes Klischee abzurutschen.

Bis dahin denke ich mir: Lieber seichter und stimminger als böse und platt. Aber ich werde versuchen, auch eine bösere Version hinzukriegen.

Viele Grüße
Pischa

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Pischa!

Erst die Pflicht, dann zum Vergnüglichen: Die 2 dicken Fehler schon in in den 1. zwei Sätzen Deines Textes (unserer Haus/keine Kopfweh) würde ich sehr schnell ausmerzen. Es entsteht dabei ein ganz falscher erster Eindruck.

Oder war das etwa Absicht? Ist Deine Prot schon so Großtadt-gebeutelt, dass sie der dtsch. Grammatik nicht mehr mächtig ist? - Falls ja, würd ich das trotzdem eliminieren, denn ganz schnell hält man diese Unfähigkeit der Prot für Unfähigkeit des Autors , gerade am Anfang einer Story.

Etwas vewirrend fand ich am Anfang auch, dass nicht klar rüberkommt, dass Schnuffi der Hund der Nachbarn ist und nicht der Hund des Ehepaars; und weil wir gerade bei den Nachbarn sind: Linke, rechte Nachbarn - das ist unsauber und missverständlich formuliert. Das kannst Du besser. (Die Nachbarn links von uns ... oder so ...)

Beim Weiterlesen hat mir der Text immer besser gefallen. Ich hab etliche Male herzlich gelacht, und das ist (meiner Ansicht nach) der beste Indikator dafür, dass eine Story als Satire funktioniert, fand sie daher keineswegs seicht oder zu wenig überspitzt. Sehr gut fand ich die allmähliche Degenerierung (Anpassung) des Ehepaares, bzw. wie Du es schilderst, subtil übertrieben (ich weiß: Das ist ein Widerspruch in sich) und doch realistisch. Die Pointe besteht schon in der Handlung selbst, da war kein herausragender Hammer am Schluss zu erwarten.

Handwerklich wars auch ne saubere Arbeit, abgesehen von oben Erwähntem.

Ne persönliche Frage hätt ich noch: Hast Du Dir diese Story nur "ausgedacht", oder beruht sie auf eigener Erfahrung?

Ich selber wohn zwar nicht auf dem Lande, mach aber seit etlichen Jahren Dauernachtdienst. Vor allem im Sommer scheint es so, dass meine gesamte Nachbarschaft aus Hobby-Heimwerkern besteht, die den ganzen Tag hämmern, bohren, fräsen und schleifen müssen. Ansonsten muss ständig irgend ein Idiot seinen - eh viel zu kurzen - Rasen mähen. Ohropax reinzustecken trau ich mich nicht, weil ich dann auch meinen Wecker nicht hören würde. Tatsächlich hab ich in meiner Verzweiflunng häufig die Stereo-Anlage dann auf Ultimo gedreht, nur um ein Gegenfeuer zu legen ... und der Nachtdienst danach, wenn ich am Tag nicht ordentlich schlafen konnte: Kopf, Scheiße, Müde, Unkonzentriert ... na, Du weißt ja ...

Diese permanente Erfahrung hat sich bei mir auch in ner Kg. niedergeschlagen (hier nicht zu lesen, jedenfalls noch nicht. Bin selber ein Frischling auf dieser Web-site), allerdings mit blutigem Finale. Man will ja auch Dampf ablassen. Lieber böse, und so wenig platt wie möglich, aber was sein muss, muss sein ...

Jedenfalls ein klasse Einstieg von Dir. :thumbsup:

Immer weiter so, Gruß: Splat

 

Hallo Old Splatterhand!

Vielen Dank für deine Anmerkungen und besonders für das Lob :D

Die 2 dicken Fehler schon in in den 1. zwei Sätzen Deines Textes (unserer Haus/keine Kopfweh) würde ich sehr schnell ausmerzen.

Zu Befehl! ;) Das erste ist ein Tippfehler, wie sie mir dauernd passieren. Beim zweiten hast du Recht, wenn man von "das Kopfweh" ausgeht. Ich bin aber von "die Kopfweh" ausgegangen, da ich es meistens so sage und auch andere kenne, die es so sagen :hmm: Na ja, hab das "e" mal weggemacht.

Absicht war's also nicht - wäre kein gutes Stilmittel, denke ich auch.

Etwas vewirrend fand ich am Anfang auch, dass nicht klar rüberkommt, dass Schnuffi der Hund der Nachbarn ist

Danke für den Hinweis, denn das sind Sachen, die einem als "betriebsblinder " Schreiberling so schwer auffallen. Für einen selbst ist das ja sonnenklar ... ;)
Hab's geändert.

Ne persönliche Frage hätt ich noch: Hast Du Dir diese Story nur "ausgedacht", oder beruht sie auf eigener Erfahrung?

Teils, teils. Wohne leider nicht in einem Haus, aber auf dem Land und kenne auch andere, die auf dem Land wohnen. Die Geschichte ist natürlich übertrieben, aber gar nicht so sehr. Ich war mal auf Besuch in Haus mit Garten. Dort kam neben uns Freitag Abend von vier bis acht ohne Pause ein Schwingschleifer zum Einsatz, und am Samstag liefen von acht Morgens bis ca. sieben Uhr Abends nacheinander (nicht etwa gleichzeitig) die Rasenmäher der Nachbarschaft.
Das "Minensuchgerät" kenne ich von diversen Nachbarn. Die Flex von meinem Vater. Und so weiter.
Wie ich sehe, bist du auch geschädigt. Tipp von mir: Versuch's ruhig mit den Ohropax. Es gibt im Handel genügend laute Wecker, die sie mühelos durchdringen und dich aus den tiefsten Träumen reißen. Da tut's schon ein batteriebtriebenes Teilchen für 5 Euro. So taub, wie viele glauben, ist man mit Ohropax nicht, aber sie können Nachts ein Segen sein.

Diese permanente Erfahrung hat sich bei mir auch in ner Kg. niedergeschlagen (hier nicht zu lesen, jedenfalls noch nicht. Bin selber ein Frischling auf dieser Web-site), allerdings mit blutigem Finale.

Her damit! :) Horni wäre auch begeistert. ;)
Böse sein und Dampf ablassen ist doch bei einer Satire völlig o.K. Ursprünglich wollte ich bei meiner Geschichte meine Prots entweder mit blutunterlaufenen Augen und Schaum vor den Mund alle Lärmgeräte der Nachbarn zerstören und die Nachbarn mit Morddrohungen überziehen lassen, oder aber sie wären lärm- schlafmangel- und alkoholgeschädigt in der Intensivstation gelandet. Aber wie gesagt, entweder, es uferte aus und wurde viel zu lang, oder die Umsetzung klappte einfach nicht.

Ich drücke dir für deine Story die Daumen!

Viele Grüße
Pischa

 

Nabend pischa,
das ist eine Geschichte die mir sehr gefallen hat, ich bin begeistert! Daraus kannst Du leicht eine Serie machen. Ich lebe selbst auf dem Lande, seit einigen Jahren in einem über 100 Jahre altem Bauerhaus, fast ohne Nachbarn. Aber vorher habe ich in einer Eigentumswohnung, im gleichen Dorf gewohnt. Alles habe ich erlebt wie Du es beschreibst. Super, ich finde, weitermachen!
Es grüßt aus der Kammer,
Siggi

 

Hallo Siggi,

danke für's Lesen! Lob höre ich immer gerne. ;)

Du wohnst ja richtig idyllisch ... oder auch nicht, wenn es dir so ging wie den Prots in meiner Geschichte. Dann bin ich auch garnicht neidisch auf dein Bauernhaus. Oder nur ein bisschen ... :shy:

Viele Grüße
Pischa

 

köstlich

hallo pischa,
gut gemacht, dein tagebuch im telegrammstil mit all seinen übertreibungen und seitenhieben. ich habe es bis zum 1. mai gern gelesen - danach wurde es allerdings etwas langatmig und die wiederholungen/andeutungen waren für meine begriffe etwas zu dick aufgetragen.

aber sonst: nett gemacht!

beste grüße
ernst

 

Hallo Ernst,

Ich habe eher den Anfang meiner Geschichte als ein bisschen zu langatmig oder zu wenig pointiert empfunden. Umso mehr freut es mich, dass er dir gefallen hat! :)

Stimmt, Wiederholungen sind haufenweise drin, was ich für legitim halte, da sie auch Steigerungen enthalten. Mir ist allerdings auch schon den Verdacht gekommen, dass man den Mittelteil ein wenig raffen könnte. Allerdings muss es nachvollziehbar bleiben.

Und ein bisschen dick auftragen, das muss schon sein bei einer Satire, finde ich. :shy:

Danke für's Lesen!

Viele Grüße
Pischa

 

Tja, mir ist auch nicht klar, wie die Lüge vom ruhigen Landleben es schafft, zu überstehen.

Ich wohnte da am schönen Ammersee - zu Gast, als Besucher aus der hektischen Großstadt - und er zerstäubten Traktoren, Rasenmäher, Betonmischmaschinen, Holzfräsen und allerlei Dreschgerät - egal zu welcher Tageszeit - meine Nerven.

 

Hallo pischa

Im Grunde stehe ich mit meiner Meinung nah bei Horni. Amüsant und gut geschrieben aber für diese Länge einfach zu zahm.

Ich schlage daher eine deutliche Reduktion und Straffung der Entwicklung deiner Prot vor. Die Ideen, die Horni gebracht hat (mitternächtliche Bohrmaschinenduelle), wären super, sind aber vielleicht nicht so dein Ding :) Anders die Pointe, die könnte wirklich noch ein wenig Pepp vertragen. Wie wäre es damit, dass Mühlbauers als geschlagen von dannen ziehen und neue "Städter" im Nachbarhaus einziehen. Der ewige Kreislauf setzt sich fort...

Ansonsten war die Geschichte aber sehr unterhaltsam und amüsant zu lesen.


gruß
Hagen

 

Hallo Hagen,

danke für deinen Kommentar. Ich habe ja noch eine schärfere Version der Geschichte auf der Festplatte, habe auch mal wieder draufgeschielt, aber wenn, werde ich sozusagen eine ganz neue Geschichte draus machen. Mitternächtliche Bohrduelle werden es aber nicht - schließlich könnte einem das auch in der Stadt passieren. ;)
Deine Meinung - wie auch schon die mancher anderer - hat mir aber gezeigt, dass es wohl nicht schlecht wäre, die Geschichte in der Mitte etwas zu straffen. An der Zahl der Lärmquellen könnte ich auch noch arbeiten - da gab es auch schon so manche Anregung! Ich hoffe, ich komme bald dazu, mir das noch mal vorzunehmen.

Deine Pointen-Idee ist nicht schlecht, nur müsste ich das ganz anders einfädeln. Bei mir leigt die Pointe ja eher in der Assimilation meiner Neulinge. Deine Idee wäre gut für die scharfe Version. Werde sie im Hinterkopf behalten! :)

Viele Grüße
Pischa

 

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